LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/709 (15/661) 06.12.2013 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Rentenbesteuerung im Saarland Vorbemerkung der Fragestellerin: „Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts , wonach die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungswidrig ist, sind seit dem Jahr 2005 mindestens 50 Prozent der Bruttorente steuerpflichtig. Der steuerpflichtige Teil steigt mit jedem Jahrgang, der in Rente geht, weiter an. Im Jahr 2040 werden es 100 Prozent sein. Rund 8.500 Rentnerinnen und Rentner im Saarland erhielten im Oktober letzten Jahres von den saarländischen Finanzämtern eine schriftliche Aufforderung zur Steuererklärung für das Jahr 2010. Des Weiteren wurden die Betroffenen laut Saarbrücker Zeitung vom 11. Oktober 2012 aufgefordert, zu prüfen, ob sie auch für die zurückliegenden Jahre ab 2005 eine Steuererklärung abgeben müssen. Für jene Rentnerinnen und Rentner, die trotz Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben hatten , wurde im Dezember 2012 eine Schätzung durchgeführt. Die darauf basierenden Steuerbescheide wurden noch im selben Monat versandt.“ Wie viele Rentnerinnen und Rentner haben seit 2005 bei den zuständigen saarländischen Finanzämtern eine Steuererklärung eingereicht? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren.) Ausgegeben: 09.12.2013 (29.10.2013) Drucksache 15/709 (15/661) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Zu Frage 1: Bei den saarländischen Finanzämtern werden im Veranlagungsbereich Steuerfälle mit Renteneinkünften geführt. Für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung in diesen Fällen ergibt sich folgendes Mengengerüst: Veranlagungszeitraum 2005: 49.925 Fälle Veranlagungszeitraum 2006: 52.538 Fälle Veranlagungszeitraum 2007: 56.376 Fälle Veranlagungszeitraum 2008: 60.437 Fälle Veranlagungszeitraum 2009: 63.701 Fälle Veranlagungszeitraum 2010: 66.779 Fälle Die Bearbeitung der Veranlagungszeiträume 2011 und 2012 ist noch nicht abgeschlossen . Wie viele hätten es eigentlich sein müssen? Zu Frage 2: Die Zahl ist nicht konkret ermittelbar. Zur Überprüfung der Rentenbesteuerung haben die Finanzbehörden der Länder auf die elektronisch übermittelten Rentenbezugsmitteilungen zurückgreifen können, die für sich allein kein vollständiges Abbild der Einkünftesituation eines Steuerpflichtigen zeichnen. So tragen bspw. auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünfte dazu bei, dass Steuererklärungspflichten nach § 56 EStDV bestehen können, auch wenn der Rentenbezug selbst unterhalb des Grundfreibetrages liegt. Aus diesem Grunde waren die angeschriebenen Rentnerinnen und Rentner unter Bekanntmachung der Rentenzahlungen aufgefordert, ihre Einkünfte insgesamt zu überprüfen und ggf. Steuererklärungen einzureichen. Für wie viele Rentnerinnen und Rentner wurde die oben genannte Schätzung durchgeführt? Zu Frage 3: In folgendem Umfang wurde gegen Jahresende 2012 in Rentenbezugsfällen steuerlich bisher nicht geführter Rentnerinnen und Rentner eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durchgeführt: Veranlagungszeitraum 2005: 484 Fälle Veranlagungszeitraum 2006: 240 Fälle Veranlagungszeitraum 2007: 253 Fälle Veranlagungszeitraum 2008: 293 Fälle Veranlagungszeitraum 2009: 288 Fälle Veranlagungszeitraum 2010: 380 Fälle Wie viele Rentnerinnen und Rentner haben gegen die im Dezember versendeten, auf Schätzungen basierenden Steuerbescheide Widerspruch eingelegt ? Drucksache 15/709 (15/661) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Zu Frage 4: Die Anzahl der Rechtsbehelfe zu Schätzungsfällen mit Renteneinkünften wurde wie folgt ermittelt: Veranlagungszeitraum 2005: 64 Fälle Veranlagungszeitraum 2006: 54 Fälle Veranlagungszeitraum 2007: 56 Fälle Veranlagungszeitraum 2008: 57 Fälle Veranlagungszeitraum 2009: 68 Fälle Veranlagungszeitraum 2010: 79 Fälle Was hat die Landesregierung selbst unternommen , um zur Aufklärung der Rentnerinnen und Rentner über die Besteuerung der Alterseinkünfte, darunter der Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung , beizutragen? Zu Frage 5: Die Bezieher von Renteneinkünften wurden bereits in den Jahren 2004 und 2005 ausgiebig über die neue Steuerrechtslage in Kenntnis gesetzt. So wurden z. B. die Einzelheiten zur neuen Rentenbesteuerung von den Rentenversicherungsträgern publiziert, dort zahlreiche Informationsveranstaltungen unter Beteiligung von Referenten der Finanzverwaltung durchgeführt und auf Initiative des Finanzministeriums auch in den Medien ausführlich über die Änderungen bei der Rentenbesteuerung berichtet. Umfangreiche Informationsbroschüren wurden in den Service-Centern der saarländischen Finanzämter ausgelegt. Auch durch Nachfrage konnten sich die betroffenen Rentnerinnen und Rentner im Zweifelsfall bei den Finanzbehörden kundig machen, ob in ihrem persönlichen Fall Steuerpflicht besteht oder nicht. Diese intensive Aufklärungsarbeit hat dazu geführt, dass viele von der Neuregelung betroffenen Rentnerinnen und Rentner von sich aus tätig wurden und rechtzeitig eine Steuererklärung abgegeben haben. Dennoch war weiterhin ein erhöhter Informationsbedarf seitens der Steuerpflichtigen festzustellen, insbesondere bei Rentnerinnen und Rentnern, die bislang keinen Kontakt zum Finanzamt hatten. Da diese Rentnerinnen und Rentner im Herbst des vergangenen Jahres mit der Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen – zum Teil auch für zurückliegende Jahre – konfrontiert wurden, hat die Landesregierung diesem erhöhten Informationsbedarf weiterhin Rechnung getragen. Durch verschiedene organisatorische Maßnahmen wurde Vorsorge dafür getroffen, dass einerseits Anfragen telefonisch – auch über den Saarland Service Dienst – entgegengenommen und beantwortet werden, andererseits auch persönliche Vorsprachen in den Service-Centern der Finanzämter bedient werden konnten. Zudem ist vor Beginn der Versandaktion im Oktober 2012 erneut eine breit angelegte, aktive Medieninformation erfolgt, um die betroffenen Rentnerinnen und Rentner über die neue Rechtslage und deren Folgen in Kenntnis zu setzen. Seitens des Finanzministeriums wurden umfangreiche Informationen zur Rentenbesteuerung sowohl in der Saarbrücker Zeitung (Ausgabe vom 11.10.2012) als auch auf SR 3 (Hörertelefon- Aktion am 11.10.2012) angeboten. Drucksache 15/709 (15/661) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Da dennoch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die vielfältige Öffentlichkeitsarbeit manche Rentnerinnen und Rentner nicht erreicht hat, wurde dem Anschreiben im Oktober 2012 zusätzlich zu dem bundesweiten Standardanschreiben ein Informationsblatt (FAQ’s) beigefügt. Diese Handhabung erfolgte so nur im Saarland. Es wurde mithin jeder bislang steuerlich nicht geführte Rentnerinnen und Rentner in einem Einzelanschreiben informiert. Wie steht die Landesregierung zu der Befürchtung , dass zahlreiche Rentnerinnen und Rentner die aktuelle Abgabe einer Steuererklärung, welche auch vergangene Jahre umfasst, als bürokratische Überforderung empfinden? Sieht die Landesregierung Möglichkeiten der Hilfestellung und Spielräume für einen großzügigen Umgang mit etwaigen Versäumnissen, etwa durch Erlass oder die Verringerung von Verzugszinsen? Gab es in jenen Fällen, wo sich für Rentnerinnen und Rentner größere Nachzahlungsforderungen ergeben haben, die Möglichkeit von Ratenzahlungen, Stundungen oder Ähnlichem? Zu Frage 6: Die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Auswertung der Rentenbezugsmitteilungen haben gezeigt, dass das Ausfüllen der komplexen Einkommensteuererklärungsvordrucke für viele Rentnerinnen und Rentner mit Schwierigkeiten verbunden ist. Jedoch ist die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gesetzlich geregelt. Sie trifft alle, die den gesetzlichen Tatbestand erfüllen, gleichermaßen und zwar unabhängig von ihrem Alter oder der Art der bezogenen Einkünfte. Sie entfällt auch dann nicht, wenn die Abgabe einer Steuererklärung als bürokratische Überforderung empfunden wird. In diesen Fällen leisten die Vertreter der steuerberatenden Berufe Hilfe, seitens der Verwaltung erteilen die Servicecenter der Finanzämter Auskunft. Ein genereller Erlass oder die generelle Verringerung von Zinsen ist nicht angezeigt und würde dem Willen des Gesetzgebers zuwider laufen. Im Einzelfall können Rentnerinnen und Rentner – wie alle übrigen Steuerpflichtigen – Ratenzahlungen bzw. Stundungen beantragen. Allerdings müssen sie ihre Einkommens - und Vermögensverhältnisse offen legen, damit das Finanzamt in jedem Einzelfall prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Billigkeitsmaßnahme erfüllt sind. Hält die Landesregierung eine Frist von vier Wochen zwischen Erhalt des Schreibens durch das Finanzamt und Abgabe der geforderten Steuererklärung für ausreichend und wie begründet sie ihre Auffassung? Zu Frage 7: In Anbetracht dessen, dass das Thema „Neuregelung der Rentenbesteuerung“ von Beginn an in allen Medien kommuniziert wurde (siehe Beantwortung Frage 5) und auch die Rentenbezugsmitteilungen ausdrücklich auf die Steuerpflicht hinweisen, mussten die Betroffenen – sofern sie sich nicht schon von sich aus mit dem Finanzamt in Verbindung gesetzt hatten – mit einer Aufforderung zur Erklärungsabgabe rechnen. Drucksache 15/709 (15/661) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Vor diesem Hintergrund ist die mit der Aufforderung verbundene Frist ausreichend bemessen, zumal die reguläre Abgabefrist längst verstrichen war. Zudem mussten die Einkommensteuerbescheide für 2005 noch innerhalb des Jahres 2012 versandt werden , weil mit Ablauf des 31.12.2012 die reguläre Festsetzungsfrist endete. Wie lange hatten die Finanzämter Zeit, die Steuerbescheide zu erarbeiten und zu versenden? Wie steht die Landesregierung zu der Befürchtung, dass aufgrund von zu geringen Bearbeitungszeiten ein nennenswerter Teil der Steuerbescheide fehlerhaft gewesen sein könnte? Zu Frage 8: Die Bediensteten der saarländischen Finanzämter mussten die eingegangenen Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2005 bis Ende des Jahres 2012 bearbeiten, um eine Verjährung der Steuerforderungen zu vermeiden. Die Bearbeitungszeit wird als ausreichend angesehen. Es gibt weder von Seiten der Finanzämter noch von Seiten der Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerbescheide fehlerhaft sind. Im Übrigen besteht die Möglichkeit, Einspruch gegen die Steuerfestsetzung einzulegen , falls Unrichtigkeiten befürchtet werden. In den Fällen, in denen trotz Aufforderung keine Erklärungen eingereicht wurden, sind die Finanzämter nach Ablauf der vierwöchigen Abgabefrist dazu übergegangen, die betreffenden Jahre zu schätzen. Dies geschah schon deshalb, um diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die ohne Aufforderung Steuererklärungen abgegeben haben, nicht zu benachteiligen. Die Bearbeitung einzelner Steuerfälle der Jahre ab 2005 dauert zurzeit noch an. Es ist überdies durchaus nicht ausgeschlossen, dass auch im Laufe dieses Jahres oder im nächsten Jahr noch erstmalig Steuererklärungen von Rentnerinnen und Rentnern abgegeben werden.