LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/320 (15/256) 30.01.2013 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Anfrage betreffend Personalsituation an saarländischen Justizvollzugsanstalten [Drucksache 15/184 (15/136)] Aufgrund der Zahlen, die als Antwort auf Frage 1 angegeben wurden, lässt sich keine Rückentwicklung der aufgekommenen Überstunden erkennen. Diesbezüglich ergeben sich aus der Antwort der Landesregierung folgende Nachfragen: a) Wie hoch ist die Anzahl der angegebenen „Überstunden“, die sich aus angeordneter Mehrarbeit gemäß § 78 III des Saarländischen Beamtengesetzes ergeben und bei wie vielen handelt es sich dagegen um Stunden, die aus der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit resultieren ? (Bitte diese Differenzierung der beiden Überstundenarten angeben). b) Ist anhand der neuen, differenzierten Zahlen absehbar, zumindest im Bereich der Erhöhung der Wochenarbeitszeit, wie viele Überstunden aus diesem Bereich noch in diesem Jahr anfallen werden? c) Ergeben die neuen Zahlen Rückschlüsse darauf , wie viele Stunden aus angeordneter Mehrarbeit dieses Jahr noch aufkommen werden? (Bitte Angaben aufschlüsseln in die Bereiche Inspektionsdienst in den Anstalten, Freistundenaufsicht des Werkdienstes und Technikdienst des Werkdienstes am Wochenende) d) Soll zukünftig die AV des MdJ Nr. 21/1988 (2043-17) Anwendung findet, falls keine entlastenden Maßnahmen in Bezug auf die Personalund Überstundensituation der Bediensteten durch die Landesregierung eingeleitet werden, um dem Vollzugsziel tatsächlich Rechnung tragen zu können? Ausgegeben: 30.01.2013 (06.12.2012) Drucksache 15/320 (15/256) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - e) Vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes , der in Nummer 2 Absatz der AV betont wird, stellt sich weiterhin die Frage: Besteht eine gleichmäßige Verteilung hinsichtlich der Überstundenbelastung der Bediensteten? f) Falls dies nicht zutrifft, wodurch soll eine gleichmäßige Heranziehung der Bediensteten zukünftig erreicht werden? Zu Frage 1 a): In den saarländischen Justizvollzugsanstalten erfolgt die Einsatzplanung des allgemeinen Vollzugs- und Werkdienstes und die Abrechnung der geleisteten Stunden seit Januar 2011 mit Unterstützung eines für die Bedürfnisse des Justizvollzugs zugeschnittenen EDV-Programms, das ursprünglich in Rheinland-Pfalz entwickelt worden ist und mittlerweile flächendeckend auch in den Justizvollzugsanstalten von Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg eingesetzt wird. Nach diesem Programm werden die Überstunden aus angeordneter Mehrarbeit im Sinne von § 78 Abs. 3 des Saarländischen Beamtengesetzes (SBG) und die Überstunden , die durch eine abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit entstehen, nicht getrennt erfasst. Deshalb ist eine nachträgliche detaillierte Differenzierung zwischen beiden Überstundenarten nicht möglich. Zu Frage 1 b) und c): Im Monat Dezember 2012 sind in beiden saarländischen Justizvollzugsanstalten insgesamt 3.935,5 Überstunden angefallen. Im allgemeinen Vollzugsdienst existiert an beiden Justizvollzugsanstalten kein „Inspektionsdienst “, lediglich in der JVA Saarbrücken gibt es im Bereich des gehobenen Vollzugs - und Verwaltungsdienstes einen solchen Dienst, der jedoch von den Regelungen der AV des MdJ Nr. 21/1988 betreffend die Arbeitszeit für den mittleren AVD und den Werkdienst nicht erfasst wird. Im Werkdienst sind im Dezember 2012 an Samstagen in beiden Anstalten insgesamt 56,5 Stunden im technischen Dienst angefallen. In der JVA Ottweiler beteiligten sich die Werkbeamten im Dezember 2012 an der Überwachung der Hofstunden der beschäftigten Gefangenen im Umfang von 15 Stunden. Ab Januar 2013 entfällt der technische Dienst an Samstagen in der JVA Ottweiler. Zu Frage 1 d): Die gegenwärtig in den Vollzugsanstalten stattfindende aufgabenkritische Überprüfung der Aufbau- und Ablauforganisation verfolgt auch das Ziel der Entlastung des Personals . Eine Reihe von Vorschlägen, die zu einem Teil bereits mit der örtlichen Personalvertretung abgestimmt sind, ist geeignet, zu einer Entlastung durch Reduzierung der anfallenden Dienststunden und mithin auch der anfallenden Überstunden beizutragen. Der Abschluss der Organisationsuntersuchung und die Entscheidung über die Umsetzung der mit den Personalräten abgestimmten Vorschläge sind für die erste Jahreshälfte vorgesehen. Drucksache 15/320 (15/256) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zu Fragen 1 e) und 1 f): Die Belastung der Bediensteten wird von den Anstalten – soweit möglich – gleichmäßig verteilt. Diese achten bereits bei der Erstellung des Jahresdienstplans auf eine gleichmäßige Heranziehung zu den Wochenenddiensten. In der Praxis treten jedoch Personalausfälle in der Regel sehr kurzfristig auf, so dass die entsprechenden Dienstposten ebenso kurzfristig ersetzt werden müssen. Hierbei ist zu beachten, dass nur solche Bedienstete als Ersatz herangezogen werden können, die für die zu leistende Arbeit auch geeignet sind. So kommen für den Einsatz in der Küche, im medizinischen Dienst, in den Fremdbetrieben, in der Dienstplanabteilung und beim Gefangenensport nur wenige Beamtinnen und Beamte in Betracht. Gleiches gilt für die Besetzung höherwertiger Dienstposten. Bei der Dienstplanung wird auch berücksichtigt, dass einige Bedienstete sich zur verstärkten Ableistung von Überstunden bereit erklären, um in den Genuss der finanziellen Abgeltung zu gelangen. Überwiegend handelt es sich hierbei um jüngere Bedienstete , die in der Regel den hiermit einhergehenden zusätzlichen gesundheitlichen Belastungen eher gewachsen sind. Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist auch verfahrensmäßig durch die Einbindung der örtlichen Personalvertretungen abgesichert. Die Personalräte der Anstalten sind in die Dienstplangestaltung und -überwachung effektiv involviert und achten mit darauf, dass Abweichungen von der durchschnittlichen Belastung stets wohlbegründet sind und nur in dem notwendigen Umfang erfolgen. Aus der Antwort der Landesregierung zur Ausgangsfrage 2 b), wonach ein Freizeitausgleich in größerem Umfang erst ab November 2012 erfolgen soll, ergeben sich die Nachfragen: a) Da laut gültiger AV des MdJ ein Anspruch auf Freizeitausgleich innerhalb von 3 Monaten in Anspruch genommen werden soll, bzw. sofern dienstliche Gründe dem Anspruch entgegenstehen dieser innerhalb von 6 Monaten zu gewähren ist, stellt sich die Frage: Wurden die entstandenen Überstunden gemäß der AV im vorgeschrieben Zeitrahmen abgebaut? b) Wenn dies nicht der Fall war, wie gedenkt die Landesregierung die Ausgleichsfristen zukünftig einzuhalten? c) Laut Angaben der Landesregierung wird ein finanzieller Ausgleich auf Antrag gewährt. Wurde tatsächlich nur die angeordnete Mehrarbeit ausgezahlt, oder auch die Überstunden, welche durch die Erhöhung der Wochenarbeitszeit entstanden sind und grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen sind (siehe AV des MdJ, Nr.5 Absatz 2)? Drucksache 15/320 (15/256) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - d) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung zur Entlastung der Bediensteten des Justizvollzuges vorgesehen und in welchem Zeitrahmen sollen diese umgesetzt werden? Zu Fragen 2 a) bis d): Die zitierte AV des MdJ Nr. 21/1988 befindet sich in Überarbeitung. Es besteht in vielfacher Hinsicht Reformbedarf. Zur Entlastung der Bediensteten und zum Abbau des seit Jahren bestehenden Überstundensockels zwischen 40.000 und 50.000 Stunden ist es zunächst notwendig, dass für die Erledigung der Dienstaufgaben im Regelfall nur so viele Funktionen (Dienstposten ) eingeplant werden wie für deren Besetzung Personal zugewiesen worden ist. Auf die Antwort zu Frage 1d) wird verwiesen. Der Abbau der Überstunden wird dadurch flankiert, dass den Bediensteten derzeit die Vergütung der Mehrarbeits- bzw. Überstunden angeboten wird ohne Rücksicht auf deren Entstehungsgrund (s. insoweit auch die Zweckbestimmung im Haushaltsplan des Saarlandes, Kapitel 10 09, Titel 422 62 056: „Mehrarbeits- und Überstundenvergütungen für Beamtinnen/Beamte“). In der Antwort der Landesregierung auf Frage Nr. 6 meiner Anfrage hat die Landesregierung ein Beispiel für das praktizierte 100h-Schichtmodell geschildert, daraus ergibt sich die folgende Nachfrage : Wie bewertet die Landesregierung die Vereinbarkeit dieses Schichtmodells mit § 78 SBG, der AVZO des MdJ sowie der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung? Zu Frage 3: Die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sieht in Artikel 17 Absätze 2 und 3 c bei Tätigkeiten in Gefängnissen zahlreiche Ausnahmen vor, und zwar bei der Einhaltung der täglichen und wöchentlichen Ruhezeit, der täglichen Ruhepause , der wöchentlichen Höchstarbeitszeit, der Dauer der Nachtarbeit und den allgemeinen Bezugszeiträumen. Ein „100h-Schichtmodell“ existiert nicht. In der Antwort auf Frage Nr. 6 der ursprünglichen Anfrage wurde ein Beispiel für eine Dienstplankonstellation genannt, bei der es zu einer Ansammlung von 100 Stunden an 11 Tagen kommen kann. Dabei handelt es sich um einen selten vorkommenden Extremfall, weil im Normalfall vor Beginn einer Nachtdienstwoche oder dem Einsatz an Wochenenden im 12-Stunden-Tagesdienst ein bis zwei dienstfreie Tage geplant werden. Von einem „Modell“ kann insoweit keine Rede sein. Die Richtlinie 2003/88/EG ist hierdurch nicht verletzt, da zum Beispiel Abweichungen von dem in Artikel 16 Satz 1 b) genannten Bezugszeitraum von vier Monaten im Falle von Justizvollzugseinrichtungen gemäß Art. 17 Abs. 3 zulässig sind. Drucksache 15/320 (15/256) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Wie die Justizvollzugsanstalt Saarbrücken anhand von Stichproben überprüft hat, erreichen die durchschnittlichen Arbeitszeiten in den viermonatigen Bezugszeiträumen selbst bei Bediensteten mit überdurchschnittlich hohen Überstunden, die in diesen vier Monaten keinen Urlaub beansprucht hatten, nicht annähernd die Grenze der höchstzulässigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Auch die aufgrund von § 78 SGB erlassene saarländische AVZO ist nicht verletzt, da diese selbst in § 7 Ausnahmen von den Arbeitszeitregelungen für bestimmte Bereiche, insbesondere für den Justizvollzugsdienst vorsieht.