LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/350 (15/236) 12.02.2013 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Neyses (PIRATEN) betr.: Steigende Studierendenzahlen an der Universität des Saarlandes Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Studierendenzahlen an der Universität des Saarlandes sind zum Wintersemester 2012/2013 auf rund 18.700 Studierende an den Standorten Saarbrücken und Homburg gestiegen, so viele wie zuletzt vor 15 Jahren. Universitätspräsident Volker Linneweber betonte in einem Artikel der Saarbrücker Zeitung am 16.10.2012, dass von Seiten der Universität keine Massenveranstaltungen gewünscht seien. Grund für die hohe Zahl an Neuanmeldungen an der Universität des Saarlandes sei vor allem eine festzustellende steigende Studierneigung . Weiterhin merkte Linneweber an, dass man unter Berücksichtigung der aktuellen Prognosen zur Entwicklung der Studierendenzahl in den nächsten Jahren bei der Aufnahme weiterer Studierender auf „die Bremse treten müsse, weil das Boot aller Voraussicht nach 2014 voll sei“. Fraglich ist somit, wie unter Einhaltung der Schuldenbremse und trotz knapper Kassen bei immer steigenden Studentenzahlen die Qualität der Lehre zumindest gesichert, die Attraktivität des Standortes Saarbrücken gewahrt oder gar gesteigert und die Forschung vorangetrieben werden kann. Vor den gleichen Problemen stehen auch andere saarländische Hochschulen, insbesondere die HTW des Saarlandes.“ Ausgegeben: 13.02.2013 (26.11.2012) Drucksache 15/350 (15/236) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Vorbemerkung Landesregierung: Zum Wintersemester 2012/2013 waren laut Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes 17.888 Studierende an der Universität des Saarlandes eingeschrieben, das sind 1,4 % mehr als im vergangenen Wintersemester. Für die Prognose von Studierendenzahlen ist jedoch die Entwicklung der Studienanfängerzahlen (Studierende im ersten Hochschulsemester) bedeutsamer. Im Studienjahr 2012 (SS 2012 und WS 2012/13) waren dies an der Universität des Saarlandes mit 3.083 Studienanfängern 5 % weniger als im vorangegangenen Studienjahr (vgl. Abbildung). Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die insbesondere an der Universität des Saarlandes und an den weiteren Saarländischen Hochschulen (vor allem der HTW) auftretenden Massenveranstaltungen vermieden werden und den Studierenden möglichst gute Studienbedingungen geboten werden? Zu Frage 1: Die Universität des Saarlandes (UdS) und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) legen auf der Grundlage der mit dem Land getroffenen Ziel- und Leistungsvereinbarung ihr Studienangebot in eigener Zuständigkeit fest. Ebenso sind die Hochschulen für die Studienorganisation verantwortlich. Das Studienangebot sowie die Platzzahl der einzelnen Studiengänge richten sich nach der Aufnahmekapazität der Hochschulen. Diese wird von den Hochschulen auf der Grundlage der geltenden Kapazitätsverordnung für jeden ihrer Studiengänge errechnet. In die Berechnung fließen die zur Verfügung stehenden personellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen ein. Die Kapazitätsverordnung im Saarland entspricht den Regelungen in anderen Bundesländern. Je nach Ergebnis der Berechnung wird eine Zulassungsbeschränkung ausgesprochen oder nicht. - 2 - Drucksache 15/350 (15/236) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Sowohl an der Universität als auch an der HTW stehen Hörsäle mit einer hohen Aufnahmekapazität für Lehrveranstaltungen zur Verfügung, die gemäß den Bestimmungen der Kapazitätsverordnung entsprechend auszulasten sind, so dass Lehrveranstaltungen mit einer großen Zahl von Teilnehmern zum normalen Lehrbetrieb gehören. Die Universität und die HTW erhalten aus dem Förderprogramm des Bundes und der Länder, dem sog. Hochschulpakt, sowie aus dem Förderprogramm des Bundes „Qualitätspakt Lehre“ zusätzliche Finanzmittel zur Bewältigung des Studierendenanstiegs sowie zur Verbesserung der Qualität in der Lehre. Daneben erhalten beide Hochschulen vom Land Kompensationsmittel zum Ausgleich der entfallenen Studiengebühren, die ebenfalls zur Qualitätsverbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung an den saarländischen Hochschulen, die zu einer Verschärfung der Zulassungsbeschränkungen (deutliche Anhebung des Numerus Clausus) führen , um sich vor dem Studierendenansturm abzuschotten ? Zu Frage 2: Vor dem Hintergrund des doppelten Abiturjahrgangs sowie dem Aussetzen der Wehrpflicht haben die UdS und die HTW ihr Studienangebot in den vergangenen drei Jahren maßgeblich ausgebaut sowie die Aufnahmekapazität in den einzelnen Studiengängen erhöht. Wie aus der vorgestellten Grafik zu ersehen ist, hat die Zahl der Studienanfänger im Jahr 2010 an den beiden saarländischen Hochschulen einen Höhepunkt erreicht. In den Jahren 2011 und 2012 ging die Zahl der Studienanfänger stetig zurück. Auf der Basis der bisherigen Entwicklung der Zahlen kann zukünftig mit einer Stagnation der Studienanfängerzahlen an saarländischen Hochschulen gerechnet werden. Wird die Landesregierung durch problembezogene ad hoc-Zusatzfinanzierungen verhindern, dass die Hochschulen auf die Überlastungssituation im laufenden Wintersemester und in den kommenden Semestern dadurch reagieren, dass sie sich für die nächsten Jahre durch neue Zulassungsbeschränkungen vor dem Studierendenansturm abschotten ? Zu Frage 3: Den Hochschulen stehen Kompensationsmittel in Höhe von 12,5 Mio € (10 Mio € für die UdS, 2,5 Mio € für die HTW) zur Betreuung der Studierenden zur Verfügung. Des Weiteren sind Hochschulpaktmittel in Höhe von insgesamt 23,7 Mio € an die UdS und 6,68 Mio € an die HTW zur Bewältigung steigender Studierendenzahlen in 2012 geflossen . Es kann von weiteren Mitteln aus dem Hochschulpakt an die Hochschulen ausgegangen werden. Gemäß Koalitionsvertrag sichert das Land die Weiterfinanzierung der Kompensationsmittel zum Ausgleich der entfallenen Studiengebühren zu. - 3 - Drucksache 15/350 (15/236) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Wie hoch sind die Verstärkungsmittel, die den einzelnen Hochschulen für das erhöhte Studierendenaufkommen zur Verfügung gestellt wurden (Angabe bitte nach Hochschulen und anschließend Personal- und Sachmitteln aufgliedern!)? Zu Frage 4: Am 24.06.2009 unterzeichnete das Saarland die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern zum Hochschulpakt 2020 für die Phase von 2011-2015 mit dem Ziel, die Chancen der jungen Generation zur Aufnahme eines Studiums zu wahren, den notwendigen wissenschaftlichen Nachwuchs zu sichern und die Innovationskraft Deutschlands zu erhöhen. In dieser zweiten Phase (2011-2015) halten Bund und Länder „einen Betrag von 26.000 € pro zusätzlichen Studienanfänger für erforderlich“ (Artikel 1 § 1). Nach Art. 1 § 1 der Verwaltungsvereinbarung finanziert der Bund die Studienanfänger zur Hälfte, wobei die Länder die Gesamtfinanzierung sicherstellen. Dies impliziert, dass die Länder mindestens die Hälfte der Mittel pro zusätzlichen Studienanfänger beisteuern. Das Saarland hat diese Bedingung erfüllt, d. h. für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 flossen folgende zusätzliche Landesmittel an die Hochschulen: 2011 2012 Bundesmittel Landeskomplementär - mittel Bundesmittel Landeskomplementär - mittel Universität des Saarlandes 3.306.881 3.306.881 12.001.739 11.719.778 Hochschule für Technik und Wirtschaft 1.347.390 1.347.390 3.341.250 3.341.250 Hochschule für Musik 101.000 101.000 101.000 101.000 Hochschule der Bildenden Künste 144.991 144.991 1.014.000 1.014.000 Gesamt 4.900.262 16.176.028 Eine Aufgliederung der Mittel nach Personal- und Sachmittel ist nicht möglich. Sollte es zu keiner Zusatzfinanzierung für eine oder keine der Hochschulen kommen, wird die Landesregierung dann zumindest einen vollständigen Tarif- und Inflationsausgleich vornehmen, um einen Abfall der Studienqualität durch den dadurch entstehenden Realrückgang bei den Hochschulen zu verhindern? Zu Frage 5: In den aktuellen Ziel- und Leistungsvereinbarungen des Landes mit der Universität und der Hochschule für Technik und Wirtschaft ist ein 50%iger Ausgleich für Tarifsteigerungen sowie ein 90%iger Ausgleich des Anstiegs der Energiekosten zugesichert. Das Land hat sich gemäß Koalitionsvertrag dazu bereit erklärt, unabwendbare Mehrkosten der Hochschulen wie z.B. Tarif- und Energiekostensteigerungen auch ab 2014 anteilig mitzufinanzieren. - 4 - Drucksache 15/350 (15/236) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Des Weiteren hat das Land zugesichert, auch in den nachfolgenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen zum einen die im Hochschulpakt zwischen dem Bund und den Ländern vereinbarten Komplementärmittel, zum anderen die Kompensationsmittel für den Wegfall der Studiengebühren weiter zu finanzieren. Sollte es bei einer oder keiner der Hochschulen zu einer zusätzlichen Finanzierung – entweder durch Verstärkungsmittel oder Tarif- und Inflationsausgleich – kommen, wie plant die Landesregierung zu verhindern, a) dass durch eine Anhebung der Zulassungsbedingungen die saarländischen Hochschulen nur noch für die besten Abiturienten eines Jahrganges zugänglich sind und einer immer breiten Gruppe der Zugang verwehrt wird? b) die Studienqualität in Folge steigender Studierendenzahlen bei einem Realrückgang der Universitätsmittel erhalten bleibt? Zu Frage 6:   Die Finanzierung der Hochschulen hat auch zukünftig Priorität in der politischen Schwerpunktsetzung, wie sich aus dem Koalitionsvertrag ergibt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung zu den Fragen 3, 4 und 5 verwiesen. Welche Schritte und Maßnahmen plant die Landesregierung zur Entwicklung der Hochschullandschaft im Saarland? Zu Frage 7: Das Land hat den Wissenschaftsrat mit einer Strukturanalyse des saarländischen Hochschulsystems und einer Empfehlung zu dessen Weiterentwicklung bis zum Jahr 2020 mit einem Ausblick für die langfristige Entwicklung beauftragt. Dieses Gutachten soll Grundlage der zukünftigen Hochschulentwicklungsplanung sein und ist für Anfang 2014 avisiert. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die hohe Qualität bei der Verbindung von Studium und Familie, die seit 2004 durch „audit familiengerechte Hochschule“ zertifiziert wird, beibehalten werden kann, obwohl die Mittel sowohl für die Universität als auch das Studentenwerk rückläufig sind? Zu Frage 8: In der Ziel- und Leistungsvereinbarung III (2011-2013) des Landes mit der Universität hat sich die Universität verpflichtet, ihre anerkannte familienfreundliche Hochschulpolitik fortzuführen und konsequent die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen im Rahmen des Projektes „Audit - Familiengerechte Hochschule“ zu verfolgen. Da die Universität sehr erfolgreich in diesem Bereich agiert, wird davon ausgegangen, dass die Universität das Projekt auch in Zukunft fortführen wird. - 5 - Drucksache 15/350 (15/236) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Zusätzlich zum Kinderbetreuungsangebot an der Universität des Saarlandes bietet die Hochschule für Technik und Wirtschaft seit dem Sommer 2012 20 Kinderkrippen- und 50 Kindergartenplätze für ihre Bediensteten und Studierenden an. Die Mittelkürzung beim Studentenwerk betrifft ausschließlich den Essenszuschuss. Die Mittelausstattung der Kinderbetreuungsstätte ist davon nicht betroffen. Wurden und werden der Universität und den Hochschulen zusätzliche Raumkapazitäten aus dem Bereich öffentlicher Gebäude und zusätzliche bzw. größere Hörsäle zur Verfügung gestellt? Wenn ja, welche? Zu Frage 9: Der Universität werden derzeit keine zusätzlichen Räume aus dem Bereich öffentlicher Gebäude zur Verfügung gestellt. Dies wäre aus Sicht der Universität auch nicht unbedingt zielführend, da die Lehrveranstaltungen in der Regel auf dem Campus stattfinden und aufgrund der hohen Polyvalenz von Lehrveranstaltungen eine räumliche Nähe zu allen Fakultäten gewünscht ist. Die HTW konnte durch den Neubau und Bezug des Technikums die Raumkapazitäten bereits erhöhen. Eine weitere maßgebliche Verbesserung der räumlichen Situation wird sich durch den für das Jahr 2013 geplanten Bezug des ehemaligen Hauses der Gesundheit ergeben. Zusätzlich ist der Neubau eines Zentralgebäudes mit weiteren Hörsaalkapazitäten geplant. Haben die weiter steigenden Studierendenzahlen Auswirkungen auf die geplanten Bau- und Sanierungsmaßnahmen an den Hochschulen? Wenn nein, wie soll mit der bestehenden Infrastruktur, die bereits jetzt teilweise unzureichend ist, aus Sicht der Landesregierung die weitere Steigerung der Studierenden bewältigt werden? Zu Frage 10: Die Entwicklung der Studierendenzahlen wurde bereits bei den inzwischen durchgeführten und in Durchführung begriffenen Bau- und Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt . Trotz sinkender Budgets im Bauhaushalt insgesamt sind die Bauinvestitionen im Bereich der Hochschulen seit Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau gehalten worden. Auf dem Campus Saarbrücken wird ein neues Praktikumsgebäude für die Pharmazie entstehen. Die Planungen dazu laufen derzeit. Darüber hinaus ist der Bau eines zentralen Hörsaal- und Seminargebäudes auf dem Campus Homburg für die Medizinstudierenden beabsichtigt. Die HTW passt die Um- und Neubauplanungen perspektivisch an die steigenden Bedarfe an. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. - 6 - betr.: Steigende Studierendenzahlen an der Universität des Saarlandes