LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/427 (16/358) 30.05.2018 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Lutz Hecker (AfD) betr.: Tierversuche im Saarland Vorbemerkung des Fragestellers: „Am 24. April 1962 beging man erstmalig den „Internationalen Tag des Versuchstieres“, an dem man seitdem jährlich an das Leid von Versuchstieren weltweit erinnern möchte. Dieser Tag jährt sich heute zum 57. Mal und noch immer werden in Deutschland rund 3 Millionen Tiere jährlich in Forschungseinrichtungen und Unternehmen „Verbraucht “, obwohl es längst wissenschaftlich anerkannte Alternativmethoden gibt. Wie viele Anträge auf Durchführung von Tierversuchen wurden im Jahr 2017 gestellt und wie viele davon wurden genehmigt? Zu Frage 1: Im Jahr 2017 wurden 52 Anträge gestellt, die alle genehmigt wurden. Wenn Anträge abgelehnt wurden, wie lautete die jeweilige Begründung für die Ablehnung? Zu Frage 2: Es wurden keine Tierversuchsanträge abgelehnt. Wie viele von der Genehmigungspflicht ausgenommene Versuchsvorhaben/Tierversuche wurden im Jahr 2017 den Behörden angezeigt? Zu Frage 3: Im Jahr 2017 wurden 18 Versuchsvorhaben, in denen Wirbeltiere und Kopffüßer verwendet werden, angezeigt (§ 8a Absatz 1 Tierschutzgesetz). Ausgegeben: 04.06.2018 (24.04.2018) Drucksache 16/427 (16/358) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - An welchen Tierarten wurden im Jahr 2017 Tierversuche vorgenommen und in jeweils welcher Anzahl? Zu Frage 4: Im Jahr 2017 wurden folgende Tierarten verwendet: Tierart Anzahl Maus 20 137 Ratte 693 Meerschweinchen 27 Kaninchen 47 Schweine 82 Goldhamster 5 Schafe 6 Mongolische Rennmaus 2 Reptilien 1 Zu welchen Zwecken wurden die Tiere bei den Versuchen verwendet (bitte nach Tierart auflisten )? Zu Frage 5: Gemäß der Verordnung über die Meldung zu Versuchszwecken verwendeter Wirbeltiere oder Kopffüßer oder zu bestimmten anderen Zwecken verwendeter Wirbeltiere (Versuchstiermeldeverordnung) sind einerseits Tiere zu melden, die im Tierversuch verwendet wurden (§ 7 Absatz 2 Tierschutzgesetz) und andererseits Wirbeltiere, die ausschließlich zur Organ- oder Gewebeentnahme getötet wurden (§ 4 Absatz 3 Tierschutzgesetz ). Verwendungszweck Tierart Anzahl (gesamt) § 7 Absatz 2 Tierschutzgesetz § 4 Absatz 3 Tierschutzgesetz Maus 20 137 10 579 9 558 Ratte 693 368 325 Meerschweinchen 27 11 16 Kaninchen 47 47 0 Schweine 82 81 1 Goldhamster 5 5 0 Schafe 6 6 0 Mongolische Rennmaus 2 0 2 Reptilien 1 0 1 Drucksache 16/427 (16/358) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Welche Unternehmen, Institutionen und sonstige Einrichtungen im Saarland haben im Jahr 2017 Tierversuche durchgeführt und in jeweils welcher Anzahl? Zu Frage 6: Die Genehmigung eines Versuchsvorhabens ist von der Behörde auf höchstens 5 Jahre zu befristen. Die Gesamtdauer des genehmigten Versuchsvorhabens darf 5 Jahre nicht überschreiten (§ 34 Absatz Tierschutz-Versuchstierverordnung). Das Landesamt für Verbraucherschutz erteilt regelmäßig bei Erstantragstellung eine Genehmigung zur Durchführung für die Dauer von 3 Jahren. Sofern für den Antragsteller absehbar ist, dass das Versuchsvorhaben innerhalb dieser drei Jahre nicht zum Abschluss kommt, hat er vor Ablauf der 3 Jahre einen Zwischenbericht vorzulegen, in dem er die Verlängerung der Genehmigung beantragt und die Gründe für die Verlängerung darlegt. Die Behörde prüft diesen Antrag und verlängert höchstens zweimal um jeweils bis zu einem Jahr. Aus diesem Umstand heraus kann daher nur zu den Unternehmen berichtet werden, die in 2017 einen Antrag auf Durchführung eines Tierversuchs gestellt und genehmigt bekommen haben. Im Jahr 2017 wurden von Einrichtungen der Universität des Saarlandes (Unicampus in Saarbrücken und Universitätsklinikum in Homburg) sowie der Pharmacelsus GmbH und dem Helmholtz Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland, beide ansässig in Saarbrücken, Tierversuche durchgeführt. In Kapitel 13 des Koalitionsvertrages steht die Landesregierung „für einen aktiven Tierschutz im Saarland“ ein. Sind damit auch Maßnahmen zur Reduzierung von Tierversuchen gemeint und wenn ja, was tut die Landesregierung zurzeit aktiv für eine Reduzierung von Tierversuchen, in etwa durch finanzielle Förderung entsprechender Projekte ? Zu Frage 7: „Aktiver Tierschutz“ bedeutet, sich für die Belange des Tieres, die Bewahrung des Lebens und des Wohlbefindens, einzusetzen. Das tut die Landesregierung auch im Bereich der Tierversuche. Insgesamt stehen für das Haushaltsjahr 2018 Haushaltsmittel in Höhe von 4000,00 Euro für Kosten für die fachliche Betreuung der Mitglieder von Tierschutzkommissionen zur Verfügung. Das Tierschutzgesetz stellt an die Genehmigung von Tierversuchen hohe Anforderungen . Tierversuche sind auf das unerlässliche Maß zu beschränken. Unerlässlich meint damit zwingend notwendig, unumgänglich, alternativlos um den Versuchszweck zu erreichen. Dieser Grundsatz entspricht den Prinzipien der Vermeidung, Verminderung und Verbesserung (engl. 3 R-Principles – replacement, reduction, refinement). Er wurde ursprünglich 1959 von den Wissenschafftlern Russel und Burch im Buch „The Principles of Human Experimental Techniques“ veröffentlicht und erfuhr im Jahr 2010 erstmals auch gesetzliche Anerkennung in Artikel 4 und 13 der Richtlinie 2010/63/EU. Mit der Änderung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2013 wurde der Grundsatz ins deutsche Tierschutzrecht aufgenommen. Drucksache 16/427 (16/358) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Das Tierschutzgesetz führt in § 7a Tierschutzgesetz abschließend auf, zu welchen Zwecken Tierversuche zulässig sein können. Im Rahmen der Antragstellung auf Genehmigung eines Versuchsvorhabens muss der Antragsteller den Zweck und die Unerlässlichkeit des Vorhabens begründen. Die Genehmigungsbehörde prüft zunächst die Unerlässlichkeit des Vorhabens und berücksichtigt dabei die Stellungnahme der Tierschutzbeauftragten und die der Tierversuchskommission . Die Landesregierung fördert aktiv den Tierschutz, in dem Sie an das 3R-Prinzip anknüpft und die Auffassung vertritt, dass mehr Tierschutz für Tiere in der Forschung und Wissenschaft nur mit aktuellem Fachwissen und im Dialog zwischen Behörde, Tierschutzkommission, Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit gelingen kann. Die Landesregierung fördert derzeit das Forschungsprojekt von Prof. Dr. Peter Lipp „cardio3R - 3R in der kardiovaskulären Forschung“ zur Entwicklung alternativer Methoden zu Tierversuchen in der kardiovaskulären Forschung, die dem 3R-Konzept (Refinement , Reduction und Replacement) Rechnung tragen. Das Projekt wird in Kooperation mit der Universität Heidelberg und der Technischen Universität München bereits seit Ende 2015 durchgeführt und wird noch bis zum 30.04.2019 gefördert. Insgesamt liegt die Gesamtfördersumme für dieses Projekt bei rund 322 000 Euro. Die Landesregierung ermöglicht den Mitgliedern der Tierversuchskommission regelmäßig die Teilnahme an einschlägigen überregionalen Fortbildungsveranstaltungen. Sie hat des Weiteren zu Beginn des Jahres 2018 gemeinsam mit der Universität des Saarlandes und dem dort ansässigen Tierschutzausschuss das „Homburger Kolloquium – Tierschutz und Versuchstierkunde“ ins Leben gerufen. Die Veranstaltungsreihe sieht vor, dass jeweils einmal im Quartal ein Vortrag mit tierschutzrelevanten Themen stattfindet. Der Besuch steht allen Interessierten offen, richtet sich aber insbesondere an Wissenschaftler. Die Teilnahme an der Veranstaltung wird gleichzeitig als Fortbildung im Sinne der Tierschutz-Versuchstierverordnung anerkannt . Nähere Informationen finden sich auf der Homepage des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (https://www.saarland.de/235493.htm) sowie der Homepage des Tierschutzausschusses (https://www.unisaarland .de/verwaltung/tierschutzbeauftragte/tierschutzausschuss.html). Darüber hinaus wird das Ziel „Alternativen zu Tierversuchen“ auch als Thema in Gesprächen mit Tierschutzorganisationen, wie z. B. dem Deutschen Tierschutzbund, aufgegriffen und so in die Öffentlichkeit getragen. So fand am 26.07.2017 ein Gespräch zwischen Herrn Minister Jost und dem Tierschutzbundpräsidenten Thomas Schröder in Saarbrücken statt.