LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/2046 (15/1998) 19.12.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Barrierefreiheit auf dem Baumturm und dem Baumwipfelpfad Saarschleife in Mettlach-Orscholz (Cloef) der Erlebnis Akademie AG Vorbemerkung des Fragestellers: „Wie unserer Fraktion von Seiten eines Betroffenen zugetragen wurde, ist die Befahrung des Baumwipfelpfades an der Saarschleife für Rollstuhlfahrer je nach Schwere der Behinderung äußerst schwierig bis unmöglich. Auf den Steigungsund Gefällstrecken des gesamten Baumwipfelpfades und des 42 Meter hohen Aussichtsturmes sind laut Aussagen des Betroffenen die Steigungs- /Gefällstrecken zwischen den Ruhepodesten (Zwischenpodesten ) sehr viel länger als zulässig (bis zum Vierfachen des Zulässigen). An einer längeren Gefällstrecke habe er zusätzlich zur Längsneigung eine Querneigung festgestellt. Eine selbständige Nutzung der Anlage ohne fremde Hilfe war ihm somit nicht möglich. Außerdem seien die Handläufe auf beiden Seiten der Rampen viel zu hoch angebracht. Und dies, obwohl die Betreiberin (Erlebnis Akademie AG) explizit mit der Barrierefreiheit des Baumwipfelpfades und des Baumturms wirbt. Ausgegeben: 19.12.2016 (08.11.2016) Drucksache 15/2046 (15/1998) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Diese Schilderungen stellen nicht nur ein Ärgernis für die Betroffenen dar. Das Land gewährte dem Investor laut Berichterstattung des Saarländischen Rundfunks und der Saarbrücker Zeitung einen Zuschuss von fast 300.000 Euro für das Projekt. In den Förderrichtlinien für öffentliche touristische Infrastruktureinrichtungen im Saarland ist allerdings eine Rechtsgrundlage der Förderung, dass gemäß Ziffer 5.8 der diskriminierungsfreie Zugang zu den Tourismusinfrastrukturmaßnahmen für alle Nutzer zu gewährleisten ist und die nach der Bauordnung geltenden Vorschriften zur Barrierefreiheit einzuhalten sind. Darüber hinaus müssen mit der Antragstellung der Zuwendungsempfänger und der Behindertenbeauftragte der Gemeinde bzw. des Landkreises bestätigen, dass der Behindertenbeauftragte von Anfang an in die Planung des Vorhabens eingebunden war.“ War die Richtlinie für die Förderung der öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen im Saarland vom 14.02.2016 die Grundlage für die Mittelzuwendung von fast 300.000 Euro? Zu Frage 1: Grundlage für die Zuwendung an die Erlebnis Akademie AG ist das Regionale Förderprogramm des Saarlandes für kleine und mittlere Unternehmen des Tourismusgewerbes . Es handelt sich bei dem Projekt „Errichtung des Baumwipfelpfades ‚Saarschleife‘ in Mettlach-Orscholz“ fördertechnisch demnach nicht um ein Infrastrukturprojekt, sondern vielmehr um eine betriebliche touristische Errichtungsinvestition der Erlebnis Akademie AG, die neue Dauerarbeitsplätze im Saarland schafft und somit einen Beitrag zum Strukturwandel und zur Beschäftigungssicherung der saarländischen Wirtschaft leistet. Grundlegende Fördervoraussetzung dieses Förderprogramms ist die Schaffung neuer bzw. Sicherung vorhandener Dauerarbeitsplätze im Saarland. Wurden die Bedingungen für eine Förderung gemäß Ziffer 5.8 der Förderrichtlinie vollumfänglich erfüllt, d. h. wurden die geltenden Vorschriften zur Barrierefreiheit (technische Baubestimmungen mit den relevanten Normen zum barrierefreien Bauen) in der jeweils gültigen Fassung eingehalten und bestätigten mit der Antragstellung der Zuwendungsempfänger und der Behindertenbeauftragte der Gemeinde/des Landkreises mit ihrer Unterschrift , dass der Behindertenbeauftragte von Anfang an in die Planung des Vorhabens eingebunden war? Falls nein, warum nicht? Zu Frage 2: Da die Richtlinie für die Förderung der öffentlichen touristischen Infrastruktureinrichtungen im Saarland vom 14.02.2016 keine Anwendung auf das Fördervorhaben der Erlebnis Akademie AG findet, sind die entsprechenden Fördervoraussetzungen dieser Richtlinie bei der Förderung des Baumwipfelpfades nicht zugrunde zu legen. Drucksache 15/2046 (15/1998) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Maßgeblich für Baumaßnahmen ist hierzulande grundsätzlich die Landesbauordnung Saarland (LBO), in der unter § 50 das barrierefreie Bauen verankert ist. Demnach müssen öffentlich zugängliche bauliche Anlagen nach Abs. 2 in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere auch für Freizeitstätten, zu denen der Baumwipfelpfad „Saarschleife“ zu zählen ist. Diesbezüglich hat die Erlebnis Akademie AG im Zuge ihres Bauantrages einen Antrag auf Abweichung gemäß § 68 Abs. 1 LBO an das Landratsamt Merzig-Wadern gestellt. Ziel der Erlebnis Akademie AG war es, den Baumwipfelpfad weitestgehend barrierefrei zu gestalten, um möglichst vielen Menschen den Besuch und die Begehung des Baumwipfelpfades zu ermöglichen. Für den nach dem Kassenbereich zugänglichen Bereich wurde zur Planung des Weges die DIN 18040- Teil 3 Barrierefreies Bauen herangezogen, deren Vorgaben im weiteren Verlauf des Baumwipfelpfades hinsichtlich Längs- und Querneigung Rechnung getragen wird. Querneigungen beinhaltet der Weg gemäß genehmigtem Antrag auf Abweichung keine, Handläufe wurden angebracht. Bezogen auf den Aussichtsturm zielt der Antrag auf Abweichung auf die nach DIN 18040-3 vorgeschriebene max. Rampenlänge ab. Es wurde jedoch bei jeder Richtungsänderung ein waagerechtes Podest mit entsprechenden Maßen eingebaut. Der Antrag beinhaltet die Zusage, dass für Menschen, die die Anlage nicht selbständig bewältigen können, während der Öffnungszeiten geschultes Personal (Pfadläufer) zur Hilfe bereit gehalten wird. Das Landratsamt Merzig-Wadern hat dem Bauantrag sowie dem Antrag auf Abweichung bzgl. § 50 Abs. 2 LBO mit Baugenehmigung vom 06.04.2016 zugestimmt. Zudem wurde der Baumwipfelpfad nach Auskunft der Erlebnis Akademie AG zweimal von dem Behindertenbeauftragten des Landkreises Merzig-Wadern, Herrn Lutz Quack, in Begleitung der Standortleiterin begangen, ohne dass sich hieraus Beanstandungen seitens Herrn Quack ergaben. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Erlebnis Akademie AG auf Ihrer Homepage nicht mit einer Barrierefreiheit des Baumwipfelpfades wirbt, sondern damit, dass er barrierearm konstruiert ist. War der Landesregierung zu dem Zeitpunkt der Mittelgenehmigung oder zu einem späteren Zeitpunkt bekannt, dass der Baumturm die Kriterien der Barrierefreiheit nicht erfüllt? Falls ja, warum wurden die Mittel dennoch genehmigt? Zu Frage 3: Die grundsätzlichen Fördervoraussetzungen des Regionalen Förderprogramms des Saarlandes für kleine und mittlere Unternehmen des Tourismusgewerbes, insbesondere die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen im Saarland, wurden seitens der Erlebnis Akademie AG erfüllt, sodass einer Zuwendung, u. a. auch vor dem Hintergrund der Baugenehmigung des Landkreises Merzig-Wadern vom 06.04.2016, nichts entgegen steht. Drucksache 15/2046 (15/1998) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Welche Behörde genehmigte die Mittelzuwendung? Zu Frage 4: Die Zuwendung an die Erlebnis Akademie AG i. H. v. 275.000 Euro, die sich aus Mitteln des Operationellen Programms EFRE Saarland im Ziel „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ 2014-2020 und Mitteln des Saarlandes zusammensetzt, wird seitens des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr gewährt. Sind der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt die Mängel bekannt? Falls nein, will die Landesregierung den Baumturm auf seine Barrierefreiheit hin überprüfen? Sofern die Landesregierung die Mängel bestätigen kann: Welche Konsequenzen sollen daraus gezogen werden? Zu den Fragen 5 und 6: Der Landesregierung sind keine Mängel bekannt. Die Überprüfung hinsichtlich der Einhaltung der baurechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der Auflagen bzw. erlaubten Abweichungen gemäß Baugenehmigung erfolgt im Rahmen der Bauabnahme durch die zuständige Untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Merzig-Wadern. Die Förderung auf Grundlage des Regionalen Förderprogramms des Saarlandes für kleine und mittlere Unternehmen des Tourismusgewerbes begründet keine derartigen Überprüfungen. Gleichwohl setzt sich die Landesregierung bei Antragstellern im Bereich der betrieblichen touristischen Investitionsförderung stets dafür ein, in ihren Anlagen bzw. Gebäuden nach Möglichkeit Barrierefreiheit zu gewährleisten. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass seitens des Behindertenbeauftragten des Landkreises Merzig-Wadern im Anschluss an seine Begehung des Baumwipfelpfades keine Beanstandungen geäußert wurden.