LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/23 (16/6) 07.06.2017 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Dennis Lander (DIE Linke.) betr.: Höhe der Landesförderung für Baumaßnahmen Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Sanierung des ‚Hauses Colbus‘ zur Innenstadtaufwertung in St. Wendel unter dem damaligen Bürgermeister Klaus Bouillon wurde im Jahr 2009 mit Sanierungskosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro bei einer geplanten Fertigstellung Ende 2012 kalkuliert. Die ursprüngliche Landesförderung betrug 1,9 Millionen Euro. Während des Projektes (2010) stellte die Stadt St. Wendel fest, dass auch ein weiteres Gebäude für die Sanierung notwendig wurde, weil dieses bautechnisch eng mit dem Haus Colbus verbunden war. Dies war den Planern offenbar vorher nicht aufgefallen. Das CDU-geführte Innenministerium unterstützte das Projekt 2012 dann mit 5,2 Millionen Euro, das Umweltministerium mit zusätzlichen 1,6 Millionen Euro. Ein Jahr später beliefen sich die Zuschüsse des Landes auf mittlerweile 10 Millionen Euro laut Aussagen des damaligen Bürgermeisters Bouillon. Das Land hatte damit sämtliche Baukosten übernommen , ca. 2,2 Millionen Euro kostete der Grunderwerb. Das Projekt endete 2015 - drei Jahre später als geplant - mit einer Kostensteigerung auf 12 Millionen Euro und einer mehr als doppelt so langen Bauzeit. Das heißt, während des Bauvorhabens hat ein Fehler in der Planung einen Großteil der Mehrkosten verursacht, wobei nach Bekanntgabe des Planungsfehlers zunächst von 8 Millionen Euro Gesamtkosten die Rede war. Danach stiegen diese Kosten weiter auf 12 Millionen Euro.“ Ausgegeben: 07.06.2017 (09.05.2017) Drucksache 16/23 (16/6) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Vorbemerkung der Landesregierung: Zur Beseitigung eines bereits lange währenden städtebaulichen Missstandes im Zentrum der Altstadt von St. Wendel entschloss sich die Stadt bereits 2008 das Innenstadtareal „Colbus“ zu sanieren und als modernes und zentrales Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum der Stadt auszubauen. Dies hatte den Vorteil, die über die Stadt verstreuten städtischen Verwaltungseinheiten an einem Ort zu konzentrieren und die Unterhaltung überflüssiger Gebäude aufzugeben. Es handelte sich auf Grund der vorhandenen Gegebenheiten zugleich um ein Projekt von entsprechender baulicher, stadtplanerischer und denkmalschutzrechtlicher Komplexität. Die Stadt begann mit dem im städtischen Eigentum befindlichen Bereich „Colbus“. Es erfolgten eine denkmalschutzgerechte Sanierung sowie ein Neubau am Bestand. Eine Einbeziehung und Beplanung des benachbarten Gebäudes „Schaadt“ war zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich, da sich dieses in privater Hand befand. Erst im weiteren Verlauf ergab sich die Möglichkeit das benachbarte Gebäude „Schaadt“ zu erwerben und anschließend sinnvoll in die städtebauliche Gesamtkonzeption einzubinden. Daraus entwickelte sich als zweite Maßnahme bzw. zweiter Bauabschnitt die Sanierung des Altbaus sowie ein Ersatzneubau für darüber hinaus abgerissene Gebäude. Die Kosten für den ersten Bauabschnitt betrugen rd. 6 Mio. Euro und für den zweiten Bauabschnitt rd. 3,6 Mio. Euro plus 2,3 Mio. Euro Grunderwerb und 300.000 Euro Inflationsausgleich, zusammen also rd. 12,2 Mio. Euro. Die Stadt entschloss sich 2012 beide Baumaßnahmen konzeptionell zusammenzufassen . Dabei legte sie einen neuen Gesamtkostenrahmen von rund 12 Mio. Euro vor. Die Kostenmehrungen ergaben sich aus dem Grunderwerb, den eigentlichen Bau- und Baunebenkosten, aus dem schwierigen Baugrund der historischen Altstadt sowie bauordnungsrechtlichen Maßnahmen für angrenzende Grundstücks- und Verkehrsflächen. Neben einer Städtebauförderung von rd. 1,2 Mio. Euro für die Sanierung des historischen Colbus-Gebäudes wurde aufgrund des hohen Bauvolumens eine Bedarfszuweisung von nunmehr insgesamt 8,7 Mio. Euro gewährt. Ist es üblich, dass den Kommunen die gesamten Baukosten erstattet werden, also 100 Prozent Finanzierung , wie der damalige Bürgermeister Bouillon stolz der Presse berichtete? Wenn nein, warum in diesem Falle? Zu Frage 1: Unter Berücksichtigung sowohl von Zuwendungen staatlicher Mittel als auch von Zuweisungen aus dem kommunalen Ausgleichsstock ist es nicht üblich, die Kosten von kommunalen Baumaßnahmen zu 100 Prozent zu übernehmen. Dies ist auch bei der in Rede stehenden Maßnahme „Schaffung eines Verwaltungs- und Dienstleistungszentrums der Kreisstadt St. Wendel“ nicht geschehen. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme belaufen sich auf rd. 12,2 Mio. Euro. Hierzu wurden Zuwendungen der Städtebauförderung (Programm Städtebaulicher Denkmalschutz) in Höhe von rd. 1,2 Mio. Euro gewährt sowie Bedarfszuweisungen in Höhe von 8,7 Mio. Euro, zusammen rd. 10 Mio. Euro. Grunderwerb und Baukosten sind dabei gleichermaßen anteilig förderfähig. Die Bedarfszuweisungen erfolgen über einen Zeitraum von neun Jahren von 2009 bis 2017 in mehreren Tranchen, was umgerechnet einem jährlichen Anteil von 966.666 Euro entspricht. Der verbleibende Eigenanteil der Kreisstadt St. Wendel beträgt nach aktuellem Ausgabenstand von 12,4 Mio. Euro somit rd. 2,4 Mio. Euro (20 %). Drucksache 16/23 (16/6) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Gibt es weitere Beispiele solcher Förderung? Zu Frage 2: Die Maßnahme „Schaffung eines Verwaltungs- und Dienstleistungszentrums in St. Wendel“ stellt nach Größenordnung und Bedeutung für die gesamte Stadtentwicklung eine so herausragende Investition dar, dass es wenige vergleichbare Fälle gibt. Die folgenden großen Maßnahmen mit ähnlichen Förderquoten unter Beteiligung von Bedarfszuweisungen seien beispielhaft genannt. Bei der Maßnahme „Alte Baumwollspinnerei“ in der Mittelstadt St. Ingbert erwirbt die Stadt schlüsselfertig einen Teil des sanierten Gebäudekomplexes zu einem Kaufpreis von ca. 11,4 Mio. Euro. Aus verschiedenen Fördertöpfen werden dazu rund 8 Mio. Euro Förderung bereitgestellt. Ebenfalls als bedeutsame Maßnahme lässt sich das Projekt „Bliesterrassen“ der Kreisstadt Neunkirchen anführen. Hier wird der Innenstadtbereich „City Nord“ völlig neu gestaltet. Ein erster Abschnitt (Kosten rund 2,3 Mio. Euro) wurde zu zwei Dritteln durch Städtebauförderung finanziert und 2016 fertiggestellt, Für den zweiten Bauabschnitt mit geschätzten Gesamtkosten von 3,4 Mio. Euro ist ein Förderanteil von 90 % in Aussicht gestellt. Aber auch kleinere Kommunen können bei wichtigen Entwicklungsmaßnahmen in den Genuss von vergleichsweise hohen Fördermitteln gelangen. Dazu gehört etwa die „Neugestaltung des Marktplatzes“ in der Gemeinde Riegelsberg. Die Gesamtkosten betragen rund 2,2 Mio. Euro, davon werden aus Zuschüssen und Zuweisungen ca. 1,883 Mio. Euro (rund 86 %) finanziert. Ist diese Förderung nur für von CDU- Bürgermeistern geführte Gemeinden vorgesehen oder welches sind die Kriterien? Zu Frage 3: Es steht jeder Kommune frei, Förderanträge zu stellen. Alle Anträge werden von der Bewilligungsbehörde unparteiisch geprüft und beschieden. Berücksichtigt werden dabei insbesondere die festgelegte Zweckbestimmung der Fördermittel, die Bedeutung und die Größenordnung des Projekts sowie die Größe und die Haushaltssituation der betreffenden Kommune.