LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/448 (15/312) 30.04.2013 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Rolf Linsler (DIE LINKE.) betr.: Elternbeiträge für Kindertagesstätten Vorbemerkung des Fragestellers: „Immer wieder kommt es in den Kommunen wie der Landeshauptstadt Saarbrücken dazu, dass Eltern , die Geringverdienerinnen bzw. Geringverdiener sind oder Hartz-IV-Leistungen empfangen , Elternbeiträge und Essenskosten für den Besuch ihrer Kinder in einer Kindertagesstätte oder Krippe nicht bezahlen können. Daraufhin versuchen die Kommunen, diese Beiträge wiederholt zu pfänden, was in den meisten Fällen aufgrund der finanziellen Situation der Familien allerdings erfolglos bleibt.“ Vorbemerkung Landesregierung: Die saarländische Landesregierung ist für die Beantwortung der Einzelfragen 1-4 der Anfrage nicht zuständig. Die Einzelfragen 5 und 6 wurden von der saarländischen Landesregierung beantwortet. Der saarländische Landkreistag und der Regionalverband Saarbrücken wurden entsprechend ihrer Zuständigkeit gebeten, zur vorliegenden Anfrage mit Blick auf die Fragen 1-4 Stellung zu nehmen. Der Landkreistag hat mit Schreiben vom 19.02.2013 und der Regionalverband mit Schreiben vom 20.02.2013 geantwortet. Der Landkreistag hat zum Themenkomplex allgemein folgende Auskunft gegeben: „Es gibt für den Bereich der Elternbeiträge gesetzliche Regelungen, die Eltern, deren Einkommen die Einkommensgrenze nach § 90 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe -nicht übersteigt, von Elternbeiträgen frei stellt. Die Elternbeiträge für diesen Personenkreis werden von den Landkreisen und dem Regionalverband Saar-brücken als Jugendhilfeträger übernommen. Dem-zufolge ist es unwahrscheinlich , dass Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende – Beiträge für die Kinderbetreuung schuldig bleiben, die dann von den Jugendhilfeträgern zu pfänden wären.“ Ausgegeben: 30.04.2013 (23.01.2013) Drucksache 15/448 (15/312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Für den Bereich des letzten Kindergartenjahres stellte der Landkreistag Saarland fest, dass durch das Saarländische Kinderbetreuungs- und Bildungsgesetz (SKBBG) sowie die Verordnung zur Ausführung des Saarländischen Kinderbetreuungs- und Bildungsgesetzes (Ausführungs-VO SKBBG) eine Beitragsstaffelung derart gestaltet wurde, dass über die Einkommensgrenze nach § 90 SGB VIII hinaus auch Geringverdiener ganz oder teilweise von den Zahlungen des Elternbeitrages befreit sei-en. Dabei gelte folgende Regelung: • Kein Beitrag ist zu zahlen, wenn das Familieneinkommen die Einkommensgrenze nach § 90 SGB VIII zuzüglich 300,00 € im Monat nicht übersteigt. • Der Beitrag ist nur zur Hälfte zu zahlen, wenn das Familieneinkommen o.g. Grenze über-steigt, die Einkommensgrenze des § 90 SGB VIII zuzüglich 900,00 € im Monat jedoch nicht übersteigt. • Der volle Beitrag ist somit zu zahlen, wenn das Familieneinkommen die Einkommensgrenze nach § 90 SGB VIII zuzüglich 900,00 € im Monat übersteigt. Der Landkreistag Saarland hat bei seinen Mitgliedern eine Anfrage zum tat-sächlichen Sachverhalt durchgeführt. Die Antworten des Landkreistages und des Regionalverbandes Saarbrücken sind den einzelnen Antworten zu den Fragen 1-4 zu entnehmen. Wie viele Eltern haben im Saarland in diesem Jahr Kita-Beiträge ganz oder teilweise nicht bezahlen können? Nach Möglichkeit aufgeschlüsselt nach Landkreis. Zu Frage 1: § 90 SGB VIII und § 7 Abs. 3 SKBBG regeln umfassend die Verpflichtungen des öffentlichen Jugendhilfeträgers in Bezug auf die Elternbeiträge. Sofern die Landkreise und der Regionalverband Saarbrücken nicht selbst Träger einer Kindertageseinrichtung sind, kommt im Sinne des § 90 SGB VIII ausschließlich die Übernahme von Teilnahmebeiträgen in Betracht. In diesem Rahmen übernahmen die Landkreise und der Regionalverband Saarbrücken im vergangenen Kindergartenjahr ganz oder teilweise Elternbeiträge wie folgt: Saarpfalz-Kreis Im Saarpfalz-Kreis wird für 1.191 Kinder der Eltern-beitrag beim Besuch einer Kindertagesstätte ganz oder teilweise übernommen. Neunkirchen Zurzeit sind im Landkreis Neunkirchen 2.881 Kinder von 3 bis 6 Jahren wohnhaft. Die Zahl der Unterdrei-jährigen beträgt 2.691. Zurzeit werden 1.161 Eltern-beiträge für Kitas übernommen. Davon werden 876 Elternbeiträge für das Regelangebot bezahlt. Die restlichen 285 Übernahmen verteilen sich auf Ganz-tags- und Krippenplätze. St. Wendel Der Landkreis St. Wendel übernahm im letzten Kindergartenjahr in 561 Fällen Teilnahmebeiträge ganz oder teilweise. Die anteilige Übernahme von Verpflegungskosten er-folgt gemäß § 10 Abs. 3 SGB VIII im Rahmen anderer Zuständigkeit. Drucksache 15/448 (15/312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Saarlouis Im Jahre 2012 wurden vom Landkreis Saarlouis für 1.287 Kinder die Elternbeiträge für eine Kindertages-stätte und für 106 Kinder die Elternbeiträge für eine Kinderkrippe ganz oder teilweise übernommen. Landkreis Merzig-Wadern Die Übernahme des Elternbeitrages für den Besuch einer Kindertageseinrichtung bzw. für den Besuch der Freiwilligen Ganztagsschulen erfolgt auch im Landkreis Merzig- Wadern gemäß dem SKBBG in Verbindung mit § 90 SGB VIII bzw. gemäß Kreistagsbeschluss . Fallzahlen für die Übernahme von Beträgen: Nur letztes Kindergartenjahr: Januar bis Dezember 2012: 384 Fälle Krippe, Kindergarten, Hort: August 2011 bis Juli 2012: 586 Fälle August 2012 bis heute: 556 Fälle Freiwillige Ganztagsschule: August 2011 bis Juli 2012: 331 Fälle August 2012 bis heute: 234 Fälle Regionalverband Saarbrücken: Derzeit werden in 4010 Fällen Elternbeiträge für Kindertagesbetreuung vom Jugendamt des Regional-verbandes ganz oder teilweise übernommen. Zu den Kindertageseinrichtungen zählen neben Kindergärten auch Krippen, Horte und Betreuung nach der Schule (z. B. freiwillige Ganztagsschule). Wie viele Pfändungsversuche wurden in diesem Zusammenhang in diesem Jahr seitens der Kommunen unternommen – und wie viele davon verliefen erfolglos? Zu Frage 2: In Bezug auf eventuelle Pfändungsversuche kann für die saarländischen Landkreise und wohl auch für den Regionalverband Saarbrücken Fehlanzeige gemeldet werden. Im Übrigen ist festzuhalten, dass ein Kostenbeitrag aufgrund fehlender Voraussetzungen weder festgesetzt noch erlassen werden kann, womit auch jede Grundlage für eine Pfändung entfällt. Die Übernahme der Elternbeiträge durch die Jugendämter der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken erfolgt auf Antrag, wobei die Ein-richtungsträger im Allgemeinen die Anträge vorhalten und für einkommensschwache Eltern Formulare zur Beitragsermäßigung zur Verfügung stellen. Wie viele Eltern keinen Antrag stellen konnten bzw. bewusst darauf verzichtet haben, ist nicht bekannt. Informationen können hierzu nur von den Einrichtungsträgern über fehlende Zahlungseingänge gegeben werden, da die Träger anhand der fehlenden Zahlungseingänge konkrete Daten besitzen . Für die Übernahme der Essenskosten gilt ebenfalls eine Verpflichtung zur Antragsstellung , um Sozialleistungen zu erhalten. Zum Pfändungsverhalten der Städte und Gemeinden als kommunale Träger können keine Angaben gemacht werden, da die Mahnfristen zur Beitreibung je nach Träger unterschiedlich ausgelegt werden.“ Drucksache 15/448 (15/312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Der Regionalverband Saarbrücken ergänzt die Stellungnahme des Landkreistages wie folgt: „Da der Regionalverband keine eigenen Einrichtungen unterhält und somit keine Beiträge vereinnahmt, können zu möglichen Pfändungsversuchen keine Aussagen gemacht werden. Die Beiträge werden von den Trägern der Einrichtungen erhoben; daher sind auch die Träger alleine in der Rolle, nicht bezahlte Beiträge eintreiben zu müssen.“ Auf welche Summe beliefen sich die Kosten für die erfolglosen Pfändungsversuche? Zu Frage 3: Es wird auf die Ausführungen des Landkreistages und des Regionalverbandes Saarbrücken in der Antwort zu Frage 2 verwiesen. Was ist die rechtliche Grundlage für diese Pfändungsversuche – auch wenn bekannt ist, dass die Schuldnerinnen und Schuldner etwa aufgrund einer Arbeit im Niedriglohnsektor oder als Bezieherinnen bzw. Bezieher von Hartz IV die Forderungen nicht begleichen können? Zu Frage 4: Es wird auf die Ausführungen des Landkreistages und des Regionalverbandes in der Vorbemerkung und in der Antwort zu Frage 2 verwiesen. Welche Kosten würden entstehen, wenn Geringverdienende und Bezieherinnen bzw. Bezieher von Leistungen nach dem SGB II von vorneherein von Elternbeiträgen für Kinderbetreuungseinrichtungen freigestellt würden? Wie viele Kinder würde dies betreffen? Zu Frage 5: Es wird auf die Stellungnahme des Landkreistages des Saarlandes zu den bestehenden gesetzlichen Regelungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) - Kinder - und Jugendhilfe - und des Saarländische Kinderbetreuungs- und Bildungsgesetz (SKBBG) Bezug genommen. Kosten für die Betreuung und Förderung von Kindern von Geringverdienenden und Bezieherinnen bzw. Beziehern von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - werden demnach im Einzelfall auf Antrag durch die öffentliche Jugendhilfe übernommen, was faktisch einer Freistellung dieser Personengruppe von den Kosten gleich kommt. Drucksache 15/448 (15/312) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Eine genaue Benennung der Zahl der Kinder, deren Eltern zum Personenkreis der Geringverdienenden und der Bezieherinnen und Bezieher von SGB II Leistungen gehören , ist aufgrund der fehlenden Definition von Geringverdienenden nicht möglich. Die Zahl der Kinder im Bezug von SGB II Leistungen allein ist der folgenden amtlichen Statistik zu entnehmen: unter 1 Jahr 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre Berichts-monat Polit Gebietsstruktur 1 2 3 4 5 6 10041 Regionalverband Saarbrücken 667 741 703 685 678 695 10042 Merzig-Wadern 74 110 94 87 72 77 10043 Neunkirchen 187 213 195 223 166 172 10044 Saarlouis 177 256 238 218 209 221 10045 Saarpfalz-Kreis 113 132 144 150 116 114 Dezember 2011 10046 St. Wendel 38 58 50 49 47 55 Die Berechnung eines Kostenvergleiches zwischen der aktuellen Praxis der Kostenübernahme und der Freistellung von den Kosten ist aufgrund der Schwierigkeit, die genaue Anzahl der entsprechend der Anfrage betroffenen Kinder und die tatsächlich anfallenden Kostenbeiträge zur Kindertagesbetreuung zu ermitteln, ohne exakte Definition („Geringverdienende“) nicht möglich. Wie steht die Landesregierung zu dem Vorschlag, Geringverdienende und Bezieherinnen bzw. Bezieher von Leistungen nach dem SGB II von Elternbeiträgen für Kinderbetreuungseinrichtungen freizustellen? Zu Frage 6: Geringverdienende und Bezieher und Bezieherinnen von SGB II Leistungen sind auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen im SGB VIII und nach dem SKBBG im Wege der Kostenübernahme durch die örtliche Jugendhilfe von den Beiträgen der Kindertagesbetreuung faktisch freigestellt. Die Entlastung der zuständigen kommunalen Haushalte durch eine Freistellung dieser Personengruppe zu Lasten des Landes ist in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht möglich. „Immer wieder kommt es in den Kommunen wie der Landeshauptstadt Saarbrücken dazu, dass Eltern, die Geringverdienerinnen bzw. Gering-verdiener sind oder Hartz-IV-Leistungen empfangen, Elternbeiträge und Essenskosten für den Besuch ihrer Kinder in einer Kindertagesstätte oder Krippe nicht bezahlen können. Daraufhin versuchen die Kommunen, diese Beiträge wiederholt zu pfänden, was in den meisten Fällen aufgrund der finanziellen Situation der Familien allerdings erfolglos bleibt.“