LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/183 (16/114) 04.12.2017 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Jochen Flackus (DIE LINKE.) betr.: Entwicklung der Steuereinnahmen im Saarland aufgrund veränderter Steuergesetzgebung Vorbemerkung der Landesregierung: Gegenstand der parlamentarischen Anfrage Die parlamentarische Anfrage ist auf die fiktive Entwicklung von Steuereinnahmen des Saarlandes gerichtet, welche hypothetisch vorlägen, wenn in der Vergangenheit Steuerrechtsänderungen nicht stattgefunden hätten. Mit dieser (aus finanzpolitischer Sicht sicher interessanten) Fragestellung weicht diese parlamentarische Anfrage deutlich von der Perspektive der jährlich stattfinden Steuerschätzungen, aber auch von der Perspektive weiterer Fachgremien beim Bundesministerium der Finanzen zum Thema ab. Die Fragestellung wirft damit fachlich-methodische Probleme auf, die dazu führen, dass eine konkrete Zahlenangabe in Beantwortung der gestellten Fragen auch annähernd nicht möglich ist. Um dies zu erläutern, soll zunächst dargelegt werden, mit welchen Fragestellungen, Analysen und Prognosen sich die bestehenden Fachgremien zur Quantifizierung und Prognose befassen und durch welche Unterschiede in den Perspektiven die methodischen Probleme begründet sind. Bestehende Fachgremien Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ ist ein Arbeitskreis beim Bundesministerium der Finanzen. Seine Schätzungen für die Zukunft basieren u.a. auf den aktuellen gesamtwirtschaftlichen Eckdaten der Bundesregierung, verschiedenen Schätzvorschlägen der Wirtschaftsforschungsinstitute und insbesondere auf dem zum Zeitpunkt der Schätzung geltenden Steuerrecht. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat einen Unterausschuss „Regionalisierung“, dem das Bundesministerium der Finanzen und die Ländervertreter im Arbeitskreis angehören . Unter Regionalisierung wird die Aufteilung des vom Arbeitskreis geschätzten Steueraufkommens auf die einzelnen Länder verstanden. Die Regionalisierung wird maßgeblich bestimmt durch die zum Zeitpunkt der Schätzung geltende Finanzverfassung mit den zugehörigen einfachgesetzlichen Regelungen (z.B. Finanzausgleichsgesetz , Maßstäbegesetz). Ausgegeben: 04.12.2017 (22.09.2017) Drucksache 16/183 (16/114) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Die Sitzungsfolge des Arbeitskreises Steuerschätzungen orientiert sich an den Zeitplänen der Haushalts- und Finanzplanung insbesondere des Bundes. Es finden zwei Sitzungen im Jahr statt. Anfang November erfolgt eine Steuerschätzung für den mittelfristigen Zeitraum (laufendes Jahr plus fünf Folgejahre). Mitte Mai erfolgt eine zweite Steuerschätzung für den mittelfristigen Zeitraum (laufendes Jahr plus vier Folgejahre). Ihre Ergebnisse sind Grundlage für den Haushaltsentwurf des Folgejahres und für die jährliche Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ gibt also auf Basis des geltenden Steuerrechts und der geltenden Finanzverfassung eine Prognose über die Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften für die Folgejahre ab. Die Steuereinnahmen einer Gebietskörperschaft sind dabei (über das jeweils geltende Steuerrecht und die geltende Finanzverfassung mit ihren einfachgesetzlichen Regelungen) mit den Einnahmen der jeweils anderen Gebietskörperschaften verknüpft. Parallel zum Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ mit seinem Unterausschuss „Regionalisierung “ existiert beim Bundesministerium der Finanzen ein Arbeitskreis „Quantifizierung “, der sich mit der Frage beschäftigt, wie sich eine isolierte Änderung des Steuerrechts (z.B. eine Anhebung des Mehrwertsteuersatzes) bei ansonsten unverändertem Steuerrecht und sonstigen Gegebenheiten (z.B. wirtschaftlichen Eckdaten) auf die Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften auswirken würde. Bei letztgenanntem Arbeitskreis kommt zur Quantifizierung von Steuerrechtsänderungen bei der Einkommensteuer ein Einkommensteuer-Mikrosimulationsmodell zum Einsatz . Dieses wurde durch das Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) im Rahmen einer Forschungskooperation mit dem Bundesministerium der Finanzen entwickelt und wird seit vielen Jahren für die Quantifizierung der fiskalischen Auswirkungen von Steuerrechtsänderungen im Bereich der Einkommensteuer verwendet. 1 Dieses Mikrosimulationsmodell versucht über eine repräsentative Stichprobe (hunderttausende Einzelfälle mit unzähligen Merkmalen) 2 entstehende Wechselwirkungen durch eine isolierte einzelne Steuerrechtsänderung bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen zu modellieren und schließlich zu quantifizieren. Auf Grundlage einer gegebenen Datenbasis und des jeweiligen Rechtsstandes kann im Modell die Einkommensteuerschuld der Steuerpflichtigen berechnet und die aggregierte Gesamtwirkung möglicher Reformszenarien simuliert werden. Fiktive Steuerrechtsänderungen beim Einkommensteuerrecht werden dabei isoliert mit ihren Wechselwirkungen zum geltenden Recht analysiert, um (ceteris paribus) eine Prognose über die fiskalische Gesamtaufkommensänderung abzugeben, welche allein durch die ursprüngliche fiktive Änderung erzeugt wird. Auch für die Erbschaftsteuer ist eine Bundesstatistik eingeführt worden, auf deren Grundlage die Auswirkungen gesetzlicher Änderungen annähernd quantifizieren können. 1 Als Grundlage der Studie „Auswirkungen eines mittelstandsfreundlichen Modells zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes mit Verschonungsregel für gewerbliche Personenunternehmen auf das Steueraufkommen“, welches das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung im Jahr 2013 im Auftrag des Ministeriums für Finanzen und Europa erarbeitet hatte, kam ein ähnlich gelagertes Mikrosimulationsmodell zu Einsatz. 2 Für die Aufbereitung der Geschäftsstatistik des Jahres 2011 wurde eine 25 Prozent- Substichprobe gezogen, sodass das neue ESt-Modell über einen Datensatz von mehr als 714.000 Veranlagten verfügt. Ergänzt wird er durch die etwa 75.000 nicht veranlagten ELSTER- Fälle des Jahres 2010, sodass der Stichprobenumfang nunmehr aus rund 789.000 Steuerpflichtigen besteht. Drucksache 16/183 (16/114) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Unterschied der parlamentarischen Anfrage zur Arbeit der bestehenden Fachgremien Die hier vorliegende parlamentarische Anfrage unterscheidet sich substantiell vom Vorgehen und von der Sichtweise der genannten Arbeitskreise. Im Zentrum der Anfrage steht die (auf die Vergangenheit gerichtete) Frage, wie die Steuereinnahmen des Saarlandes heute ausgefallen wären, wenn eine Steuerrechtsänderung in der Vergangenheit nicht stattgefunden hätte. Anders als bei den genannten Arbeitskreisen, bei denen Steuerrechtsänderungen isoliert (ceteris paribus) betrachtet werden, sollen hier Effekte aus (fiktiv zurückgenommenen) Steuerrechtsänderungen dargestellt werden, die über beinahe zwei Dekaden von unzähligen anderen Steuerrechtsänderungen, von Änderungen der Finanzverfassung, von Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Steuerarten und letztlich auch der wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten 20 Jahre (die ihrerseits von der Steuerpolitik beeinflusst werden) überlagert sind. Die entstehenden Wechselwirkungen der kumulierten Steuerrechtsänderungen mit den (von der parlamentarischen Anfrage) hypothetisch zurückgenommenen Steuerrechtsänderungen sind in ihrer Komplexität nicht zu analysieren, so dass eine Quantifizierung der historischen Änderungen folglich nicht möglich ist. Um einen Eindruck von der Fülle der Steuerrechtsänderungen allein für die Zeit der Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ab Ende 1998 bis Oktober 2005 zu vermitteln, sei auf eine Zusammenstellung des Bundesministeriums der Finanzen verwiesen . Das Bundesministerium der Finanzen listet für diese Jahre beinahe 50 Seiten an verschiedensten Steuerrechtsänderungen auf, welche häufig unmittelbar das Einkommensteuerrecht betreffen 3 und zusätzlich in vielen Fällen (beispielsweise durch die einschneidende Reform der Unternehmensbesteuerung aus dem Jahr 2000) mittelbare Wechselwirkungen entfalten. 4 Gleiches gilt für die umfangreiche Unternehmenssteuerreform 2008, die zur Senkung der tariflichen Ertragsteuerbelastung für Unternehmen führte, indem eine Rechtsformneutralität (Belastungsneutralität) und Finanzierungsneutralität der Unternehmensbesteuerung hergestellt wurde, u.a. mit der Einführung der sog. Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen. Zugleich wurde mit Wirkung ab dem Jahre 2009 die Abgeltungsteuer als Schedulenbesteuerung eingeführt , was einen grundlegenden Systemwechsel bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften zur Folge hatte. Den v. g. Reformen lag größtenteils ein Paradigmenwechsel mit weitreichenden gegenseitigen Wirkungen im Besteuerungssystem zugrunde, so dass die haushaltsmäßigen Folgen mit vergleichender Rückbetrachtung auf weit zurück liegende Bezugsjahre unmöglich zu beziffern sind. Auch das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz ist in den Jahren 2008 bis 2017 allein elfmal geändert worden. Zusätzlich haben sich zwischen dem Jahr 1999 und dem Jahr 2016 einschneidende Änderung der Finanzverfassung ergeben (z.B. Einführung des Maßstäbegesetzes, Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes), welche eine einfache Berechnung der Auswirkungen auf das Saarland alleine aus einer fiktiven Rückkehr zu den Sätzen des Jahres 1999 oder zu einem Rechtszustand bei der Vermögensteuer vor ihrem Auslaufen technisch unmöglich machen, weil unklar ist, auf welcher Basis eine Verteilung des Aufkommens erfolgen sollte. 3 Siehe Bundesministerium der Finanzen (2014), „Übersicht über die Steuerrechtsänderungen seit 1964“, www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/ Weitere _Informationen/zusammenstellung-der-steuerrechtsaenderungen-seit-1964- anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Hinzu kommen weitere ca. 100 Seiten an Steuerrechtsänderungen in den einschlägigen Bereichen zwischen 2005 und 2014. 4 Besonders zu nennen ist hier das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (einschließlich der Entschließung des Bundesrates vom 14. Juli 2000). Drucksache 16/183 (16/114) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Fazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die zur Beantwortung der parlamentarischen Anfrage notwendigen Daten über die fiktiv zu ermittelnde Steuerschuld nicht vorliegen. Dies betrifft zum einen die konkrete Einkommensteuerschuld im Rahmen des Einkommensteuer-Simulationsmodells. Es betrifft zum anderen die für eine fiktive Berechnung der Vermögensteuerschuld heranzuziehenden Werte. Schlussendlich bleibt unklar, auf welcher Basis eine Aufkommensberechnung angesichts zahlreicher Änderungen der Finanzverfassung erfolgen sollte. Da sich die Anfrage auf die Auswirkungen im Jahr 2016 und Vorjahre bezieht, helfen die historischen Daten, die für den Zeitpunkt der jeweiligen Steuerrechtsänderung jeweils isoliert ermittelt worden waren, zur Beantwortung der Anfrage nicht weiter. Zudem ist ex post die Ermittlung der Steuerschuld für solche Wirtschaftssubjekte, die in der Vergangenheit nicht der Steuerpflicht unterlagen, unmöglich. So liegen z.B. Informationen des Steuerpflichtigen nicht vor, da diese auf Grund der damaligen Rechtslage die aus heutiger Sicht erforderlichen Daten nicht an die Finanzbehörde übermitteln mussten. Vor dem Hintergrund dieser Vorbemerkung beantwortet die Landesregierung die parlamentarische Anfrage wie folgt. Wie sähen die Einnahmen aus der Einkommenssteuer für das Saarland im Jahr 2016 aus, wenn noch der Spitzensteuersatz von 53 Prozent wie im Jahr 1999 gelten würde? Zu Frage 1: Aus den vorgenannten Gründen ist eine Beantwortung nicht möglich. Wie sähen die Einnahmen aus der Einkommenssteuer für die saarländischen Kommunen im Jahr 2016 aus, wenn noch der Spitzensteuersatz von 53 Prozent wie im Jahr 1999 gelten würde? Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Wie viele Steuer-Mehreinnahmen hätte das Saarland von 2012 bis 2016 gehabt, wenn noch der Spitzensteuersatz von 53 Prozent bei der Einkommenssteuer wie im Jahr 1999 gelten würde? Zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 1. Wie viele Steuer-Mehreinnahmen hätten die saarländischen Kommunen von 2012 bis 2016 gehabt, wenn noch der Spitzensteuersatz von 53 Prozent bei der Einkommenssteuer wie im Jahr 1999 gelten würde? Zu Frage 4: Siehe Antwort zu Frage 1. Drucksache 16/183 (16/114) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 5 - Wie sähen die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer für das Saarland im Jahr 2016 aus, wenn noch das Erbschaftssteuer-Gesetz aus dem Jahr 2008 gelten würde? Zu Frage 5: In seiner ersten von bislang drei Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft - und Schenkungssteuergesetzes vom 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BStBl II 1995 S. 671, hat das Bundesverfassungsgericht die Erbschaftsteuer als verfassungswidrig angesehen, weil das Grundvermögen mit den überholten Einheitswerten von 1964, insbesondere im Vergleich zu dem mit seinem Gegenwartswert anzusetzenden Kapitalvermögen , nicht realitätsgerecht abgebildet worden sei. Die anschließende Reform durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20.12.1996, BGBl I 1996 S. 2049, ersetzte zwar die Einheitswerte für das Grundvermögen durch neue höhere Grundbesitzwerte, das Betriebsvermögen wurde aber weiterhin mit niedrigen Steuerbilanzwerten und nicht mit Verkehrswerten angesetzt. Eine erneute Vorlage des Bundesfinanzhofs beim Bundesverfassungsgericht mündete in dem Beschluss vom 7. November 2006, 1 BvL 10/02, BStBl II 2007 S. 192, der das Erbschaftsteuergesetz erneut wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG als verfassungswidrig ansah, weil nicht alle Vermögensgegenstände gleichmäßig an gemeinen Werten als Bewertungsziel ausgerichtet wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar dem Gesetzgeber zugestanden, dass er in der Wahl der Bewertungsmethode frei sei. Die angewandten Methoden müssten aber in einem ersten Schritt gewährleisten, dass sich die Bewertung aller Vermögensgegenstände dem gemeinen Wert (Verkehrswert) annähert . Erst in einem zweiten Schritt seien Verschonungsregelungen für einzelne Vermögensarten zulässig, um steuerliche Lenkungsziele, wie z.B. die Erleichterung der Unternehmensnachfolge, zu verfolgen. Im Jahr 2008 hat der Gesetzgeber mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008, BGBl. I 2008 S. 3018 auf das Urteil des Verfassungsgerichts reagiert und eine Reform des Erbschaftsteuer- und des Bewertungsrechts verabschiedet, nach der künftig alle Bewertungen von Vermögensgegenständen am Verkehrswert auszurichten waren. Mit dem von der parlamentarischen Anfrage thematisierten Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 hat der Gesetzgeber die Monita des Verfassungsgerichts aufgenommen . Gleichzeitig wurden aber bei der Erbschaftsteuer umfangreiche Verschonungsregeln , insbesondere für das Unternehmensvermögen geschaffen. Die Verschonungsinstrumentarien waren sehr weitgehend und nicht zielgenau, so dass der Bundesfinanzhof das Erbschaftsteuergesetz erneut durch eine entsprechende Vorlage auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand stellte. In seiner Entscheidung vom 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BStBl II 2015 S. 50, ist das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des Bundesfinanzhofs gefolgt und hat das Erbschaftsteuergesetz erneut wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes als verfassungswidrig angesehen. Das im Anschluss daran erlassene Erbschaftsteuerreformgesetz vom 4. November 2016, BGBl I 2016 S. 2464, hat die Begünstigung des Unternehmensvermögens ein gutes Stück weit zurückgenommen, insbesondere durch zielgenauere Abgrenzung des begünstigten Vermögens vom Verwaltungsvermögen, durch Einschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten , durch Modifizierungen bei der Einhaltung der Lohnsummen und durch Einschränkung der Vergünstigungen in Großfällen. Für eine Berechnung fiktiver Einnahmen aus der Erbschaftsteuer nach dem Rechtsstand von 2008 liegen keine Daten vor. Aus Sicht der Landesregierung ist es darüber hinaus nicht sinnvoll, eine vom Bundesverfassungsgericht verworfene Rechtslage fiktiv fortzuschreiben. Im Übrigen führt die Neuregelung der Erbschaftsteuer in 2016 gegenüber der Reform aus dem Jahr 2008 langfristig zu höheren Erbschaftsteuereinnahmen . Drucksache 16/183 (16/114) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 6 - Wie viel Mehreinnahmen hätte das Saarland im Jahr 2016 gehabt, wenn noch eine Vermögenssteuer wie bis zum Jahr 1996 erhoben würde? Zu Frage 6: Siehe Antwort zu Frage 1 und Frage 5. Zu den o.g. Problemen tritt hier erschwerend hinzu, dass Informationen über zugrunde zu legende Werte fehlen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Vermögensteuer mit Beschluss vom 22. Juni 1995 (BvL 37/91, BStBl II 1995 S. 655) als verfassungswidrig angesehen, weil die einzelnen Vermögensarten nicht gleichmäßig mit gemeinen Werten bewertet worden sind. Gleichzeitig hat es für eine Neuregelung Vorgaben gemacht, z.B. dass das sog. Gebrauchsvermögen (Vermögen zur Lebensführung und Altersvorsorge im Wert eines üblichen Einfamilienhauses) von der Besteuerung ausgenommen werden müsse und dass die Vermögensteuer der Höhe nach begrenzt werden müsse, weil sie auf die Substanz entfalle und zusammen mit anderen Steuern aus den Sollerträgen des Vermögens zu entrichten sei. Die Vermögensteuer wird vor diesem Hintergrund seit 1. Januar 1997 nicht mehr erhoben. Die Frage richtet sich daher auf das fiktive Aufkommen einer verfassungswidrigen Steuer. Hinzu kommt, dass der Wegfall der Vermögensteuer bereits in zweierlei Hinsicht durch den Gesetzgeber kompensiert worden ist. Um die Steuerausfälle durch die Nichterhebung der Vermögensteuer aufzufangen, ist seinerzeit der Grunderwerbsteuersatz von 2 Prozent auf 3,5 Prozent angehoben worden. Außerdem ist die Erbschaftsteuer, die ebenfalls eine Steuer auf die Substanz darstellt, erhöht worden, indem für das Grundvermögen nach der bereits oben erwähnten Parallelentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer vom 22.6.1995, 2 BvR 552/91, BStBl II 1995 S. 671, nicht mehr die alten niedrigen Einheitswerte, sondern neue, wesentlich höhere Grundbesitzwerte angesetzt wurden. Die damaligen Einheitswerte bewegten sich bei etwa 20 Prozent des Verkehrswerts, die neuen Grundbesitzwerte dieser ersten Reform erreichten dagegen ein Niveau von etwa 60 Prozent des Verkehrswerts. Eine Wiederbelebung der Vermögensteuer müsste danach immer im Kontext mit anderen Steuerarten (und deren erfolgter Anhebung im Zuge der Abschaffung der Vermögensteuer ) gesehen werden.