LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1823 (15/1727) 17.05.2016 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Frauen am saarländischen Arbeitsmarkt Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die gesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter ist weiterhin eher Ziel als Realität. Ganz entscheidend für die gesellschaftliche Stellung der Frauen ist ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit und daher ihre Teilnahme am Wirtschaftsleben und am Arbeitsmarkt.“ Wie hat sich die Erwerbsquote von Frauen seit dem Jahr 2006 im Saarland entwickelt (bitte pro Jahr aufschlüsseln nach sozialversicherungspflichtiger , geringfügig entlohnter, selbständiger und sonstiger Berufstätigkeit)? Zu Frage 1: Nach Angaben aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes ist der Anteil der Erwerbspersonen an der gleichaltrigen Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren im Saarland seit dem Jahr 2006 von 70,7 Prozent auf 73,8 Prozent im Jahr 2014 gestiegen. Der Anstieg war bei Frauen mit 4,6 Prozentpunkten höher als bei den Männern mit 1,9 Prozentpunkten. Weitere Angaben sind in Tabelle 1 dargestellt. Erwerbsquoten nach verschiedenen Erwerbsformen stehen nicht zur Verfügung. Tabelle 1: Erwerbsquoten nach Geschlecht in der Altersgruppe 15 bis unter 65 Jahren im Saarland; in Prozent Jahr Insgesamt Frauen Männer 2014 73,8 67,6 80,1 2013 74,4 67,6 81,1 2012 73,5 66,5 80,3 2011 71,6 65,3 77,9 2010 71,6 64,9 78,3 2009 71,8 65,0 78,5 2008 71,9 64,6 79,0 2007 70,6 63,1 78,0 2006 70,7 63,0 78,2 Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes Ausgegeben: 17.05.2016 (09.03.2016) Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Wie viele Frauen sind in den Jahren seit 2006 in absoluten Zahlen im Saarland erwerbstätig gewesen (bitte pro Jahr aufschlüsseln nach sozialversicherungspflichtiger , selbständiger und sonstiger Berufstätigkeit)? Zu Frage 2: Nach Angaben aus dem Mikrozensus des statistischen Bundesamtes waren im Saarland im Jahr 2014 rund 209 Tsd. Frauen erwerbstätig. Das waren fast 13 Tsd. bzw. 6,5 Prozent mehr als noch im Jahr 2006. Der Anstieg in diesem Zeitraum ging ausschließlich auf die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zurück (+23 Tsd. Frauen). Ein leichter Rückgang war bei der Gruppe der selbstständig tätigen Frauen zu beobachten (– 2,6 Tsd. Frauen). Tabelle 2: Erwerbstätige Frauen nach Stellung im Beruf im Saarland; in Tsd. Jahr Zusammen Davon Sozialversicherungspflichtige Berufstätigkeit Selbständige Sonstige Berufstätigkeit 2006 196,1 144,9 14,6 36,6 2007 197,1 147,8 12,8 36,5 2008 202,5 150,3 12,9 39,3 2009 201,5 153,7 14,3 33,5 2010 207,0 157,9 11,8 37,3 2011 202,7 162,1 10,7 29,9 2012 206,4 164,3 10,7 31,4 2013 211,3 165,4 11,7 34,2 2014 208,9 167,9 12,0 29,0 Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes Welches sind die sechs Branchen mit dem höchsten Anteil weiblicher Beschäftigter im Saarland? Zu Frage 3: Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht eine Auswertung der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008). Daraus ergibt sich, dass die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen im Gesundheitswesen, im Einzelhandel, in der Öffentlichen Verwaltung, im Bereich Erziehung und Unterricht, im Bereich Heime und im Sozialwesen tätig sind. Die genauen Angaben sind in Tabelle 3 dargestellt. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Tabelle 3: Anteil der weiblichen Beschäftigten 1 nach Wirtschaftsabteilungen Stichtag: 30.06.2015 Wirtschaftsabteilung (WZ 2008) Insgesamt darunter Frauen absolut Anteil in % 1 2 3 Insgesamt 1 447.622 214.635 48,0 darunter 75 Veterinärwesen 2 422 390 92,4 97 Private Haushalte mit Hauspersonal 3 3.225 2.965 91,9 69 Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung 4 5.723 4.583 80,1 86 Gesundheitswesen 5 35.347 28.253 79,9 87 Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime) 6 14.392 11.461 79,6 96 Erbringung von sonstigen überwiegend persönlichen Dienstleistungen 7 5.446 4.285 78,7 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit 1 Summe sozialversicherungspflichtig Beschäftigte plus ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte plus ausschließlich kurzfristig Beschäftigte Wie hoch liegen aktuell der durchschnittliche bereinigte sowie der unbereinigte Verdienstunterschied (Gender Pay Gap) zwischen Männern und Frauen im Saarland? Zu Frage 4: Der unbereinigte Gender Pay Gap misst den prozentualen Unterschied zwischen abhängig beschäftigten Männern und Frauen mit durchschnittlichem Bruttoverdienst. Dieser wird zu einem großen Teil an unterschiedlichen Merkmalen der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern festgemacht – und zwar hinsichtlich, Beruf und Branche , Stellung im Beruf (Führungspositionen), Beschäftigungsumfang und Beschäftigungsformen , Erwerbspausen und Betriebsgrößen. Nach aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen im Saarland im Jahr 2015 um 25 Prozent niedriger als der der Männer (Statistisches Bundesamt - Verdienststrukturerhebung 2006, fortgeschrieben mit Ergebnissen der Vierteljährlichen Verdiensterhebung). Auch bei formal gleicher Qualifikation und Tätigkeit werden Frauen häufig schlechter entlohnt. Dieser bereinigte Gender Pay Gap, der den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien misst, lag 2010 bei 7 Prozent. Das statistische Bundesamt veröffentlicht Daten für den „bereinigten Gender Pay Gap“ nur nach den Gebietsständen Deutschland, früheres Bundesgebiet und die Neuen Länder. Für einzelne Bundesländer liegen keine Ergebnisse in der amtlichen Statistik vor. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Damit ist die Lohnlücke aber noch nicht „erklärt“ 1 . Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist ein komplexes Problem, verursacht durch mehrere miteinander zusammenhängende Faktoren. Hinter den statistisch messbaren Merkmalen stehen eine Reihe miteinander verbundener struktureller Ursachen, wie: Verhaltensmuster von Beschäftigten und Arbeitgebern, die von den Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gesellschaftlichen Rollenbildern und Rollenstereotypen sowie durch materielle Anreize geprägt sind, darauf aufbauend unterschiedliche berufliche Chancen, Einkommensperspektiven, Förder- und Aufstiegsmöglichkeiten in der betrieblichen Personalpolitik und aufgrund von Arbeitsmarkt- und Branchenentwicklungen sowie die zumeist mittelbare Benachteiligung beim Entgelt, die häufig eng mit der Bewertung beruflicher Tätigkeiten, Teilzeitarbeit, geringfügiger Beschäftigung, Erwerbsunterbrechungen oder fehlender Tarifbindung zusammenhängt und durch intransparente Entgeltregelungen und Lohnfindungsprozesse begünstigt wird. Wie hoch ist der Anteil von Frauen an atypischen Beschäftigungsverhältnissen im Saarland (bitte nach unterschiedlichen Formen atypischer Beschäftigung auf-schlüsseln)? Zu Frage 5: Die Auswertung des Mikrozensus zu den Normalarbeitsverhältnissen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen basiert auf den so genannten Kernerwerbstätigen. Zu den Kernerwerbstätigen werden alle Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 64 Jahren ohne Personen in Bildung oder Ausbildung (Schüler, Studenten, Auszubildende) und ohne Wehr-, Zivil- sowie Freiwilligendienstleistende gezählt. Zu den atypischen Beschäftigungsformen gehören – in Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis – Teilzeitbeschäftigungen mit 20 oder weniger Arbeitsstunden pro Woche, geringfügig entlohnte Beschäftigungen, befristete Beschäftigungen sowie Zeitarbeitsverhältnisse. In 2014 waren im Saarland rund 187.000 Kernerwerbstätige weiblich (Frauenanteil an allen Kernerwerbstätigen: 45,5 Prozent). Darunter waren rund 176.000 Frauen abhängig beschäftigt. Davon wiederum waren 66.000 Frauen bzw. rund 38 Prozent atypisch beschäftigt. Unter den atypisch beschäftigten Frauen waren 55.000 bzw. rund 83 Prozent in Teilzeit (mit einer Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden pro Woche), 28.000 bzw. rund 42 Prozent geringfügig sowie 16.000 bzw. rund 24 Prozent befristet beschäftigt. Bei diesen Berechnungen ist allerdings zu beachten, dass die Kategorien nicht überschneidungsfrei sind. Angaben zu Frauen in der Leiharbeit können aufgrund des nicht sicheren Zahlenwertes nach dieser Statistik nicht gemacht werden. Die einzelnen Ergebnisse sind in der folgenden Übersicht dargestellt. 1 Die hier vertretene Auffassung wird von der Bundesregierung gleichermaßen geteilt. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Kernerwerbstätige 1 nach einzelnen Erwerbsformen Saarland, 2014; in Tsd. Insgesamt 2 Abhängig Beschäftigte Zusammen Atypisch Beschäftigte Zusammen und zwar Befristet Beschäftigte 3 Teilzeitbeschäftig - te bis zu 20 Wochenstunden 3 Geringfügig Beschäftigte 3 Zeitarbeit - nehmer/- innen 3 Insgesamt 411 380 96 32 66 37 6 Frauen 187 176 66 16 55 28 / / keine Angaben, da Zahlenwert nicht sicher genug Ergebnisse sind mit den Vorjahren nur eingeschränkt vergleichbar. 1 Nur Erwerbstätige im Alter von 15 bis 64 Jahren, nicht in Bildung/Ausbildung oder in einem Wehr-, Zivil- sowie Freiwilligendienst . 2 Umfasst auch Selbstständige und mithelfende Familienangehörige, die in der Tabelle nicht gesondert ausgewiesen sind. 3 Gruppen nicht überschneidungsfrei. Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus Wie hoch ist das Angebot an Plätzen in Kindertagesstätten im Verhältnis zu Kindern im entsprechenden Alter im Saarland? Zu Frage 6: Für 21.731 Kinder unter drei Jahren stehen derzeit 6.307 Krippenplätze zur Verfügung. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Betreuung eines erheblichen Teils der Kinder nur zu Randzeiten bei gleichzeitiger Betreuung in einer Kita erfolgt, verfügt das Saarland derzeit über rd. 1.100 Plätze in der Kindertagespflege. Bereinigt um die Randzeitenbetreuung ergibt dies derzeit insgesamt 422 Kindertagespflegeplätze. Damit verfügt das Saarland derzeit über eine Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren von rd. 31 Prozent. Hinzu kommen weitere 894 Krippenplätze, die durch bereits beschiedene und geförderte Investitionsmaßnahmen in absehbarer Zeit eine Betriebserlaubnis erhalten werden . Hierdurch wird sich die Versorgungsquote voraussichtlich bis Jahresende 2016 auf rd. 35 Prozent erhöhen. Für 26.930 Kinder im Kindergartenalter stehen 27.492 Plätze zur Verfügung. Somit ergibt sich ohne Plätze in der Kindertagespflege eine Versorgungsquote von 102 Prozent . Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Welchen Zusammenhang sieht die Landesregierung zwischen dem fortbestehenden Mangel an Kita-Plätzen, Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und dem Umfang der Übernahme der Betreuungsleistungen hauptsächlich durch Mütter und den Unterschieden in Umfang und Formen der Erwerbstätigkeit von Männern und Frauen? Zu Frage 7: Nach § 24 SGB VIII besteht für Kinder ab dem Alter von einem Jahr ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der Kindertagespflege oder einer Kindergrippe und für Kinder ab dem Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Mit der Schaffung des gesetzlichen Anspruchs auf einen Betreuungsplatz und dem damit verbundenen massiven Ausbau des Angebotes sind in Bezug auf die öffentliche Betreuungsinfrastruktur die Rahmenbedingungen geschaffen worden, die es sowohl Müttern als auch Vätern ermöglichen, vollzeitige Erwerbstätigkeit und Erziehungsaufgaben miteinander zu vereinbaren. Auch vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen beobachten Arbeitsmarktberatungs - und Vermittlungsstellen bei Frauen weiterhin eine deutlich höhere Nachfrage insbesondere nach Teilzeitarbeitsplätzen als bei Männern, auch wenn Vollzeitbeschäftigungen möglich sind. Hier geht es in erheblichem Umfang auch um persönliche Entscheidungen von Familien und Eltern zu ihren Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit Blick auf die gesetzlich verankerten Gleichstellungsrechte von Frauen und Männern werden die Beratungsstellen, Arbeitsverwaltungen und Jobcenter in ihren Bemühungen nicht nachlassen, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu stärken, damit sowohl wirtschaftliche Unabhängigkeit in der Familienphase als auch im Rentenalter besser erreicht werden kann. Die Landesregierung unterstützt diese Bemühungen seit Jahren und hat deshalb dem Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar im März dieses Jahres das Arbeitsprogramm zur Erhöhung der Frauenerwerbsbeteiligung vorgelegt, das nun umgesetzt wird. So ist gewährleistet, dass die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Beschäftigungs- und Fachkräftepolitik der Landesregierung spielen wird. Welche anderen, auch betrieblichen Hindernisse für die gleichberechtigte Berufstätigkeit von Frauen sieht die Landesregierung, und welche Strategien verfolgt sie zu deren Behebung? Zu Frage 8: Nach vielfacher Flexibilisierung der Arbeitsbeziehungen in den letzten Jahren muss der Wert der Arbeit wieder angemessen berücksichtigt werden. Es geht nicht allein darum, Menschen in Beschäftigung zu bringen, sondern auch darum, die Qualität der Beschäftigung in den Blick zu nehmen. Fehlentwicklungen wie dem sich ausbreitenden Niedriglohnsektor und der Zunahme prekärer Beschäftigung muss entgegengesteuert werden. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, nicht bloß Arbeit, sondern „Gute Arbeit“ zu schaffen. Hierzu gehören insbesondere auskömmliche und faire Löhne, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsleben einschließlich der Entgeltgleichheit sowie angemessene und faire Arbeitsbedingungen. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 7 - Mit Maßnahmen für mehr Frauen in Führungspositionen, zur verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie (für Frauen und für Männer) und auch mit dem Mindestlohn wird an diesen Ursachen angesetzt und die Grundlage für mehr Lohngerechtigkeit geschaffen. Zur Herstellung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern sind daher gesetzliche Regelungen notwendig. In einer länderoffenen Arbeitsgruppe, in der auch das Saarland vertreten war, wurden mögliche Handlungsansätze hierzu erarbeitet und die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Mit dem Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit plant die Bundesregierung dem Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ mehr Geltung zu verschaffen. Unternehmen ab 500 Beschäftigten sollen verpflichtet werden, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern sowie deren Wirkungen und Aktivitäten zur Sicherung der Entgeltgleichheit mit nach Geschlecht aufgeschlüsselten Angaben zur Beschäftigung und Entgelten offenzulegen. Für mehr Entgelttransparenz soll ein individueller Auskunftsanspruch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sorgen. Darüber hinaus werden die Unternehmen aufgefordert, mit Hilfe verbindlicher Verfahren und gemeinsam mit den Beschäftigten und unter Beteiligung der Interessenvertretung im Betrieb in eigener Verantwortung Entgeltstrukturen zu überprüfen und erwiesene Entgeltdiskriminierung zu beseitigen. Frauen sind häufiger als Männer von Niedriglöhnen betroffen. Zur Reduzierung struktureller Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt kann der Mindestlohn einen wichtigen Beitrag leisten. Mit der gesetzlichen Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 kam es zu einer verstärkten Umwandlung von geringfügig entlohnter in sozialversicherungspflichte Beschäftigung. Zugleich gab es 2015 stärkere Lohnanstiege von Minijobbern und ungelernten Arbeitskräften. Von beiden Entwicklungen haben insbesondere Frauen profitiert. Auf die näheren Ausführungen zu Frage 11 wird verwiesen . Mit dem In-Kraft-Treten des Saarländischen Tariftreuegesetzes (STTG) im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe ab einem Auftragswert von 25.000 Euro im März 2013 hat die Landesregierung dem drohenden Lohn- und Sozialdumping durch die Festlegung fairer Löhne Einhalt geboten und einheimische Arbeitsplätze gesichert. Dies geschah insbesondere mit Blick auf den verstärkten Einsatz von Arbeitnehmern mit Niedriglöhnen aus anderen EU-Staaten. Auch wird Wettbewerbsverzerrungen entgegengewirkt , indem Unternehmen, die ihre Mitarbeiter fair entlohnen, größere Chancen haben , einen öffentlichen Auftrag zu erhalten. Das STTG sah einen vergabespezifischen Mindestlohn von 8,50 Euro vor – der seit dem 01. Januar 2016 auf 8,74 Euro erhöht wurde. Fester Bestandteil im STTG ist, neben der Verpflichtung zur Einhaltung der verbindlichen Lohnuntergrenze, die Einhaltung der tariflich vorgegebenen Arbeitsbedingungen sowie die Verpflichtung zur Gleichstellung von Leiharbeitskräften mit regulär Beschäftigten bei der Vergütung ab dem ersten Tag der Beschäftigung. Dies ist eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem Arbeitnehmerentsendegesetz, in dem noch die Ausnahme vom „Equal-Pay“ durch einen Tarifvertrag vorgesehen ist. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 8 - Ein weiterer wichtiger Handlungsansatz von sowohl gleichstellungs- und gesellschaftspolitischer als auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung ist die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen. Zur weiteren Verbesserung der Teilhabe der Frauen am Erwerbsleben hat die Landesregierung das Arbeitsprogramm „Erhöhung der Frauenerwerbsbeteiligung im Rahmen des „Zukunftsbündnisses Fachkräfte Saar“ auf den Weg gebracht. Kernstück ist die Einrichtung einer zentralen Netzwerkstelle „Frauen im Beruf“, die in enger Zusammenarbeit mit den Akteurinnen und Akteuren auf kommunaler Ebene ein Konzept zur Verbesserung der beruflichen Aktvierung bzw. Reaktivierung von Frauen erarbeiten soll. Ein weiteres Handlungsfeld ist dabei auch die Stärkung der Gründungstätigkeit durch Frauen. Die unternehmerische Selbständigkeit kann für eine Vielzahl von Frauen eine interessante Alternative zur abhängigen Beschäftigung bedeuten. Die vorhandenen Angebote zur Gründungsförderung für Frauen sollen durch die Leistungen der neu zu schaffenden zentralen Anlaufstelle verstärkt werden. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die beruflichen Qualifikationsprofile der im Saarland befindlichen weiblichen Flüchtlinge? Zu Frage 9: Zur Qualifikationsstruktur der weiblichen Asylbewerber und Flüchtlinge im Saarland liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Nach einer Kurzanalyse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, die sich auf der Grundlage einer schriftlichen Befragung in 2014 auf die drei Herkunftsländer Afghanistan, Irak und Syrien konzentriert, sind Frauen häufiger von geringer oder ganz fehlender Bildung betroffen als Männer. Welche geschlechtsspezifischen Bedarfe an Qualifizierung , Betreuung und Beratung sieht die Landesregierung , um gerade den weiblichen Flüchtlingen die Integration in den saarländischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen bzw. zu erleichtern? Zu Frage 10: Aufgrund der erheblichen kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den Asylherkunftsländern bezüglich der Rolle von Frauen in Gesellschaft und Beruf teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es ausreichende, spezifisch auf die Integrationswege dieser Frauen ausgerichtete Unterstützungsangebote geben muss. Dabei hält die Landesregierung zur erfolgreichen Integration weiblicher Flüchtlinge in Gesellschaft und Arbeitsmarkt folgende Elemente für wesentlich: 1. Sprachförderung von Anfang an – dabei stehen auch eigene Seminargruppen für Frauen zur Verfügung. 2. Integrations- und Orientierungskurse – auch um durch die Teilnahme Multiplikationseffekte für die Integrationsbereitschaft und -erfolge der eigenen Familie zu schaffen. 3. Frauenspezifische Beratung und Begleitung zur Klärung notwendiger und möglicher Schritte zur umfassenden gesellschaftlichen Integration in Deutschland, u.a. mit gezielten Informationen zu Beschäftigungsmöglichkeiten auch in sogenannten Mangelberufen. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 9 - 4. Zielgruppenspezifische Kompetenz- und Potenzialanalyse werden nötig sein, um die Beschäftigungspotenziale der Frauen zu erschließen, da ein hoher Anteil von ihnen ohne formale Qualifikation ist. 5. Berufliche Qualifizierung. 6. Nachbetreuung beim Arbeitgeber – u.a. Sicherstellung der anhaltenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bei allen diesen Angeboten muss durchgehend die Kinderbetreuung gewährleistet und finanziert sein. Bei Bedarf muss ebenfalls psychosoziale Beratung zur Verfügung stehen . Darüber hinaus sollte ein ganzheitliches, umfassendes und familienbezogenes Coaching der Betroffenen angeboten werden, um mittel- und langfristig den Integrationserfolg zu gewährleisten. Um den Frauen die individuelle Unterstützung zu gewähren , die sie benötigen, u.a. um die gesellschaftlichen Unterschiede zu verstehen und eigene Wege im Umgang damit zu finden, ist das Coaching unabdingbar. Viele Elemente der Integration in Beschäftigung fallen zunächst in die Zuständigkeit des Bundes , daher fordert die saarländische Landesregierung in ihrem Sieben-Punkte-Plan ausreichende finanzielle Mittel für die Jobcenter, um dies umsetzen zu können. Die saarländische Landesregierung hält außerdem eine zielgruppengerechte und passgenaue Ausrichtung der Arbeitsmarktinstrumente für unabdingbar. Die Neuausrichtung der Sozialgesetzbücher 2 und 3 wird weiterhin beim Bund eingefordert. Vieles von dem oben Aufgezählten wird im Saarland bereits umgesetzt und zielgruppengerecht weiterentwickelt. Auf diese Weise wird die Integration der geflüchteten Frauen – beruflich und gesellschaftlich – nachhaltig gelingen. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung gut ein Jahr nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zu dessen Auswirkungen auf Entlohnung und Einkommen weiblicher Beschäftigter im Saarland vor? Zu Frage 11: Einer aktuellen Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zufolge hat der Mindestlohn weder zu einem Abbruch des positiven Beschäftigungstrends noch zu einer konjunkturellen Delle geführt. Für gesicherte Erkenntnisse bezüglich der Wirkungen des gesetzlichen Mindestlohns ist eine Evaluation mit unterschiedlichen Methoden notwendig, wie sie sowohl die Mindestlohnkommission als auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des gesetzlichen Auftrages in 2020 durchführen werden. Unabhängig von der wissenschaftlichen Evaluation lässt sich ein zeitliches Zusammentreffen der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns mit einigen statistisch messbaren Entwicklungen feststellen. Mit der Mindestlohneinführung zum 1. Januar 2015 kam es zu einer verstärkten Umwandlung von geringfügig entlohnter in sozialversicherungspflichte Beschäftigung. Zugleich gab es 2015 stärkere Lohnanstiege von Minijobbern und ungelernten Arbeitskräften. Von beiden Entwicklungen haben auch bzw. insbesondere Frauen profitiert. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes Saarland sind im ersten Quartal 2015 – unmittelbar nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns – die Bruttomonatsverdienste um 2,5 Prozent gestiegen. Der Anstieg fiel bei den ungelernten Arbeitnehmern mit einem Plus von 6,5 Prozent am stärksten aus. Drucksache 15/1823 (15/1727) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 10 - Vor allem für ungelernte Frauen machte sich die Neuregelung positiv bemerkbar, ihr Durchschnittsverdienst stieg um insgesamt 9,0 Prozent. Demgegenüber lag der durchschnittliche Verdienstzuwachs bei den Männern bei 4,8 Prozent.