LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1872 (15/1810) 27.06.2016 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (DIE LINKE.) betr.: Versorgung der saarländischen Bevölkerung mit Jodtabletten bei einer Katastrophe im AKW Cattenom Vorbemerkung der Fragestellerin: „Das Atomkraftwerk Cattenom muss immer wieder wegen Pannen und Störfällen abgeschaltet werden . Es ist eine Gefahr für die Menschen in der gesamten Region. Dennoch plant die französische Regierung offenbar eine weitere Verlängerung der Laufzeit auf 50 Jahre.“ Personen über 45 Jahre sollen keine Jodtabletten mehr erhalten, da das Risiko von Nebenwirkungen höher sein soll als das Risiko, später an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Nach der Katastrophe im japanischen AKW Fukushima stiegen aber bereits nach wenigen Jahren die Krebsraten an. Wie steht die Landesregierung vor diesem Hintergrund zu einer Regelung ohne Altersbeschränkung ? Zu Frage 1: Die Jodblockade ist eine der Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung im Rahmen des Katastrophenschutzes in der Umgebung kerntechnischer Anlagen. Sie richtet sich in Deutschland nach den von der Strahlenschutzkommission (SSK) herausgegebenen „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ in Verbindung mit den „Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden “ und der Empfehlung der SSK zur „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall“. Diese Empfehlungen finden Anwendung auf deutsche kerntechnische Anlagen und solche ausländische Anlagen, die wegen ihrer grenznahen Lage Planungsmaßnahmen auf deutschem Gebiet erfordern. Sie gelten deshalb auch in Bezug auf das Kernkraftwerk Cattenom. Ausgegeben: 27.06.2016 (12.05.2016) bitte wenden Drucksache 15/1872 (15/1810) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Den Empfehlungen folgend ist es zutreffend, dass Personen über 45 Jahren von einer Einnahme von Jodtabletten abgeraten wird, da bei diesem Personenkreis das Gesundheitsrisiko für schwerwiegende Schilddrüsenerkrankungen (z.B. durch Jod ausgelöste Schilddrüsenüberfunktion) infolge der Tabletteneinnahme höher ist als das Strahlenrisiko durch Einatmen von radioaktivem Jod. Konkret treten mit steigendem Lebensalter häufiger Stoffwechselstörungen in der Schilddrüse auf. Eine solche sogenannte Autonomie erhöht das Risiko der Nebenwirkungen einer Jodblockade. Gleichzeitig nimmt mit steigendem Lebensalter das Risiko einer bösartigen Schilddrüsengeschwulst , die durch Strahlung verursacht wird, stark ab. Der im April 2014 vom „Wissenschaftlichen Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung“ (UNSCEAR) veröffentlichte Bericht zur Untersuchung der gesundheitlichen Folgen des Atomunfalls in Fukushima kommt zu dem Ergebnis, dass sich die generelle Krebsgefahr durch den Atomunfall in Fukushima für die betroffene Bevölkerung nicht signifikant erhöht hat. Darüber hinaus sind hier keine speziellen Studien bekannt, wonach infolge des Unfalls in Fukushima explizit durch die Aufnahme von radioaktivem Jod bei betroffenen älteren Menschen verstärkt Schilddrüsenkarzinome festzustellen seien. Die zuvor genannten Empfehlungen zur Jodblockade beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie werden im Saarland entsprechend umgesetzt und angewendet . Eine Regelung der Jodtabletteneinnahme ohne Altersbeschränkung wird aus den dargelegten Gründen seitens der Landesregierung nicht in Betracht gezogen.