LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/414 (15/311) 26.03.2013 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Rolf Linsler (DIE LINKE.) betr.: Fragebogen bei Einschulungsuntersuchungen Vorbemerkung des Fragestellers: „Eltern, deren Kinder in einer Grundschule der Stadt Saarbrücken eingeschult werden sollen, müssen im Rahmen der Einschulungsuntersuchung einen Fragebogen ausfüllen. Dieser Fragebogen enthält neben nachvollziehbaren Fragen zur gesundheitlichen Vorgeschichte des Kindes auch Fragen nach den Schulabschlüssen der Eltern und den Familienverhältnissen. So wird etwa gefragt, ob das Kind bei beiden leiblichen Eltern, einem alleinerziehenden Elternteil, einem Elternteil mit Partner oder bei Großeltern, Pflege- oder Adoptiveltern lebt. Außerdem wird gefragt, ob das Kind eine „Zangengeburt“ war. Die Stadt Saarbrücken hat auf Nachfrage erklärt, dass sie für den Inhalt dieses Fragebogens nicht zuständig ist, sondern der jugendärztliche Dienst des Gesundheitsamtes des Regionalverbands Saarbrücken.“ Vorbemerkung Landesregierung: Die Einschulungsuntersuchung ist nach § 2 des Schulpflichtgesetzes vom 15.6.2011 verpflichtend. Die kommunalen Gesundheitsämter der Landkreise und des Regionalverbandes führen diese Untersuchung durch. Die Untersuchung findet im Beisein der Erziehungsberechtigten statt. Zur Untersuchung ergeht eine schriftliche Einladung an die Erziehungsberechtigten, in der neben der Mitteilung des Untersuchungstermins und des -ortes auch gebeten wird, Impfbuch, Vorsorgeheft und sonstige wichtige medizinische Unterlagen des Kindes mitzubringen. Der entsprechende Einladungstext dazu lautet: „Liebe Eltern, liebe/r Erziehungsberechtigte/r, vor Aufnahme in die Schule wird Ihr Kind in seinem Interesse schulärztlich untersucht. Die Schulärztin/der Schularzt beurteilt die Schulfähigkeit aus gesundheitlicher Sicht und berät Sie gegebenenfalls gerne. Ausgegeben: 26.03.2013 (23.01.2013) Drucksache 15/414 (15/311) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Mit dem beiliegenden Fragebogen helfen Sie uns sehr bei der Vorbereitung der Untersuchung und Beratung. Wenn Sie den Fragebogen schon zu Hause ausfüllen, kann die so gewonnene Zeit für das persönliche Gespräch genutzt werden. Die Beantwortung der Fragen auf dem Fragebogen ist freiwillig.“ Weiter heißt es im Text: „Der Fragebogen wird nach Beendigung der Einschulungsuntersuchung zusammen mit den übrigen die Untersuchung Ihres Kindes betreffenden Unterlagen im Gesundheitsamt aufbewahrt. Alle Daten unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und dem Datenschutz . Untersuchungsbefunde und empfohlene Maßnahmen werden anonym, d.h. ohne Angabe der Personalien, in Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsamt und saarländischem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie statistisch ausgewertet . Diese Daten geben einen Überblick über den Gesundheitszustand der Schulkinder .“ Der der Einladung beiliegende Fragebogen (Anlage 1) enthält Fragen zur Anamnese des Kindes betreffend Gesundheits- und Entwicklungsstand sowie als ergänzende soziodemographische Angaben die Fragen, bei wem das Kind überwiegend lebt und welchen Schulabschluss Vater und Mutter haben. Ist der Landesregierung der oben genannte Fragebogen bekannt? Zu Frage 1: Der Fragebogen ist der Landesregierung bekannt. Liegt die Verantwortung für Inhalt und Fragestellungen in diesem Fragebogen bei den Kreisen oder beim Land? Zu Frage 2: Der Fragebogen wurde von den Gesundheitsämtern im Benehmen mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie erstellt. Was ist die rechtliche Grundlage für diese Fragen? Zu Frage 3: Die Einschulungsuntersuchung ist nach § 2 des Schulpflichtgesetzes vom 21. August 1996 in der Fassung vom 15.6.2011 verpflichtend. Dazu heißt es in Absatz 1 Satz 2: „Zur Vorbereitung der Aufnahme in die Schule sind diese Kinder ab dem 1.Januar des dem Beginn der Schulpflicht vorangehenden Kalenderjahres zur Feststellung des Gesundheits - und Entwicklungsstandes durch eine Schul- oder Amtsärztin oder einen Schul- oder Amtsarzt zu untersuchen; insoweit wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt. Soweit erforderlich, werden bei dieser Untersuchung auch fördernde Maßnahmen empfohlen.“ Nach § 8 Absatz 3 des Gesundheitsdienstgesetzes vom 19.05.1999 (zuletzt geändert am 18. November 2010) führen die Gesundheitsämter vor der Einschulung flächendeckend ärztliche Einschulungsuntersuchungen durch. Die ärztliche Untersuchung hat den Zweck, gesundheitliche Einschränkungen der Schulfähigkeit oder die Teilnahme am Unterricht betreffende gesundheitliche Einschränkungen festzustellen. Drucksache 15/414 (15/311) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Wie steht die Landesregierung dazu, dass in diesem Fragebogen sehr persönliche Fragen zu Schulabschlüssen der Eltern und den Familienverhältnissen gestellt werden – Fragen, die in keinem Zusammenhang mit der möglichen schulischen Entwicklung des Kindes stehen? Zu Frage 4: Die Fragen zum Gesundheits- und Entwicklungsstand sind wichtige Fragen, um im Kontext der Untersuchung zu beurteilen, ob das Kind körperlich, geistig und seelisch den Anforderungen der Schule und des Schulalltags gewachsen ist oder ob es Krankheiten oder Beeinträchtigungen gibt, die einer Behandlung, einer Förderung oder besonderer Maßnahmen im Hinblick auf Integration und Inklusion bedürfen. Dies schließt das vertrauliche Gespräch mit den Erziehungsberechtigten über das Kind mit ein, ebenso die Beratung der Erziehungsberechtigten bei Fragen oder Befürchtungen. Das familiäre Umfeld des Kindes ist nach den Erkenntnissen der Sozialwissenschaften relevant für das Aufwachsen von Kindern. So zeigen sich in Abhängigkeit von Familiensituation und Bildungsstand deutliche Unterschiede in der Inanspruchnahme von Maßnahmen zur Entwicklungsförderung und Gesundheitsvorsorge sowie beim Gesundheitszustand (u.a. Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts (KIGGS; www.rki.de), OECD-Bericht 2012 www.oecd.org/berlin; Ergebnisse aus den „Frühen Hilfen“ (www.NHRZ.de;) Monitor Familienforschung Nr.23 (www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle)). Das Erfragen der familiären Situation beim einzelnen Kind erlaubt, bei nicht altersentsprechendem Entwicklungsstand, bei fehlenden Vorsorgemaßnahmen oder bei gesundheitlichen Problemen, im Gespräch mit den Erziehungsberechtigten die bestmöglichen Vorgehensweisen zu besprechen, um die notwendigen Maßnahmen zur weiteren Entwicklung des Kindes und zur Einleitung einer individuellen schulischen Förderung (z.B. Logopädie) zu konzipieren. Auch weitergehende Hilfen werden nicht selten in diesem Kontext angesprochen und vom Gesundheitsamt initiiert. Deshalb sind diese freiwilligen Angaben nicht als Fragen diskriminierender Art zu sehen, sondern sollen im Gegenteil dazu beitragen, die Chancen des einzelnen Kindes zu erhöhen. Auf die Freiwilligkeit dieser Angaben werden die Eltern explizit im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen hingewiesen. Die gewählte Form der Erhebung dieser Daten, d.h. der Hinweis auf die Freiwilligkeit aller Angaben im Elternfragebogen und die Einbindung dieser Fragen in den Elternfragebogen , wurde in einem Gespräch mit dem ehemaligen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als hinreichend angesehen. Über die anonymisierte Zusammenführung der Daten auf Landesebene können die gesundheitlichen Daten im Zusammenhang mit Daten zum familiären Umfeld im landesweiten und regionalen Vergleich soziale Ungleichheiten darstellen und aufzeigen, wo und welche zielgerichteten Maßnahmen der Prävention und Intervention erforderlich sind. Darüber hinaus zeigen sie longitudinal auch Entwicklungstrends in der Sozialstruktur junger Familien auf. Aus Sicht der Landesregierung ist die Erhebung dieser Daten aus den dargelegten Gründen wichtig. Drucksache 15/414 (15/311) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über entsprechende Fragebögen in anderen Bundesländern ? Trifft es zu, dass diese persönlichen Fragen in den meisten anderen Bundesländern nicht (mehr) gestellt werden? Zu Frage 5: Lediglich die Bundesländer Bayern und Sachsen erheben im Rahmen der Einschulungsuntersuchung keine Daten zum familiären Umfeld. Fragen nach dem familiären Hintergrund des Kindes werden im Rahmen der Einschulungsuntersuchung in 13 weiteren Bundesländern erhoben. Dies wird nach den Erfahrungen in den verschiedenen Ländern in zunehmendem Maße auch gut akzeptiert. So erheben die Bundesländer in unterschiedlicher Weise Daten zum Schulabschluss, zu Beruf/Tätigkeit sowie zur Frage der Bezugspersonen (Bei wem lebt das Kind?). In der nachfolgenden Tabelle werden die in den Ländern auf freiwilliger Basis erhobenen Daten aufgeführt. Bundesland Schulabschluss Beruf/Tätigkeit Kind lebt bei Brandenburg ja ja nein Baden-Württemberg ja ja nein Bremen ja ja ja Berlin ja ja nein Hamburg nein ja nein Hessen (1) nein ja ja Niedersachsen nein ja ja Mecklenburg-Vorpommern (2) ja ja nein Nordrhein-Westfalen (1) ja ja nein Rheinland-Pfalz ja nein ja Schleswig –Holstein ja nein ja Sachsen-Anhalt ja ja ja Thüringen nein ja nein (1) Unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Städten und Kreisen (2) Daten werden mündlich im Gespräch mit den Erziehungsberechtigten erhoben Wird die Landesregierung die Fragestellungen überarbeiten beziehungsweise künftig auf die Fragestellung Einfluss nehmen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 6: Im Hinblick auf die Überarbeitung des Fragebogens wird der Fragebogen um die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung und –verarbeitung und um eine datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung der Eltern ergänzt. Fragebogen Vertraulich bitte ausgefüllt zur Untersuchung mitbringen Kind Eltern/ Sorgeberechtigte/r Name Name Mutter Vater Vorname Vorname Geb.Datum Wohnort Geburtsort Straße Arzt des Kindes Herkunftsland der Eltern Telefon der Eltern Kindergarten seit: aktuell besuchter Kindergarten: vorgesehene Schule Teilnahme an Deutschkurs: Ja Nein ist angemeldet Soll Ihr Kind an einer Nachmittagsbetreuung teilnehmen? Nein Ja noch unklar Geburtsjahr/e der Geschwister ______ ______ ______ ______ ______ Leidet jemand in der Familie (Eltern, Großeltern, Geschwister) an folgenden Krankheiten? Allergie Fettstoffwechselstörung Bluthochdruck Schlaganfall Herzinfarkt Zuckerkrankheit Übergewicht Schwangerschaft, Geburt und frühkindliche Entwicklung: Erkrankungen der Mutter und Komplikationen in der Schwangerschaft: nein wenn ja, welche?_________________________________________________________________________ Schwangerschaftsdauer: _________________ Geburtsgewicht: _________________ g Normalgeburt Kaiserschnitt Saugglocke Zangengeburt Frühgeburt Mehrlingsgeburt sonstige Komplikationen __________________________ Wurde Ihr Kind gestillt? nein wenn ja, wie lange? ___________________ Monate War eine Spreizhose erforderlich? Ja Nein Konnte Ihr Kind mit 15 Monaten frei laufen? Ja Nein Konnte Ihr Kind mit 1 Jahr erste Worte sprechen? Ja Nein Konnte Ihr Kind mit 2 Jahren kleine Sätze sprechen? Ja Nein Gab es Störungen in der Sprachentwicklung? Aussprache? Ja / Nein Stottern? Ja Nein Muttersprache des Kindes? ______________________________________________________ Welche Sprachen werden überwiegend in der Familie gesprochen? ___________________________________ Ist Ihr Kind sauber (einnässen, einkoten)? tagsüber? Ja Nein nachts? Ja Nein Bisherige Erkrankungen oder Besonderheiten: Masern Keuchhusten Pseudokrupp Allergie Mumps Scharlach Fieberkrämpfe/Anfälle chron. Bronchitis/Asthma Röteln Hirnhautentzündung Mittelohrentzündungen Neurodermitis Windpocken Lungenentzündung Harnwegserkrankungen sonstige __________________ Bitte wenden! Ist Ihr Kind zurzeit in Behandlung? in ärztlicher in zahnärztlicher in psychologischer sonstiger Behandlung Wenn ja, wegen welcher/n Erkrankung/en? ____________________________________________________________ Krankenhausaufenthalt/e (weshalb)? ___________________________________________________________ Wurden bei Ihrem Kind folgende Operationen durchgeführt? Entfernung der Rachenpolypen Paukendrainage Mandeloperation Blinddarmoperation Leisten-/Nabelbruch-Operation sonstige Operationen? Welche? _______________________________ Wurde Ihr Kind wegen der folgenden Unfälle oder Verletzungen von einem Arzt behandelt? Verbrühung/Verbrennung Vergiftung Knochenbrüche /Weichteilverletzungen schwere Kopfverletzungen sonstige Unfälle __________________________________________________ Ort des Unfall- zu Hause im Straßenverkehr Anlass: bei Freizeitaktivitäten geschehens: Kindergarten /Schulgelände sonstiger Ort beim Kindergarten- oder beim Schulbesuch Nimmt Ihr Kind regelmäßig oder über eine längere Zeit im Jahr Medikamente ein ? Nein Ja Welche? ___________________________________________________ Werden oder wurden Förderungs- oder Heilmaßnahmen durchgeführt? Frühförderung Logopädie/Sprachtherapie Krankengymnastik Ergotherapie Integration/AFI sonstige: ____________________________________________________________________ Treibt Ihr Kind regelmäßig Sport? Nein Ja / Wenn ja, im Verein? Ja Nein ___________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Ergänzende (soziodemographische) Angaben Bei wem lebt Ihr Kind überwiegend? Bei beiden leiblichen Eltern alleinerziehendem Elternteil Elternteil mit Partner Großeltern, Pflegeeltern, Adoptiveltern oder Anderen Welchen Schulabschluss haben Sie? (bitte ankreuzen) Schulabschluss Mutter Vater Sonderschule/Förderschule Hauptschule Mittlere Reife Abitur/Fachhochschulreife kein Schulabschluss keine Angaben VIELEN DANK! Einverständniserklärung Die beim Gesundheitsamt vorliegenden Befunde aus früheren Untersuchungen (Kindergartenuntersuchung*, Unterlagen aus „Frühe Hilfen“ *) dürfen für diese Untersuchung verwendet werden. Falls Unterlagen zur Frühförderung* vorliegen, dürfen diese eingesehen werden. (*Nicht Zutreffendes bitte streichen) ____________________________________________________________________________________________ Datum Unterschrift des/ der Erziehungsberechtigten „Eltern, deren Kinder in einer Grundschule der Stadt Saarbrücken eingeschult werden sollen, müssen im Rahmen der Einschulungsuntersuchung einen Fragebogen ausfüllen. Dieser Fragebogen enthält neben nachvollziehbaren Fragen zur gesundheitlichen Vorgeschichte des Kindes auch Fragen nach den Schulabschlüssen der Eltern und den Familienverhältnissen. So wird etwa gefragt, ob das Kind bei beiden leiblichen Eltern, einem alleinerziehenden Elternteil, einem Elternteil mit Partner oder bei Großeltern, Pflege- oder Adoptiveltern lebt. Außerdem wird gefragt, ob das Kind eine „Zangengeburt“ war. Die Stadt Saarbrücken hat auf Nachfrage erklärt, dass sie für den Inhalt dieses Fragebogens nicht zuständig ist, sondern der jugendärztliche Dienst des Gesundheitsamtes des Regionalverbands Saarbrücken.“