LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/153 (15/77) 26.09.2012 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Hilberer (PIRATEN) betr.: Statistik und Richtlinien der Förder- und Qualitätsoffensive für den saarländischen Tourismus Vorbemerkung des Fragestellers: „In der Förder- und Qualitätsoffensive für den saarländischen Tourismus des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr wurden während der 18-monatigen Laufzeit von 2010 bis Ende 2011 nach eigenen Angaben 2,6 Mio. an Zuschüssen und 1,74 Mio. € in Form von weiteren Darlehen1 an über 100 Unternehmen aus dem Hotellerie - und Gaststättengewerbe gewährt. Die vom Rechnungshof in seinem Abschlussbericht monierte Förderung von Systemgastronomie, im Speziellen von Fast-Food-Restaurants, in Höhe von 30% (!) der bewilligten Gesamtmittel führte bereits in den Medien und der Öffentlichkeit zu starker Irritation. Die NGG schließt aus eigener Quellenlage sogar eine wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem damaligen Minister Hartmann und dem Unternehmer der vermutlich geförderten Fast-Food-Restaurants nicht aus. Ebenso kritisch wird die Zuwendung an Gastronomiebetriebe der Europagalerie betrachtet, die – laut Rechnungshofbericht – nicht einmal die Förderungsrichtlinien erfüllten. Der Rechnungshof spricht zudem von einer Fördersumme von 4,8 Mio. €, die Broschüre zur Offensive spricht vollmundig von einer Gesamtfördersumme von 9,3 Mio. € (incl der oben nicht aufgeführten Zuschüsse für das noch laufende Programm zur Förderung der Hotellerie)2.“ Ausgegeben: 26.09.2012 (07.08.2012) 1 http://www.saarland.de/73678.htm 2 http://www.saarland.de/68613.htm Drucksache 15/153 (15/77) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Vorbemerkung Landesregierung: Die Förder- und Qualitätsoffensive für den saarländischen Tourismus umfasste 4 Säulen mit einen Gesamtvolumen in Höhe von 9,3 Mio. €. Darunter fiel auch das Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe (Säule 1) mit einem Volumen von 2,7 Mio. €. Hiervon sind lediglich 14,1 % in die Systemgastronomie geflossen. Dieses war Gegenstand der Rechnungshofprüfung. Daneben wurden auch die „Kreditprogramme für Gastronomie- und Übernachtungsbetriebe“ (Säulen 2 und 3) aus dem Sondervermögen „Saarländischer Konjunkturfonds“ finanziert. Insgesamt betrug der Anteil des Konjunkturfonds an der Förder- und Qualitätsoffensive 4,8 Mio. €. Der saarländische Konjunkturfonds war Teil des koordinierten Vorgehens von Bund und Ländern zur Abwehr der Folgen des schwersten konjunkturellen Einbruchs in der Geschichte der Bundesrepublik, der 2008 angebrochenen Wirtschafts- und Finanzkrise . Der Bund hat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Konjunktur auf den Weg gebracht und im Rahmen des Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds “ (ITFG) über 16,9 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Das Gesamtvolumen der im Saarland wirksamem Konjunkturmaßnahmen belief sich auf insgesamt 259,3 Mio. €, wovon der Bund 128,6 Mio. € und das Land 130,7 Mio. € aufgebracht haben. Die Mittel waren auf den Zeitraum 2009-2011 begrenzt. Sie sollten im Sinne einer antizyklischen diskretionären Fiskalpolitik dem sich bereits 2008 abzeichnenden dramatischen Wirtschaftseinbruch entgegenwirken. Die Beantwortung der Fragen bezieht sich (mit Ausnahme von Frage 1) auf das Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe (Säule 1). Die Förderung erfolgte nach Recht und Gesetz sowie auf der Grundlage geltender haushaltsrechtlicher Vorschriften des Landes sowie eigener Richtlinien der Gastronomieförderung . Wie groß war die a) geplante Gesamtfördersumme und aus welchen Geldern hat diese sich zusammengesetzt, b) letztlich bewilligte Gesamtförderung und aus welchen Geldern hat diese sich zusammengesetzt? Zu Frage 1: a) Die geplante Gesamtfördersumme aus dem „Sondervermögen Saarländischer Konjunkturfonds“, Sanierungsprogramm für touristische Betriebe, belief sich auf 4,8 Mio. €. Die Mittel von 4,8 Mio. € waren insgesamt bestimmt für das Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe (Durchführung MWAEV) und die Kreditprogramme für Gastronomie- bzw. Übernachtungsbetriebe (Durchführung SIKB). b) Zum Abschluss des Programmes am 31.12.2011 betrug die bewilligte Gesamtförderung rd. 4,4 Mio. €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem „Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe“ (Durchführung MWAEV) mit einem Betrag von rd. 2,7 Mio. € und einem Betrag von rd. 1,7 Mio. € für die „Kreditprogramme für Gastronomie- und Übernachtungsbetriebe“ (Durchführung SIKB). Der Gesamtbetrag von rd. 4,8 Mio. € konnte nicht ausgeschöpft werden, weil einige Projekte nicht wie geplant realisiert wurden. Die vorgenannten Zahlen stehen naturgemäß noch unter dem Vorbehalt der Prüfung der Verwendungsnachweise und der in der Förderrichtlinie dargestellten Auflagenprüfung nach 2 Jahren. - 2 - Drucksache 15/153 (15/77) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - In 3-Monatsschritten aufgeschlüsselt – wie war der Stand der bewilligten Fördersummen? Zu Frage 2: Die erste Bewilligung erfolgte im September 2010. Ab diesem Zeitpunkt ist der Stand der bewilligten Fördersummen nachfolgend tabellarisch in 3-Monats-Schritten dargestellt : Monat Bewilligter Investitionszuschuss in € Sep - Nov 2010 905.449,22 Dez 2010 – Feb 2011 318.910,40 Mrz – Mai 2011 689.245,00 Jun – Aug 2011 533.788,52 Sep – Nov 2011 285.754,96 Gesamt 2.733.148,10 Wie sieht die abschließende Verteilung der Gelder aus dem Förderprogramm (ausschließlich Hotellerie ) aus, tabellarisch geschlüsselt nach a) Unternehmensgrößen (bis 10 MA, bis 20 MA, bis 30 MA, bis 50 MA, über 50 MA), b) Umsatzvolumen der geförderten Unternehmen (bis 1 Mio. €/Jahr, bis 3 Mio. €/Jahr, bis 6 Mio. €/Jahr, über 6 Mio. €/Jahr), c) wirtschaftliche Lage der Unternehmen (solide, in Umstrukturierung, in wirtschaftlichen Schwierigkeiten), d) Systemgastronomie und Einzelunternehmen, e) die jeweils auf die Gruppen aufgeschlüsselte durchschnittlich beantragte sowie bewilligte Fördersumme, f) die regionale Verteilung der geförderten Unternehmen (nach Kreisen)? Zu Frage 3: a) Die EU-Kommission differenziert in Ihren Verordnungen europaweit zwischen kleinen , mittleren und großen Unternehmen. Da kleine und mittlere Unternehmen im Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe Förderanträge stellen konnten und von der Förderung profitieren sollten, hat sich das Wirtschaftsministerium auf die entsprechenden Verordnungen der Kommission gestützt und diese auch im Rahmen der Antragstellung angewendet. Eine weitere Differenzierung wurde nicht vorgenommen. - 3 - Drucksache 15/153 (15/77) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Gemäß Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 (ABL. EG L214/3 vom 09.08.2008) in der jeweils geltenden Fassung beschäftigen mittlere Unternehmen weniger als 250 Personen und kleine Unternehmen weniger als 50 Personen. Bei den insgesamt 105 geförderten Unternehmen handelte es sich ausschließlich um kleine und mittlere Unternehmen. Eine weitere Differenzierung über die v. g. EU- Definition hinaus wurde nicht vorgenommen. b) Gemäß der o. g. EU-Verordnung, die der Förderrichtlinie zugrunde lag, sind mittlere Unternehmen Unternehmen, die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. € erzielen oder deren Jahresbilanz sich höchstens auf 43 Mio. € beläuft. Kleine Unternehmen sind Unternehmen, die einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Mio. € haben. Bei den insgesamt 105 geförderten Unternehmen handelte es sich ausschließlich um kleine und mittlere Unternehmen. Eine weitere Differenzierung wurde nicht vorgenommen. c) Gemäß der Leitlinie der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. der EU Nr. C 244/1 vom 01.10.2004) bzw. der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (s. dazu Verordnung (EG) Nr. 800/2008 vom 6. August 2008 (ABl. EG L 214/3 vom 9. August 2008)) sind Sanierungsfälle bzw. Unternehmen in Schwierigkeiten von der Förderung auszuschließen. Die v. g. EU-Bestimmungen waren auch Bestandteil der Förderrichtlinie . Alle bewilligten Investitionszuschüsse wurden an Unternehmen gewährt , die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie der Entscheidung über die Förderung weder in wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch in der Umstrukturierung im Sinne der v. g. EU-Bestimmungen befanden. d) Auf die Systemgastronomie entfallen 5 Einzelmaßnahmen (davon wurden 3 vom Rechnungshof des Saarlandes geprüft). Die Zuschüsse an die Systemgastronomie (Franchise-Nehmer) beliefen sich auf insgesamt 385.420,78 € und an die übrigen Einzelunternehmen auf 2.347.727,32 €. Im Hinblick auf das Investitionszuschussprogramm (Ende 31.12.2011) beträgt der Anteil der Förderung an Systemgastronomiebetrieben also tatsächlich 14,1 % des gewährten Gesamtinvestitionsbetrages in Höhe von rd. 2,7 Mio. €. In den Medien wird fälschlicherweise davon gesprochen, dass 30% der bewilligten Gesamtmittel in die Systemgastronomie geflossen sind. Diese Feststellung bezieht sich auf den Zeitpunkt der Prüfung des Rechnungshofes im Zeitraum von Mai 2010 bis Februar 2011 und ist – da sie nicht das Gesamtprogramm umfasst - lediglich eine Momentaufnahme . Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass Unternehmen der Systemgastronomie (Franchise-Nehmer) ebenso kleine und mittlere Unternehmen sind wie alle übrigen Unternehmen im Investitionszuschussprogramm für Gastronomiebetriebe (s. hierzu auch Ausführungen in der Vorbemerkung der Landesregierung oben). e) Nachfolgend die tabellarische Darstellung der durchschnittlich beantragten sowie bewilligten Fördersumme aufgeschlüsselt nach Systemgastronomie (Fast-Food- Betriebe) und Einzelunternehmen: - 4 - Drucksache 15/153 (15/77) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Betriebsart Anzahl der Betriebe Beantragte Fördersumme in € Bewilligte Fördersumme in € Durchschnittswert pro Betrieb Fast-Food-Betriebe (Systemgastronomie) 5 400.240,78 385.420,78 77.084,15 Übrige Einzelunternehmen 100 2.624.186,81 2.347.727,32 23.477,27 Gesamt 105 3.024.427,59 2.733.148,10 Die Differenz zwischen beantragter und bewilligter Fördersumme ergibt sich daraus , dass bestimmte Ausgaben nicht förderfähig sind. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die ausgezahlten Förderbeträge sich an dem Antragsvolumen eines Antragstellers orientieren. Da die antragstellenden Unternehmen ihrerseits sehr unterschiedlich sind (z. B. Restaurants, Systemgastronomie , Cafés, Eissalons) und aufgrund ihrer unternehmerischen Ausrichtung auch andere Maßnahmen durchführten, kommt es erwartungsgemäß zu unterschiedlichen Förderbeträgen. In diesem Zusammenhang musste für Neuerrichtungen naturgemäß ein sehr viel höheres Investitionsvolumen aufgebracht werden als für kleinere Modernisierungen innerhalb eines bestehenden Betriebes. f) Nachfolgend der Stand der Bewilligungen tabellarisch aufgeschlüsselt nach der regionalen Verteilung der geförderten Unternehmen (nach Gemeindeverbänden): Gemeindeverband Förderfähige Kosten in € Investitionszuschuss in € Anzahl der Betriebe Merzig-Wadern 1.514.818,15 302.963,65 19 Neunkirchen 1.385.532,93 277.106,60 10 Regionalverband Saarbrücken 2.807.056,33 561.411,29 30 Saarlouis 4.500.453,27 900.110,47 19 Saarpfalz-Kreis 207.132,83 41.426,57 6 St. Wendel 3.250.647,60 650.129,52 21 Gesamt 13.665.641,11 2.733.148,10 105 Warum wird eine solche abstrahierte Aufschlüsselung nicht zeitnah (innerhalb von 3 Monaten) nach Ende der Förderung (letzte Bewilligung) veröffentlicht ? Zu Frage 4: Das MWAEV berichtet regelmäßig über Förderprogramme in den entsprechenden Ausschüssen des Landtages. Darüber hinaus werden entsprechende Landtagsanfragen beantwortet, aber auch Pressekonferenzen durchgeführt und Pressemitteilungen veröffentlicht. - 5 - Drucksache 15/153 (15/77) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Wurden die Zuwendungen bei den geförderten Unternehmen der Europagalerie rechtzeitig beim Bekanntwerden der Geschäftsschließung zurückgefordert ? Zu Frage 5: Bei Nichterreichung der Fördervoraussetzungen fordert das Wirtschaftsministerium den Investitionszuschuss mit Zinsen zurück. Für die Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung des gewährten bzw. ausgezahlten Investitionszuschusses zuzüglich Zinsen gelten die einschlägigen Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 der LHO und die §§ 48/49 a Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz (SVwVfG) in der jeweils geltenden Fassung. Grundsätzlich wird bei einer Schließung erst zurückgefordert, wenn zum einen der Begünstigte die geförderte Betriebsstätte selbst nicht weiter betreibt (neueröffnet) und zum anderen ein Dritter nicht in die Rechte und Pflichten des Zuwendungsbescheides durch schriftliche Erklärung eintritt und die Betriebsstätte weiterbetreibt. Inzwischen wurde eine geförderte Betriebsstätte in der Europagalerie geschlossen. Es wurde nach der Schließung direkt ein Aufklärungsgespräch mit dem Zuwendungsempfänger /Rechtsnachfolger geführt und danach die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung schriftlich durchgeführt. In Abstimmung mit dem Justiziariat des MWAEV wird zurzeit der Widerrufsbescheid erstellt und der Zuschusses mit Zinsen zurückgefordert. Wie will die Regierung bei den laufenden und künftigen Förderprogrammen sicherstellen, dass die unternehmerischen Verflechtungen bei den Antragstellern so durchleuchtet werden, dass a) die Förderungen beim Einzelunternehmer direkt ankommen, b) evtl. dahinter stehende mittelbare und unmittelbare wirtschaftliche Verflechtungen mit Vertretern des Staates / des Landes / der Kommunen erkannt und den Steuerzahlern gegenüber transparent gemacht werden? Zu Frage 6: a) Antragsteller der Förderprogramme sind in der Regel kleine und mittlere Unternehmen . Diese erhalten bei Vorliegen der Fördervoraussetzungen die entsprechenden Zuwendungsbescheide und können auf dieser Basis den gewährten Investitionszuschuss abrufen. In Verwendungsnachweisen muss der Unternehmer wiederum gegenüber dem MWAEV nachweisen, dass die abgerufenen Mittel zweckentsprechend verwendet wurden. Aufgrund der einschlägigen und schlüssigen Förderbestimmungen ist sichergestellt, dass die Förderungen direkt bei den Einzelunternehmen ankommen (s. hierzu auch Beantwortung zu Frage 6b). b) Das MWAEV überprüft alle Anträge darauf, ob die Antragsteller die Fördervoraussetzungen erfüllen. Grundlage der Förderung sind die jeweils einschlägigen Förderrichtlinien und die VV der LHO. Die Förderung erfolgt daher rein auf der Grundlage fachlicher und sachlicher Kriterien, unabhängig von der jeweiligen Person (Antragsteller) oder irgendeiner sachfremden Benachteiligung oder Diskriminierung der jeweiligen Person. Auch in dem vorliegenden Förderprogramm wurden diese Grundsätze angewendet. - 6 - betr.: Statistik und Richtlinien der Förder- und Qualitätsoffensive für den saarländischen Tourismus