LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/858 (15/805) 04.04.2014 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Hubert Ulrich (B90/Grüne) betr.: Schutz von Verbrauchern und Umwelt vor vermeidbarer Bleibelastung bei der Jagd Vorbemerkung des Fragestellers: Blei nimmt auf der Liste der sechs gefährlichsten Umweltgifte weltweit noch vor Quecksilber, Chrom, Arsen, Pestiziden und Radionukliden den Spitzenplatz ein. Für weltweit 100 Millionen Menschen stellen diese toxischen Substanzen ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko dar. Mögliche gesundheitliche Folgen der Aufnahme von Blei können beim Mensch unter anderem körperliche und geistige Behinderungen, organische Fehlfunktionen und Krebserkrankungen sein. Die globalen Gesundheitsauswirkungen der giftigen Schadstoffe sind größer als früher angenommen. Vor einigen Jahren ist der Einsatz bleihaltiger Jagdmunition in die Schlagzeilen geraten, da beobachtet wurde, dass Greifvögel, die den Aufbruch erlegten Wildes zu sich genommen hatten, verendet sind. Entsprechende Untersuchungen haben zweifelsfrei Bleikontaminationen als Todesursache bestätigt. Radiologische Untersuchungen an erlegtem Schalenwild haben gezeigt, dass durch den Einsatz bleihaltiger Munition große Teile des Wildkörpers nicht nur mit größeren Bleifragmenten, sondern auch mit dem sogenannten Bleinebel belastet werden können. Da es schon seit längerer Zeit bewährte Alternativen zu bleihaltiger Jagdmunition gibt und diese seit vielen Jahren in anderen Ländern bei der Jagd eingesetzt werden, ordnete der damalige Staatssekretär Klaus Borger im Herbst 2011 an, dass im SaarForst Landesbetrieb spätestens ab 01.10.2011 ausschließlich bleifreie Munition für die Jagd auf Wild, welches durch SaarForst Personal in Verkehr gebracht wird, zu verwenden ist. Ausgegeben: 04.04.2014 (10.03.2014) Drucksache 15/858 (15/805) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Ab dem 01.01.2012 sollte auf den Regiejagdflächen des Landes ausschließlich bleifreie Jagdmunition verwendet werden, in den verpachteten Regiejagdflächen sollte SaarForst darauf hinwirken, dass ab 01.01.2012 entsprechend verfahren wird, so die schriftliche Anweisung. Dieser Anweisung vorausgegangen war ein sehr erfolgreicher Praxistest mit bleifreier Jagdmunition auf ausgewählten Regiejagdflächen des Landes im Jagdjahr 2010/2011. Vermeidbare Belastungen für Umwelt und Verbraucher auszuschließen ist praktizierter Verbraucher - und Umweltschutz. Vorbemerkung Landesregierung: Es trifft zu, dass im SaarForst Landesbetrieb in der Zeit vom 01.04.2010 bis 31.03.2011 ein Praxistest mit bleifreien Büchsengeschossen durchgeführt wurde. Insgesamt wurden in dieser Zeit von acht Forstbediensteten 167 Stücke Rehwild und 44 Wildschweine erlegt. Alle Personen waren im Besitz des vom SaarForst Landesbetrieb für Bewegungsjagden geforderten Schießnachweises. Er handelte sich bei den Personen um weit überdurchschnittlich jagderfahrene Jäger bzw. hervorragende Schützen. Getestet wurde nur ein bleifreier Geschosstyp mit der Bezeichnung HDB (Homogenous Deformation Bullet) von der Fa. Reichenberg. Verwendet wurden die Kaliber 7x64, 7x65 R, 308, 30.06, 300 Winchester Magnum, 300 Weatherby Magnum, 8x57 IS, 9,3x64 (Großwild). Das Testergebnis ergab, dass eine schlechtere Augenblickswirkung (Tötungswirkung) im Vergleich mit bleihaltigen Büchsengeschossen erzielt wurde , was oft weitere Fluchtdistanzen der beschossenen Stücke zur Folge hatte. Von 211 erlegten Stücken lagen genau 90 Stücke Wild nicht am Anschuss (43%). Von diesen 90 Stücken hatten 75 Stücke Blattschüsse bzw. Kammerschüsse direkt hinter dem Blatt. Trotzdem waren Fluchtstrecken von bis zu 150 Metern keine Seltenheit. Die mittlere Fluchtstrecke betrug beim Rehwild 32,5 Meter und beim Schwarzwild 74,5 Meter. Aus diesem Versuch sowie aus zahlreichen anderen Versuchen, die im Bundesgebiet zu gleichem Themengebiet gemacht wurden, kann geschlossen werden, dass es noch Entwicklungsbedarf gibt. Mittlerweile finden auch bleifreie Geschosstypen von anderen Herstellern mit gutem Erfolg Anwendung. Aus Gründen des Tierschutzes ist aber allgemein eine angemessene Übergangsfrist beim jetzigen Entwicklungsstand der bleifreien Geschosse sinnvoll. Wird auf den Regiejagdflächen des Landes seit dem 01.01.2012 ausschließlich bleifreie Jagdmunition verwendet um die Verbraucher und die Umwelt vor vermeidbaren Bleibelastungen zu schützen , und wenn nein, warum nicht? Zu Frage 1: Auf den Regiejagdflächen des Landes werden seit dem 01.01.2012 ausschließlich bleifreie Büchsengeschosse verwendet. Auf den verpachteten Flächen kann die generelle Benutzung von bleifreien Büchsengeschossen aus Gründen der Vertragstreue (laufende Jagdpachtverträge) nicht direkt angeordnet werden. Es wird aber seit dem Jahr 2012 in jedem neuen Jagdpachtvertrag und in jedem Nachtragsvertrag ein Paragraph aufgeführt mit folgender Regelung: „Die Pächter sowie deren Jagdgäste verpflichten sich, auf den von ihnen angepachteten Flächen ausschließlich bleifreie Munition zu verwenden“. Drucksache 15/858 (15/805) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Darüber hinaus hat sich der SaarForst Landesbetrieb nach den deutschen FSC Standards (Forest Stewardship Council) dazu verpflichtet, bestimmte Kriterien für den Einsatz von bleifreier Munition einzuhalten. Der Punkt 6.3.9 der Standards enthält folgende Formulierung: „Im Rahmen von Gesellschaftsjagden sorgt der Waldbesitzer spätestens innerhalb von 3 Jahren dafür, dass die Jagdgäste Munition, die den Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt minimiert, die Gesundheitsgefahren über den Wildbretverzehr vermeidet und den höchsten Tierschutz- und Sicherheitsstandards genügt, verwenden. Ein Nachweis kann z.B. durch die Vorlage von entsprechenden Rechnungen erbracht werden. Wird die Jagd verpachtet, ist bei der nächsten Pacht die Verwendung entsprechender Munition festzuschreiben. Ist der Forstbetrieb Mitglied einer Gemeinschaftsjagd , wirkt er auf die Verwendung entsprechender Munition in den jeweiligen Gremien hin. Wird Wild als FSC-zertifiziertes Wild verkauft, muss es mit bleifreier Munition erlegt worden sein.“ Wurde das Premiumprodukt „Bleifrei erlegtes Wild“, so wie in der damaligen Anweisung angeordnet , als Marketinginstrument für eine verbraucherschutzorientierte Jagd entwickelt bzw. genutzt , und wenn nein, warum nicht? Zu Frage 2: Bei allen Wildhändlern und Gastronomien wurde mit dem Premiumprodukt „Bleifrei erlegtes Wild“ (FSC-zertifiziertes Wild) geworben, die anschließend diese Informationen an den Endverbraucher weitergaben. Auf die einzuhaltenden Kriterien nach den FSC Standards wurde bereits in der Antwort zur Frage 1 eingegangen.