LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/1981 (15/1945) 31.10.2016 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (DIE LINKE.) betr.: Gefahren durch Windkraftanlagen wie Brände und Eiswurf Vorbemerkung der Fragestellerin: „Die Feuerwehr warnt, dass die Errichtung von Windrädern im Wald Gefahren birgt, die oft nicht ausreichend berücksichtigt werden. (Saarbrücker Zeitung vom 5. September 2016, Lokalteil Saarlouis ). Um im Brandfall vor herabfallenden Teilen sicher zu sein, brauche es bei einem 200 Meter hohen Windrad rund 300 Meter Abstand, den es im Wald aber nicht gebe. Ein brennendes Windrad könne zudem auch Waldbrände verursachen. Windräder in der Nähe von Straßen sind nach Ansicht der Feuerwehr gefährlich, weil im Winter Eis vom Rotor falle.“. Vorbemerkung der Landesregierung: Eine Umfrage bei den Landkreisen und der Landeshauptstadt Saarbrücken hat ergeben , dass im Saarland bisher keine relevanten Brandereignisse in Windenergieanlagen (WEA) zu verzeichnen waren, und somit keine konkreten Erfahrungen mit derartigen Schadensereignissen vorliegen. Nach Aussagen in Fachpublikationen kommt es bundesweit zu ca. sechs bis acht Brandfällen im Jahr. Bei Bränden des Maschinenhauses bzw. der Gondel ist damit zu rechnen, dass brennende Teile der WEA nach ungefähr einer Stunde zu Boden fallen. Eine durch Windeinflüsse bedingte Verdriftung brennender Teile und Flüssigkeiten in die Umgebung, wie z.B. auf Wiesen und Felder, in den Wald und auf Baumkronen, ist nicht auszuschließen. Die Gefahr der Ausbreitung ist somit indiziert. Zur konkreten Beurteilung einer Brandausbreitungsgefahr bedarf es immer der Betrachtung des Standortes sowie der daraus resultierenden Vegetationsart im Umfeld einer WEA. So besteht für dichtstehende Nadelholzreinbestände (z.B. Kiefer) eine höhere Brandgefährdung als bei Altholz-Mischbeständen. Darüber hinaus können Laubholzunterstände unter Nadelholzbeständen eine Entzündungs- und Ausbreitungsgefahr vermindern. Ausgegeben: 31.10.2016 (22.09.2016) Drucksache 15/1981 (15/1945) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Bei Bränden von Windenergieanlagen (WEA) besteht für die örtlich zuständige Feuerwehr keine Möglichkeit eine Brandbekämpfung im Maschinenhaus/Gondel sowie an den Rotorflügeln durchzuführen. Nur bedingt ist eine Brandbekämpfung im Sockel möglich. Die Feuerwehr muss sich auf die Absicherung des Brandortes und die Verhinderung der Ausbreitung von Folgebränden auf dem Boden beschränken. Das wesentliche Ziel der Brandbekämpfung ist somit die Verhinderung der Ausbreitung des Brandes auf die Umgebung. Damit dieses Ziel im Ereignisfall erreicht werden kann, bedarf es bei der Planung und Errichtung der WEA einer Abstimmung mit der örtlich zuständigen Feuerwehr (z.B. Zufahrts- und Bewegungsflächen, Wasserversorgung).Das Landespolizeipräsidium hat bislang keinen Verkehrsunfall registriert, der durch Eisabwurf von einer Windkraftanlage verursacht worden wäre. Wird die Brandgefahr im Genehmigungsverfahren von neuen Windkraftanlagen standardmäßig berücksichtigt und wenn ja: wie? Zu Frage 1: Die Gewährleistung eines umfassenden Brandschutzes bei Windenergieanlagen (WEA) ist nur durch eine Kombination von vorbeugenden und abwehrenden Maßnahmen möglich. Dabei ist wegen der Besonderheit der Anlagen zu beachten, dass bei Bränden von WEA`s für die örtlich zuständige Feuerwehr keine Möglichkeit einer Brandbekämpfung im Maschinenhaus/Gondel sowie an den Rotorflügeln besteht. Nur bedingt ist die Brandbekämpfung im Sockel möglich. Die Feuerwehr kann sich lediglich auf die Absicherung des Brandortes und die Verhinderung der Ausbreitung von Folgebränden im Umfeld der Anlage beschränken. Eine Verdriftung brennender Teile und Flüssigkeiten in die Umgebung kann grundsätzlich zwar nicht ausgeschlossen werden, wobei durch besondere brandschutztechnische Anforderungen in der Genehmigung den Standortbedingungen entsprechend Rechnung zu tragen ist. Die Genehmigung von Windenergieanlagen erfolgt nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz (BIMSchG). Die bauordnungsrechtliche Prüfung derartiger baulicher Anlagen ist Teil dieser Genehmigung . Im Rahmen dieser bauordnungsrechtlichen Prüfung werden insbesondere die Bestimmungen der Landesbauordnung (LBO) für die Standsicherheit von Turm und Gründung und der anlagetechnische Brandschutz unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr geprüft. Nach diesen Vorgaben werden für die Standsicherheit entsprechende bautechnische Nachweise, Gutachten und Sachverständigenprüfungen verlangt; für den Brandschutz ist in der Regel ein an die örtlichen Gegebenheiten angepasstes Brandschutzkonzept , in dem eine sicherheitstechnische Gesamtbewertung der jeweiligen Anlage gegenständlich ist, zur Prüfung vorzulegen. Die entsprechenden bauordnungsrechtlichen Auflagen, Hinweise und Bedingungen werden dann u.a. Teil der BIMSch- Genehmigung. Drucksache 15/1981 (15/1945) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wird bei der Errichtung neuer Windkraftanlagen im Wald ein Mindestabstand von 300 Metern zwischen Anlage und Bäumen eingehalten? Zu Frage 2: Nein. Ein solcher Abstand ist nicht gefordert. Der dauerhafte Flächenverbrauch an Waldfläche beträgt circa 0,5 Hektar je Windenergieanlage Weitere circa 0,5 Hektar werden für temporäre Freiflächen benötigt, die nach der Errichtung der Windkraftanlage wieder zu Wald werden. Da die Rotoren der Windkraftanlagen im untersten Punkt in der Regel 30 bis 50 Meter über den Baumwipfeln liegen, ist es nicht sinnvoll, mehr Wald zu roden. Eine erhöhte Brandgefahr für den Wald wird im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen nicht gesehen. Wie steht die Landesregierung dazu, dass Autofahrer im Winter durch herabfallendes Eis von Windkraftanlagen verletzt werden können und wird dies bei der Genehmigung von neuen Windkraftanlagen in der Nähe von Autobahnen und Straßen berücksichtigt? Zu Frage 3: Durch den Eisansatz an Rotorblättern können sich durch herabfallende Eisstücke vor allem in der Nähe von Straßen, Wanderwegen und sonstigen Infrastruktureinrichtungen Gefährdungen ergeben. Dabei ist zu unterscheiden zwischen „Eisabwurf“ bei dem sich Eis von den drehenden Rotorblättern der laufenden WEA löst und dann in eine bestimmte Richtung geworfen wird und „Eisabfall“ bei dem bei Stillstand der Anlage Eis von den Rotorblättern herabfällt. Die Anforderungen zur Gefahrenabwehr bei zu unterstellendem Eisabwurf werden in der im Saarland und auch in den anderen Bundesländern bauaufsichtlich eingeführten Liste der technischen Baubestimmungen und dort der „Richtlinie für Windenergieanlagen “ beschrieben. Danach sind bestimmte Abstände von WEA`s zu Verkehrswegen und Gebäuden wegen der Gefahr des Eisabwurfes einzuhalten. Als Abstände sind dort Abstände größer als 1,5 x (Rotordurchmesser plus Nabenhöhe) im Allgemeinen als ausreichend gefordert. Daher stellt die saarländische Straßenbauverwaltung, die verbindlich im Genehmigungsverfahren beteiligt wird, ihr Einvernehmen nur her, wenn generell zu klassifizierten Straßen (Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen I. und II. Ordnung) ein Mindestabstand des 1,5-fachen der Anlagenhöhe (= Nabenhöhe + Rotorradius) eingehalten wird. Dieser Mindestabstand ist als Distanz vom Fahrbahnrand zur waagerechten Rotorspitze definiert. Im Einzelfall können auch aus Verkehrssicherheitsgründen größere Abstände erforderlich sein. Umgekehrt kann in Ausnahmefällen dieser Abstand auf ein Mindestmaß der einfachen Anlagenhöhe, diesmal gemessen als Abstand vom Fahrbahnrand bis zur Mastachse, reduziert werden. Diese Ausnahmefälle sind jedoch gebunden an die Prüfung des Standortes mittels eines Gutachtens, das der Verkürzung des Mindestabstands nur dann zustimmt, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs weiterhin gewährleistet bleiben. Drucksache 15/1981 (15/1945) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Die Mindestabstände (Anbauverbotszone und Anbaubeschränkungszone) nach § 9 Abs.1 u. 2 FStrG und § 24 Abs.1 SaarlStrG sind in jedem Fall einzuhalten. Unabhängig von den genehmigungsrechtlichen Auflagen besitzen moderne Windkraftanlagen Abschalteinrichtungen, die aus Selbstschutzgründen auch bei Eis- und Schmutzansatz zum Einsatz kommen. Dies verhindert Schäden an den Anlagen durch mechanische Unwucht aufgrund des beginnenden Eisansatzes. Die Überwachung geschieht einerseits über Schwingungssensoren im Turm, die bereits bei geringerem Schmutzanfall auf den Rotorblättern auslösen. Andererseits und unabhängig von diesen Sensoren erhält die Steuerung ein Abschaltsignal, wenn das Verhältnis zwischen der erzeugten Leistung für eine bestimmte Windgeschwindigkeit unter einen vordefinierten Wert fällt. Denn durch Eis- oder Schmutzanfall ist ein deutlicher Abfall an der Blattanströmung feststellbar, der zu einer signifikanten Leistungsreduzierung führt. Als drittes Abschaltsystem werden die Anlagen zum Selbstschutz mit einem Vergleich der Messergebnisse eines Schalenanemometers mit einem Ultraschallanemometer ausgestattet . Der Eisabfall einer stillstehenden Anlage kann bei Tauwetter oder Inbetriebnahme der Rotorblattheizung nicht verhindert werden. Deshalb sind entsprechende Hinweisschilder aufzustellen, die auf die verbleibende Gefährdung durch Eisabfall aufmerksam machen. Allerdings ist auch zu bemerken, dass sich stillstehende WEA`s hierbei nicht von Brücken, Strommasten oder Gebäuden, bei denen es ebenfalls zu Eisabfall kommen kann, unterscheiden. In Einzelfällen können Risikobetrachtungen auch zu Maßnahmen der Wegsperrung bzw. der Wegverlegung im Umfeld von WEA`s führen. Die genannten Anforderungen führen dazu, dass das Risiko durch Eisabwurf oder Eisabfall in der Umgebung einer WEA zu Schaden zu kommen als äußerst gering einzustufen ist, was sich übrigens auch in den sehr niedrigen Policen für eine Haftpflichtversicherung einer WEA zum Ausdruck kommt.