LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/313 (16/220) 19.03.2018 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Dennis Lander (DIE LINKE.) betr.: Verkehrskontrollen durch die saarländischen Polizei Vorbemerkung des Fragestellers: Die Zahl der Verkehrstoten im Saarland ist im Jahr 2016 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Die Gewerkschaft der Polizei macht auch sinkende Verkehrskontrollen in Folge des Stellenabbaus dafür verantwortlich. Vorbemerkung Landesregierung: Die jährlich vom Ministerium für Inneres, Bauen und Sport veröffentlichte Verkehrsunfallstatistik (VUS) ordnet empirische Daten zu Verkehrsunfällen und stellt diese anhand von Tabellen, Kennzahlen und Grafiken übersichtlich dar. Sie ermöglicht somit einen dezidierten Überblick über das Verkehrsunfallgeschehen auf saarländischen Straßen. In der VUS sind u. a. die bei Verkehrsunfällen Verunglückten, also die Leicht- und Schwerverletzten sowie die Getöteten ausgewiesen. Betrachtet man die Zahl der Verkehrstoten wird deutlich, dass diese nach den Jahren 2013 (39 Getötete), 2014 (29 Getötete ) und 2015 (31 Getötete) im Jahr 2016 (34 Getötete) - entgegen der Vorbemerkung des Fragestellers - zum zweiten Mal in Folge gestiegen ist. Die Hypothese, die in Folge des Stellenabbaus gesunkenen Verkehrskontrollen seien für die Entwicklung mitverantwortlich , lässt sich nach hiesiger Bewertung aufgrund forschungsmethodischer und - ethischer Problemstellungen nicht verifizieren. Jedenfalls wäre ein unmittelbarer Schluss von Korrelationen (zeitliches Zusammentreffen von „Stellenabbau“, „sinkenden Verkehrskontrollen “ und der Zahl der „Verkehrstoten“) auf Kausalzusammenhänge bei Anlegung wissenschaftlicher Qualitätskriterien unzulässig. Die Landesregierung nimmt das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit - auch und vor allem - im Straßenverkehr sehr ernst und verfolgt mit dem Landespolizeipräsidium (LPP) kontinuierlich das Ziel, vor allem die Anzahl der im Straßenverkehr Getöteten zu minimieren . Dabei kommt der fundierten Anlayse von Verkehrsunfällen und der Ausrichtung präventiver und repressiver Verkehrssicherungsmaßnahmen an Unfallursachen bzw. lokalen Unfallschwerpunkten eine besondere Bedeutung zu. Allerdings sind Verkehrsunfälle selten auf nur eine Ursache zurückzuführen. Oftmals sind sie die Folge eines Konglomerats von z.B. menschlichem Verhalten, Verkehrsaufkommen, technischem Versagen, Sichtbzw . Straßenverhältnissen, Witterungseinflüssen und/oder Wildwechsel. Dabei wird deutlich , dass nicht alle Faktoren, die letztlich in ihrer Gesamtheit zu einem – ggf. auch tödlichen – Verkehrsunfall führen, präventabel sind. Ausgegeben: 19.03.2018 (24.01.2018) Drucksache 16/313 (16/220) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - In der Folge wird auch im Straßenverkehr absolute Sicherheit nicht zu gewährleisten sein. Verkehrssicherheitsprogramme wie z.B. „Vision Zero“, die die Intention verfolgen, die Anzahl der Verkehrstoten auf null zu reduzieren, sind unterstützungswert. Allerdings dürfte die avisierte Zielgröße tatsächlich wohl nie zu erreichen sein und damit eher appellativen Charakter entfalten. Wie hat sich die Zahl der Verkehrskontrollen durch die saarländische Polizei seit 2012 entwickelt (bitte einzeln auflisten nach Jahren und Art der Kontrollen )? Zu Frage 1: Die saarländische Polizei ist gemäß § 1 Absatz 1 Saarländisches Polizeigesetz in die Verwaltungspolizeibehörden und die Vollzugspolizei gegliedert. Beide Arten von Polizeibehörden führen Verkehrskontrollen durch. Die Beantwortung der Frage bezieht sich lediglich auf die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung des LPP durchgeführten vollzugspolizeiliche Verkehrskontrollen. Die im Bereich der Kommunalverwaltungen durchgeführten Verkehrskontrollen bleiben hier unberücksichtigt. Für die Vollzugspolizei sind Verkehrskontrollen Standardmaßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr und/oder der Strafverfolgung, die grundsätzlich von allen operativ tätigen Einsatzkräften durchgeführt werden können. Dies geschieht anlassunabhängig im Rahmen der allgemeinen Streifentätigkeit oder auch zielgruppen- (z. B. Zweiradfahrer, Gewerbetreibende im Personen- und Güterverkehr) bzw. deliktsorientiert (z. B. Geschwindigkeitsüberschreitungen , Einfluss berauschender Mittel, Ablenkung durch Handy). Soweit erforderlich kommt hierbei speziell geschultes Personal (z. B. des LPP 13) zum Einsatz. Anlassbezogen werden die Verkehrsteilnehmer und ihre Fahrzeuge im Rahmen der tatbestandlichen Verkehrsunfallaufnahme, der Übernahme von Großraum- und Schwertransporten sowie im Übrigen bei Feststellung konkreter Gefahrenlagen oder beim Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit (z. B. durch Anzeige aus der Bevölkerung) kontrolliert. Eine generelle Meldeverpflichtung bezüglich Verkehrskontrollen an vorgesetzte Stellen besteht nicht. Aufgrund der dargestellten Vielgestaltigkeit der Maßnahmen wird daher eine allgemeine, die gesamte Tätigkeit des LPP wiedergebende Statistik nicht geführt. Insoweit sind die angefragten Daten auch nicht vollständig automatisiert recherchierbar. Die angefragte Entwicklung kann jedoch exemplarisch anhand einzelner Kontrollfelder dargestellt werden: So werden für den Bereich der stationären Geschwindigkeits- und Abstandsüberwachung Messprotokolle mit Messzeiten erfasst. Ein Messprotokoll wird zur Dokumentation der ordnungsgemäßen Durchführung der Maßnahme für jede Kontrollstelle angelegt. Eine Auswertung der Messprotokolle seit 2012 kann der nachfolgenden Übersicht entnommen werden. Drucksache 16/313 (16/220) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Jahr Messprotokolle Messzeit (in Stunden:Minuten) 2012 3162 4040:09 2013 2943 3775:10 2014 2816 3547:13 2015 2066 2639:26 2016 2198 2940:14 2017 2787 3425:12 Auch bei der Umsetzung spezieller Maßnahmenkonzepte werden teilweise statistische Zahlen erhoben, üblicherweise jedoch nicht die Anzahl der Verkehrskontrollen, sondern deren Ergebnisse (z. B. festgestellte Verstöße zur Faschingszeit, zum Jahreswechsel, anlässlich von Veranstaltungen, Schulwegsicherung): In der nachfolgenden Tabelle sind die anlässlich der Faschingstage im Bezugszeitraum kontrollierten Fahrzeuge sowie die in dem Zusammenhang durchgeführten Atemalkoholtests exemplarisch ausgewiesen. Jahr Anzahl kontrollierte Fahrzeuge Atemalkoholtests 2012 4695 627 2013 4973 525 2014 4169 559 2015 3369 460 2016 3804 514 2017 2734 319 Es erfolgt keine gesonderte statistische Erfassung der Kontrollen, die aus Anlass von tatbestandlichen Verkehrsunfallaufnahmen oder der Übernahme von Großraum- und Schwertransporten erfolgen. Der Landesregierung liegt diesbezüglich kein differenzierteres Zahlenmaterial vor. Eine händische Auswertung der Daten aus den entsprechenden Akten (z.B. aller Verkehrsunfallanzeigen) seit 2012 ist mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden und ist ohne Vernachlässigung anderer Aufgaben nicht leistbar. Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten im Zentralen Verkehrsdienst (ZVD) seit 2012 entwickelt (bitte einzeln auflisten nach Jahren)? Zu Frage 2: Die Anzahl der Beschäftigten bei LPP 13 Zentrale Verkehrspolizeiliche Dienste wird im Februar des jeweiligen Jahres erhoben und stellt sich wie folgt dar: Jahr Anzahl Beschäftigten bei LPP 13 2012 147 2013 138 2014 132 2015 136 2016 132 2017 126 In dem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die technische Verkehrsüberwachung seit 1. Juni 2016 durchgehend mit zusätzlich sechs Beschäftigten aus LPP 114 Polizeilicher Ordnungsdienst / Wach – und Pförtnerdienst verstärkt wird. Drucksache 16/313 (16/220) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Für welche anderen Aufgaben, abseits der Verkehrsüberwachung , wurden die Beschäftigten im Zentralen Verkehrsdienst (ZVD) in den vergangenen Jahren polizeiintern herangezogen? Zu Frage 3: Grundlage für die Allgemeine Aufbauorganisation (AAO) des LPP ist die „Verwaltungsvorschrift über Organisation und Aufgaben des Landespolizeipräsidiums der Vollzugspolizei des Saarlandes vom 29. Februar 2012 (Amtsbl. II S. 497), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 24. Februar 2017 (Amtsbl. I S. 287)“. Die Aufgabenverteilung innerhalb des LPP erfolgt durch Dienstanweisungen. Dem LPP 13 ist nicht die alleinige sachliche Zuständigkeit für die Verkehrsüberwachung zugewiesen. Diese obliegt auch den Wach- und Streifendiensten der 19 Polizeiinspektionen , der Wasserschutzpolizei (LPP 16) und dem Polizeiorchester (LPP 17). Innerhalb des LPP 13 wird die konkrete Verkehrsüberwachung im Wesentlichen von den Verkehrsdiensten LPP 132 Verkehrsdienst Mitte, 133 Verkehrsdienst Ost und 134 Verkehrsdienst West wahrgenommen. LPP 131 ist für zentrale Aufgaben (Querschnittsaufgaben , konzeptionelle Arbeiten u. ä.) sowie für Verkehrssicherheitsberatung und -prävention zuständig, betreibt aber ebenfalls anlass- und zielgruppenorientiert Verkehrsüberwachung , z. B. im Rahmen der Schulwegsicherung. Bereits im Jahr 1992 hat die saarländische Polizei nach Übergriffen zum Nachteil von Ausländerinnen und Ausländern bzw. Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie sonstiger rechtsextremistischer Taten bei den Zentralen Verkehrsdiensten (heute LPP 13) besondere Beweissicherungs- und Dokumentationstrupps eingerichtet. Diese werden seit 6. März 2017 als integraler Bestandteil der Operativen Einheit Saarland (OpE SL) beim LPP 13 vorgehalten. Bei einem Einsatz der OpE SL als Einsatzeinheit können grundsätzlich bis zu sechs (im Ausnahmefall bis zu acht Bedienstete) des LPP 13 eingesetzt werden . Die Beweissicherungstrupps wurden bislang in elf Fällen zusammen mit der OpE SL aufgerufen. Die AAO einer Vollzugspolizeibehörde ist grundsätzlich so gestaltet, dass im Grunde alle polizeilichen Aufgaben bewältigt werden können. Dennoch treten polizeiliche Lagen auf, denen in einer abweichenden Organisationsform zu begegnet ist, der so genannten Besonderen Aufbauorganisation (BAO). Diese wird aus der AAO personalisiert. Insoweit können die der BAO unterstellten Beschäftigten vorübergehend nicht die ihnen in der AAO obliegenden Aufgaben erfüllen, wobei eine weitgehende Übereinstimmung erklärtes Ziel ist (z.B. nehmen Verkehrskräfte auch bei Unterstellung in einer BAO aus Anlass einer Großveranstaltung oder eines Schadensereignisses Aufgaben der Verkehrsüberwachung wahr). In wenigen Ausnahmefällen war es jedoch in Vergangenheit notwendig, Beschäftigte des LPP 13 in einer BAO auch ohne den Auftrag zur Verkehrsüberwachung einzusetzen. Die nachfolgende Übersicht zeigt Fälle auf, in denen die originär zuständigen Polizeidienststellen nicht über die erforderliche Ausstattung (z. B. Krad) verfügten oder aus anderen Gründen nicht in der Lage waren, den polizeilichen Einsatz ohne Unterstützung durch LPP 13 zu bewältigen. Die Personalisierung solcher Einsätze erfolgte dabei jedoch grundsätzlich aus allen Organisationseinheiten des LPP 13, also z. B. auch aus LPP 131. Zeitraum Aufgabenwahrnehmung außerhalb Verkehrsüberwachung 17.08.2015 – 01.04.2016 Objekt- und Raumschutz im Bereich der Landesaufnahmestelle in Lebach aus Anlass der Migrationslage 06.09.2015 – 23.09.2015 Begleitung von 16 Busfahrten im Rahmen der bundesweiten Verteilung von Flüchtlingen 23.04.2013, 05.11.2014 Eskorte zur protokollarischen Ehrenerweisung anlässlich der Besuche des Bundespräsidenten