LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/2049 (15/2020) 19.12.2016 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Saarländische Waldbilanz Vorbemerkung des Fragestellers: „Im Zusammenhang mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien wird oft das Argument des Verlustes von Nutz- und Naturflächen (landwirtschaftliche Nutzflächen und Wald) als Kritikpunkt heran- gezogen . Insbesondere Planungen, die Waldflächen als potenzielle Standorte für Windkraftanlagen vorsehen, führen zum einen oft zur Kritik seitens interessierter Kreise der Bevölkerung, zum anderen sind entsprechende Planungen durch politische Entscheidungen in kommunalen Gremien revidiert worden. Unabhängig von der aktuellen Fragestellung, inwieweit der Ausbau der Windenergie die saarländische Waldfläche dauerhaft reduziert, sind es aber auch andere Inanspruchnahmen, die immer wieder einen Konflikt zwischen den unterschiedlichen Interessen auslösen. Die seit vielen Jahren existierenden Waldinventuren der Landesregierung könnten hier Aufschluss geben, wie sich die Waldfläche im Saarland insgesamt verändert hat und auf welche Ursachen diese Veränderungen im Wesentlichen zurückgehen.“ Ausgegeben: 19.12.2016 (24.11.2016) Drucksache 15/2049 (15/2020) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Wie hat sich die Waldfläche im Saarland von 1980 bis 2015 verändert? Zu Frage 1: Die statistischen Verfahren zur Erfassung der Gesamtwaldfläche des Saarlandes haben sich seit Anfang der 1980er Jahre entwickelt. Anfangs wurde im Wesentlichen auf die vorliegenden Planungswerke der einzelnen Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen zurückgegriffen. Dabei wurden zunächst nur Waldflächen, die größer als 1 Hektar (ha) waren, erfasst. Kleinere Waldflächen (< 1 ha) hingegen, die aber die Besitzstruktur des Privatwaldes im Saarland maßgeblich prägen, wurden nicht erfasst. Weiterhin wurden in den Jahren ab 1950 bis 1970 brachliegende Flächen der Landwirtschaft, insbesondere im nördlichen Saarland, aufgeforstet bzw. über Sukzession zu Wald. Diese Flächen wurden ebenfalls in den Statistiken ab 1980 zunächst nicht als Wald erfasst. Das führte zwangsläufig zu Ungenauigkeiten und ist eine Erklärung dafür, dass für die Jahre 1980 ca. 80.521 ha, für 1985 ca. 85.058 ha und für 1993 ca. 85.779 ha Gesamtwaldfläche im Saarland genannt wurden. In den Folgejahren verfeinerte sich das Erfassungsverfahren, d.h. die o.g. Waldflächen, die bis dahin nicht erfasst wurden, gingen nach und nach in die Gesamtwaldfläche ein. Das erklärt den sprunghaften Anstieg der Gesamtwaldfläche im Jahr 1994 auf nunmehr 90.200 ha. 1 Im Jahr 2002 wurde unter Zuhilfenahme der Luftbildauswertung die erste und 2014 die zweite Inventur des Privatwaldes im Saarland durchgeführt. Seither liegen gesicherte Daten zum Privatwald im Saarland vor. Somit war es möglich, die Gesamtwaldfläche im Jahr 2002 mit 92.982 ha zu beziffern. 2 Die zweite Inventur des Privatwaldes führte zu dem Ergebnis, dass die Gesamtwaldfläche 2014 nunmehr 93.014 ha umfasst. 3 Zusammenfassend kann man sagen, dass in Kenntnis der Gründe für die stark variierenden Flächenangaben der 1980er und 1990er Jahre, sich die Gesamtwaldfläche im Saarland seit 1980 tatsächlich in einer Größenordnung von ca. 90.000 bis 93.000 ha bewegte, dies aber in den Flächenangaben der 1980er und 1990er Zahlen nicht berücksichtigt wurde. Gesicherte Angaben zur Gesamtwaldfläche liegen seit 2002 vor. Demnach hat die Gesamtwaldfläche von 2002 bis 2014 um 32 ha zugenommen. 1) Chronik zur Waldgeschichte des saarländischen Raumes, A. Wagner, 1997. 2) Abschlussbericht zur Inventur des Privatwaldes im Saarland 2002, veröffentlicht 2004. 3) Abschlussbericht zur Inventur des Privatwaldes im Saarland 2014, veröffentlicht 2016. Sollte sich die Gesamtwaldfläche seit 1980 reduziert haben: Welche Ursachen, d.h. konkurrierende Nutzungsformen (z.B. Baugebiete, Gewerbegebiete , Verkehrswege, etc.) sind darin begründet ? Zu Frage 2: Die Gesamtwaldfläche im Saarland hat sich seit 1980 nicht reduziert. Drucksache 15/2049 (15/2020) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Sollte sich die Gesamtwaldfläche seit 1980 erhöht haben: Welche Ursachen (z.B. natürliche Wiederbewaldung durch Rückzug der Landwirtschaft, Aufgabe von ehemaligen Nutzungsformen wie Obstwiesen, aktive Waldvermehrung durch sogenannte Erstaufforstung, Ausgleichsmaßnahmen als Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft, etc.) sind darin begründet? Zu Frage 3: Der Gesamtwaldflächen-Zuwachs erfolgte sowohl durch natürliche Wiederbewaldung aufgrund des Rückzugs der Landwirtschaft aus der Flächenbewirtschaftung auf den überwiegend ertragsschwachen Standorten (siehe: Antwort zu Frage 1), als auch durch Erstaufforstungen von Flächen im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft. In welcher Größenordnung ging Waldfläche durch die Inanspruchnahme von Waldflächen durch den Bau von Windenergieanlagen seit 2013 verloren und welche neue Waldfläche ist im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen entstanden? Zu Frage 4: Gemäß § 8 Landeswaldgesetz (LWaldG) stellen die Errichtung und der Betrieb einer Windkraftanlage über Wald eine Umwandlung in eine andere Nutzungsart dar, die der Genehmigung der Forstbehörde bedarf. Eine Waldumwandlungsgenehmigung ist an den Windkraftanlagen-Genehmigungsbescheid gebunden und enthält die Auflage, dass eine dauerhaft umgewandelte Waldfläche durch eine Erstaufforstung 1:1 ausgeglichen werden muss. Seit 2013 sind landesweit insgesamt 41 Windenergieanlagen über Wald (Besitzarten: Staatswald, Kommunalwald und Privatwald) errichtet und in Betrieb genommen worden . Es wurde Wald in einer Größenordnung von 21 ha dauerhaft umgewandelt (§ 8 LWaldG). Diese Waldflächenverluste wurden durch 21 ha Erstaufforstungen von bisher nicht bewaldeten Flächen ausgeglichen. Damit hat der Bau von Windenergieanlagen nicht zu einer Verringerung der Gesamtwaldfläche im Saarland geführt. Konnte im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen der ökologische Wert der beanspruchten Waldflächen möglicherweise sogar erhöht werden? Zu Frage 5: Kurzfristig betrachtet kann eine Erstaufforstung zunächst nicht den ökologischen Wert haben, wie ein mehrere Jahrzehnte alter Wald, der ggf. wegen der Errichtung einer Windkraftanlage weichen musste. Bei allen vorgenannten Erstaufforstungen handelt es sich um standortgerechte oder standortheimische Laubmischwälder. Insofern ist davon auszugehen, dass diese neu heranwachsenden Wälder in den kommenden Jahrzehnten ihren ökologischen Wert nach und nach steigern und dann möglicherweise auch einen höheren ökologischen Wert erreichen werden. Insofern wurde dem LWaldG vollständig Rechnung getragen. Drucksache 15/2049 (15/2020) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Darüber hinaus ist nach den §§ 14 und 15 BNatSchG ein ökologischer Ausgleich für Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage zu leisten, der möglichst die ökologischen Verluste bei der Umwandlung von Wald ausgleichen soll. Die festgelegten Maßnahmen sind individuell abhängig von der Situation vor Ort, so sind bspw. regelmäßig artenschutzrechtliche Belange (z.B. Fledermaus-, Schwarzstorch oder Wildkatze- Vorkommen) im Zusammenhang mit Windkraftanlagen betroffen. Als Kompensationsmaßnahmen werden hier bspw. genannt: die Aufforstung von Waldgebieten, um Jagdgebiete für Fledermäuse und langfristig auch neue Quartiermöglichkeiten zu schaffen; Maßnahmen zum Belassen von Totholz im Wald, um Quartiermöglichkeiten zu erhalten; Anlage von Flächen innerhalb des Waldes für Lichtarten; Renaturierung und Entwicklung von Gewässern; Anlage von Wildkatzenburgen.