LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/835 (15/745) 18.03.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Michael Neyses (PIRATEN) betr.: Unregelmäßigkeiten an der HTW Vorbemerkung des Fragestellers: „Gemäß § 80 des Fachhochschulgesetzes (FhG) obliegt die Rechtsaufsicht für die HTW dem zuständigen Ministerium (früher Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft, heute die Staatskanzlei). Im Rahmen dieser Rechtsaufsicht sorgt das Ministerium dafür, dass die Fachhochschule Recht und Gesetz beachtet. Im Rahmen dieser Aufsichtspflicht ist das zuständige Ministerium dazu berechtigt , Beschlüsse und Maßnahmen an der HTW mit dem Effekt der aufschiebenden Wirkung zu beanstanden und, sofern sie anschließend nicht durch die HTW selbst korrigiert werden, aufzuheben. Das zuständige Ministerium ist bei Ausübung seiner Rechtsaufsicht dazu berechtigt, sich jederzeit über die Angelegenheiten der Fachhochschule zu informieren, vor Ort zu prüfen, Berichte anzufordern sowie Akten und sonstige Unterlagen einzusehen . An der HTW gab es in der Vergangenheit mehrere Unregelmäßigkeiten und Streitigkeiten zwischen der Studierendenschaft und der Hochschulleitung. Hierbei gab es insbesondere Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, die die Wahl des Studierendenparlaments und des AStA betreffen . So haben entgegen der gültigen Satzung der Studierendenschaft keine jährlich durchzuführenden Wahlen stattgefunden, die Parlamentswahlen wurden durch die Entscheidung eines Wahlausschusses abgesagt. Die entsprechenden Wahlabsagen wie die anschließende Wahl eines AStA von einem sich nicht mehr im Amt befindlichen Parlament wurden durch das Rektorat sowie nach Aussagen des Rektorats ebenfalls durch das zuständige Ministerium gebilligt. Ausgegeben: 19.03.2014 (20.01.2014) Drucksache 15/835 (15/745) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - In der Folgezeit wurden durch den AStA Verträge im Namen der Studierendenschaft abgeschlossen. Diese Verträge wurden jedoch nicht durch das Studierendenparlament bestätigt, wie es eigentlich auf Grund der langen Laufzeiten (bis 2016) und der damit einhergehenden langfristigen Ausgabenverpflichtung nach gültiger Satzung der Studierendenschaft zwingend notwendig gewesen wäre. Trotzdem wurden die Verträge durch das Rektorat unterzeichnet. Der Schaden aus diesen vertraglichen Verpflichtungen für das Vermögen der Studierendenschaft wird seitens des neuen AStA auf über 300.000 Euro beziffert. Als Folge dieser Entscheidungen kam es in der Zwischenzeit zu mehreren Strafanzeigen, deren Ermittlungsverfahren noch laufen, und es wurde mehrmals von Studierenden versucht, das zuständige Ministerium zur Ausübung seiner Rechtsaufsichtspflichten zu bewegen, um die Situation zu überprüfen und gegebenenfalls einen weiteren Vermögensschaden abzuwenden. Im Rahmen dieser Streitigkeiten an der HTW wurden nach Informationen der Piratenfraktion ebenfalls mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden an der dafür zuständigen Stelle eingereicht. Da es sich bei den Dienstaufsichtsbeschwerden um personenbezogene Daten handelt, die dem Datenschutz unterliegen , sollen an dieser Stelle keine weiteren Details genannt werden. Darüber hinaus wurde Im Amtsblatt 2012 Nr. 25 Seite 167 nach Zustimmung der Ministerpräsidentin eine neue Beitragsordnung für die HTW veröffentlicht , welche in § 3 die Erhebung eines Beitrages für das Studentenwerk vorsah. Der entsprechende Beitrag wurde zum Wintersemester 2012/13 und zum Sommersemester 2013 durch die HTW bei der Einschreibung bzw. Rückmeldung erhoben. Bis heute gibt es jedoch keinen Vertrag zwischen dem Studentenwerk und der HTW, der eine Betreuung der HTW-Studierenden vorsieht. Bisher gibt es lediglich eine Vereinbarung zur Nutzung der Psychologisch-Psychotherapeutischen Beratungsstelle (PPB) durch Studierende der HTW. Darüber hinaus wurden zum Wintersemester 2012/13 und Sommersemester 2013 keine Beiträge für die Studierendenschaft durch die HTW erhoben.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Das Recht der Studierendenschaft auf Selbstverwaltung wird durch die §§ 72 ff Fachhochschulgesetz (FhG) konkretisiert. Diese wird im Wesentlichen durch das Studierendenparlament (StuPa) und den Allgemeinen Studierendenausschuss (ASTA) ausgeübt . Drucksache 15/835 (15/745) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaft der HTW führt gem. § 72 Abs. 4 FhG die Hochschulleitung für das Land. Mit der Delegation der Rechtsaufsicht vom Land auf die Hochschulleitung bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass im Regelfall die Möglichkeiten der Selbstverwaltung der Studierenden und der Rechtsaufsicht der Hochschulleitung auszuschöpfen sind, bevor das Land eingreift. Der Hochschulgesetzgeber sieht die Eingriffsrechte des Landes gegenüber dem Selbstverwaltungsrecht der Studierenden der Hochschulen damit nicht als vorrangig an. Ab welchem Zeitpunkt war das jeweils zuständige Ministerium über die geschilderten Vorgänge an der HTW informiert worden? Zu Frage 1: Im Laufe des Jahres 2010 wurden der Hochschulabteilung im damaligen Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft zwar telefonisch Hinweise zugetragen, die auf Probleme bei der Organisation der Studentischen Selbstverwaltung und Spannungen mit dem damaligen Rektor der HTW hinwiesen. So kam sie nach den telefonischen Hinweisen und Gesprächen mit der Hochschulleitung aber bald zu der Überzeugung, dass die Studierenden und die Hochschulleitung die Schwierigkeiten selbst lösen könnten, zumal Selbstverwaltung nicht nur Rechte vermittelt, sondern auch die Verpflichtung, sie im Interesse der geschützten Bereiche auszuüben. In welcher Form und von wem wurde die Landesregierung mit welchem Inhalt über Probleme an der HTW informiert und wie hat sie jeweils auf diese Berichte bzw. Anfragen reagiert? Zu Frage 2: Die Hochschulabteilung wurde 2010 zunächst telefonisch und später 2011 auch per E- Mail von Studierenden informiert. So am 25.01.2011 durch eine E-Mail eines Studierenden der Elektrotechnik. Einen Tag nach Eingang der schriftlichen Anzeige wurde daher der damalige Rektor der HTW um Stellungnahme gebeten. Das zuständige Ressort nahm außerdem erneut Kontakt mit den Studierenden sowie der Hochschulleitung auf, um sich über den Umfang und den aktuellen Sachstand der fortbestehenden Schwierigkeiten zu informieren. Es fanden hierzu weitere Gespräche mit den Beteiligten sowie Schriftwechsel per E-Mail statt. Die Tätigkeit des Landes in den Angelegenheiten umfasste unterhalb der Schwelle rechtsförmlicher Maßnahmen insbesondere die beratende Unterstützung der Beteiligten zur Konfliktbeilegung. Welche konkreten Maßnahmen (insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, in Form von Vorortprüfungen , Akteneinsichten, Anforderung schriftlicher oder mündlicher Berichte) hat das zuständige Ministerium bis heute eingeleitet, um seiner Verpflichtung als Rechtsaufsicht der HTW gemäß § 80 I FhG nachzukommen? Drucksache 15/835 (15/745) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Zu Frage 3: Die Hochschulabteilung sprach sowohl mit dem Präsidenten des StuPa als auch mit Mitgliedern des ASTA sowie mit der Hochschulleitung. Im Zentrum dieser Gespräche standen dabei insbesondere zwei Probleme. Das Hauptproblem betraf die Durchführung der Wahlen. Die von den Studierenden im Entwurf vorgelegten Wahlordnungen wurden hierzu mit dem zuständigen Referenten der Hochschulabteilung erörtert. Das zweite Problem betraf die Vorbereitung des Beitritts der HTW zum Studentenwerk im Saarland e.V. Die Hochschulabteilung hat wegen des Beitritts Gespräche mit dem Studentenwerk im Saarland e.V., der Hochschulleitung sowie dem ASTA moderiert. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen , um die Rechtmäßigkeit der Wahlaussetzungen des Studierendenparlaments zu prüfen und wie hat sie den Wahlausschuss, dessen Legitimation sowie dessen Entscheidungen rechtlich bewertet? Zu Frage 4: Zur Einschätzung der Rechtmäßigkeit der Wahlaussetzung des Studierendenparlaments wurden rechtliche Beurteilungen der Hochschulleitung als Rechtsaufsicht angefordert und ausgewertet. Es ergaben sich hierbei keine Beanstandungen. Da mittlerweile ein Studierendenparlament gewählt wurde und die Bemühungen aller Beteiligten zur Durchführung von Wahlen sich als erfolgreich erwiesen hatten, war eine nachträgliche Bewertung des Wahlausschusses, seiner Legitimation sowie seiner Entscheidungen entbehrlich. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um einen finanziellen Schaden für das Vermögen der Studierendenschaft der HTW zu verhindern bzw. zu minimieren, der aus den geschilderten Vorgängen mutmaßlich entstanden ist? Zu Frage 5: Bei den Ermittlungen zu dem möglicherweise strafrechtlich relevanten Verhalten der früheren Betreiber der aufgegebenen Mensa der HTW ist die Hochschulabteilung auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft angewiesen, das der Hochschulabteilung bisher noch nicht vorliegt. Welche Maßnahmen werden in Zukunft unternommen werden, um eine lückenlose Aufklärung der Unregelmäßigkeiten und geschilderten Vorgänge ermöglichen zu können? Zu Frage 6: Siehe Antwort zu Frage 5. Über die zu ergreifenden Maßnahmen wird nach Kenntnis über die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft zu entscheiden sein. Drucksache 15/835 (15/745) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Sind die in dieser Angelegenheit gestellten Dienstaufsichtsbeschwerden bereits abschließend bearbeitet worden? Falls nein, bis wann werden diese abschließend bearbeitet? Zu Frage 7: Mit Schreiben vom 16.05.2012 wurden Dienstaufsichtsbeschwerden gegen einen Referatsleiter der Staatskanzlei sowie Mitarbeiter der HTW gestellt. Eine Überprüfung der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Referatsleiter der Staatskanzlei ergab, dass keine Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen vorlagen. Die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Rektor der HTW wurde zurückgestellt, bis die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind und der für die Beurteilung relevante Sachverhalt feststeht. Wieso wurden zum Wintersemester 2012/13 und Sommersemester 2013 auf Grund einer von Frau Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer unterzeichneten Beitragsordnung an der HTW Beiträge für das Studentenwerk erhoben, obwohl es bisher noch keine Übernahme des Betreuungsangebotes , und damit keine Gegenleistung für Studierende , durch das Studentenwerk gibt? Zu Frage 8: Die HTW nimmt dahingehend Stellung, dass aufgrund des Standes der seinerzeitigen Verhandlungen der Hochschule mit dem Studentenwerk davon auszugehen war, die Aufnahme in das Studentenwerk im Saarland e.V. stehe unmittelbar bevor. Ist eine Rückzahlung der Beiträge für das Studentenwerk an die jeweiligen Studierenden geplant? Falls nein, für was wurden die bisher eingezogenen Gelder verwendet und für was sollen sie künftig verwendet werden? Zu Frage 9: Nach Angabe der Hochschulleitung der HTW ist die Rückzahlung der Beiträge an die jeweiligen Studierenden nicht geplant. Die eingezogenen Beiträge wurden von der Studierendenschaft der HTW verwandt, den Mensabetrieb, die Inanspruchnahme der Psychologischen-Psychotherapeutischen Beratungsstelle (PPB) des Studentenwerks im Saarland e. V. und Versicherungsbeiträge zu finanzieren. Nach den Informationen der Hochschulleitung sind die Beiträge in vollem Umfang verbraucht worden. Aus welchem Grund wurden an der HTW zwei Semester keine Beiträge für die Studierendenschaft erhoben? Welche Maßnahmen hat das Ministerium unternommen, um eine ordnungsgemäße Erhebung der Beiträge für die Studierendenschaft sicherzustellen? Drucksache 15/835 (15/745) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Zu Frage 10: Nach Auskunft der Hochschulleitung der HTW hatte die verfasste Studierendenschaft es versäumt, eine eigene Satzung zu erlassen. Dieser Mangel ist mittlerweile abgestellt , so dass ab dem WS 2013/2014 wieder Sozial- und Studierendenbeiträge in Höhe von 80,50 € erhoben werden konnten. Durch einen Zuschuss des Rektors aus dem Globalhaushalt in Höhe von 40.000,00 € konnte die Selbstverwaltung der Studierendenschaft im Jahr 2013 aufrechterhalten werden.