LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1822 (15/1750) 17.05.2016 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (DIE LINKE.) betr.: Möglichkeit eines Pumpspeicherkraftwerks im Nordschacht Saar Vorbemerkung der Fragestellerin: „Seit dem Ende des Bergbaus stehen Land und RAG in der Verantwortung, ehemalige Bergwerke einer zukunftsfähigen Nutzung zuzuführen. Zugleich erfordert der Ausbau erneuerbarer Energien auch einen Ausbau von Stromspeichern, um Differenzen zwischen Stromangebot und Stromnachfrage auszugleichen. Im Saarland besteht nach wie vor die Möglichkeit, hier einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Netzstabilität zu leisten, indem alte Bergbaustandorte für die Stromwirtschaft genutzt werden - durch den Ausbau von Bergwerken zu unterirdischen Pumpspeicherkraftwerken . Dabei käme grundsätzlich der Nordschacht bei Falscheid/Saarwellingen in Frage. Um jedoch eine solche Möglichkeit offen zu halten, wäre die Errichtung eines untertätigen Absperrdamms notwendig, damit im Falle eines weiteren Grubenwasseranstiegs in den Baufeldern Primsmulde und Dilsburg des Bergwerks Saar ein Zulaufen bergbaulich geschaffener Hohlräume, die für den Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerks benötigt würden, verhindert werden kann.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Die wachsende Einspeisung erneuerbarer volatiler Energien in das Stromnetz macht es erforderlich, zunehmende Flexibilitäten in das Stromsystem zu integrieren. Es gibt eine Reihe solcher Flexibilitätsoptionen. Dazu zählen das Lastmanagement, die Integration von Speichern, der Netzausbau, die Nutzung von Strom zur Wärme- und Methanerzeugung (Power-to-heat bzw. Power-to-gas), der Einsatz moderner Informations - und Kommunikationstechnologie (IKT) und viele andere mehr. Pumpspeicherkraftwerke gehören auch zu diesen Optionen. Sie sind eine seit Jahrzehnten eingesetzte Technologie, bei der allerdings momentan noch offen ist, welche Rolle sie im Stromsystem der Zukunft spielen wird. Die Landesregierung vertritt hinsichtlich der Weiterentwicklung des Stromsystems einen technologieoffenen Ansatz, der weitere Innovationen ermöglicht. Ausgegeben: 17.05.2016 (18.03.2016) Drucksache 15/1822 (15/1750) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung bezüglich der Realisierung eines Pumpspeicherkraftwerks und wie beurteilt sie das Projekt politisch ? Zu Frage 1: Die Reaktionsmöglichkeiten des deutschen Stromsystems müssen infolge des beschleunigten Ausbaus der volatil in das Netz einspeisenden erneuerbaren Energien, wie z.B. der Windkraft und Fotovoltaik, deutlich flexibler werden. Zwischen Bund und Ländern besteht grundsätzliches Einvernehmen, dass die zunehmende und fluktuierende Einspeisung von erneuerbaren Energien perspektivisch zu einem gesteigerten Bedarf an Stromspeichern führen wird, weil damit die Differenzen zwischen Stromangebot und Stromnachfrage ausgeglichen und wesentliche Beiträge zur Versorgungssicherheit und Netzstabilität geleistet werden können. Im Saarland setzte mit Blick auf die Beendigung der aktiven Steinkohlenförderung am 30.06.2012 eine konstruktiv verlaufende Diskussion über die mögliche Folgenutzung ehemaliger Bergbauflächen ein. Das Bergbauunternehmen RAG AG untersucht dabei auch die Langfristoption, größere Unter-Tage-Pumpspeicherkraftwerke in alten Bergbauschächten zu installieren, wobei im Saarland der Nordschacht bei Lebach in Frage käme. Die RAG AG hat hierzu im Frühjahr 2013 eine Machbarkeitsstudie vorgelegt. Bei diesem Projekt würde aus einem über Tage gelegenen Becken Wasser über rund 850 Meter lange Leitungen durch den Schacht abgelassen und über eine unter Tage installierte Turbine geleitet, die einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Das Wasser flösse in eine 5,2 Kilometer lange Speicherstrecke. Mit überschüssigem und damit billigem Strom aus erneuerbaren Energien könnte das Wasser dann wieder nach über Tage gepumpt werden. In Abhängigkeit von der Sturzmasse des Wassers wäre am Nordschacht kurzfristig eine Leistung von bis zu 300 Megawatt denkbar. Zur Realisierung müssten perspektivisch eine rund 160 Meter hohe Hochdruckdammzone im Nordschacht, ein rund 5,2 Kilometer langer Zugangstunnel sowie die 5,2 Kilometer lange Speicherstrecke errichtet werden. Erste Kostenschätzungen gehen von einem Gesamtinvestitionsaufwand von rund 490 Mio. Euro aus. Der Bau einer solchen Anlage würde von der Detailplanung über das Genehmigungsverfahren und die Errichtungsphase bis hin zur Inbetriebnahme mindestens 10 Jahre in Anspruch nehmen. Nach den bisherigen Erkenntnissen wäre das Vorhaben technisch sehr anspruchsvoll, aber grundsätzlich machbar. Das Projekt dürfte jedoch bei den derzeitigen Rahmenbedingungen des deutschen Strommarktes betriebswirtschaftlich nicht darstellbar sein. Die RAG AG möchte gleichwohl die Option auf Realisierung offenhalten und wird dabei auch von der Landesregierung unterstützt. In diesem Zusammenhang muss der im Frühjahr 2013 in den Baufeldern Primsmulde und Dilsburg des Bergwerks Saar eingeleitete Grubenwasseranstieg berücksichtigt werden. Dieser hatte zunächst zur Folge, dass bergbaulich geschaffene Hohlräume mit Wasser zuliefen. Für die Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerks am Nordschacht müsste deshalb vom Grundsatz her vorlaufend ein untertägiges Absperrbauwerk in Form des oben genannten Hochdruckdamms errichtet werden. Die diesbezüglichen zeitlichen Handlungsnotwendigkeiten wurden durch den Stopp des Grubenwasseranstiegs in den Baufeldern Primsmulde und Dilsburg im April 2015 tendenziell entschärft . Drucksache 15/1822 (15/1750) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Beabsichtigt die Landesregierung, die Realisierung eines Pumpspeicherkraftwerks durch eigene Aktivitäten zu unterstützen? Wenn ja: welche konkreten Maßnahmen sind geplant und welchen Zeitplan legt die Landesregierung ihren Planungen zugrunde? Zu Frage 2: Die Planung, die Errichtung und der Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerks sind energiewirtschaftliche Aufgaben, die dem Unternehmenssektor zuzuordnen sind. Hinsichtlich möglicher Förderbeiträge des Landes wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Darüber hinaus sieht die Landesregierung kein Erfordernis, eigene Maßnahmen zu ergreifen oder eigene Zeitplanungen zu erstellen. Laut RAG beläuft sich der finanzielle Aufwand für den Bau eines untertätigen Absperrdamms inklusive Planung und Genehmigung auf rund 2,5 Millionen Euro. Ist die Landesregierung bereit, dessen Errichtung durch Landeszuschüsse zu unterstützen ? Wenn ja: Von welchem Zeitplan bis zur Errichtung des Damms ist auszugehen, welches Fördervolumen ist geplant und welche Kenntnisse hat die Landesregierung über weitere Zuschussmöglichkeiten , etwa durch den Bund? Zu Frage 3: Von Seiten der RAG AG wird der erforderliche finanzielle Aufwand für die nächsten Schritte zur Vorbereitung der Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerks auf rund 5 Mio. Euro geschätzt. Davon entfallen auf - Planung, Genehmigung und Errichtung eines Absperrdammbauwerks unter Tage: rund 2,5 Mio. Euro, - weitergehende Forschungen und Untersuchungen bezüglich des Baus eines Pumpspeicherkraftwerks: rund 2,5 Mio. Euro. Die Landesregierung hat in den Jahren 2013 und 2014 ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, auf einen Antrag der RAG AG hin eine finanzielle Unterstützung der beiden skizzierten Projektbausteine mit einem Fördervolumen von insgesamt 1,5 Mio. Euro zu prüfen, sofern der Bund den komplementär erforderlichen Betrag von insgesamt 3,5 Mio. Euro übernimmt. Drucksache 15/1822 (15/1750) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Das Bergbauunternehmen darf entsprechende Finanzierungsbeiträge aus beihilferechtlichen Gründen nicht selbst aufbringen. Die RAG AG führte zu dem Themenkreis Gespräche mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, wobei eine Prüfung von Fördermöglichkeiten des Bundes zugesagt wurde. Eine erste Prüfung des Bundesministeriums ergab, dass ein Projekt zu einem untertägigen Pumpspeicherkraftwerkwerk im Rahmen des Energieforschungsprogramms grundsätzlich gefördert werden könnte. Derzeit wird in Nordrhein-Westfalen durch die Universitäten Duisburg /Essen und Bochum unter Verwendung öffentlicher Mittel die Realisierungsmöglichkeit eines untertägigen Pumpspeicherkraftwerks untersucht. Für eine vertiefte Prüfung eines untertägigen Pumpspeicherkraftwerks im Saarland müsste nach Vorliegen der universitären Studie im Rahmen einer konkreten Förderanfrage eine Projektskizze beim Projektträger Jülich eingereicht werden. Die Bereitstellung von Fördermitteln zur Errichtung eines Hochdruckdamms im Nordschacht muss so rechtzeitig erfolgen, dass das Niveau des ansteigenden Grubenwassers die entsprechende Teufe noch nicht erreicht hat.