LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1685 (15/1594) 09.02.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Hilberer (PIRATEN) betr.: Neue Bundesfernstraßengesellschaft – Aushebelung der Länderhoheit Vorbemerkung des Fragestellers: „Mit der „Bundesfernstraßengesellschaft (BFG)“ soll nicht nur die Auftragsverwaltung der Länder für die Autobahnen und Bundesstraßen abgeschafft , sondern auch der Neu- und Ausbau sowie Betrieb der Bundesfernstraßen privatisiert werden. Insgesamt geht es dabei um ein Privatisierungsvorhaben von mindestens 150 Milliarden Euro. Die BFG wird privatrechtlich angelegt. Sie wäre damit der parlamentarischen Kontrolle entzogen und könnte nach eigenem Gutdünken beispielsweise öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) als Standardmodell einsetzen. Die BFG soll sich jenseits der Schuldenbremse verschulden dürfen. Gleichzeitig soll sie die Lkwund Pkw-Mautgebühren sowie erhebliche Haushaltsmittel erhalten. Dem Verkehrssektor droht damit eine gravierende Strukturveränderung zu Lasten ökologischer Verkehrsträger. In einer Renaissance des Autobahnneubaus würden Fernbusse und Gigaliner die Bahn niederkonkurrieren. Da eine diesbezügliche Grundgesetzänderung schon im Frühsommer 2016 verabschiedet werden könnte, bestünde auch erheblicher Beratungsbedarf in den Bundesländern.“ Ausgegeben: 09.02.2016 (26.11.2015) Drucksache 15/1685 (15/1594) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Wie weit würde das Saarland in seiner Eigenschaft als Auftragsverwaltung für Autobahnen und Bundesstraßen sowie für den diesbezüglichen Ausbau und Betrieb durch eine BFG in den Rechten eingeschränkt sein? (Bitte nach Datum der Tathandlung und Tatorten einzeln aufschlüsseln) Welche Auswirkungen würde die BFG auf die parlamentarische Kontrolle innerhalb der Ländervertretungen im Bund haben? Welchen Einfluss hätte die Landesregierung auf das 150 Milliarden Euro umfassende Privatisierungsvorhaben des Bundes? Wie weit sind die Beratungen innerhalb der Länderkammer (Bundesrat) bzw. im Saarland zur grundgesetzlichen Verankerung der BFG fortgeschritten ? Wie ist der Stand der Ergebnisse? Wie schätzt die Landesregierung das Faktum ein, dass mit der BFG sozusagen ein Nebenhaushalt geschaffen wird, der sich nicht an die Leitlinien der Schuldenbremse halten müsste? Droht dem Verkehrsträger Schiene eine massive Beeinträchtigung durch eine BFG auch hinsichtlich der Konkurrenz von Fernbus und Gigaliner, sondern auch der Klimaziele? Zu den Fragen 1 - 6: Wegen des Sachzusammenhangs und weil der Bund bisher noch keinen Vorschlag zur Einrichtung und Ausgestaltung einer möglichen neuen Bundesfernstraßen-, Bundesautobahn - oder Bundesinfrastrukturgesellschaft vorgelegt hat, werden die Fragen zusammen beantwortet, indem der aktuelle Sachstand mitgeteilt wird. I. Im Koalitionsvertrag vom 16. Dezember 2013 zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode ist unter Pkt 1.3 „In Deutschlands Zukunft investieren: Infrastruktur “ festgeschrieben, dass die Koalition gemeinsam mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwaltung erarbeiten und umsetzen will. Das Thema wurde so auch im Rahmen der Gespräche mit dem Bund zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erörtert. II. Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Optimierung der Auftragsverwaltung“ Das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat Anfang 2013 einen Diskussionsprozess zum Thema „Effizienz bei Planung, Bau und Verfahren im Bundesfernstraßenbau“ begonnen. Im Fokus der Betrachtung soll dabei die Steigerung der Effizienz und Stringenz von Planungs- und Bauabläufen stehen . Drucksache 15/1685 (15/1594) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Gemeinsame Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleiter (GKVS) hat im März 2014 eine länderoffene Arbeitsgruppe eingerichtet, die mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Verhandlungen zur Effizienzverbesserung führt. Neben dem Auftrag der GKVS wird in der Bund-Länder- Arbeitsgruppe „Optimierung der Auftragsverwaltung“ auch die Forderung des Koalitionsvertrages abgearbeitet, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwaltung erarbeitet und umsetzt. III. Einsetzung der Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ (Bodewig II) Mit einem einstimmigen Umlaufbeschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 13. Juli 2015 wurde die Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ unter der Leitung von Bundesminister a.D. Prof. Kurt Bodewig eingesetzt. Die Kommission soll insbesondere bewerten, wie die Investitionen in die Straßenverkehrsinfrastruktur gestärkt werden können, inwieweit sich hierzu PPP-Modelle und private Finanzierungen eignen, welche Konsequenzen mit potenziellen Alternativen zur bisherigen Auftragsverwaltung verbunden wären und welche Optimierungspotenziale bei der Auftragsverwaltung bestehen. IV. Verkehrsministerkonferenz am 08./09. Oktober 2015: Die Verkehrsminister haben in einem einstimmigen Beschluss am 08./09. Oktober 2015 betont, dass die grundgesetzlich bestimmte Verwaltung der Bundesfernstraßen durch die Länder ein bewährtes System darstelle, das kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert werden müsse. Mögliche Veränderungen des bisherigen Systems der Auftragsverwaltung müssten fundiert untersucht und bewertet werden und dies im Konsens mit den Ländern. Dabei gelte es, Doppelstrukturen mit erhöhten Kosten und Kompensationsverlusten durch geteilte Zuständigkeiten für die übergeordneten Straßen zu vermeiden, heutige Synergieeffekte und Effizienzvorteile durch die Auftragsverwaltung zu erhalten, die Berücksichtigung von lokalen und regionalen Belangen auch in Zukunft sicherzustellen und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder auf Investitionsentscheidungen des Bundes zu bewahren.