LANDTAG DES SAARLANDES 15. Wahlperiode Drucksache 15/977 (15/902) 10.07.2014 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Barbara Spaniol (DIE LINKE.) betr.: Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung beim Kalkschottertagebau der Firma NAPRU bei Rubenheim Vorbemerkung der Fragestellerin: „Seit der Erteilung der Genehmigung zum industriellen Abbau von Kalksteinschotter auf einer Fläche von 7 Hektar im Juni 2011 an die Betreiberfirma NAPRU durch den Landrat des Saarpfalz- Kreises mit fachlicher Unterstützung des Landesamts für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) steht der Betrieb in nicht nachlassender Kritik seitens der Bürgerinnen und Bürger, der sich gebildeten Bürgerinitiativen sowie der Ortsräte aus Wolfersheim und Erfweiler-Ehlingen. Dieser Kalksteinschotterabbau befindet sich in einem Landschaftsschutzgebiet inmitten der Biosphärenregion Bliesgau und grenzt an ein Naturschutzgebiet und ein Natura 2000-Gebiet. Die mit dem Genehmigungsbescheid erteilten Umweltschutzauflagen wurden seitens des Betreibers nicht eingehalten. Obwohl die Behörden (Umweltministerium, LUA und Saarpfalz-Kreis) nachweislich davon Kenntnis hatten, wurden keinerlei Kontrollen durchgeführt. Erst nach dem Einschalten des Verwaltungsgerichtes des Saarlandes durch eine Bürgerinitiative fand am 22. Januar 2014 eine Überprüfung durch die Bauaufsicht des Saarpfalz-Kreises und dem LUA mit „vorheriger“ Ankündigung statt. Sie stellten Auflagenverstöße seitens des betreibenden Unternehmens fest (Aktenzeichen K613-748-2010-01). So kritisieren sie unter anderem der Verlust von Lebensräumen von Reptilien, Tagfaltern und Heuschrecken; die Überschreitung von Abbauendböschungen; Eingriffe in zu erhaltende Biotope; Überschreitungen der Abbaugrenzen , fehlende Sicherheitsabstände; eine fehlende ökologische Baubetreuung.“ Ausgegeben: 10.07.2014 (08.05.2014) Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung der Landesregierung: Entgegen der Behauptungen der Fragestellerin haben durch das LUA bereits frühzeitig Überprüfungen im Abbaugebiet stattgefunden, und zwar am 03.05.2013, 17.05.2013 und am 17.07.2013. Die genannten Überprüfungen sind auf Grund vorgetragener Beschwerden aus der Bevölkerung durchgeführt worden. Weitere örtliche Überprüfungen und Ortseinsichten, speziell mit Beteiligung der Naturschutzbehörden, sind durchgeführt worden, wenn es um konkrete naturschutzfachliche Fragestellungen, Zulassungen und Ausnahmegenehmigungen und um die Einhaltung entsprechender Auflagen ging. Solche Überprüfungen haben stattgefunden am 17.03.2011, 28.06.2013, 10.10.2013, 12.03.2014. Dabei sind in keinem Fall Verstöße gegen Verbotstatbestände festgestellt worden, die die sofortige Einstellung des Betriebs gerechtfertigt hätten. Welche Maßnahmen hat der Betreiber seit den Beanstandungen von Bauaufsicht und LUA ergriffen ? Zu Frage 1: Im Rahmen einer gemeinsamen Ortseinsicht am 22.07.2013 unter Beteiligung der Firma NAPRU, der unteren Bauaufsicht, der Naturwacht Saarland, sowie des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) und einer abschließenden Kontrolle am 10.10.2013 im Steinbruch Rubenheim wurde die Einhaltung der Auflagen der nachfolgend aufgelisteten erteilten Genehmigungen überprüft. Baugenehmigung für die Erweiterung des Steinbruchs um ca. 2,9 ha vom 07.01.2011 (sog. 1. Erweiterung) und Änderungsbescheid vom 16.08.2011 (Änderung der naturschutzfachlichen Auflagen) Baugenehmigung für die Erweiterung des Steinbruchs um ca. 7,2 ha vom 14.06.2011 (sog. 2. Erweiterung), Auflagen Bauschein vom 14.06.2011 Ausnahmegenehmigung gem. § 5 der VO zum NSG „Südlicher Bliesgau / Auf der Lohe“ für den Weiterbetrieb des Steinbruchs vom 04.01.2010 Befreiung gem. § 67 BNatSchG von den Verboten der VO zum NSG „Südlicher Bliesgau / Auf der Lohe“ für die Errichtung und den Betrieb einer Zufahrt zu einem geplanten Erweiterungsbereich des Steinbruchs in Rubenheim vom 29.03.2011 (Nutzung von drei Parzellen als Betriebsflächen) Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Brechen und Klassieren von natürlichem Gestein vom 14.04.2011 Zu den festgestellten Verstößen wurde am 22.01.2014 seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde / Kreisverwaltung Saarpfalz-Kreis eine Anhörung gemäß § 28 Saarl. Verwaltungsverfahrensgesetz mit Schreiben Aktenzeichen: K613-748-2010-01 eingeleitet . Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 3 - Mit Schreiben vom 29.01.2014 Aktenzeichen: 1.3 – Rubenheim – FS wurde seitens des Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz eine Anhörung zu der Immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 14.04.2011, der naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 04.01.2010 und der naturschutzrechtlichen Befreiung vom 29.03.2011 die Anhörung gemäß § 28 Saarl. Verwaltungsverfahrensgesetz eingeleitet . Die Firma NAPRU Kalksteinbruch GmbH & Co.KG hat ihre Stellungnahmen in der angegebenen Frist übersandt. Darüber hinaus wurden im Rahmen einer mündlichen Anhörung am 13.03.2014 alle Auflagen zu den einzelnen Genehmigungen separat angesprochen und festgelegt, zu welcher der Auflagen die Fa. Schmitt nochmals schriftlich Stellung nehmen soll. Diese Stellungnahme mit Datum 26.05.2014 ist am 02.06.2014 beim LUA eingegangen und wird entsprechend ausgewertet. Während der mündlichen Anhörung wurden die Verstöße gegen die Auflagen dezidiert besprochen. Die Fa. NAPRU sicherte zu, ein Planungsbüro mit der Erstellung einer Konzeption (Bestandsaufnahme zur Dokumentation und Bewertung der Beeinträchtigungen /Schädigungen der Schutzgebiete, des FFH-Lebensraumtyps 6510, der gefährdeten sowie besonders oder streng geschützten Arten sowie zusätzlicher entstandener Eingriffe in den Naturhaushalt, deren naturschutzfachliche und –rechtliche Bewertung sowie der Planung von Maßnahmen zur Schadensvermeidung, Schadensbegrenzung , Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands und Planung ggf. erforderlicher Kompensationsmaßnahmen) zu beauftragen. Am 21.05.2014 fand ein Abstimmungstermin mit den beauftragten Planungsbüros, der Fa. NAPRU, Kalksteinbruch GmbH & Co KG und dem LUA statt, bei dem die weitere Vorgehensweise bezüglich der Bestandsaufnahme, Bewertung und Maßnahmenkonzeption besprochen wurde. Wer wird künftig für Überprüfungen zuständig sein, und in welcher Form werden die Überprüfungen stattfinden? Zu Frage 2: Für die Überprüfung von Auflagen aus Genehmigungsbescheiden ist grundsätzlich die Genehmigungsbehörde zuständig. Diese kann sich der entsprechenden Fachbehörden bedienen. Die Überprüfung erfolgt in der Regel während eines Ortstermins. Für die Ausnahmegenehmigung zur Lagerung und Verwendung wassergefährdender Stoffe wurde bereits eine Abnahme durchgeführt. Am 23.04.2014 konnte der Abnahmeschein unter dem Vorbehalt, dass Tank und Wanne des Stromaggregates der Entstaubungsanlage durch einen doppelwandigen Tank (1.000 l) ersetzt werden, ausgehändigt werden. Die Abnahme für die Ausnahmegenehmigung für Erdaufschlüsse steht noch aus. Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 4 - Wie sollen Verstöße gegen die erteilten Auflagen künftig geahndet werden? Zu Frage 3: Die hier für den Betrieb des Steinbruchs relevanten Ausnahmegenehmigungen und Auflagen fußen auf rechtswirksamen Verordnungen. Ein Verstoß gegen diese stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die durch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren mit Festsetzung einer Geldbuße geahndet werden kann. Die derzeit laufenden Anhörungsverfahren zu festgestellten Verstößen sind noch nicht abgeschlossen. Eine Bewertung kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen. Wer ist für Schäden an der Landstraße zwischen Rubenheim und Erfweiler-Ehlingen durch den stark gestiegenen Schwerlastverkehr zuständig? Zu Frage 4: Bei der angesprochenen Straßenverbindung zwischen Erfweiler – Ehlingen und Rubenheim handelt es sich um eine Landstraße II. Ordnung. Gemäß § 3 (1) Nr. 2 des saarländischen Straßengesetzes (StrG) sind Landstraßen II. Ordnung Straßen, die dem überörtlichen Verkehr innerhalb eines Gemeindeverbands oder mit benachbarten Gemeindeverbänden oder kreisfreien Straßen zu dienen bestimmt sind. Träger der Straßenbaulast für Landstraßen ist gemäß § 46 StrG das Land, wahrgenommen durch den Landesbetrieb für Straßenwesen in Neunkirchen. Warum war der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) nicht am Scopingverfahren hinsichtlich der Erweiterung auf 40 Hektar beteiligt? Zu Frage 5: Der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) war am Scoping beteiligt. Mit Schreiben vom 15. Juni 2012 wurde der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) von der Landesplanungsbehörde zum Scopingtermin am 17. Juli 2012 eingeladen. Zur Vorbereitung des Termins wurde mit der Einladung auch das Scopingpapier des Vorhabenträgers versandt . Das Papier stellte die Ziele und Zwecke der Planung sowie die nach damaligem Kenntnisstand voraussichtlichen Umweltauswirkungen sowie die bereits durchgeführten bzw. geplanten Untersuchungen vor. Weshalb hat es zu keiner Zeit geologische Untersuchungen gegeben? Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 5 - Zu Frage 6: Behördlicherseits wurde diesbezüglich keine Notwendigkeit für neue geologische Untersuchungen gesehen, weil der Aufbau dort bekannt ist. Der Kalkabbau in Rubenheim nutzt das Kalkvorkommen des Trochitenkalks im unteren Teil des Oberen Muschelkalks (mo1), welcher aus einem massigen, klüftigen und durchlässigen Kalkstein besteht. Im Liegenden folgen: Mittlerer Muschelkalk mmo vorwiegend Mergelstein, lagenweise Gips und Anhydrit , wenig durchlässig; mmu vorwiegend Tonsteine, undurchlässig; Unterer Muschelkalk mu Dolomitstein und Mergelstein, wenig durchlässig; Oberer Buntsandstein so Inhomogener Sandstein, mäßiger Grundwasserleiter ; Mittlerer Buntsandstein sm Homogener Sandstein, guter Grundwasserleiter. Für die hydrogeologische Beurteilung des Kalkabbaus spielt die mmu-Schicht eine besondere Rolle. Diese impermeable Lage unterteilt die Muschelkalk-Buntsandstein- Schichtfolge in zwei voneinander unabhängige Grundwasser-Stockwerke, nämlich in o ein oberes Stockwerk im Hangenden der mmu-Schicht, o ein unteres Stockwerk im Liegenden der mmu-Schicht. Die im Verbreitungsgebiet des Oberen Muschelkalks und der mmo-Schicht versickernden Niederschläge sammeln sich auf der Oberfläche der praktisch undurchlässigen mmu-Schicht und treten über kavernöse, als Flächendräns wirkende Karbonatgesteine oder ausgelaugte Sulfatgesteine in einem Quellhorizont an der mmo – mmu –Grenze zu Tage. Der unter der Sperrschicht folgende Grundwasserleiter des Buntsandsteins wird durch diese geschützt. Die nahe gelegene Bohrung „Rubenheim“ – heute nicht mehr zur Trinkwasserversorgung genutzt – sowie die 3 km östlich stehenden Tiefbohrungen im Bliestal beruhen auf dem Buntsandstein-Grundwasserleiter. Wegen der Schutzfunktion der überdeckenden mmu-Schicht sind sie gegen jegliche Beeinträchtigungen durch den Kalkabbau geschützt. Die einstmals zur Trinkwasserversorgung genutzte Quelle „Rubenheim “ beruht auf dem Quellhorizont oberhalb der mmu-Schicht. Das Areal der beabsichtigten Steinbruch-Erweiterung befindet sich innerhalb der ausgewiesenen Schutzzone für diese Quelle. Da die Quelle nicht mehr zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, ist das Schutzgebiet am 20.06.2013 aufgehoben worden. Um dennoch Schädigungen des Quellwassers zu verhindern, wurden Auflagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen auf dem Betriebsgelände erteilt. Akzeptiert man die Veränderungen des Landschaftsbildes seitens der Landesplanung Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 6 - Zu Frage 7: Aufgrund der Größenordnung der geplanten Erweiterung des Kalksteintagebaus von über 10 ha ist ein Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen . Im Rahmen dieses Verfahrens sind auch die voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Landschaft zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Das Raumordnungsverfahren wurde aufgrund noch fehlender Unterlagen bisher nicht eingeleitet. Insofern ist seitens der Landesplanung hinsichtlich der Bewertung von Veränderungen des Landschaftsbilds noch keine abschließende Meinungsbildung erfolgt. Wie beurteilt die Landesregierung diese Umweltverstöße inmitten der Biosphäre Bliesgau sowie eines Landschaftsschutzgebietes, in unmittelbarer Nähe eines FFH-, Natura 2000- und Wasserschutzgebietes politisch und juristisch? Zu Frage 8: Die Gewinnung von Natursteinen in einem Biosphärenreservat ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen oder unvereinbar mit dem Konzept der Biosphärenreservate. Die Belange von Natur und Landschaft werden im Falle des positiven Abschlusses des Raumordnungsverfahrens (Zielabweichungsverfahren) in den erforderlichen Genehmigungsverfahren angemessen beachtet und berücksichtigt. Welche Auswirkungen haben diese Verstöße nach Ansicht der Landesregierung im notwendigen Zielabweichungsverfahren sowie Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfungen durch die Landesplanungsbehörde? Zu Frage 9: Umweltverstöße im derzeit genehmigten Abbaubereich fallen in den Zuständigkeitsbereich der Zulassungs- und Genehmigungsbehörde und haben damit keine Auswirkungen auf die raumordnerischen Verfahren zur geplanten Erweiterung des Kalksteinbruchs. Es wird aber darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Raumordnungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung (hier mit integriertem Zielabweichungsverfahren) eine Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gesetzlich vorgeschrieben ist. Insofern ist gewährleistet, dass die Öffentlichkeit sowie alle relevanten öffentlichen Institutionen, Träger öffentlicher Belange, kommunale Gebietskörperschaften und die anerkannten Naturschutzvereinigungen an den raumordnerischen Verfahren beteiligt werden und Bedenken entsprechend eingebracht werden können. Kann das Zielabweichungsverfahren trotz der Verstöße positiv entschieden werden? Wenn ja, warum , wenn nein, warum nicht? Drucksache 15/977 (15/902) Landtag des Saarlandes - 15. Wahlperiode - - 7 - Zu Frage 10: Ja, da Umweltverstöße im derzeit genehmigten Abbaubereich in den Zuständigkeitsbereich der Zulassungs- und Genehmigungsbehörde fallen. Im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens für die Erweiterung ist dagegen zu prüfen, ob die Abweichung von einem landesplanerisch festgelegten Ziel (hier: Vorranggebiet für Landwirtschaft und Vorranggebiet für Grundwasserschutz) für den konkreten Fall der geplanten Erweiterung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Welche Verstöße würden nach Ansicht der Landesregierung zu einem sofortigen Betriebsverbot für den Betreiber führen? Zu Frage 11: Schwerwiegende Verstöße gegen entsprechende rechtliche Regelungen, die zu Gefahr oder gar zu Bedrohungen für Leib und Leben oder entsprechend hochwertige Sachgüter führen müssten. Bisher sind solche Verstöße nicht bekannt geworden.