LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1726 (15/1681) 11.03.2016 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Dekontamination im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Unter dem Begriff Dekontamination versteht man allgemein die Beseitigung von gefährlichen Verunreinigungen (Kontaminationen) durch ABC– Gefahrstoffe, also durch gesundheitsgefährdende atomare, nukleare, biologische und chemische Mittel. Dekontaminationsmaßnahmen umfassen Individual-, Massen- und Verletztendekontaminationen sowie die Dekontamination von Flächen, Objekten und Bereichen. Insofern können Zivilpersonen , Einsatzkräfte, Gegenstände, Grundstücke oder sonstige Örtlichkeiten von gefährlichen Kontaminationen betroffen sein. Neben der materiellen und personellen Ausstattung und der Bereitstellung der notwendigen Logistik und Versorgung ist auch eine umfangreiche Planung des taktischen Vorgehens im Notfalleinsatz erforderlich. Die effektive Beseitigung von ABC–Kontaminationen erfordert die organisatorische, technische und personelle Vorbereitung von Dekontaminationsmaßnahmen sowie eine ausreichende fachliche Qualifikation des handelnden Personals.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Der Schutz der Bevölkerung vor ABC-Gefahren, zu denen auch die Dekontamination gehört, ist ein zentrales Aufgabengebiet der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr. Der ABC-Schutz wird als eine Kernaufgabe des Bevölkerungsschutzes seitens des Bundes durch eine erweiterte Katastrophenschutzausstattung unterstützt. Maßnahmen der Dekontamination richten sich im Saarland nach dem „Saarländischen Hilfeleistungskonzept für den ABC-Einsatz – Dekontamination im ABC-Einsatz“ in Verbindung mit der Feuerwehrdienstvorschrift 500 (FwDV 500) und dem vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe herausgegebenen „Rahmenkonzept zur Dekontamination verletzter Personen“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Dekontamination Personen“. Ausgegeben: 11.03.2016 (25.01.2015) Drucksache 15/1726 (15/1681) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Das „Saarländische Hilfeleistungskonzept für den ABC-Einsatz – Dekontamination im ABC-Einsatz“ sieht für die Personendekontamination ein vierstufiges Konzept vor, das nach Art und Schwere des Ereignisses und der daraus resultierenden Aufgabenbewältigung ausgerichtet ist. Während die Dekon-Stufen I und II im Wesentlichen die Grundlagen für die Dekontamination von Einsatzkräften bei einem ABC-Einsatz im Rahmen der örtlichen Gefahrenabwehr bilden, regeln die Dekon-Stufen III und IV die erforderlichen Maßnahmen bei einer größeren Anzahl betroffener Personen bei größeren Schadenslagen bis hin zu einer Katastrophe. Welche Behörden (auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene), (Fach-) Dienststellen, Körperschaften , Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Landesregierung unterstehen, Organisationen, Verbände oder sonstigen (Hilfs-)Kräfte sind im Saarland für die Durchführung der Dekontamination zuständig, sind zur Mitwirkung verpflichtet oder können unterstützend herangezogen werden? Zu Frage 1: Maßnahmen zur Dekontamination von Personen im Rahmen der akuten Gefahrenabwehr sind primär Aufgaben der ABC-Züge der Feuerwehren, von denen je einer in jedem Gemeindeverband aufgestellt ist. Teileinheit eines jeden ABC-Zuges ist eine Dekontaminations-Einheit, die mindestens die Stärke einer Staffel (sechs Einsatzkräfte ) hat. Je nach Schwere des Schadensereignisses können Dekontaminations- Einheiten durch den örtlichen Einsatzleiter, die Landkreise und die Landeshauptstadt Saarbrücken als untere Katastrophenschutzbehörden sowie durch das Ministerium für Inneres und Sport als oberste Katastrophenschutzbehörde eingesetzt werden. Sofern die Besatzung einer Dekontaminations-Einheit für die Schadensbewältigung nicht ausreicht , können im Rahmen der Einrichtung und des Betriebs eines Dekontaminations- Platzes bei Bedarf Feuerwehrangehörige und Einsatzkräfte des Sanitätsdienstes mit definierten Aufgaben unterstützend herangezogen werden. Ebenso ist es möglich, mehrere Dekontaminations-Einheiten mit dem Ziel zusammenzuziehen, eine größere Anzahl von Dekontaminations-Plätzen parallel zu betreiben. Soweit eine spezifische Fachberatung erforderlich ist, wird diese durch die Fachressorts (z.B. Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bei B-Lagen) bzw. Fachdienststellen (z.B. Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz bei A-Lagen) sichergestellt. Wie viele Personen können (etwa im Katastrophenfall ) von den im Saarland direkt zur Verfügung stehenden Einsatzkräften dekontaminiert werden, ohne Hilfskräfte und Unterstützung aus anderen Bundesländern hinzuzuziehen? Zu Frage 2: Als Bezugsgröße für die Beantwortung der Frage wird die personelle und sachliche Ausstattung des Gerätewagens Dekontamination Personen (GW-Dekon P), auf dem die für die Einrichtung und den Betrieb eines Dekontaminations-Platzes benötigte Ausstattung verlastet ist, angewendet (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 4). Diese Ausstattung bildet die Ausgangsbasis für die Dekontamination von Personen. Bei der Dekontamination von Betroffenen aus der Bevölkerung kann in Abhängigkeit von Art und Umfang der Kontamination sowie Zustand des Betroffenen von einem Durchsatz von bis zu 50 Personen je Stunde ausgegangen werden. Drucksache 15/1726 (15/1681) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Bei einer größeren Anzahl von zu dekontaminierenden Personen können entsprechend mehrere Systeme parallel aufgebaut werden (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 1). Welche Aus- und Fortbildungsangebote für mit der Dekontamination betraute und in diesem Bereich eingesetzte Personen gibt es im Saarland, wie häufig werden solche Schulungen und Kurse durchgeführt? a) Welche Verpflichtungen für welchen Adressatenkreis bestehen, regelmäßig an diesen Ausund Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen ? b) Welche Möglichkeiten der freiwilligen Teilnahme an diesen Veranstaltungen gibt es? Zu Frage 3: Die Feuerwehrschule des Saarlandes bietet für die im Bereich der Dekontamination tätigen Einsatzkräfte den Lehrgang „ABC-Dekontamination Personen“ sowie die Fortbildungsveranstaltung „ABC-Dekontamination Personen – Einsatzablauf“ an. Ziel des Lehrgangs „ABC-Dekontamination Personen“ ist die Befähigung zur Handhabung der Fahrzeuge und Geräte der Einheiten „ABC-Dekontamination Personen“. Im Speziellen soll der Teilnehmer die Gerätewagen Dekontamination Personen (GW- Dekon P) und deren Ausstattung kennen und nach Weisung bzw. Anleitung seiner Vorgesetzten im Rahmen seiner Teilaufgabe fachlich richtig und selbständig bedienen können. Darüber hinaus soll er die Wartung und Pflege dieser Fahrzeuge und Ausstattung durchführen können. Der Lehrgang wird grundsätzlich einmal pro Jahr angeboten . Ziel der Fortbildungsveranstaltung „ABC-Dekontamination Personen - Einsatzablauf“ ist die Auffrischung und Erweiterung der Befähigung zur Handhabung der Fahrzeuge und Geräte der Einheiten „ABC-Dekontamination Personen“. Diese Fortbildung erfolgt in Kombination mit weiteren Lehrgängen aus dem Bereich des ABC-Einsatzes. Auf diese Weise können komplexe Übungsszenarien dargestellt werden, so dass wichtige Einsatzgrundsätze und Abläufe in ihrer Gesamtheit dargestellt und erfasst werden können. Das Fortbildungsseminar wird mindestens einmal jährlich angeboten. Zu Frage 3 a): Die Verpflichtung zur Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen für die Einsatzkräfte ergibt sich aus der Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 500 „Einheiten im ABC-Einsatz“ in Verbindung mit der Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 2 „Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren“. Während die Mindestanforderungen der Ausbildung in der FwDV 2 festgelegt sind, bestimmt die FwDV 500, dass Einheiten im ABC-Einsatz (so auch die Dekontaminations -Einheiten) im jährlichen Ausbildungsdienst mindestens einmal eine Fortbildung zu Einsätzen mit ABC-Gefahrstoffen einschließlich der Dekontamination sowie eine Übung im Einsatz mit ABC-Gefahrstoffen durchzuführen haben. Diese Fortbildung und Übungen finden auf Kommunal- bzw. Gemeindeverbandsebene statt. Drucksache 15/1726 (15/1681) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Aufgrund der Rechtslage sind die Einsatzkräfte der GW-Dekon P die Zielgruppe des Lehrgangs „ABC-Dekontamination Personen“. Ergänzend werden weitere Einsatzkräfte ausgebildet, die für die Unterstützung dieser Einheiten vorgesehen sind. Zu Frage 3 b): Zur Sicherstellung einer optimalen Arbeit am Dekontaminations-Platz ergibt sich im Hinblick auf die komplexe Aufgabenstellung sowie die Ausstattung mit speziellen Gerätschaften die Notwendigkeit, regelmäßig zu üben. Vor diesem Hintergrund ist die Ausbildung auf die Personen beschränkt, welche die GW-Dekon P und deren Ausstattung tatsächlich besetzen und im Einsatzfall bedienen. Eine Ausbildung anderer Interessierter (freiwillige Teilnahme) ist nicht vorgesehen. Wie viele Dekontaminationsfahrzeuge stehen im Saarland für Einsätze insgesamt zur Verfügung? a) Welche Dekontaminationsfahrzeugtypen gibt es im Saarland? b) Wie sind die Dekontaminationsfahrzeuge auf die saarländischen Landkreise bzw. den Regionalverband Saarbrücken verteilt? c) Wie viele und welche dieser Fahrzeuge werden für den Zivilschutz des Bundes eingesetzt , wie viele und welche können im Wege der Doppelnutzung den Feuerwehren und dem Katastrophenschutz im Saarland zur Verfügung gestellt werden? d) Wie sind die Dekontaminationsfahrzeuge ausgestattet und wer ist jeweils für Ausstattung und Bestückung der Fahrzeuge verantwortlich ? Zu Frage 4: Im Saarland stehen zur Zeit insgesamt sechs Gerätewagen Dekontamination Personen (GW-Dekon-P) zur Verfügung, wobei je ein Fahrzeug in jedem Gemeindeverband vorhanden ist. Die Fahrzeuge sind den ABC-Zügen der Feuerwehren zugewiesen und für die Gefahrenbewältigung im Zivilschutz und im landeseigenen Katastrophenschutz vorgesehen. Zudem werden sie im Rahmen der örtlichen und überörtlichen Gefahrenabwehr eingesetzt. Auf dem Fahrzeug ist die Ausstattung verlastet, die für den Aufbau und Betrieb eines Dekontaminations-Platzes benötigt wird. Die Anlage besteht im Wesentlichen aus einem Duschzelt sowie den sich daran anschließenden Aus- und Ankleidezelten . Zur Grobreinigung von Personal in Chemikalienschutzanzügen steht eine kleine Einpersonenduschkabine zur Verfügung. Eine Frischwasserpumpe versorgt einen Wasserdurchlauferhitzer, der warmes Duschwasser zur Verfügung stellt. Das Frischwasser wird in zwei Vorratsbehältern mit je 1000 Litern Inhalt gelagert. Die Zelte können mit einem separaten dieselbetriebenen Zeltheizgerät auch bei schlechten Witterungsbedingungen beheizt werden. Für verschmutztes Abwasser stehen zwei Abwasserpumpen und ein Behälter mit 5000 Liter Fassungsvermögen zur Verfügung. Drucksache 15/1726 (15/1681) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Die Fahrzeuge gehören zu der erweiterten Katastrophenschutzausstattung des Bundes . Für die Ausstattung und Bestückung der Fahrzeuge ist demnach der Bund verantwortlich . Welche Notfallpläne für Großschadensereignis gibt es im Saarland, insbesondere für atomare Notfälle (Cattenom) oder Kontaminationen bei Großveranstaltungen(wie Volksfesten oder Fußballspielen )? Zu Frage 5: Im Bereich des Notfallschutzes in der Umgebung des Kernkraftwerks Cattenom gibt es den „Besonderen Katastrophenschutzplan des Landes für die saarländische Umgebung des Kernkraftwerkes Cattenom“ (KatS-Plan-Land-Cattenom), der durch entsprechende Vollzugspläne der betroffenen Landkreise Merzig-Wadern und Saarlouis ergänzt wird. Der KatS-Plan-Land-Cattenom enthält u.a. auch Verweise auf Maßnahmen der Dekontamination in Verbindung mit einem kerntechnischen Unfall im Kernkraftwerk Cattenom. Spezielle Sonderpläne für Großschadenslagen in Verbindung mit Kontaminationen gibt es auf der Ebene der unteren Katastrophenschutzbehörden nicht. Es gelten die allgemeinen Gefahrenabwehrpläne der unteren Katastrophenschutzbehörden, wobei sich der Einsatz nach den Regelungen der in den Vorbemerkungen zitierten Konzepte richtet . Wie viele und welche Ereignisse gab es im Saarland in den letzten zehn Jahren, bei denen Dekontaminationsmaßnahmen durchgeführt werden mussten? Zu Frage 6: Im Zivilschutz und im landeseigenen Katastrophenschutzes gab es in den letzten zehn Jahren keine Ereignisse oder Schadenslagen, bei denen Dekontaminationsmaßahmen erforderlich waren. Im Rahmen der örtlichen Gefahrenabwehr gab es landesweit ca. 50 Einsätze in der Dekon-Stufe II, in denen Dekontaminationsmaßnahmen für Einsatzkräfte im Rahmen von ABC-Einsätzen der Feuerwehren notwendig waren. Im Wesentlichen handelte es sich hierbei um Ereignisse bzw. Vorkommnisse im Umgang mit Gefahrgütern .