LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/322 (15/259) 01.02.2013 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Hilberer (PIRATEN) betr.: Konsequente Nutzung von Steuer-CDs zur Verbesserung der Haushaltslage des Saarlandes Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Öffentlichkeit wird durch Zeitungsmeldungen aufgerüttelt, dass sogenannte Steuer-CDs ‚massiven Betrug’ von deutschen Kunden der Schweizer Großbank UBS am deutschen Fiskus belegen. Es handelt sich hier um Steuerbeträge, die im dreistelligen Millionenbereich liegen. Im Fokus der Ermittler standen 750 Stiftungen als auch ‚sonstige Kapitalanlagen’. Dem Saarland hat ein Ankauf von CDs mit Daten von Steuersündern in den letzten vier Jahren immerhin eine Einnahme in Höhe von fast 45 Mio. Euro erbracht. Eine konsequente Nutzung von sogenannten Steuer- CDs würde vor diesem Hintergrund zu einer erheblichen Verbesserung der Haushaltslage des Saarlandes beitragen.“ Welche Strategien verfolgt die Landesregierung in den nächsten Jahren, um Daten von saarländischen Steuersündern , die Kapital in die Schweiz und Liechtenstein verschoben haben, zu erwerben? Zu Frage 1: Das Saarland hat bisher noch keine „Steuer-CD“ angekauft. Bei Ankäufen durch andere Bundesländer wurde der auf das Saarland entfallende Anteil am Kaufpreis nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ errechnet und die Daten durch die saarländische Steuerverwaltung ausgewertet. Ausgegeben: 01.02.2013 (06.12.2012) Drucksache 15/322 (15/259) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Die vom Fragesteller genannten fast 45 Mio. € beziehen sich auf eine Pressemitteilung des Ministeriums für Finanzen und Europa (MFE), wonach Ermittlungen und Durchsuchungen aufgrund des Ankaufs von Steuerdaten-CDs zu Mehrsteuern von insgesamt 10,7 Mio. € geführt haben, sich aber auch saarländische Steuerpflichtige bei der saarländischen Steuerverwaltung selbst angezeigt und in der Summe 34,2 Mio. € an Mehrsteuern gezahlt haben. Welche finanziellen Mittel stehen für den Erwerb von „Steuer-CDs“ zur Verfügung? Zu Frage 2: Im Haushalt erfolgt keine gesonderte Mittelveranschlagung für den genannten Zweck. Die Finanzierung des Anteils des Saarlandes an dem Erwerb von „Steuer-CDs“ erfolgte jeweils aus Kapitel 21 02 Titel 526 01 012 „Sachverständige, Gerichts- und ähnliche Kosten“. Wenn man die Erträge, die sich mittelbar oder unmittelbar in den letzten Jahren aus dem Nutzen von Steuer-CD Daten ergeben haben, mit einer Schätzung der zu erwartenden Einnahmen aus einem Steuerabkommen mit der Schweiz vergleicht, welches höheres zusätzliches Steuereinkommen für das Saarland wäre möglich? Zu Frage 3: 1. Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag am 12.12.2012 gescheitert. Die nachfolgenden Aussagen (Tz. 2 und 3) beziehen sich daher auf das gescheiterte Abkommen. 2. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) rechnete mit insgesamt 10 Mrd. € Einnahmen aus einer Nachversteuerung von Schwarzgeld in der Schweiz für die Jahre 2002 - 2012. Auf der Basis dieser – allerdings umstrittenen – BMF- Schätzung würde auf das Saarland nach der letzten Entwicklung (Verzicht des Bundes auf seinen Anteil an der Kapitalertragsteuer) ein einmaliger Anteil von 65 Mio. € entfallen. 3. Der jährliche Anteil des Saarlandes an der von der Schweiz einzubehaltenden Quellensteuer - von den dort erzielten Kapitalerträgen - wurde vom BMF mit 10 Mio. € angenommen, beginnend mit dem Jahr 2013. 4. Die Höhe der Einnahmen des Saarlandes aus der Auswertung der Daten von „Steuer-CDs“, sofern diese dem Bund oder einzelnen Bundesländern künftig tatsächlich angeboten und von diesen angekauft würden, ist nicht abzusehen. Drucksache 15/322 (15/259) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wie beurteilt die Landesregierung die Nutzung von Daten aus offensichtlich illegaler Quelle juristisch? Zu Frage 4: Die Nutzung und Auswertung von Daten auch aus offensichtlich illegalen Quellen ist nach Auffassung der Landesregierung möglich. Es besteht kein steuerstrafrechtliches oder steuerliches Verwertungsverbot. Insoweit wird auf die einschlägige verfassungsrechtliche, steuerstrafrechtliche und steuerliche Judikatur verwiesen: - Beschluss des BVerfG vom 09.11.2010 (2 BvR 2101/09) - Beschluss des LG Bochum vom 07.08.2009 (2 Qs/09) - Beschluss des LG Düsseldorf vom 17.09.2010 (150 Gs 1175/10) - Beschluss des FG Köln vom 15.12.2010 (14 V 2484/10) - Beschluss des FG Hamburg vom 12.10.11 (3 V 117/11) Wie viele Stiftungen haben sich im Saarland etabliert? Wie viele davon sind von der Steuer befreit? Zu den Fragen 5 und 6: Nach Maßgabe des § 18 des Saarländischen Stiftungsgesetztes (SStiftG) führt die Stiftungsbehörde beim Ministerium für Inneres und Sport ein Stiftungsverzeichnis. Die Einsicht in dieses Verzeichnis steht jedermann offen. Alle rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die im Saarland ihren Sitz haben, sind dort aufgenommen. Daneben gibt es eine Vielzahl von nicht rechtsfähigen Stiftungen sowie Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nicht im Stiftungsverzeichnis geführt werden. Die Anzahl der Stiftungen, die bei den saarländischen Finanzämtern geführt werden bzw. von der Steuer befreit sind, können elektronisch nicht abgefragt werden. Von einer manuellen Erfassung durch Einzelabfrage bei den Finanzämtern wurde Abstand genommen, weil es dem Fragesteller offensichtlich auf mögliche Steuerhinterziehungstatbestände ankommt. Es wird auf die Beantwortung der Fragen 10 und 11 verwiesen, wonach in diesem Zusammenhang nur ausländische Stiftungen für Steuerhinterziehungszwecke genutzt werden. Wenn von der Steuer befreit: aus welchen Gründen? Zu Frage 7: Stiftungen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, sind von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Die rechtlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung regeln die §§ 51 bis 69 der Abgabenordnung (AO). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 64 AO). Drucksache 15/322 (15/259) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Welcher Steuerertrag wurde für 2012 aus Stiftungsvermögen generiert? Zu Frage 8: Für das Jahr 2012 liegen noch keine Steuererklärungen vor. Im Übrigen wird nochmals auf die Beantwortung der Fragen 5 bis 6 und 10 bis 11 verwiesen, wonach eine umfangreiche Abfrage erforderlich wäre, wovon aber, da saarländische Stiftungen in der angefragten Steuerhinterziehungsproblematik keine Rolle spielen, derzeit abgesehen wird. Welcher Steuerertrag aus Stiftungsvermögen ist für 2013 zu erwarten? Zu Frage 9: Eine Prognose bzw. verlässliche Schätzung kann nicht abgegeben werden. Werden Kapitalflüsse, insbesondere von veranlagungsrelevanten Stiftungen, ins Ausland verfolgt? Wenn ja, auf welchem Weg? Zu den Fragen 10 und 11: Kapitalflüsse ins Ausland werden durch die Finanzbehörde nach Maßgabe des allgemein geltenden Untersuchungsgrundsatzes des § 88 der Abgabenordnung (AO) unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verfolgt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die in der Presse - im Zusammenhang mit dem Ankauf einer Steuerdaten-CD mit Daten der Schweizer Bank UBS - erwähnten bislang unbekannten Stiftungen offensichtlich ausländische Stiftungen sind, die von inländischen Steuerpflichtigen (natürlichen Personen) zur Steuerhinterziehung durch Vermögensverschleierung genutzt werden. Hier wird die sogenannte Abschirmwirkung des ausländischen, weitgehend anonym aufgestellten Körperschaftsteuersubjekts strategisch benutzt. Es handelt sich demnach offensichtlich nicht um saarländische Stiftungen, die bei den saarländischen Finanzämtern steuerlich geführt werden. Hinsichtlich der oben genannten, augenscheinlich ausländischen Stiftungen ist die Staatsanwaltschaft Bochum zuständig und leitet die Ermittlungen. Insoweit sind auch im Saarland - unter Leitung der Staatsanwaltschaft Bochum - bereits Steuerakten saarländischer Steuerpflichtiger (natürliche Personen) überprüft worden.