LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/137 (16/117) 08.11.2017 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Rudolf Müller (AfD) betr.: Justizvollzugsbeamte Vorbemerkung des Fragestellers: Wie auf der Internetpräsenz des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport zu lesen ist, plant der Innenminister Bouillon eine schnellere Beförderung für junge Beamte im Polizeivollzugsdienst, als Maßnahme zur Stärkung der Sicherheitsarchitektur im Saarland. Im Saarland gibt es nicht nur bei der Landespolizei einen Beförderungs-Stau sondern auch bei den Justizvollzugsbeamten in saarländischen Vollzugsanstalten . Ähnlich wie die Polizeibeamten sind auch diese im 3-Schichtsystem tätig mit Sonn- und Feiertagsschichten mit 12 Stunden Dienst. Hinzu kommen Nachtschichten und Spätdienste . Im Gegensatz zur Landespolizei haben Justizvollzugsbeamte fast ausschließlich mit straffällig gewordenen Personen zu tun und dies unter Einsatz ihrer Gesundheit (und mehr) um für Ordnung in den Justizvollzugsanstalten zu sorgen. Für die Einstellung im mittleren Dienst (Besoldungsstufe A7) ist eine zweijährige Ausbildung erforderlich und anschließend drei Jahre Probezeit bis zur Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Eine Beförderung kann frühestens nach einem Jahr erfolgen, wird allerdings meist erst nach zehn oder mehr Jahren durchgeführt! Für eine Anstellung im Werkdienst ist sogar ein Meisterbrief des Handwerks erforderlich wobei aber keine Höhergruppierung erfolgt. Die Einstellung erfolgt mit der gleichen Laufbahn (mittl. Dienst) und gleicher Besoldung (A 7) wie im allgemeinen Vollzugsdienst ohne höherwertige Qualifikation. Ausgegeben: 08.11.2017 (02.10.2017) Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Sind bei saarländischen Justizvollzugsbeamten ähnliche Maßnahmen zur schnelleren Beförderung geplant? Zu Frage 1: Der vorliegenden Anfrage ist ein Hinweis auf einen Text der Internetpräsenz des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport („schnellere Beförderung für junge Beamte“) vorangestellt. Diesem Text liegt eine Pressemitteilung des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport (MIBS) vom 14.03.2017 zugrunde. Dort wird im weiteren Verlauf darauf verwiesen, dass mit Blick auf eine zu erstellende „Systematik“, die eine schnellere Beförderung im dortigen Bereich gewährleisten soll, „die Details der Konzeption“ derzeit noch gemeinsam mit Interessenvertretungen und Gewerkschaften erarbeitet würden. Insofern kann die Landesregierung derzeit noch keine Aussage dazu treffen, ob auch im Justizvollzug „ähnliche Maßnahmen zur schnelleren Beförderung“ ergriffen werden könnten. Grundsätzlich unternimmt es die Landesregierung auch im saarländischen Justizvollzug, Beförderungsperspektiven für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten und auszubauen. Der Justizvollzug hat bereits in der Vergangenheit von einem zusätzlichen Beförderungsbudget in Höhe von 20.000 € / Jahr erheblich profitieren können, indem zahlreiche (zusätzliche) Beförderungen in den Justizvollzugsanstalten umgesetzt werden konnten. Eine Beförderung kann indes nach den gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich erst nach einem Jahr erfolgen. Im Übrigen sind unangemessene Wartezeiten im Justizvollzug im Regelfall nicht erkennbar. Dies mag verdeutlich sein am Beispiel der JVA Saarbrücken: Diese weist einen Personalstamm von 311 Planstellen auf; aktuell sind nur sechs Beamtinnen und Beamte seit mehr als 10 Jahren im Eingangsamt. Da sich Beförderungsentscheidungen nicht nur an der Beförderungsreife ausrichten, sondern Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Beamtinnen und Beamtinnen zugrunde zu legen haben, ist jenseits konzeptioneller Fragen immer der Einzelfall in den Blick zu nehmen. Wie viele Beamte sind auf Grund der schwierigen Bedingungen im saarländischen Strafvollzug in psychologischer Behandlung? Bitte getrennt auflisten nach Justizvollzugsanstalten (Saarbrücken, Ottweiler, Saarlouis und Arrest in Lebach). Zu Frage 2: Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung der Beamten, die Aufnahme psychologischer Behandlungen ihrem Dienstherrn anzuzeigen, so dass sie diesem in der Regel nicht bekannt sind. Soweit man allgemein auf erkrankte Bedienstete abstellen wollte, ließe sich aus den entsprechenden Dienstunfähigkeits-bescheinigungen lediglich die Dauer der Dienstunfähigkeit , nicht aber eine konkrete Erkrankung ablesen. Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Im Fall längerer Dienstunfähigkeit erfolgt durch den Dienstherrn eine Vorstellung bei einem Amtsarzt oder einem als Gutachter beauftragten Arzt. Dieser teilt der Behörde nach § 50 Abs. 2 SBG allerdings nur die tragenden Feststellungen und Gründe des Ergebnisses der dortigen ärztlichen Untersuchung mit. Krankheitshintergründe, insbesondere die Ursache einer Erkrankung – und ggf. einer psychologisch/psychiatrischen Behandlung – werden nicht angegeben. In aller Regel werden die Ursachen einer psychiatrischen Grund-erkrankung bei dieser Untersuchung nicht erforscht, vielmehr richten sich die zu treffenden Feststellungen allein auf die aktuelle und künftige Dienstfähigkeit eines Beamten. Im Übrigen sind nach hiesigem Kenntnisstand die Ursachen psychiatrischer Krankheitsbilder regelmäßig so vielschichtig, dass sie im Rahmen einer amtsärztlichen Überprüfung kaum zuverlässig ermittelt werden könnten. Wie viele Beamte wurden im Dienst in den letzten 10 Jahren bei Übergriffen durch Gefangene verletzt ? Bitte nach Justizvollzugsanstalten getrennt aufführen wie bei Frage 2. Zu Frage 3: Die Zahl der verletzten Beamten steht im unmittelbaren Zusammenhang zu der Anzahl der Übergriffe in den letzten 10 Jahren. Die Zahl der Übergriffe und der verletzten Bediensteten wird in der folgenden Tabelle jeweils getrennt nach Anstalt aufgeführt: JVA Ottweiler: Zahl der Übergriffe Zahl der verletzten Bediensteten 2007 0 0 2008 0 0 2009 1 1 2010 0 0 2011 0 0 2012 0 0 2013 0 0 2014 0 0 2015 1 5 2016 2 6 2017 2 2 Gesamt 6 14 Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - JVA Saarbrücken: Zahl der Übergriffe Zahl der verletzten Bediensteten 2007 0 0 2008 1 1 2009 4 4 2010 1 2 2011 0 0 2012 2 6 2013 1 2 2014 0 0 2015 2 1 1 2016 2 5 2017 1 1 Gesamt 14 22 Es ist im Hinblick auf die Gesamtzahl der verletzten Bediensteten darauf hinzuweisen, dass in der statistischen Erfassung grundsätzlich alle Verletzungsfolgen erfasst werden. In einer Vielzahl der Fälle handelte es sich um weniger gravierende Verletzungen, wie Schürfwunden , Prellungen und Ähnliches, die keine Behandlungsnotwendigkeit oder Dienstunfähigkeit nach sich gezogen haben (vgl. dazu auch Frage 4). Wie viele saarländische Justizvollzugsbeamte trugen Folgeschäden durch Übergriffe von Gefangenen davon ? Bitte getrennt aufführen wie bei Frage 2. Zu Frage 4: Bei rechtlicher Betrachtung handelt es sich bei einem Folgeschaden um einen Schaden, der indirekt in Folge eines anderen Schadens entsteht (deshalb auch häufig Sekundärschaden /Sekundärverletzung genannt). Unmittelbare Gesundheitsverletzungen werden juristisch als Primärschäden definiert. Bei der Beantwortung der Frage wird davon ausgegangen, dass diese allgemein darauf abzielt, bei wie vielen Übergriffen (dauerhafte) Folgen aufgetreten sind. Dabei ist einschränkend zu bemerken, dass eine Zuordnung von Verletzungen als Folge eines Übergriffs häufig nicht sicher möglich ist. Teilweise erfolgt auch (z.B. bei Ruhestandsversetzungen oder Versetzungen in andere Geschäftsbereiche etc.) keine vertiefte oder gar gutachterliche Aufarbeitung, so dass in diesen Fällen keine Feststellungen im Sinne der Anfrage getroffen wurden. 1 Bei einem der beiden Übergriffe hat sich der Beamte keinerlei Verletzungen zugezogen. Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 5 - Im Einzelnen zu den in Frage 2 bezifferten verletzten Beamten: 1. Bei den 14 verletzten Bediensteten der JVA Ottweiler stellen sich die Folgen der Übergriffe wie folgt dar: 10 Personen waren nach dem jeweiligen Übergriff weder dienstunfähig erkrankt, noch in längerer ärztlicher Behandlung. Ein Beamter befand sich mit orthopädischen Verletzungen (Primärschaden) für einige Zeit in ärztlicher Behandlung und war für den Zeitraum eines Monats dienstunfähig erkrankt . Ein weiterer Beamter war für längere Zeit in ärztlicher Behandlung und über einen Zeitraum von etwa vier Monaten dienstunfähig erkrankt. Bei zwei Beamten lagen im Rahmen der unmittelbaren Gesundheitsverletzung orthopädische Erkrankungen zugrunde; die Frage nach psychischen Folgeschäden ist Gegenstand laufender Verfahren/Untersuchungen. 2. Bei den 22 verletzten Bediensteten der JVA Saarbrücken waren die Folgen der Übergriffe wie folgt: In sieben Fällen waren die Beamten nach dem jeweiligen Übergriff weder dienstunfähig erkrankt, noch in längerer ärztlicher Behandlung. In acht Fällen waren die Bediensteten in Folge des jeweiligen Übergriffs weniger als zwei Wochen dienstunfähig erkrankt. In fünf Fällen waren Zeiten längerer Dienstunfähigkeit im Zusammenhang mit psychiatrischen Folgeerkrankungen zu verzeichnen, wobei die Kausalität zwischen Übergriff und Erkrankung nicht geklärt werden konnte. In zwei Fällen haben Beamtinnen und Beamte nach dem jeweiligen Übergriff ihren Dienst in einer JVA (bislang) nicht mehr antreten können; eine etwaige Genesung und Rückkehr in den Dienst ist aber in diesen Fällen nicht ausgeschlossen. Wie sieht die Landesregierung die Gefährdung der Beamten in den Vollzugsanstalten im Vergleich mit der Polizei, wenn man bedenkt, dass in Werkbetrieben einzelne Beamte bis zu 20 verurteilte Straftäter beaufsichtigen müssen und das unbewaffnet? Zu Frage 5: Dem Vollzugsbediensteten und den Polizeibeamten liegen unterschiedliche Berufsbilder und verschiedene Berufs- und Aufgabenfelder zugrunde. Der Landesregierung erscheint es daher nicht möglich, einen validen Vergleich zur Frage der Gefährdung zwischen den Beamten dieser Berufsgruppen vorzunehmen, zumal auch insoweit naturgemäß in den Gruppen Binnendifferenzierungen bestehen. Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 6 - Zu der hier hervorgehobenen Frage der Gefährdung von Werkbeamten kann festgestellt werden, dass für den hier abgefragten und ausgewerteten Zeitraum von 10 Jahren kein einziger Angriff auf Beamte des Werkdienstes bekannt ist. Von Seiten der Anstaltsleitung erfolgt eine sorgfältige Auswahl derjenigen Gefangenen, welche in den Betrieben eingesetzt werden können. Bei dieser Auswahl spielt neben der Eignung auch die Frage der Gefährlichkeit eine maßgebliche Rolle. Die Werkbetriebe sind im Übrigen überwiegend mit zwei Beamten besetzt, was nicht nur die Arbeitsqualität der Betriebe sichert, sondern dort auch zur Sicherheit beiträgt. Eine Betreuung von mehr als 10 Gefangenen durch einen einzelnen Beamten ist jedenfalls die Ausnahme in saarländischen Justizvollzugsanstalten. Ist von der Landesregierung die Anhebung des Eingangsamtes für den Werkdienst im saarländischen Strafvollzug geplant? Zu Frage 6: Eine solche Anhebung ist derzeit nicht geplant. Aus welchen Gründen sind die Werkdienst- Meister dem allgemeinen Vollzugsdienst gleichgestellt , trotz höherwertiger Qualifikation? Bitte detailliert ausführen. Zu Frage 7: Nach § 34 AOJ Vollz. WD ist befähigt für die Laufbahn des Werkdienstes, wer 1. als Beamter/Beamtin in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes angestellt ist, 2. die Meisterprüfung in dem betreffenden Handwerk erfolgreich abgelegt hat und 3. in einer Einführungszeit nachgewiesen hat, dass er/sie den besonderen Aufgaben der Beamten/Beamtinnen im Werkdienst gewachsen ist. Insoweit sind die Beamtinnen und Beamten des Werkdienstes häufig, indes nicht immer höherwertiger qualifiziert als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des allgemeinen Vollzugsdienstes. Eine „Gleichstellung“ zwischen Werkdienst-Meistern und allgemeinem Vollzugsdienst besteht aus Sicht der Landesregierung nicht. So werden die Beamten des Werkdienstes schon rein formal mit eigenen Stellen im Stellenplan geführt. Nach der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung von Stellenobergrenzen für den mittleren Dienst bei den Justizvollzugsanstalten gelten für den Werkdienst auch etwas günstigere Stellenobergrenzen als für andere Laufbahnen. Darüber hinaus unterscheiden sich die Tätigkeiten zwischen Werkdienst und mittlerem allgemeinen Vollzugsdienst auch erheblich. Als Gründe für den Wechsel der Laufbahn in den Werkdienst wird beispielsweise häufig die Freude an der Ausbildungstätigkeit mit Gefangenen, aber auch die Möglichkeit der Fortführung des ursprünglich einmal erlernten Berufes angeführt. Drucksache 16/137 (16/117) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 7 - So hat die Arbeit im Werkdienst einer JVA einen erheblich größeren Ausbildungscharakter, als dies in Unternehmen der Privatwirtschaft der Fall ist. Letztlich sind die Beamten des Werkdienstes – anders als der allgemeine Vollzugsdienst - nicht zum Schicht- und Wechselschichtdienst verpflichtet, was häufig als großer Vorteil der Laufbahn beschrieben und von den betroffenen Beamten auch so empfunden wird. Besoldungsrechtlich wird die Meisterqualifikation durch eine besondere Zulage berücksichtigt (vgl. Nr. 25 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B, Anlage I, SaarBBesG)