LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1794 (15/1403) 28.04.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Giftstoffe unter Tage und Gefährdung des Oberflächen- und Grundwassers durch die Pläne der RAG AG zur Flutung [Drucksache 15/1351 (15/888)] Vorbemerkung des Fragestellers: „In der Antwort zu Frage 1 erfolgt eine Auflistung der im Zeitraum von 1990 - 2005 erfolgten untertägigen Verwertung von Bau- und Reststoffen. Es wird darauf hingewiesen, dass diese nach den jeweils gültigen berg- und abfallrechtlichen Vorschriften erfolgte.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Zur Verwendung der Begriffe „Reststoff“ und „Abfall zur Verwertung“: Der Begriff Reststoff wird seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) am 06.10.1996 nicht mehr verwendet. Seit diesem Zeitpunkt wird, soweit ein Abfall vorliegt, nur noch zwischen Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung unterschieden. Vor Inkrafttreten des KrW-/AbfG waren Abfälle lediglich solche Materialien, die für eine Beseitigung vorgesehen waren. Daneben gab es u.a. die Bezeichnung Reststoffe. Wurde ein Reststoff entsprechend den damaligen Rechtsvorgaben verwertet, unterfiel er nicht dem Anwendungsbereich des Abfallgesetzes. Ein Teil dieser Reststoffe würde heute als Abfall zur Verwertung angesehen. Die Begriffe Reststoff und Verwertungsabfall sind aber nicht synonym zu verwenden. Ausgegeben: 28.04.2016 (29.05.2015) Drucksache 15/1794 (15/1403) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Welchen Abfallschlüssel aus der Abfallverzeichnis -Verordnung haben die aufgelisteten unter Tage verwerteten Reststoffe jeweils und als wie gefährlich werden diese nach der Gefahrstoffverordnung jeweils eingeordnet? Zu Frage 1: Die Abfallverzeichnisverordnung (AVV) ist am 01.01.2002 in Kraft getreten. Vor deren Inkrafttreten wurden zur Bezeichnung von Abfällen Schlüsselzahlen nach dem Europäischen Abfallartenkatalog verwendet (EAK) und davor Zuordnungen, die sich aus einem Merkblatt der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) ergaben. Die jeweils verwendeten Ziffernfolgen der LAGA-, EAK- und AVV-Schlüssel unterscheiden sich. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens neuer Schlüssel wurden jeweils Übertragungen der alten Bezeichnungen in das neue System vorgenommen. Dies wurde aber in all jenen Fällen nicht erforderlich, bei denen - der Einsatz mit Schlüsselnummern zu versehender Materialien bereits abgeschlossen war bzw. - nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Systems keine weitere Verbringung unter Tage mehr erfolgte. Das vorstehend Genannte trifft für die in der LT-Drs. 15/1351 genannten Reststoffe zu. In der nachstehenden Tabelle werden deshalb den damals unter Tage verwerteten Reststoffen Schlüsselnummern zugeordnet, die nach heutiger Rechtslage und auf Basis der heutigen Kenntnis über die Qualität einzelner Stoffe für diese Materialien heranzuziehen wären: Beschreibung Abfallbezeichnung AVV-Schlüssel Asbesthaltige Baustoffe Asbesthaltige Baustoffe 17 06 05* SAV-Produkt (Erläuterung: Das sind Abfälle aus dem Sprühabsorptionsverfahren .) Reaktionsabfälle auf Calciumbasis aus der Rauchgasentschwefelung in fester Form 10 01 05 Gießereialtsande Gießformen und -sande nach dem Gießen mit Ausnahme derjenigen, die unter 10 09 07 fallen 10 09 08 Flugasche Filterstäube aus Kohlefeuerung 10 01 02 Die Teilfrage nach der Gefährlichkeit kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Seit dem 01.07.2015 ist bei der Einstufung von Abfällen als gefährlich ausschließlich die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (so genannte CLP- Verordnung) anzuwenden. Wegen ihrer unmittelbaren Wirkung löst diese Verordnung die Gefahrstoffverordnung ab. Drucksache 15/1794 (15/1403) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Mit der CLP-Verordnung erfolgte eine europaweite Harmonisierung der Gefährlichkeitskriterien für Stoffe, Gemische und Erzeugnisse. Zwar sind Abfälle überwiegend Gemische aus verschiedenen Materialien. Entsprechend der CLP-Verordnung stellen Abfälle aber keine Gemische „im Sinne dieser Verordnung“ dar. Damit umfasst sie auch keine Gefährlichkeitskriterien für Abfälle. Auch vor dem Inkrafttreten der CLP-Verordnung war die Situation ähnlich. Die vormals in Bezug genommenen Kriterien nahmen ebenfalls keinen Bezug auf Abfälle. Bei Vorliegen eines gefährlichen Abfalls allein bzw. lediglich eines AVV-Schlüssels mit * kann daher nur eingeschränkt festgestellt werden, welche konkreten Gefährlichkeitsmerkmale vorliegen. Hierfür sind ergänzende Informationen erforderlich. In einigen Fällen ermöglicht die Bezeichnung des Abfalls selbst aber dennoch die Herleitung zumindest einiger Gefährlichkeitsmerkmale, weil bestimmte Stoffe expliziter Bestandteil der Abfallbezeichnung sind. Dies gilt z.B. für Abfälle, die Asbest oder PCB enthalten. Die Gefährlichkeitskriterien nach der CLP-Verordnung sind - für Asbest die Kriterien H350 (kann Krebs erzeugen) und H372 (schädigt die Organe ) sowie - für PCB die Kriterien H373 (kann die Organe schädigen), H400 (sehr giftig für Wasserorganismen) und H410 (sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung). Die in der vorstehenden Tabelle aufgeführten Reststoffe „SAV-Produkt“, „Gießereialtsande “ und „Flugasche“ wurden gefahrstoffrechtlich als reizend und ätzend eingestuft. Nach welchen Vorschriften erfolgte die Genehmigung der Verwertung welcher Reststoffe? Zu Frage 2: Auch vor Inkrafttreten der Versatzverordnung am 30.10.2002 war die Verwertung von Reststoffen/Abfällen im Bergbau betriebsplanpflichtig. Die Prüfkriterien für den Betriebsplan ergaben und ergeben sich aus den §§ 55 und 48 Bundesberggesetz (BBergG). Um einen bundeseinheitlichen Vollzug sowohl hinsichtlich des Umweltschutzes als auch hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sicherzustellen, hat der Länderausschuss Bergbau „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen als Versatz unter Tage - Technische Regeln für den Einsatz bergbaufremder Abfälle als Versatz“ erarbeitet, die 1994 im Saarland eingeführt wurden. Die Technischen Regeln (TR) wurden unter Mitwirkung von Vertretern des Bundesumweltministeriums , der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) und des Umweltbundesamtes erarbeitet. Vor 1994 erfolgte der Einsatz dieser Stoffe nach Einzelfallprüfung auf Grundlage einer Betriebsplanzulassung nach BBergG. Sonderbetriebsplanzulassungen erfolgten unter Beteiligung des Landesamtes für Umwelt - und Arbeitsschutz (LUA) sowie des Staatlichen Institutes für Gesundheit und Umwelt (SIGU). Wurde in den Genehmigungsverfahren die Möglichkeit einer künftigen vollständigen Flutung des Grubengebäudes berücksichtigt? Zu Frage 3: Nein. Drucksache 15/1794 (15/1403) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Wenn ja, in welcher Form, unter welchen Prämissen und Erwartungen? Zu Frage 4: Siehe Antwort zu Frage 3. Würde die Verwertung dieser Stoffe unter heutigen Bedingungen (möglicher kompletter Anstieg des Grubenwassers, heute geltende Vorschriften) erneut genehmigt? Zu Frage 5: Asbest: Nein. Steinkohlestämmige Stoffe: Abfälle, die ausschließlich aus Kraftwerken, Heizkraftwerken und Heizwerken mit Feuerungsanlagen für den Regelbrennstoff Steinkohle oder Braunkohle stammen, können nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 Versatzverordnung im Kohlegestein und im Nebengestein eingesetzt werden, auch wenn die in Anlage 2 VersatzV aufgeführten Grenzwerte überschritten werden. Nichtsteinkohlestämmige Stoffe: Für die nichtsteinkohlestämmigen Stoffe muss die Frage offenbleiben, da die Zulässigkeit einer Verwertung unter Tage im Zuge einer Einzelfallprüfung unter Zugrundelegung der auf den Stoff, den Ort und die Art der Verwertung bezogenen Sachvoraussetzungen zu bewerten wäre. Eine pauschale Beantwortung ist insofern nicht möglich. Wie hoch beziffert die Landesregierung die Wahrscheinlichkeit , dass diese Liste der unter Tage verwerteten Reststoffe vollständig ist? Zu Frage 6: Nach Überprüfung aller vorhandenen Akten ist diese Liste vollständig. Sind der Landesregierung Fälle von nicht genehmigter Verwertung von Bau- und Reststoffen bekannt ? Wenn ja, welche? Zu Frage 7: Nein.