LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1793 (15/1402) 28.04.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Giftstoffe unter Tage und Gefährdung des Oberflächen- und Grundwassers durch die Pläne der RAG AG zur Flutung [Drucksache 15/1351 (15/888)] Vorbemerkung des Fragestellers: „In der Vorbemerkung zur Antwort wird von Seiten der Landesregierung darauf hingewiesen, dass Abfälle, die unter Tage verwertet werden sollen, die Vorgaben der Versatzverordnung einhalten müssen, welche darauf ausgerichtet sind, schädliche Einwirkungen auf die Umwelt zu verhindern.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Der Begriff Reststoff wird seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) am 06.10.1996 nicht mehr verwendet. Seit diesem Zeitpunkt wird, soweit ein Abfall vorliegt, nur noch zwischen Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung unterschieden. Vor Inkrafttreten des KrW-/AbfG waren Abfälle lediglich solche Materialien, die für eine Beseitigung vorgesehen waren. Daneben gab es u.a. die Bezeichnung Reststoffe. Wurde ein Reststoff entsprechend den damaligen Rechtsvorgaben verwertet, unterfiel er nicht dem Anwendungsbereich des Abfallgesetzes. Ein Teil dieser Reststoffe würde heute als Abfall zur Verwertung angesehen. Die Begriffe Reststoff und Verwertungsabfall sind aber nicht synonym zu verwenden. Seit wann gilt diese Versatzverordnung und aufgrund welcher Problemlage wurde sie erlassen? Zu Frage 1: Die Verordnung über den Versatz von Abfällen unter Tage (Versatzverordnung - Versatz V) vom 27.07.2002 ist eine abfallrechtliche Vorschrift, die nicht von den Abfallbehörden , sondern von den für den Bergbau zuständigen Behörden ausgeführt wird. Sie gilt explizit für die Verwertung von Abfällen als Versatzmaterial in den unter Bergaufsicht stehenden untertägigen Grubenbauen. Die VersatzV wurde auf Grundlage des KrW-/AbfG erlassen. Ausgegeben: 28.04.2016 (29.05.2015) Drucksache 15/1793 (15/1402) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Mit der VersatzV wird der dauerhafte Abschluss der Abfälle und ihrer Schadstoffe von der Biosphäre in Bergwerken gewährleistet. Schadstoffhaltige Abfälle können danach nur in trockene Salzgestein-Formationen eingebracht werden, die über einen Langzeitsicherheitsnachweis verfügen. Damit werden die gleichen Anforderungen gestellt wie für die Beseitigung von Abfällen in Untertagedeponien. In anderen Standorten, wie z.B. Kohle- und Erzbergwerken, dürfen wegen der geringeren ökologischen Standortqualität nur schadstoffarme Abfälle versetzt werden. Als Versatzmaterial sind Materialien anzusehen, die unter Verwendung von Abfällen unter Nutzung ihrer bauphysikalischen Eigenschaften zu bergtechnischen oder bergsicherheitlichen Zwecken unter Tage eingesetzt werden. Hierunter fallen auch direkt und unvermischt eingesetzte Abfälle. Die VersatzV wurde erforderlich, weil seinerzeit in der Praxis sowohl hinsichtlich der zum Einsatz gekommenen Abfälle als auch hinsichtlich der dabei einzuhaltenden Schadstoffgehalte bedenkliche Entwicklungen beobachtet werden konnten. So wurden auch Rückstände aus der Siedlungsabfall- und Sonderabfallverbrennung mit hohen Schadstoffgehalten in Bergwerken eingesetzt, die nicht in trockenen Salzgestein- Formationen lagen und so keinen dauerhaften Abschluss von der Biosphäre gewährleisteten . An diesen Standorten konnten/können die Abfälle nach Einstellung der Sümpfung mit Gruben- und Grundwasser in Kontakt geraten. Derartige Materialien wurden im Saarland nicht unter Tage eingesetzt. Die VersatzV wurde darüber hinaus auch erforderlich, weil die Versatzpraxis nicht den Zielsetzungen des KrW-/AbfG hinsichtlich der Schonung natürlicher Ressourcen durch eine hochwertige Verwertung nach Art und Beschaffenheit einzelner Abfälle entsprach. So hätten z.B. Metalle aus dem zum Versatz verwendeten Material - vor dessen Versatz - zurückgewonnen und in den Produktionsprozess zurückgeführt werden können. Der Schadstoffgehalt des eingesetzten Versatzmaterials war diesbezüglich aber nicht Gegenstand der Kritik. Die Genehmigung der Verwertung welcher Reststoffe unter Tage erfolgte vor Inkrafttreten dieser Versatzordnung? Zu Frage 2: Vor Inkrafttreten der Versatzverordnung wurden Asbestzementplatten, zementgebundener Asbest, Gießereialtsande, Sprühabsorptionsasche, REA-Gips und Flugaschen zur Verwertung genehmigt. In der nachfolgenden Zusammenstellung sind die ehemaligen Bergwerke mit den Reststoffen aufgeführt: Ort: Grube Camphausen - Schacht Neuhaus Reststoff: Asbestzementplatten Zeitraum: 07/1990 Menge: 5.000 m³ Teufe: bis 700 Meter Ort: Grube Reden - Baufeld König Reststoff: zementgebundener Asbest Zeitraum: 06/1993 - 07/1993 Menge: 10.000 Fässer à 60 Liter Teufe: 800 Meter Drucksache 15/1793 (15/1402) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Ort: Grube Luisenthal - Schacht Delbrück 1 Reststoff: Gießereialtsande Zeitraum: 10/1993 - 12/1993 Menge: 4.000 Tonnen Teufe: 50 - 530 Meter Ort: Grube Luisenthal Reststoff: Sprühabsorptionsasche Zeitraum: 1993 - 1995 Menge: 2.700 Tonnen Teufe: > 800 Meter Ort: Grube Warndt Abfall zur Verwertung: Zugelassen waren Flugaschen (FA) und Rückstände aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA). Zeitraum: 1997 - 2005 Eingesetzt wurden nur Flugaschen (FA) in einer Menge von 260.000 Tonnen. Rückstände aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) wurden nicht eingesetzt. Teufe: > 800 Meter Ort: Grube Reden - Schacht Gegenort Reststoff: Asbestzementplatten Zeitraum: 08/1994 - 11/1994 Menge: 30 Tonnen Teufe: 15 - 200 Meter Die Genehmigung der Verwertung welcher Reststoffe unter Tage erfolgte nach Inkrafttreten dieser Versatzordnung? Zu Frage 3: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Nach Inkrafttreten der Versatzverordnung wurden keine Reststoffe mehr nach unter Tage verbracht. Der Begriff Reststoff wird allerdings seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) am 06.10.1996 nicht mehr verwendet. Welche Vorgaben galten für die Verwertung von Abfällen, die vor Inkrafttreten der Versatzverordnung unter Tage verwertet wurden? Zu Frage 4: Auch vor Inkrafttreten der Versatzverordnung am 30.10.2002 war die Verwertung von Reststoffen/Abfällen im Bergbau betriebsplanpflichtig. Die Prüfkriterien für den Betriebsplan ergaben und ergeben sich aus den §§ 55 und 48 Bundesberggesetz (BBergG). Drucksache 15/1793 (15/1402) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Um einen bundeseinheitlichen Vollzug sowohl hinsichtlich des Umweltschutzes als auch hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sicherzustellen, hat der Länderausschuss Bergbau „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen als Versatz unter Tage - Technische Regeln für den Einsatz bergbaufremder Abfälle als Versatz“ erarbeitet, die 1994 im Saarland eingeführt wurden. Die Technischen Regeln (TR) wurden unter Mitwirkung von Vertretern des Bundesumweltministeriums , der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) und des Umweltbundesamtes erarbeitet. Mit den Vorgaben sollten das Entstehen von Altlasten ausgeschlossen und eine Langzeitsicherheit gewährleistet werden. Vor 1994 erfolgte der Einsatz dieser Stoffe nach Einzelfallprüfung auf Grundlage einer Betriebsplanzulassung nach BBergG. Sonderbetriebsplanzulassungen erfolgten unter Beteiligung des Landesamtes für Umwelt - und Arbeitsschutz (LUA) sowie des Staatlichen Institutes für Gesundheit und Umwelt (SIGU). Berücksichtigten diese Vorgaben die Möglichkeit einer Grubenflutung in der Zukunft? Zu Frage 5: Zum damaligen Zeitpunkt wurde dieser Aspekt nicht berücksichtigt. Im aktuellen Planfeststellungsverfahren zum Ansteigenlassen des Grubenwasserspiegels auf -320 m NN in den Wasserprovinzen Reden und Duhamel werden die in der Vergangenheit unter Tage verwerteten Stoffe einer umfassenden Bewertung u.a. auf Grundlage noch zu erstellender Gutachten unterzogen. Waren die vor Inkrafttreten der Versatzverordnung geltenden Vorgaben zur Genehmigung der Verwertung von Reststoffen unter Tage mit Blick auf eine Grubenflutung in der Zukunft aus Sicht der Landesregierung ausreichend? Zu Frage 6: Eine Beantwortung ist zurzeit kaum möglich. Im aktuellen Planfeststellungsverfahren zum Ansteigenlassen des Grubenwasserspiegels auf -320 m NN in den Wasserprovinzen Reden und Duhamel werden die in der Vergangenheit unter Tage verwerteten Stoffe einer umfassenden Bewertung u.a. auf Grundlage noch zu erstellender Gutachten unterzogen.