LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1780 (15/1627) 18.04.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Klimaschutzpolitik der Landesregierung Vorbemerkung des Fragestellers: „Der zurzeit stattfindende UN-Klimagipfel in Paris ist ein Schicksalsereignis und wird zeigen, ob die Staaten der Welt eine gemeinsame Antwort auf die globale Klimakrise finden können. Es geht darum , ein international verbindliches Klimaschutzabkommen zu beschließen. Begrenzen wir die Erderwärmung nicht auf zwei Grad, werden die Folgen der Klimakrise unbeherrschbar. Es erfordert den Einsatz auf jeder staatlichen Ebene, um die CO2-Emissionen auf ein dafür notwendiges Maß zu begrenzen. Die Bundesregierung hat dazu bereits Klimaschutzziele festgelegt und verschiedene Bundesländer haben bereits eigene Initiativen in der Klimaschutzpolitik ergriffen. Die saarländische Landesregierung steht in dieser Frage bisher allerdings ohne Handlungskonzept da. Verbindliche Ziele, die sie möglicherweise erreichen will, sind bisher nicht bekannt geworden; ein eigenes Klimaschutzgesetz oder Erneuerbare-Energien- Wärmegesetz lehnt sie ab. Dabei ist klar, dass auch das Saarland seiner Verantwortung zur Erfüllung der bundesdeutschen und europäischen Klimaschutzziele gerecht werden muss.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die Saarländische Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst. Dabei ist die Sonderrolle des Landes im Vergleich mit den übrigen Bundesländern zu beachten. Bei Betrachtung der auf Sektoren aggregierten Daten der CO2- Bilanzen der Jahre 2005 und 2013 (letzte veröffentlichte Energiebilanz für das Saarland ) fällt auf, dass sich die Hauptlasten der Emissionen auf den Umwandlungsbereich und den Bereich des Verarbeitenden Gewerbes verteilen, Bereiche die zum allergrößten Teil durch das Emissionshandelssystem der EU instrumentiert und gelenkt werden. Ausgegeben: 18.04.2016 (04.12.2015) Drucksache 15/1780 (15/1627) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Die CO2-Gesamtemissionen sind bis 2012 im Saarland auf ca. 87% gefallen, für 2013 ist jedoch ein Anstieg auf 92% zu verzeichnen. Rechnet man die im Umwandlungsbereich anfallenden Emissionen auf die einzelnen Endverbrauchsbereiche anteilig um, so ergeben sich folgende prozentualen Werte für 2013: Verarbeitendes Gewerbe 68,8%; Verkehr 13,9% und Haushalte, GHD 17,3%. Ausgehend davon, dass sich hinter dem Verarbeitenden Gewerbe zum größten Teil die energieintensive saarländische Schwerindustrie verbirgt, deren Emissionen über das europäische Emissionshandelssystem begrenzt werden und die vorgenommene Verteilung den Energie-Import/Exportsaldo unberücksichtigt lässt, verkürzen sich die Steuerungsmöglichkeiten der Regionalpolitik auf etwa 30% des CO2-Gesamtausstoßes . Welche Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen plant die Landesregierung zur Erreichung der von der Bundesregierung festgesetzten Klimaschutzziele (CO2-Einsparung um 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 bzw. um 80 Prozent bis 2050)? Zu Frage 1: Das Saarland leistet bereits einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz, zum Beispiel durch den Ausbau erneuerbarer Energien. So konnten bis Ende 2015 rund 400 MWpeak Photovoltaik im Saarland installiert werden, wobei auch viele Konversionsflächen aus dem Bergbau genutzt wurden. Ebenso wurden Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 260 MW errichtet. Die Landesregierung hat über das Programm „Klima Plus Saar“ die Entwicklung von Null-Emissions-Kommunen, Entwicklungskonzepte und Demonstrationsvorhaben, Nahwärmenetze, Photovoltaik- und Windkraftanlagen, energiesparende Straßenbeleuchtungen , die energetische Sanierung von Vereinshäusern, Heizungsoptimierungen , Elektromotoren, Solarthermie, Wärmedämmung, Ersatz von Nachtspeicheröfen, Blockheizkraftwerke und Kurzumtriebsflächen für Biomasse in einer Gesamthöhe von rund 9,5 Mio. Euro aus Landesmitteln gefördert. Aktuell steht ebenfalls aus Landesmitteln ein sehr gut nachgefragtes Programm zur Förderung von Energiespeichern im Zusammenhang mit kleinen dezentralen Erzeugungseinheiten zur Verfügung. Im Förderprogramm „Klima Plus Saar“ wurden beim Fördertatbestand „Integrierte Klimaschutzkonzepte “ die Kommunen bzw. Landkreise (Kreisstadt Saarlouis, Kreisstadt Neunkirchen Gemeinde Wallerfangen, Landkreis Neunkirchen, Regionalverband Saarbrücken und der Landkreis St. Wendel) mit bis zu 15 % ergänzend zur Bundesförderung durch das Land unterstützt. Darüber hinaus wurden unter „Klima Plus Saar“ 22 so genannte Klimaschutz-Teilkonzepte gefördert. Insgesamt erhielten im Saarland vier Landkreise (Neunkirchen, Regionalverband Saarbrücken, Saarlouis, St. Wendel) sowie 15 Kommunen eine Bundesförderung für ein Klimaschutzkonzept. Die vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr initiierte und geförderte „Energieberatung Saar“ (EBS) bietet kostenlose Beratungen für Bauherren, Unternehmen und Kommunen an und sorgt mit der EBS-Kundenhotline, mit Kampagnen wie der Aktionswoche „Das Saarland voller Energie“ und der Kommunen-Tour sowie mit Veranstaltungen und Messeauftritten für Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien. Drucksache 15/1780 (15/1627) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Dazu gehören auch regelmäßige Kommunalbörsen mit über 100 Teilnehmern mit Bewerbung aller Landes- und Bundesförderprogramme zum Klimaschutz. Das aus Landes- und Bundesmitteln finanzierte Programm „Stromspar-Check PLUS“ richtet sich mit einer ausführlichen Energiesparberatung und der kostenfreien Installation von Energiesparartikeln an einkommensschwache Haushalte. Rund 800 Stromspar -Checks in 2014 und 2015 mit typischen Stromeinsparpotenzialen von 400 bis 700 kWh jährlich und eingesparten Kosten für Wärme und Strom zusammen von bis zu 250 Euro je Haushalt und Jahr oder fast eine halbe Tonne CO2-Ersparnis stehen für den Erfolg des Programms, das deshalb fortgesetzt wird. Aus EU-Mitteln wird das Zukunftsenergieprogramm „Kommunal“ (ZEP KOM) finanziert, das vornehmlich der energetischen Sanierung kommunaler Gebäude dient. In der neuen Förderperiode 2014-2020 stehen hierfür mindestens 18 Mio. Euro zur Verfügung . Weitere Programme zur Förderung von Nahwärmenetzen und zur Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen in Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) sind in Vorbereitung. Zudem wird der Schwerpunkt des Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (KInvFG) bei energetischen Maßnahmen liegen. Auch insofern wird ein deutlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Das vom Land geförderte Institut für ZukunftsEnergieSysteme gGmbH (IZES) leistet durch anwendungsnahe Forschung und Entwicklung sowie die Initiierung, Konzeption und Umsetzung von innovativen Maßnahmen zur rationellen Energienutzung und zur Anwendung erneuerbarer Energien ebenfalls einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz . Die von der Landesregierung unterstützte Landesinitiative Energieinnovation Saar (LIESA) ist ein technik- und innovationsgetriebener Zusammenschluss von Experten aus Forschung, Energiewirtschaft und Industrie, mit dem Ziel, die Energiewende auf regionaler Ebene im Saarland dezentral und intelligent umzusetzen. Hier werden Mess- und Regeltechnik, IKT-Anwendungen, Flexibilitätsoptionen und Speichermöglichkeiten zu Gesamtlösungen verbunden, die die Energiewende vorantreiben. Auf eine konkrete LIESA-Initiative ging insbesondere die erfolgreiche Bewerbung im Bundesförderprogramm „Schaufenster Intelligente Energie – digitale Agenda für die Energiewende “, kurz SINTEG, zurück: im Konsortialverbund „Designetz“ investieren in den nächsten drei Jahren 47 Unternehmen aus NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ein Volumen von 80 Millionen Euro in Demonstratoren und IKT-Maßnahmen für stabile , intelligente Energienetze der Zukunft. All diese praxisnahen und umsetzungsorientierten Entwicklungen vollziehen sich, ohne dass es einer formalen Festlegung eines klimaschutzrechtlichen Rahmens des Landes braucht. Plant die Landesregierung die Erstellung eines Klimaschutzplanes? Falls ja, mit welchen Zielen, Zwischenzielen und sektoralen Zielen? Zu Frage 2: Der beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr angesiedelte Energiebeirat erarbeitet für die Ausrichtung der saarländischen Energie- und Klimaschutzpolitik zu relevanten Themen Positionspapiere, unter anderem zu den Ausbauzielen der Erneuerbaren Energien und den dafür notwendigen politischen Rahmenbedingungen oder der Zukunft der Netze und Kraftwerke an der Saar. In 2016 steht die Erstellung einer saarländischen Effizienzstrategie im Mittelpunkt. Damit wird eine weitere wesentliche Positionierung für eine zukunftsfähige Klimaschutzpolitik des Landes besetzt . Drucksache 15/1780 (15/1627) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Plant die Landesregierung die Erreichung einer klimaneutralen Landesverwaltung? Falls ja, bis wann? Falls nein, warum nicht? Zu Frage 3: Wesentliche Überlegungen zu den Möglichkeiten von Energieeinsparmaßnahmen in der Landesverwaltung werden in die für 2016 geplante saarländische Effizienzstrategie Eingang finden. Welche Ziele für die Landesverwaltung hat die Landesregierung formuliert, um die Einsparziele zu erreichen? Zu Frage 4: Siehe Antwort zu Frage 3. Inwieweit plant sie Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV, um insbesondere den CO2-intensiven Automobilverkehr zu reduzieren? Zu Frage 5: Viele Maßnahmen zur Verbesserung des Personennahverkehrs sind abhängig von der Verfügbarkeit der dafür notwendigen Finanzmittel. Sobald zwischen Bund und Ländern endgültig geklärt ist, wie hoch der Anteil der einzelnen Bundesländer an den künftigen Regionalisierungsmitteln ist, wird die Landesregierung über weitere konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV entscheiden. Im Zusammenhang mit der Novellierung des ÖPNV Gesetzes wird ein einheitlicher Rahmen für die Gestaltung des Nahverkehrs durch allgemeine Anforderungen an einen zeitgemäßen ÖPNV vorgegeben. Hierbei werden beispielsweise neben den konventionellen auch alternative Bedienformen (z.B. Anruf-Sammeltaxi, Rufbus) bei Planung und Ausgestaltung des ÖPNV berücksichtigt. Parallel sind strukturelle Maßnahmen geplant, die eine bessere Kooperation und Abstimmung zwischen den Aufgabenträgern und mit den Verkehrsunternehmen sicherstellen. In diesem Kontext werden auch weitere Themen wie Tarifstruktur und Marketing mit den Akteuren besprochen und an die heutigen Anforderungen an einen zeitgemäßen ÖPNV angepasst. Außerdem wird in 2016 die Neuaufstellung des Verkehrsentwicklungsplanes ÖPNV beauftragt mit dem Ziel, Stärken und Schwächen des heutigen ÖPNV im Saarland zu benennen, Optimierungspotenziale zu identifizieren und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten und Akteuren und unter Beteiligung der Öffentlichkeit strategische Ziele für die Zukunft zu erörtern und konkrete Umsetzungsmaßnahmen zur Verbesserung des saarländischen ÖPNV zu entwickeln. Klimaschutz im Verkehr findet nicht nur über den ÖPNV, sondern über eine Stärkung des Umweltverbundes insgesamt statt. So investiert das Saarland beispielsweise in diesem Jahr 2 Mio. Euro in die Verbesserung des saarländischen Radwegenetzes. Auf Initiative und mit Unterstützung der vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr koordinierten AG Alltagsradverkehr nehmen in 2016 mindestens 15 saarländische Kommunen erstmals an der bundesweiten Kampagne „Stadtradeln“ teil, um Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie Bürgerinnen und Bürger für die Potenziale des Fahrradverkehrs zu sensibilisieren und zur Förderung Nutzung des Fahrrades im Alltag zu motivieren.