LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/190 (15/139) 19.10.2012 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN) betr.: Bebauung des Gebietes Franzenbrunnen Vorbemerkung der Fragestellerin: „Das Plangebiet für die Bebauung des Gebietes Franzenbrunnen umfasst ca. 11 Hektar und befindet sich im Stadtteil Alt-Saarbrücken südlich des Lerchesflurwegs, zwischen der Metzer Straße, Mondorfer Straße und der Diedenhofer Straße. In seiner Sitzung am 26.06.2012 hat der Stadtrat den Bebauungsplan Nr.: 114.09.00 ‚KiTa Franzenbrunnen ’ gemäß § 10 Baugesetzbuch (BauGB) als Satzung beschlossen. Mit diesem Bebauungsplan wird die planungsrechtliche Grundlage für den Bau einer Kinder-tagesstätte auf dem städtischen Gelände einer biologischen Anbaufläche geschaffen, die zu einem Drittel vom Land finanziert wird. Diese biologische Anbaufläche ist an die Neue Arbeit Saar GmbH als Gärtnerei zum Gemüse- und Obstbau verpachtet. Die Fläche ist allerdings nicht nur dem biologischen Anbau gewidmet, sondern stellt unter anderem die Möglichkeit zur qualifizierten Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und sozial Benachteiligten dar und ist auch ein Anlaufpunkt für Schulklassen, die dort unter Anleitung von Gärtnern den Gemüseanbau spielerisch erlernen . Durch die Bebauung dieses Gebietes geht Anbaufläche verloren und somit auch das ‚ökologische Klassenzimmer’ für Schulkinder. Ausgegeben: 19.10.2012 (17.09.2012) Drucksache 15/190 (15/139) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Durch den Bau des Projektes Franzenbrunnen wird außerdem ein Kaltluftentstehungsgebiet zerstört : Die durch Abgase, Feinstaube usw. verschmutzte Warmluft der umstehenden Wohngebiete zieht hoch und saugt die kalte Frischluft aus dem Gebiet des Franzenbrunnens (Kaltluftentstehungsgebiet ) als Frischluft in die Wohngebiete. Würde man nun das Gebiet bebauen, würde die Frischluft, die wichtig für die Gesundheit der Menschen in diesem Wohngebiet ist, nicht mehr zur Verfügung stehen. Des Weiteren wird der Boden durch das Bebauen der Fläche versiegelt, so dass kein Niederschlag mehr in den Boden eindringen kann. Viele der dort normalerweise ablaufenden Prozesse werden gestoppt , der Wasserkreislauf wird gestört und dies wirkt sich negativ auf den natürlichen Wasserhaushalt aus. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bebauung dieses Naherholungsgebietes neben einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen auch negative Auswirkungen auf Vegetation, Klima, Wasserabfluss, Grundwasser mit sich zieht. Bisher gab es laut Bürgerinitiative Franzenbrunnen 287 Stellungnahmen gegen den Bebauungsplan ‚KiTa Franzenbrunnen’ und insgesamt über 1.500 Unterschriften gegen die generelle Bebauung dieses Gebietes.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Das Plangebiet des am 08.08.2012 bekannt gemachten Bebauungsplans „KiTa Franzenbrunnen “ der Landeshauptstadt Saarbrücken umfasst ca. 1,3 ha. Gegen diesen Bebauungsplan sind laut Pressemitteilungen des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 07.09.2012 am 30.08.2012 ein Normenkontrollantrag von Anliegern und ein Normenkontrollantrag des BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V., Landesverband Saarland eingegangen. Die Antragsteller beanstanden, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB ohne vorherige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beschlossen worden sei, obwohl die Landeshauptstadt zeitgleich den damit in engem sachlichen und räumlichen Zusammenhang stehenden Bebauungsplan „Franzenbrunnen“ im „regulären“ Verfahren aufstelle und dafür eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung durchführe. Der BUND hat außerdem einen Eilrechtsschutzantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellt. Der Bebauungsplan „Franzenbrunnen“ ist noch im Verfahren. Bei genehmigungsfreien Bebauungsplänen erfolgt keine Rechtskontrolle durch die höhere Verwaltungsbehörde. Die Antworten zu den einzelnen Fragen beruhen daher nicht auf einer eigenen Prüfung des Ministeriums für Inneres und Sport als höherer Verwaltungsbehörde, sondern wurden im Wesentlichen der im Internet veröffentlichten Stellungnahme der Verwaltung der Landeshauptstadt zu den im Beteiligungsverfahren erhobenen Anregungen und Bedenken entnommen. - 2 - Drucksache 15/190 (15/139) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Wie hoch ist der Bedarf an Kita-Plätzen und Neubauflächen im Regionalverband Saarbrücken? Zu Frage 1: KiTa-Plätze können Krippenplätze für Kinder im Alter unter drei Jahren sein oder auch Kindergartenplätze für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt. Bei Kindern unter drei Jahren kommt hinzu, dass für diese Altersgruppe in Bezug auf den anstehenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz gemäß § 24 SGB VIII auch die Kindertagespflege rechtsanspruchserfüllend ist. Hauptgegenstand der Planungsüberlegungen in den Kreisen, dem Regionalverband Saarbrücken und beim Land war und ist die Versorgungssituation für Kinder unter drei Jahren. Hier hat sich die Landesregierung selbst verpflichtet, bis Ende 2013 eine landesweite Versorgungsquote von 35 % zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, gab es eine enge Abstimmung mit den örtlichen öffentlichen Jugendhilfeträgern, auch dem Regionalverband Saarbrücken, die letztlich die Notwendigkeit der von den Trägern beantragten Investitionsmaßnahmen zum Erreichen der 35 %-Marke und die Realisierbarkeit bis Ende 2013 bestätigten. Nach Berechnungen des zuständigen örtlichen Jugendamtes vom August 2011 waren im Regionalverband Saarbrücken rd. 2.500 Betreuungsplätze notwendig, um eine Versorgungsquote von 35 % für Kinder unter drei Jahren zu erreichen. Der konkrete Bedarf an KiTa-Plätzen, also in der Kinderkrippe, war und ist dann noch davon abhängig, wie viele Plätze in der Kindertagespflege vorgehalten werden können. Die Landeshauptstadt Saarbrücken ist als kommunaler Träger in der Verantwortung, ein quantitativ und qualitativ bedarfsgerechtes elementares Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen, zumal ab 2013 ein individueller Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht. Für den Kindergartenbereich gibt es diesen Rechtsanspruch bereits seit 1996. Deshalb wird die geplante KiTa für den Einzugsbereich Hohe Wacht dringend benötigt – zum einen, um den konkret genannten Bedarf zu decken, zum anderen zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz. Dies gilt ebenfalls für die gleichzeitig geplanten 30 Krippenplätze, die auch zur Erfüllung der vom Bund vorgegebenen Versorgungsquote dringend benötigt werden. Die Notwendigkeit der KiTa Franzenbrunnen entsteht aus dem herrschenden Mangel an Krippen und Kindergartenplätzen in Alt-Saarbrücken. Für das Einzugsgebiet Alt- Saarbrücken und insbesondere Hohe Wacht stehen 301 Krippenplätze zur Verfügung. Bis zum Kindergartenjahr 2013/2014 steigt der Bedarf auf rund 450 Plätze. Im Einzugsbereich Hohe Wacht steigt der Bedarf auf 120 Kindergartenplätze an, die nur zu einem geringen Teil in den benachbarten Einzugsbereichen abgedeckt werden können. Daher dürften die für die neue KiTa Franzenbrunnen geplanten zusätzlichen Kindergartenplätze nahezu in vollem Umfang für den Bereich Hohe Wacht benötigt werden. Dieser Bedarf stellt die ursprüngliche Begründung für die KiTa-Planungen im Bereich Winterberg/Hohe Wacht dar. Die artikulierte Nachfrage allein in der städtischen KiTa Winterberg beträgt aktuell 95 Krippen- und 7 Kindergarten-Plätze, in der Einrichtung der städtischen KiTa Alt-Saarbrücken (Kompturstraße) beträgt sie 72 Krippen- und 67 Kindergartenplätze. - 3 - Drucksache 15/190 (15/139) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Zusätzlich zum beschriebenen Bedarf gibt es die Nachfrage von Berufstätigen bzw. Betrieben im Einzugsgebiet nach Belegplätzen. Die Nachfragesteuerung im vorschulischen Bereich ist nicht – wie für die Grundschule – an Wohnorte gebunden und daher mit Unwägbarkeiten behaftet. Ein Angebot an Belegplätzen könnte die Auslastung neuer Einrichtungen eher stabilisieren. Die Landeshauptstadt Saarbrücken geht von einem diesbezüglichen realistischen Bedarf in der Größenordnung von zwei Gruppen (= 35 Plätze) aus. Bezug nehmend auf die Frage nach Neubauflächen im Regionalverband Saarbrücken wird mitgeteilt, dass die Bereitstellung von Wohnbauflächen der Planungshoheit der Kommune obliegt. Ein landesweit und siedlungsstrukturell ausgeglichenes und Ressourcen schonendes Wohnbauflächenangebot kann jedoch nur im Rahmen der Landesentwicklungsplanung gesichert werden. Grundlage für die Wohnbedarfsermittlung und den Verteilungsschlüssel sind die statistischen Ausgangs- und Prognosedaten zur Demografie sowie Nachfrage- (insbesondere Zahl und Struktur von Eigentümer- und Mieterhaushalten) und Angebotsparametern (insbesondere Wohnflächenangebot in Ein-/Zweifamilien- und Mehrfamilienhäusern). Die Festlegung des Wohnungsbedarfs für die einzelnen Gemeinden erfolgt anhand raumordnerischer Kriterien. Der Wohnungsbedarf wird als Verhältniszahl zum aktuellen Einwohnerbestand in Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr normativ festgelegt. Maßgeblich für die Ermittlung des örtlichen Wohnungsbedarfes sind die jeweils aktuell verfügbaren Bevölkerungszahlen des Statistischen Landesamtes bzw. der statistischen Ämter der Städte und Gemeinden . Der Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Siedlung“ verzichtet auf die räumlich konkrete Festlegung von Wohnbauflächen in einem zugehörigen Kartenwerk. Damit wird den Gemeinden ein Höchstmaß an Flexibilität hinsichtlich ihrer siedlungsstrukturellen Entwicklung gewährleistet, da sie im Rahmen ihrer Planungshoheit über die räumliche Umsetzung des Wohnungsbedarfs bestimmen können. Als Wohnungsbedarf ist bspw. für das Oberzentrum Saarbrücken ein Zielwert von 3,5 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr festgelegt. Als durchschnittliche Siedlungsdichte sind bezogen auf das Bruttowohnbauland bei Wohnbauflächenausweisungen Dichtewerte von mindestens 40 Wohnungen pro Hektar (W/ha) in der Kernstadt des Oberzentrums einzuhalten. Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB zu dem Entwurf des Bebauungsplans „Franzenbrunnen “ hat die Landesplanungsbehörde darauf hingewiesen, dass bei der Beteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB eine Baulückenbilanzierung vorzulegen ist, ohne die die Übereinstimmung der Bauleitplanung mit den Zielen des Landesentwicklungsplans, Teilabschnitt Siedlung nicht festgestellt werden kann. Welche Alternativen gibt es für Kita-Plätze? a) Warum wird nicht die ehemalige Kita in der Gärtnerstraße saniert und reaktiviert? - 4 - Drucksache 15/190 (15/139) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - b) Wie hoch werden die Kosten für den Bau der „KiTa Franzenbrunnen“ sein und wie hoch würden die Kosten für vergleichbare Alternativen sein? Zu Frage 2: a) Das Gebäude gehört der evangelischen Kirche. Es wurde umgebaut und beherbergt inzwischen das Verwaltungsamt des Kirchenkreises Saar-West, der laut Auskunft seines Superintendenten Christian Weyer kein Interesse an einem Verkauf hat (Bericht in der Saarbrücker Zeitung vom 29.09.2012). b) Bei dem überplanten Grundstück handelt es sich um eine städtische Liegenschaft. Im Rahmen der Erschließung entstehen Kosten für den Ausbau der im Bebauungsplan festgesetzten öffentlichen Straße. Zuwendungen für den Bau der Kindertagesstätte erfolgen aus Bundes- und Landesmitteln zur Schaffung von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren sowie zur qualitativen Verbesserung der Kindertagesstätten. Zur Schaffung neuer Krippenplätze sollen Zuschüsse in Höhe von 10.000 € pro Krippenplatz als Pauschalbetrag aus Bundesmitteln fließen. Die restlichen Baukosten werden zu 40 % aus Landesmitteln und zu 30 % aus Mitteln des Regionalverbandes gefördert. Die dann noch verbleibenden Mittel werden aus dem städtischen Haushalt aufgebracht. Weitere Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Welches Einzugsgebiet wird für die „KiTa Franzenbrunnen “ zugrunde gelegt? Zu Frage 3: Für die KiTa Franzenbrunnen werden die Einzugsbereiche Alt-Saarbrücken und Hohe Wacht zugrunde gelegt. Zusätzlich zu diesem Bedarf gibt es die Nachfrage von Berufstätigen bzw. Betrieben im Einzugsgebiet nach Belegplätzen. Aus welchem Grund wurden die Stellungnahmen und Unterschriftenaktionen der Bürgerinitiative und der Anwohner gegen die Bebauung ignoriert? Zu Frage 4: Die Stellungnahmen wurden nicht ignoriert. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB sind die im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Bauleitplans fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Die eingegangenen Anregungen und die Stellungnahme der Verwaltung dazu sind auf 143 Seiten dargestellt und können von der Homepage der Landeshauptstadt als pdf-Datei heruntergeladen werden. (http://www.Saarbruecken.de/de/leben_in_saarbruecken/planen_bauen_wohnen) - 5 - Drucksache 15/190 (15/139) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Aus welchem Grund fand keine Bürgerbefragung statt, sondern lediglich Bürgerwerkstätten, die als Informationsveranstaltungen dienten, wie das Gebiet bebaut werden soll? Zu Frage 5: Nach § 3 Abs. 1 BauGB ist die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig über die Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Weitere Vorgaben enthält das Gesetz nicht, insbesondere nicht die Verpflichtung zu einer Bürgerbefragung. Im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB besteht außerdem keine Pflicht zur Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach (§ 13a Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Warum wird das Klimadiagramm nicht abgewartet, bevor mit dem Bau begonnen wird? Zu Frage 6: Zur Beurteilung der klimaökologischen Situation des Planungsraums des Bebauungsplans „Franzenbrunnen“ wurde die im Dezember 2010 vom Büro GEO-NET Umweltconsulting GmbH durchgeführte modellgestützte Analyse der klimaökologischen Situation für das gesamte Stadtgebiet herangezogen. Auf Grundlage dieser Analyseergebnisse kann der Untersuchungsraum hinsichtlich seiner heutigen klimaökologischen Funktion eingeordnet und die möglichen Auswirkungen einer Bebauung abgeschätzt werden. Es kann festgestellt werden, dass das Bebauungsplangebiet „KiTa Franzenbrunnen“ an der Produktion lokaler Kaltluftabflüsse beteiligt ist, von denen die westlich angrenzende Wohnbebauung direkt profitiert. Durch ihre aufgelockerte Struktur weist diese Bebauung aber von vornherein eine günstige bioklimatische Situation auf. Ein Bezug zu den nördlich lokalisierten, bioklimatisch stärker belasteten Siedlungsflächen oder dem Innenstadtbereich kann hinsichtlich des Prozessgeschehens nicht festgestellt werden. Insofern ergibt sich keine hohe Empfindlichkeit gegenüber einer Nutzungsänderung . Da die Planfläche selbst mit einer Flächengröße von etwa 1,3 ha, die wiederum nur zu maximal 30 % überbaut wird, nur einen geringen Anteil am Kaltlufteinzugsgebiet insgesamt ausmacht, wird deren Überbauung voraussichtlich keine Verschlechterung der bioklimatischen Situation in anderen Siedlungsflächen zur Folge haben. Was soll geschehen, wenn entsprechendes Diagramm negativ ausfällt? Zu Frage 7: Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. - 6 - betr.: Bebauung des Gebietes Franzenbrunnen