LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/607 (15/535) 28.08.2013 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dr. Simone Peter (B90/Grüne) betr.: Zukunft der Saarschleuse in Güdingen Vorbemerkung der Fragstellerin: „Die Schleuse Güdingen wurde 1863, also vor genau 150 Jahren, in den Abmessungen der Schleusen des Rhein-Marne- und Saar-Kohle-Kanals gebaut (Schleusenkammer Nutzlänge 38,50 Meter, Breite 5,05 Meter). Das Nadelwehr in Güdingen wurde in den Jahren 1937/1938 durch ein neuzeitliches Wehr ersetzt. Die neuen Staukörper bestehen aus 2 Fischbauchklappen von je 25,11 Meter lichte Weite und 2,02 Meter Stauhöhe. Die Antriebe wurden auf den beiden Landpfeilern untergebracht . Die Wehrklappen werden einseitig durch Zahnstangen, über ein Windwerk mit elektrischem Antrieb bewegt. Die Steuerung erfolgt manuell durch Schichtleiter unter Einhaltung des hydrostatischen Staues, solange dies möglich ist. Zwischenzeitlich wurden an der Schleuse Güdingen einige Erneuerungen durchgeführt, so z.B. der Einbau elektrischer Schütze und entsprechende Antriebe für die Zahnstangen. Die gesamte Schleusenanlage Güdingen steht seit dem 08. August 1994 unter Denkmalschutz. (Quelle: www.saarlandbilder.net/saar/staustufeguedingen .htm) Nach Angaben aus dem Bundesverkehrsministerium wird derzeit die Wirtschaftlichkeit aller 480 Schleusen in Deutschland geprüft. Nach Angaben der Saarbrücker Zeitung vom 15. Juni 2013 wurde das Wasser- und Schifffahrtsamt Saarbrücken beauftragt zu prüfen, ob die Schleuse erhalten oder durch eine ‚feste Schwelle’ ersetzt werden solle. Der Chef des Saarbrücker WSA-Personalrats Peter Folz wies in dem gleichen Artikel darauf hin, wenn eine ‚feste Schwelle’ kommen sollte, würde kein Boot mehr über dieses Wehr aus Steinen und Beton kommen“. Ausgegeben: 28.08.2013 (19.06.2013) Drucksache 15/607 (15/535) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Wie viele und welche Schiffe wurden in den vergangenen 10 Jahren an der Schleuse Güdingen geschleust? Bitte aufschlüsseln nach Schiffskategorie und Richtung (D-F, F-D). Zu Frage 1: Die in Anlage befindliche Tabelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes Saarbrücken spiegelt das Verkehrsaufkommen an der Schleuse Güdingen in den Jahren 2000-2012 wider. Von den Sportbooten werden ca. 55 % zu Berg, d.h. in Richtung Frankreich geschleust . Die Personenschifffahrt, die die Schleuse Güdingen passiert, führt ca. 80 % ihrer Fahrten in Richtung Frankreich durch. Setzt sich die Landesregierung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung des Bundes bei der Bundesregierung für den Erhalt der Schleuse Güdingen ein bzw. hat sie sich bereits dafür eingesetzt ? Zu Frage 2: Die saarländische Landesregierung hat sich bereits im Juni 2013 an den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gewandt, auf die negativen Konsequenzen einer Außerbetriebnahme der Schleuse und des beweglichen Wehrs in Güdingen hingewiesen und die Bereitstellung von Mitteln für eine Sanierung der Schleuse Güdingen gefordert. Kennt die Landesregierung die Kriterien, nach denen die Wirtschaftlichkeitsprüfung der deutschen Schleusen durchgeführt wird? Zu Frage 3: Seitens des Wasser- und Schifffahrtsamtes Saarbrücken wird davon ausgegangen, dass eine ganzheitliche Betrachtung erforderlich sein wird, die sowohl die Folgen für den Grundwasserspiegel und für die Hochwasserabfuhr umfasst als auch die Auswirkungen auf die Schifffahrt und naturschutzrechtliche Aspekte. Fanden bezüglich der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung des Bundes und der möglichen Folgen für alle saarländischen Schleusen bereits Gespräche der Landesregierung mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt statt bzw. sind diese geplant? Zu Frage 4: Die saarländische Landesregierung steht, seitdem sich die Planungen der Bundesregierung im Hinblick auf eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie im Hinblick auf eine neue Klassifizierung der Bundeswasserstraßen konkretisiert haben, in dauerhaftem und engem Kontakt mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt Saarbrücken. Die Gespräche mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt umfassen alle im Zusammenhang mit den genannten Themenfeldern relevanten Aspekte. - 2 - Drucksache 15/607 (15/535) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Wie wird sich eine Schließung der Wehranlage nach Einschätzung der Landesregierung auf den Tourismus und die Fahrgastschifffahrt auswirken? Zu Frage 5: Nach aktuellen Angaben des WSA wurden im vergangenen Jahr mit 1.356 Schleusungen die meisten Sportboote seit 2004 an der Schleuse Güdingen geschleust. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von ca. 13 Prozent. Pro Jahr werden zusätzlich etwa 400 Fahrgastschiff-Schleusungen durchgeführt. Die Saarbrücker Personenschifffahrt gründet ihr Haupt-Geschäft auf die Schleusenfahrten in Richtung Frankreich. Das Segment „Freizeitschifffahrt“ von und nach Frankreich würde durch einen Wegfall der Schleuse Güdingen praktisch zum Erliegen kommen. In den vergangenen Jahren hat sich die Tourismuszentrale Saarland (TZS) intensiv um Kooperationen mit Hausbootcharter-Unternehmen bemüht. Es konnten die wichtigsten Anbieter für die vernetzte Wasserlandschaft von Saar, Mosel und den franz. Kanälen gewonnen werden (z.B. Kuhnle-Tours, LeBoat, Locaboat). Im Jahr 2007 wurde die Saar zur touristischen Bestandsaufnahme von Vertretern der ADAC-Sportschifffahrt und des ADAC Saarland bereist. Die Ergebnisse der Bereisung wurden in einem Workshop, der gemeinsam mit dem ADAC und unter Beteiligung des WSA Saarbrücken in 2008 durchgeführt wurde, bewertet und diskutiert. Dabei wurde seitens des ADAC abschließend ein hohes wassertouristisches Potenzial für die Saar festgestellt: - 3 - Drucksache 15/607 (15/535) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - „Die Region entlang der Saar bietet durch die bereits vorhandene sowie die geplante Infrastruktur (Bsp. Saarlouis, Berliner Promenade in Saarbrücken) ein hohes wassertouristisches Potenzial. Besonders die Vielseitigkeit des Reviers ist von hohem Interesse . Altindustrie- und Siedlungsrelikte treffen auf schöne Naturlandschaft und weitere touristische Highlights, die z. T. einmalig sind.“ Die TZS bewirbt die Saar als vernetzte Wasserlandschaft mit Anbindung an Frankreich seit Jahren erfolgreich. Die auf den grenzüberschreitenden Charakter hin konzipierte Broschüre „Unterwegs auf der Saar“, in der sich die wichtigsten Städte entlang der Saar präsentieren (inkl. Sarreguemines), wird wegen der hohen Nachfrage im Jahresrhythmus neu aufgelegt. Mittlerweile liegt die Broschüre bereits in der 5. Auflage vor. Das Alleinstellungsmerkmal der vernetzten Wasserlandschaft von Mosel, Saar und französischen Kanälen würde durch einen Wegfall der Schleuse Güdingen aufgegeben mit der Folge, dass die Saar im europaweiten Wettbewerb der Wasserreviere drastisch an Bedeutung verlöre. Die bereits getätigten Investitionen in die Infrastruktur wie z.B. im Saarbrücker Osthafen, aber insbesondere auch bei unseren französischen Nachbarn (z.B. Hafenanlagen in Sarreguemines) könnten nachträglich durch einen Wegfall der Schleuse in Frage gestellt werden. Wie beurteilt die Landesregierung die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Bundes vor dem Hintergrund, dass das Wehr Güdingen maßgeblich für den Wasserstand in der Stadtstrecke Saarbrücken verantwortlich ist und nur von Hand bedient wird, da keine Automatik vorhanden ist? Zu Frage 6: Nach der Landesregierung vorliegenden Informationen ist die Möglichkeit, durch ein frühzeitiges Legen des Wehres Güdingen die Hochwasserabfuhr im Stadtbereich Saarbrücken positiv beeinflussen zu können, ein wichtiger Aspekt der Wasserregulierung , insbesondere auch im Hinblick auf die Überflutung der Stadtautobahn. Sollte das jetzt in Güdingen befindliche bewegliche Wehr durch eine feste Wehrschwelle ersetzt werden, entfiele diese Möglichkeit. Der unterschiedliche Einfluss einer beweglichen Wehranlage gegenüber einem festen Wehr muss im Einzelnen durch umfangreiche Untersuchungen ermittelt werden. Die Frage, ob ein bewegliches Wehr von Hand oder durch eine Automatik gesteuert wird, spielt – nach Auskunft des Wasser- und Schifffahrtamtes Saarbrücken – in diesem Zusammenhang keine Rolle. Wie beurteilt die Landesregierung den Bau eines Wasserkraftwerks an der Schleuse Güdingen, für die es bereits in der Vergangenheit Interessensbekundungen von Investoren gab? Zu Frage 7: Die Landesregierung würde den Bau eines Wasserkraftwerkes an der Schleuse Güdingen als Beitrag zur Erhöhung der Produktion von regenerativem Wasserkraftstrom grundsätzlich begrüßen. Hierzu gibt es technisch verschiedene Lösungen, die auch danach ausgewählt werden, dass der naturschutzrechtliche Eingriff möglichst minimiert stattfinden sollte. Die Durchgängigkeit für die Fauna sollte z.B. mittels einer sog. Fischtreppe verbessert werden. - 4 - Drucksache 15/607 (15/535) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - Die Realisierungswahrscheinlichkeit hängt an der wirtschaftlichen Rentabilität: Wie in den meisten Wasserkraftprojekten kann der energietechnische Anteil investiv recht gut abgeschätzt werden. Problematisch und nur schwer abschätzbar sind die nötigen baulichen Investitionen. Hilfreich wäre die Erstellung eines Baugrundgutachtens, das über die Standfestigkeit des Wehrs Aufschluss gibt sowie den finanziellen Aufwand zum Einbau von einer oder zweier Turbinen im Wehr oder daneben (zur B51 hin) eingrenzen hilft. Sollte dieses Gutachten keine allzu hohen Kosten ergeben, könnte eine Wasserkraftanlage in der Größenordnung zwischen 300 und 500 kW Stromleistung wirtschaftlich darstellbar sein. Renditen im kleinen einstelligen Bereich ließen auch Lösungen mit Bürgerbeteiligungen zu, so dass dieser praktische Beitrag zur Energiewende von Bürgerinnen und Bürgern aus allen Bevölkerungsschichten genutzt werden könnte. Bisher scheitert das Projekt nach den vorliegenden Informationen an der Tatsache, dass kein Investor das Risiko der Vorfinanzierung des Baugrundgutachtens übernehmen will. Wie bewertet die Landesregierung bestehende Verträge zwischen Deutschland und Frankreich, die die Durchgängigkeit Richtung Frankreich gewährleisten sollen und damit einer Schließung entgegen stehen? Zu Frage 8: Im „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage“ vom 27.10.1956 wurden u.a. auch die verkehrlichen und wasserwirtschaftlichen Belange geregelt. Anlage 8 dieses Vertrages regelt die Fragen der Binnenschifffahrt für die Strecke, auf der die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich mitten im Strombett verläuft, d.h. die Strecke oberhalb Güdingens. In Anlage 8, Art. 7, Abs. 1 heißt es, dass im Hochwasserabflussgebiet der gemeinsamen Strecke der Saar Bauwerke und Anlagen, deren Änderung den Abfluss des Hochwassers beeinflusst, nur dann wesentlich verändert werden dürfen, wenn das Einvernehmen der deutschen und der französischen Behörden hergestellt wurde. Inwieweit durch bauliche Veränderungen am Wehr Güdingen (z.B. Errichtung einer festen Wehrschwelle ) Änderungen des Abflusses des Hochwassers im Abflussgebiet der gemeinsamen Strecke der Saar auftreten, ist in Abhängigkeit von der beabsichtigten Baumaßnahme (z.B. Höhe des festen Wehrs) zu prüfen. Unabhängig davon sieht die Landesregierung in den Überlegungen zur Außerbetriebnahme der Schleuse Güdingen und dem Rückbau des Wehrs einen Verstoß gegen den Geist des o.a. Vertrages, dessen Bestimmungen auf der Voraussetzung einer durchgängigen Schiffbarkeit der Saar zwischen Deutschland und Frankreich basieren. - 5 - Verkehr an der Schleuse Güdingen 2000-2012 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 GMS 15 1 3 4 6 0 1 0 0 3 0 1 0 GSL 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 SV 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 FGS 430 415 450 497 455 456 417 444 422 427 480 324 360 Sportboote 1133 1224 1165 1359 1491 1288 987 1000 1068 1338 1018 1185 1356 Fisk. 414 359 349 341 397 190 190 316 299 323 362 415 444 Sonstiges 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 Gesamt 1992 1999 1967 2201 2349 1934 1595 1760 1789 2092 1860 1926 2160 b.caspar Schreibmaschinentext Abkürzungen: Großmotorgüterschifffahrt (GMS, GSL); Schubverbände (SV); Fahrgastschifffahrt (FGS), WSV-eigene Fahrzeuge (fiskalische Fahrzeuge) b.caspar Schreibmaschinentext b.caspar Schreibmaschinentext b.caspar Schreibmaschinentext Anlage b.caspar Schreibmaschinentext b.caspar Schreibmaschinentext b.caspar Schreibmaschinentext betr.: Zukunft der Saarschleuse in Güdingen