LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1452 (15/1400) 10.07.2015 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Auswirkungen der Versteigerung der 700 Mhz-Frequenzen auf saarländische kulturschaffende Unternehmungen und Institutionen Vorbemerkung der Fragestellerin: „Im zweiten Halbjahr 2015 sollen die Frequenzen auf 700 Megahertz (Mhz) – in Europa meist zum kostenfreien Empfang von digitalem Fernsehen genutzt – für den Ausbau des LTE-Mobilfunk freigegeben und versteigert werden. Von dieser Umstellung sind in Deutschland neben den DVB-TEmpfängern sowohl öffentliche als auch private Theater- und Konzertveranstalter betroffen, deren drahtlose Mikrofonanlagen in der Regel in diesem Bereich funken. Konkreter beschreibt der folgende Artikel zur ‚Digitalen Dividende 2‘ die Auswirkungen der Umstellung : ‚Wie hoch die Kosten im Einzelfall sind, zeigen Beispiele aus der Provinz: Das E.T.A.- Hoffmann-Theater in Bamberg muss seine Anlage nur umrüsten, da kommt man mit 4.000 Euro vergleichsweise billig davon. Im Staatstheater in Nürnberg werden Neuanschaffungen fällig, dort fallen schätzungsweise 85.000 Euro an. Im Internet kursieren Berichte betroffener Unternehmen, die rund 39.000 Euro – auch für solide Mittelständler eine ordentliche Summe – in neue Funkanlagen stecken mussten, vom Staat aber gerade mal 1.200 Euro Entschädigung bekamen.‘ Quelle: http://www.lte-anbieter.info/beitraege/12/2-digitaledividende .php Ausgegeben: 10.07.2015 (28.05.2015) Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Für die direkt betroffenen Kulturschaffenden und Unternehmen wurde daher im Zuge der Räumung des 800 Megahertz-Bandes ein Budget für Entschädigungszahlungen (Billigkeitsleistungen) aufgrund der erforderlichen technischen Umstellung in Höhe von 124 Millionen Euro bereit gestellt. Wie die Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE. (Btdr 18/4305; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/043/18043 05.pdf) ergeben hat, sind von diesen 124 Millionen lediglich 1,2 Millionen abgerufen worden. Aus der Antwort geht ebenfalls hervor, dass die Bundesregierung derzeit in Abstimmung mit den Ländern und Vertretern der Fachverbände Richtlinien für die Gewährung von Billigkeitsleistungen für Ausgleichszahlungen an bisherige Frequenznutzer (Rundfunk und Nutzer drahtloser Produktionsmittel ) entwickele.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Bund und Länder haben gemeinsam verabredet, dass im Jahr 2015 Frequenzen aus dem Frequenzbereich 694 bis 790 MHz (sog. Digitale Dividende II) an den Mobilfunk vergeben und dann ab 2017 regional sowie ab Mitte 2019 bundesweit für mobiles Breitband genutzt werden sollen. Bislang wird dieser Frequenzbereich primär von Sendernetzbetreibern zur Verbreitung terrestrischen Fernsehrundfunks (DVB-T) und sekundär von Nutzern drahtloser Produktionsmittel genutzt. Wegen der Umwidmung wird eine Nutzung des Frequenzbereichs 694 bis 790 MHz durch die bisherigen Sekundärnutzer ab 2017 nur noch eingeschränkt möglich bzw. teilweise unmöglich sein. Außerdem kann es wegen der durch die Umwidmung bedingten Verlagerung von Rundfunksendern in dem Bereich 470 bis 694 MHz zu Einschränkungen der Sekundärnutzung kommen. Nutzern drahtloser Produktionsmittel soll deshalb die Möglichkeit gegeben werden, in andere für die Nutzung durch drahtlose Produktionsmittel zugelassene Frequenzbereiche zu wechseln. Die hierdurch verursachten Umstellungskosten sollen in Form von Ausgleichszahlungen kompensiert werden. Auch die aufgrund dieser durch die Verlagerungen notwendig werdender Frequenzverlagerungen im Frequenzbereich 470 bis 694 MHz entstehenden Umstellungskosten sollen in Form von Ausgleichszahlungen kompensiert werden. Die Erstellung der entsprechenden Richtlinien zur Gewährung von Ausgleichszahlungen an Nutzer drahtloser Produktionsmittel für aus der Umwidmung der Frequenzen im Frequenzbereich 694 bis 790 MHz resultierende Umstellungskosten sowie zur Gewährung von Ausgleichszahlungen an Sendernetzbetreiber des terrestrischen Fernsehrundfunks für aus der Umwidmung der Frequenzen im Frequenzbereich 694 bis 790 MHz unterfällt der Zuständigkeit des Bundes. Die Erarbeitung dieser Richtlinien wird vor den oben beschriebenen Umwidmungen der Frequenzbereiche 694 bis 790 MHz und 470 bis 694 MHz im Jahr 2017 abgeschlossen sein. Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wie hoch wird der Anteil aus den Einnahmen aus der Frequenzversteigerung für das Saarland ausfallen ? Zu Frage 1: Vom 27. Mai bis zum 19. Juni 2015 führte die Bundesnetzagentur die Versteigerung von Frequenzen für mobiles Breitband durch. Für die Frequenzauktion waren folgende Unternehmen zugelassen: die Telefónica Germany GmbH & Co. OHG, die Telekom Deutschland GmbH sowie die Vodafone GmbH. Die Versteigerung erfolgte in Form einer offenen aufsteigenden simultanen Mehrrundenauktion . Die Frequenzauktion ist am 19. Juni 2015 nach 16 Auktionstagen und 181 Runden zu Ende gegangen. Alle drei Unternehmen Telefónica Deutschland GmbH & Co. OHG, Telekom Deutschland GmbH und Vodafone GmbH waren erfolgreich und konnten Frequenzen ersteigern. Die Gesamtsumme aller Höchstgebote beträgt 5,081.236 Mrd. Euro. Die Gesamtsumme liegt damit über derjenigen der letzten Frequenzauktion vom 12. April bis 20. Mai 2010, bei der nach 224 Runden 4,384.646 Mrd. Euro erzielt wurden . Die Ergebnisse der einzelnen Auktionsrunden können unter www.bundesnetzagentur .de/mobilesbreitband abgerufen werden. Von den insgesamt erzielten 5,081.236 Mrd. Euro entfallen auf das 700-MHz-Band: 1,000.445 Mrd. Euro und auf das L-Band (1,5 GHz): 329.655 Mio. Euro, insgesamt also 1,330.100 Mrd. Euro. Die Einnahmen aus der Vergabe der Frequenzen aus dem Frequenzbereich 694 bis 790 MHz und des „L-Bandes“ (1,5 GHz) werden nach Abzug der Umstellungs- und Verwaltungskosten hälftig auf Bund und Länder aufgeteilt. Die Verwaltungskosten werden einen Betrag von 3 Mio. EUR nicht übersteigen. Der Anteil der Länder wiederum wird nach dem Königsteiner Schlüssel unter den Ländern verteilt. Der Königsteiner Schlüssel 2015 weist für das Saarland 1,22173 % aus. Demnach wird das Saarland aus den Versteigerungserlösen insgesamt ca. 7.801.357 Euro erhalten (1,22173 % von 638,550 Mio. Euro). Wie sah die Richtlinie für die Gewährung von Billigkeitsleistungen für Ausgleichszahlungen an bisherige Frequenznutzer für die Räumung des 800 Megahertz-Bandes aus? Zu Frage 2: Die aktuelle Fassung der „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekundärnutzer wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der Umwidmung von Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz (RL-BillStörKo)“ wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 26. September 2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Diese Richtlinie ist als Anlage beigefügt. Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Welche und wie viele Einrichtungen, Institutionen und private Unternehmen sind im Saarland von der Umstellung der Technik betroffen, und wie viele davon (durch die Umstellung in 2010) bereits ein zweites Mal? Bitte im Falle öffentlicher Zuständigkeit nach Zuständigkeitsebene sortiert aufschlüsseln . Welche der in Frage 3 genannten Einrichtungen und Institutionen hatten einen Antrag auf Umstellungskostenerstattung gestellt? Bitte unter Angabe der Gesamthöhe der Antragssumme sowie der gewährten Billigkeitsleistungen. Zu den Fragen 3 und 4: Die administrative Betreuung der von der Umstellung betroffenen Einrichtungen liegt in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und digitale Infrastruktur. Das Bundesministerium für Wirtschaft und digitale Infrastruktur hat auf Nachfrage mitgeteilt , dass der Bundesregierung nicht bekannt sei, welche und wie viele Anlagen drahtloser Produktionsmittel von der Frequenzumstellung der Technik betroffen sind, da diese Geräte nicht reguliert werden. Ein Näherungswert zur Anzahl der im 700 MHz Bereich genutzten Anlagen ergibt sich lediglich über die Anzahl der Frequenzzuteilungen an Nutzer drahtloser Produktionsmittel im 700 MHz-Band durch die Bundesnetzagentur (ca. 24.000 Sender bei etwa 5000 Frequenzzuteilungen). Wie viele dieser Zuteilungsinhaber zuvor ihre Anlagen im 800 MHz Band betrieben haben, ist der Bundesregierung nicht bekannt, da diese Anlagen auf Basis einer Allgemeinzuteilung genutzt wurden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und digitale Infrastruktur hat ferner mitgeteilt, dass somit eine konkrete Antwort der Bundesregierung auf die Frage 4 auch nicht möglich sei. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der geringen Abrufung aus dem Billigkeitsleistungsbudget für die Erarbeitung einer neuen Richtlinie? Zu Frage 5: Bei den Beratungen mit dem Bund hat die Landesregierung insbesondere darauf geachtet , dass sowohl für Nutzer drahtloser Produktionsmittel als auch für Rundfunksendernetzbetreiber angemessene Ausgleichszahlungen gewährleistet werden. Im Hinblick auf die mit dem Bund verabredeten Grundprinzipien für die Ausgleichszahlungen für Nutzer drahtloser Produktionsmittel und Rundfunksendernetzbetreiber wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Welche saarländischen Beauftragten, Verbände, Institutionen, Vereine usw. werden von der saarländischen Landesregierung in die Erarbeitung der neuen Richtlinie mit einbezogen? Zu Frage 6: Die Erstellung der Richtlinie unterfällt der Zuständigkeit des Bundes. Der Bund hat die Erarbeitung der Richtlinien für die Gewährung von Ausgleichszahlungen an Nutzer drahtloser Produktionsmittel für aus der Umwidmung der Frequenzen im Frequenzbereich 694 bis 790 MHz resultierende Umstellungskosten sowie die Richtlinie für die Gewährung von Ausgleichszahlungen an Sendernetzbetreiber des terrestrischen Fernsehrundfunks für aus der Umwidmung der Frequenzen im Frequenzbereich 694 bis 790 MHz entstehende Kosten noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen der Erstellung dieser Richtlinien hört der Bund die betroffenen Kreise wie beispielsweise die Rundfunkanstalten, die APWPT [Association of professional wireless production technology], den EVVC [Europäischer Verband der VeranstaltungsCentren ], den Deutschen Städtetag, den Deutschen Städte- und Gemeindebund und die Kirchen an. Nach Abschluss dieser Beratungen und der entsprechenden Anhörungen wird der Bund die Richtlinien den Ländern übermitteln und mit ihnen erörtern. Dann wird auch die Landesregierung prüfen, ob die vorgeschlagenen Richtlinien den Belangen der Kommunen, Hochschulen, Kirchen oder gemeinnützigen Organisationen oder Kirchen Kultur- und Medienbetrieben entsprechen. Im Rahmen dieser Erörterungen mit dem Bund wird auch zu entscheiden sein, inwieweit saarländische Beauftragte, Verbände, Institutionen, Vereine usw. von der Landesregierung beteiligt werden. Wie sehen die Kriterien für Entschädigungszahlungen an Kultur- und Medienbetriebe, Hochschulen , gemeinnützige Organisationen und Kirchen aus? Zu Frage 7: Der Bund hat die Erarbeitung der beiden Richtlinien noch nicht abgeschlossen. Inhaltlich wird die Landesregierung zum einen darauf achten, dass die in den „Eckpunkten der Bund-Länder-Einigung zur Sicherstellung der terrestrischen Fernsehversorgung über DVB-T2 und zur zukünftigen Nutzung der Frequenzen der Digitalen Dividende II für den Breitbandausbau“ vom 11. Dezember 2014 verabredeten und nachfolgend wiedergegebenen Grundprinzipien für Ausgleichszahlungen für die Umstellungskosten für Rundfunksendernetzbetreiber eingehalten werden:  Der Bund leistet an Rundfunksendernetzbetreiber Ausgleichzahlungen zur Erstattung von Umstellungskosten, die sich aus der Umstellung von Sendefrequenzen im Zusammenhang mit der Umwidmung des Frequenzbereichs 694 bis 790 MHz ergeben.  Dies betrifft Frequenzwechsel, die unmittelbar der Freigabe des Bereichs 694 bis 790 MHz dienen, sowie auch Frequenzwechsel im Bereich 470 bis 694 MHz, soweit diese zur Realisierung der Frequenzwechsel zur Freigabe des Bereichs 694 bis 790 MHz erforderlich sind. Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 -  Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird pauschal festgelegt. Dabei erfolgt eine Differenzierung nach der Sendeleistung (Sender bis einschließlich 10kW / Sender mit mehr als 10 kW). Für Fälle, bei denen für einen Sender mehrere Umstellungsvorgänge erforderlich sind, wird eine Sonderregelung aufgenommen. Für Fälle, in denen die pauschale Ausgleichszahlung in einem besonderen Missverhältnis zu den tatsächlichen Kosten steht, wird eine Härtefallklausel geschaffen. Zum anderen wird die Landesregierung darauf achten, dass die in den Eckpunkten fixierten und nachfolgend wiedergegebenen Grundprinzipien für Ausgleichszahlungen für die Umstellungskosten für die Nutzer drahtloser Produktionsmittel eingehalten werden :  Der Bund leistet an berechtigte Nutzer drahtloser Produktionsmittel Ausgleichzahlungen wegen der Umwidmung des Frequenzbereichs 694 bis 790 MHz.  Die Zahlung einer Ausgleichszahlung wird nicht an die Bedingung geknüpft, dass eine Störungsbetroffenheit durch eine Mobilfunknutzung im Frequenzbereich 694 bis 790 MHz bereits eingetreten ist.  Eine Antragsberechtigung besteht nur in Bezug auf Anlagen, die vor dem 1. April 2015 angeschafft worden sind.  Bei Anträgen, die vor dem 1. Januar 2017 gestellt werden, erfolgt die Berechnung der Ausgleichszahlung auf Grundlage des Anlagenalters am 1. Januar 2017.  Es wird eine Bagatellklausel aufgenommen.  Die Kriterien für die Ausgleichzahlung enthalten eine Differenzierung nach Nutzergruppen . Für Nutzer, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen sowie Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, richtet sich die Höhe der Ausgleichszahlung nach folgenden Grundprinzipien: o Sofern eine Umrüstung nachweislich technisch erforderlich und möglich ist, werden die dafür anfallenden Kosten in voller Höhe unabhängig vom Alter der Anlage erstattet. o Ist eine Umrüstung nachweislich technisch nicht möglich, findet für die Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlung das Alter der Anlage bzw. des nicht umrüstbaren Anlagenteils Berücksichtigung. o Die Berechnung der Ausgleichszahlung erfolgt auf Grundlage eines Abschreibungszeitraums von 20 Jahren (jeweils 1/20 pro Jahr bei einem Sockelbetrag von 4/20).  Für die übrigen Nutzer, ergibt sich die Höhe der Ausgleichszahlung aus einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Dabei gelten folgende Kriterien: o Die Restwertermittlung erfolgt anhand eines Abschreibungszeitraums von 5 Jahren (1/5 pro Jahr). Drucksache 15/1452 (15/1400) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 7 - o Der auf Basis der Abschreibungszeiten ermittelte Restwert wird den potenzi- ellen Umrüstungskosten gegenübergestellt; die Höhe der Ausgleichszahlung wird durch den niedrigeren Wert bestimmt. Bis wann soll die neue Richtlinie erarbeitet werden und wie wird diese Richtlinie an alle betroffenen Einrichtungen, Institutionen und private Unternehmen im Saarland kommuniziert? Zu Frage 8: Ein konkreter Zeitpunkt für die Vorlage der beiden Richtlinien des Bundes steht nicht fest. Die Landesregierung wird nach Vorlage der Richtlinien durch den Bund entscheiden, inwieweit saarländische Beauftragte, Verbände, Institutionen, Vereine usw. im Hinblick auf den Inhalt der Richtlinien von der saarländischen Landesregierung zu beteiligen sind. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bekanntmachung Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekundärnutzer wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der Umwidmung von Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz (RL-BillStörKo) Vom 13. September 2013 Im Rahmen der Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung und der damit einhergehenden Nutzung der „Digitalen Dividende“ für nicht mit Breitband versorgte Gebiete („Weiße Flecken“) war eine Verlagerung der bisher den Frequenzbereich 790 bis 862 MHz mit nutzenden Funkanwendungen der Drahtlosen Produktionstechniken (Sekundärnutzer ) erforderlich. Der Bund hat am 12. Juni 2009 gegenüber dem Bundesrat hierzu folgende Erklärung abgegeben: „Der Bund wird die Kosten, die sich nachweislich aus notwendigen Umstellungen bis Endes des Jahres 2015 bei denjenigen ergeben, die die Frequenzen 790 bis 862 Megahertz bisher nutzen, Rundfunksendeunternehmen und Sekundärnutzer , insbesondere Kultur- und Bildungseinrichtungen, in angemessener Form tragen.“ Zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile infolge der Umwidmung von Frequenzen erlässt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) folgende Billigkeitsrichtlinie : 1. Rechtsgrundlagen (1) Das BMWi gewährt auf der Grundlage der jeweils ausgebrachten Ausgabeermächtigungen im Bundeshaushalt nach Maßgabe dieser Richtlinie Billigkeitsleistungen (§ 53 der Bundeshaushaltsordnung – BHO –) für bestimmte Sekundärnutzer aus der Umwidmung von Frequenzen. (2) Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Billigkeitsleistung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde , das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Im Falle der Erschöpfung der Haushaltsmittel ist die Bewilligungsbehörde berechtigt, Anträge aus diesem Grund abzulehnen. (3) Die Unwirksamkeit, Rücknahme oder der Widerruf von Bescheiden der Bewilligungsbehörde sowie die Erstattung der Billigkeitsleistung und die Verzinsung des Erstattungsbetrags richten sich nach dem Verwaltungsrecht des Bundes (vgl. §§ 48, 49 und 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes). 2. Gegenstand der Billigkeitsleistung (1) Gegenstand der Billigkeitsleistung sind Funkgeräte, insbesondere drahtlose Mikrofone, (im Weiteren: Geräteeinheit ), wenn eine individuelle frequenzumstellungsbedingte Störungsbetroffenheit der Geräteeinheit an dem Nutzungs- bzw. Störungsstandort nachgewiesen wird und wenn die Geräteeinheit nachweislich im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 (Rechnungsdatum) angeschafft worden ist. Für Antragsteller von Geräteeinheiten , die gemäß §§ 51 ff. der Abgabenordnung steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, gilt ein Anschaffungszeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009. Weiterverwendungsfähige Teile einer Geräteeinheit oder deren Zubehör zählen nicht zum Gegenstand der Billigkeitsleistung. (2) Eine Geräteeinheit, die nach dem 31. Dezember 2009 (Stichtagsregelung) angeschafft wurde, ist auf Grund der Veröffentlichung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur – BNetzA –) vom 21. Oktober 20091 nicht berücksichtigungsfähig. 3. Voraussetzungen, Bemessungsgrundlage und Höhe der Billigkeitsleistung (1) Die Bewilligungsbehörde kann auf Antrag des bisherigen Frequenznutzers im Frequenzbereich 790 bis 814 MHz/ 838 bis 862 MHz eine Billigkeitsleistung nur gewähren, wenn durch einen qualifizierten Nachweis eine Störungssituation durch Funkanwendungen des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten im selben Frequenzbereich an seiner Geräteeinheit ausgewiesen wird, die eine weitere Nutzung der Geräteeinheit ausschließen. 1 ABl. Nr. 20, Verfügung 57/2009, vom 21. Oktober 2009: Veröffentlichung der durch die Umsetzung internationaler Vorgaben und von Flexibilisierungsvorhaben geänderten Einträge für die Pakete „Drahtloser Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten“ im Frequenzbereich 790 bis 862 MHz (Digitale Dividende). www.bundesanzeiger.de Bekanntmachung Veröffentlicht am Donnerstag, 26. September 2013 BAnz AT 26.09.2013 B1 Seite 1 von 4 Der Nachweis wird im Rahmen eines qualifizierten Prüfungsverfahrens durch die BNetzA der Bewilligungsbehörde elektronisch überstellt. Liegt eine solche Störungssituation nicht vor, wird der Antrag von der Bewilligungsbehörde abgelehnt. (2) Zur Berücksichtigung des Anschaffungswerts (AW) einer Geräteeinheit wird der nachweislich im Anschaffungszeitpunkt gezahlte – gegebenenfalls auch anteilige Anschaffungspreis (AP) – um einen Anschaffungsnebenkostenfaktor (AN) in Höhe von 5 % des AP erhöht. (3) Die Billigkeitsleistung soll höchstens den wirtschaftlichen Nachteil ausgleichen, der a) durch den störungsbedingten Ausfall der Geräteeinheit als außerordentliche Abschreibung in Höhe des fiktiven Restbuchwerts dieser Geräteeinheit oder als nicht abschreibungsfähige Wertminderung (WM) oder b) durch Umrüstung der Geräteeinheit – soweit technisch möglich – zwecks Wiederherstellung des funktionellen Status quo entsteht. Die Bewilligungsbehörde vergleicht im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Kosten aus der WM bzw. der Komplettabschreibung in Höhe des fiktiven Restbuchwerts mit den alternativen Umrüstungskosten der Geräteeinheit; der niedrigere Wert wird zugrunde gelegt. Ein Kostenvoranschlag oder eine Rechnung der Umrüstung der Geräteeinheit ist der Bewilligungsbehörde mit Antragstellung vorzulegen. (4) Für die Höhe der Billigkeitsleistung liegen zu Absatz 3 Buchstabe a folgende Bestimmungsgrößen zugrunde: a) der unter Absatz 2 ermittelte AW; b) eine Nutzungsdauer (ND) von zehn Jahren mit Beginn ab Anschaffungsjahr (AJ) 2004 bis 2009, einer linearen WM von 1/10 pro Jahr für die Jahre eins bis sieben und einem Sockel von 3/10 für die Jahre acht bis zehn für Geräteeinheiten von Antragstellern, die gemäß §§ 51 ff. der Abgabenordnung2 steuerbegünstigte Zwecke verfolgen ; dazu zählen auch Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie die Kirchen; c) eine ND von fünf Jahren mit Beginn ab AJ 2006 bis 2009 sowie eine lineare Abschreibung von 1/5 pro Jahr für Geräteeinheiten von Antragstellern, die gemäß §§ 51 ff. der Abgabenordnung2 keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgen; d) eine volle Jahreswertminderung für Geräteinheiten gemäß Nummer 3 Absatz 4 Buchstabe b im AJ bei Kauf in der ersten Jahreshälfte in Höhe von 1/10 des AW, jeweils eine volle Jahreswertminderung im 2. bis 7. Nutzungsjahr in Höhe von 1/10 des AW und einem Sockelbetrag in Höhe von 3/10 des AW im achten bis zehnten Nutzungsjahr oder eine halbe Jahreswertminderung bei Kauf in der zweiten Jahreshälfte in Höhe von 1/20 des AW sowie im elften Nutzungsjahr ein Sockelbetrag in Höhe von 3/10 des AW; e) eine volle Jahresabschreibung für Geräteinheiten gemäß Nummer 3 Absatz 4 Buchstabe c im AJ bei Kauf in der ersten Jahreshälfte in Höhe von 1/5 des AW, jeweils eine volle Jahresabschreibung im zweiten bis fünften Nutzungsjahr in Höhe von 1/5 des AW oder eine halbe Jahresabschreibung bei Kauf in der zweiten Jahreshälfte in Höhe von 1/10 des AW sowie eine halbe Jahresabschreibung im sechsten Nutzungsjahr in Höhe von 1/10 des AW. Der Erstattungsbetrag (EB) soll dem Wert der WM bzw. dem Restbuchwert der Geräteeinheit im festgestellten Eintrittszeitpunkt der Störungsbetroffenheit entsprechen. Aus Gründen der Vereinfachung bestimmt sich der EB aus dem Wert der WM bzw. dem Restbuchwert zum 31. Dezember des Vorjahrs der nach Nummer 3 Absatz 1 nachweislich eingetretenen Störungsbetroffenheit, höchstens jedoch zum 31. Dezember 2010. (5) Eine Billigkeitsleistung wird nur gewährt für Anträge ab einem AW von 410 Euro (Bagatellregelung)3. Anträge mit einem geringeren AW werden nicht zum Verfahren zugelassen. 4. Leistungsempfänger, Verfahren (1) Empfänger der Billigkeitsleistung im Sinne dieser Richtlinie ist nur der Eigentümer (Antragsteller) der betroffenen Geräteeinheit. Die Billigkeitsleistung wird nicht an Gerätemieter (aufgrund von Miet-, Leasing-, Mietkauf- oder ähnlichen Verträgen) gewährt. (2) Für die Gewährung der Billigkeitsleistung wird der Nachweis der geräte- und ortsbezogenen Störungsbetroffenheit zu Grunde gelegt. Dabei prüft die Bewilligungsbehörde bei der Onlinebearbeitung des Antrags, ob eine Störungsbetroffenheit vorliegt. Diese Information wird ihr elektronisch im Rahmen eines qualifizierten Prüfverfahrens durch die BNetzA übermittelt. Liegt eine Störungsbetroffenheit hinsichtlich der Frequenznutzung im Frequenzbereich 790 bis 814 MHz/838 bis 862 MHz nicht oder noch nicht vor, wird dem Antragsteller von der Bewilligungsbehörde eine automatisch generierte Ablehnung aufgrund des Fehlens der Antragsvoraussetzung übermittelt. (3) Für die Gewährung der Billigkeitsleistung sind folgende Unterlagen der Bewilligungsbehörde einzureichen: a) Nachweis (Hersteller, Fachhandel) über die grundsätzliche Möglichkeit einer technischen Umrüstung oder die Nichtumrüstbarkeit der Geräteeinheit auf Nutzung alternativer Frequenzbereiche. Für den Fall, dass die Geräteeinheit umgerüstet werden kann, ist nachzuweisen, dass – unter Angabe der Höhe der Umrüstungskosten – nicht 2 Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 676). 3 Gemäß § 6 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes (Steuerrechtliche Geltendmachung von Wirtschaftsgütern ab 410 Euro). www.bundesanzeiger.de Bekanntmachung Veröffentlicht am Donnerstag, 26. September 2013 BAnz AT 26.09.2013 B1 Seite 2 von 4 kostenfrei auf neue Frequenzen umgestellt werden kann (Rechnung oder Kostenvoranschlag [siehe Nummer 3 Absatz 3]); b) Kopie des Personalausweises des Antragstellers einschließlich Angabe der Post- und Wohnanschrift; bei juristischen Personen die Bevollmächtigung; c) Original oder beglaubigte Kopie des Kaufbelegs oder der Anschaffungsrechnung, der bzw. die auf den Antragsteller ausgestellt ist und aus dem bzw. aus der das Anschaffungsdatum und der AP ersichtlich sind; d) Identifikationsnachweis der Geräteeinheit: Hersteller, Gerätetyp, Seriennummer, Gerätekennnummer; e) Nachweis des nutzbaren Frequenzbereiches (Schaltbandbreite) der Geräteeinheit; f) Nachweis über die Nutzungsart: Für Geräteeinheiten, die bestimmungsgemäß überwiegend mobil oder nomadisierend genutzt werden, sind mindestens fünf Veranstaltungsorte (bundesweit oder regional) in der Antragstellung anzugeben. Entsprechende Nachweise (z. B. Verträge) können von der Bewilligungsbehörde eingefordert werden; g) Gemeinnützigkeitsbescheinigung (Freistellungsbescheid) des zuständigen Finanzamts gültig für das Jahr der Antragstellung. Die Bewilligungsbehörde behält sich im Weiteren vor, in von ihr festzulegenden Fällen zusätzliche Nachweisungen einzufordern. (4) Die Antragstellung erfolgt ausschließlich über das auf der Internetseite des BAFA4 unter www.bafa.de zur Verfügung gestellte elektronische Verfahren (Online-Portal) und anschließender postalischer Einsendung aller sonstigen Antragsunterlagen. Die weiteren Verfahrensbedingungen werden vom BAFA vorgegeben. Anträge, die formlos oder unter Verwendung anderer Formulare oder unvollständig gestellt werden, werden von der Bewilligungsbehörde nicht bearbeitet und an den Antragsteller zurückgegeben. (5) Der Antragsteller willigt ein, dass die Bewilligungsbehörde zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen andere Behörden des Bundes oder Dritte hinzuziehen kann. (6) Der für eine Billigkeitsleistung relevante Zeitraum endet am 31. Dezember 2019. Anträge bis zu diesem Stichtag werden von der Bewilligungsbehörde noch bis zum 31. Januar 2020 (Eingang BAFA) angenommen (Ausschlussfrist ). 5. De-minimis-Erklärung Wirtschaftsunternehmen haben ihrem Antrag eine Erklärung beizufügen, mit der die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft („De-minimis-Erklärung“) als Rechtsgrundlage anerkannt wird und durch die Billigkeitsleistung geltende Fördergrenzen nicht überschritten werden. Als Vordruck ist die von der Bewilligungsbehörde unter www.bafa.de zur Verfügung gestellte „De-minimis-Erklärung“ zu verwenden . 6. Auszahlung (1) Die Bewilligungsbehörde prüft und bescheidet die beantragte Billigkeitsleistung in der Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Anträge anhand der in dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach und stellt den Sachverhalt fest. Die Auszahlung erfolgt nach Bescheiderteilung über die Bewilligungsleistung unbar auf ein Konto des Antragstellers. Eine Abtretung ist nicht zulässig. (2) Die Auszahlung erfolgt unter dem Vorbehalt der Rückforderung (vgl. Nummer 1 Absatz 3) und der im Antrag abgegebenen Erklärung, dass weder dem Leistungsempfänger noch eventuellen Rechtsvorgängern der Kaufpreis erstattet oder ein Ersatz für den Kaufpreis von Dritten geleistet worden ist. (3) Nicht bewilligte Anträge infolge fehlender Ausgabenermächtigung im Bundeshaushalt werden ohne Auswirkungen auf die Berechnung der Billigkeitsleistung in das Folgejahr übernommen, soweit eine Ermächtigung zur Leistung von Ausgaben im Bundeshaushalt ausgebracht ist. (4) Für jede Geräteeinheit wird eine Billigkeitsleistung nur einmal gezahlt. Die Auszahlung der Billigkeitsleistung erfolgt unter dem Vorbehalt der im Antrag abgegebenen Erklärung, dass für dieselbe Geräteeinheit kein weiterer Antrag auf Billigkeitsleistung gestellt wird. 7. Prüfungsrecht der Bewilligungsbehörde und ihres Beauftragten sowie des Bundesrechnungshofs (BRH) (1) Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, gerätespezifische Merkmale im Zweifel auf Kosten des Antragstellers gutachtlich überprüfen zu lassen und selbst oder durch Beauftragte Prüfungen vor Ort durchzuführen. Der Antragsteller hat a) die notwendigen Auskünfte zu erteilen sowie 4 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Frankfurter Straße 29 – 35 65760 Eschborn Internet: www.bafa.de www.bundesanzeiger.de Bekanntmachung Veröffentlicht am Donnerstag, 26. September 2013 BAnz AT 26.09.2013 B1 Seite 3 von 4 b) die Geräteinheiten und diesbezüglich relevante Unterlagen ein Jahr nach dem Bescheiden für Überprüfungen bereitzuhalten. Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, bei den Leistungsempfängern in gleicher Weise zu prüfen. (2) Über Zweifelsfälle der Auslegung dieser Richtlinie entscheidet das BMWi im Einvernehmen mit dem BMF. 8. Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Sie ersetzt die Bekanntmachung der Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekundärnutzer wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der Umwidmung von Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz (RL-BillStörKo) vom 9. März 2012 (BAnz. S. 1123). Bonn, den 13. September 2013 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Im Auftrag Gundlach www.bundesanzeiger.de Bekanntmachung Veröffentlicht am Donnerstag, 26. September 2013 BAnz AT 26.09.2013 B1 Seite 4 von 4