LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/496 (16/434) 14.08.2018 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Dennis Lander (DIE LINKE.) betr.: Politisch rechts motivierte Straftaten Vorbemerkung der Landesregierung: Die statistische Erfassung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) erfolgt auf der Grundlage des bundeseinheitlichen Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD). Mit Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 10. Mai 2001 sind rückwirkend zum 1. Januar 2001 mit dem „Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität“ und den „Richtlinien für den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD- PMK) bundesweit einheitlich geltende Kriterien zur Erfassung politisch motivierter Straftaten in Kraft gesetzt worden. Das Definitionssystem PMK wurde mehrfach angepasst , zuletzt zum 1. Januar 2017. Ausgehend von den Umständen der Tat werden Straftaten der PMK nach dem Definitionssystem zunächst einem Themenfeld – wie beispielsweise Cybercrime, Antifaschismus , Antirassismus - zugeordnet. Im Anschluss erfolgt dann eine phänomenologische Zuordnung, beispielweise zur PMK -rechts-, aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zu Tat oder Täterschaft. Dem Phänomenbereich PMK -rechts- werden dabei Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer „rechten“ Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung oder Abschaffung eines Elements der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Extremismus) zum Ziel haben muss. Der wesentliche Kerngedanke einer „rechten“ Ideologie ist die Annahme einer Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten in welchen Deliktsgruppen und in welchen Orten wurden im Jahr 2017 im Saarland verübt? Ausgegeben: 14.08.2018 (06.06.2018) Drucksache 16/496 (16/434) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Zu Frage 1: Für das Jahr 2017 wurden im Saarland 227 Straftaten im Rahmen des KPMD-PMK als PMK -rechts- registriert. Hierbei handelte es sich um folgende Delikte: § 86 a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 145 Fälle § 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten 2 Fälle § 113 StGB Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 2 Fälle § 126 StGB Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten 1 Fall § 130 StGB Volksverhetzung 45 Fälle § 185 StGB Beleidigung 13 Fälle § 223 StGB Körperverletzung 7 Fälle § 224 StGB Gefährliche Körperverletzung 4 Fälle § 226 StGB Schwere Körperverletzung 1 Fall § 241 StGB Bedrohung 1 Fall § 303 StGB Sachbeschädigung 3 Fälle § 304 StGB Gemeinschädliche Sachbeschädigung 2 Fälle § 315b StGB Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr 1 Fall Gesamt 227 Fälle Die Auflistung der jeweiligen Tatorte ist für das Jahr 2017 nicht möglich. Es kann lediglich differenziert werden, bei welcher örtlich zuständigen Polizeiinspektion (PI) oder bei welcher sonstigen Dienststelle die Straftat aufgenommen worden ist. Eine differenzierte Auflistung nach Tatorten ist erst ab dem 1. Januar 2018 im Rahmen des KPMD- PMK möglich (siehe auch Antwort zu Frage 2). Die Fälle des Jahres 2017 verteilen sich wie folgt: Dienststelle Fälle PMK -rechts- Abteilung LPP 22 (Deliktsübergreifende Kriminalitätsbekämpfung) 1 Abteilung LPP 23 (Staatsschutz) 6 PI Merzig 10 PI Wadern (bis 05.03.2017) 3 PI Nohfelden-Türkismühle (bis 05.03.2017) 1 PI Nordsaarland (ab 06.03.2017) 5 PI Illingen 7 PI Neunkirchen 19 PI Köllertal 7 PI Saarbrücken-Brebach 9 PI Sulzbach 30 PI Völklingen 14 PI Alt-Saarbrücken 14 Drucksache 16/496 (16/434) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - PI Saarbrücken-Burbach 14 PI Saarbrücken-St. Johann 31 PI Bous 8 PI Dillingen 7 PI Lebach 6 PI Saarlouis 8 PI Blieskastel 5 PI Homburg 10 PI St. Ingbert 6 PI St. Wendel 6 Gesamt 227 Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten in welchen Deliktsgruppen und in welchen Orten wurden im ersten Quartal 2018 im Saarland verübt ? Zu Frage 2: Die Fallzahlen für das erste Quartal 2018 sind noch vorläufig und können sich aufgrund von Anpassungen, Korrekturen und Nachmeldungen noch verändern. Für das erste Quartal 2018 wurden im Saarland im Bereich der PMK -rechts- insgesamt 55 Straftaten im Rahmen des KPMD-PMK registriert. Es handelte sich hierbei um folgende Delikte: Verstoß gg. das Waffengesetz 1 Fall Verstoß gg. das Vereinsgesetz 1 Fall § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 27 Fälle § 90 StGB Verunglimpfung des Bundespräsidenten 1 Fall § 130 StGB Volksverhetzung 22 Fälle § 223 StGB Körperverletzung 2 Fälle § 303 StGB Sachbeschädigung 1 Fall Gesamt 55 Fälle Diese Straftaten verteilen sich auf folgende Tatorte: Tatort Fälle PMK -rechts- Beckingen 1 Losheim am See 2 Merzig 2 Wadern 1 Illingen 1 Neunkirchen 15 Ottweiler 3 Friedrichsthal 1 Püttlingen 1 Drucksache 16/496 (16/434) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Quierschied 1 Saarbrücken 13 Sulzbach/Saar 1 Dillingen/Saar 1 Lebach 3 Saarlouis 1 Saarwellingen 1 Wallerfangen 1 Blieskastel 1 Homburg 2 Namborn 1 St.Wendel 2 Gesamt 55 Wie viele Tatverdächtige welchen Alters und Geschlechts wurden wegen politisch rechts motivierter Straftaten im Jahr 2017 in welchen Orten im Saarland festgenommen? Zu Frage 3: Im Rahmen des KPMD-PMK wird nicht erfasst, in wie Fällen bzw. an welchen Orten welche Personen festgenommen werden. Die Regierung des Saarlandes kann daher keine Angaben zu diesen Fragen machen. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahr 2017 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage , Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen ? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben) Zu Frage 4: Bei allen Sachverhalten, bei denen der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung nach § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) gegeben ist, leitet das Landespolizeipräsidium ein entsprechendes Ermittlungsverfahren ein. Somit wurde generell bei allen Delikten, die in der Antwort zur Frage 1 aufgeführt sind, ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet. Bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurden im Jahr 2017 insgesamt 69 Js- Verfahren sowie 76 UJs-Verfahren wegen rechtsextremistischer/fremden-feindlicher Straftaten eingeleitet bzw. bearbeitet. Bei den UJs-Verfahren handelt es sich um solche , bei denen kein Täter ermittelt werden konnte. In den Ermittlungsverfahren, in denen ein Täter ermittelt werden konnte, erfolgte in 27 Fällen eine Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts. In 13 Fällen erfolgten Einstellungen aus Opportunitätsgründen nach den §§ 153 ff. StPO, etwa wegen geringer Schuld oder nach Erfüllung einer Auflage. In 24 Fällen erfolgte eine gerichtliche Verurteilung; in einem Fall erging ein Freispruch. Drucksache 16/496 (16/434) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 5 - Die Unterschiede zwischen den polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Zahlen können sich u.a. aus unterschiedlichen Erfassungsmodalitäten und -zeiträumen, aus der Zusammenführung mehrerer Einzelverfahren aber auch aufgrund einer divergierenden Einschätzung der Motivlage ergeben. Somit können die Zahlen des KPMD-PMK nur bedingt mit denen der staatsanwaltschaftlichen Statistik verglichen werden. Wie viele Straf- und Gewalttaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intersexuelle, die sich gegen die sexuelle Orientierung oder Identität des Opfers richten, wurden nach Kenntnis der Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren im Saarland verübt und welche Aussagen lassen sich über die Tatverdächtigen treffen (politisch motivierte Kriminalität)? (Bitte einzeln auflisten nach Jahr, Phänomenbereichen und Deliktsgruppen) Zu Frage 5: Die in der Frage aufgeführten Straftaten sind beim KPMD-PMK dem Themenfeld „Hasskriminalität“ zuzuordnen. In diesem werden politisch motivierte Straftaten erfasst, wenn in Würdigung der Umstände der Tat 1 und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen ihrer/ihres zugeschriebenen oder tatsächlichen - Nationalität - ethnischen Zugehörigkeit - Hautfarbe - Religionszugehörigkeit - sozialen Status - physischen und/oder psychischen Behinderung oder Beeinträchtigung - sexuellen Orientierung und/oder sexuellen Identität - äußeren Erscheinungsbildes gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Trans- und homophob motivierte Straftaten werden dabei dem Unterthema „sexuelle Orientierung“ zugeordnet, so dass derartige Delikte bis zu dieser Spezifizierung recherchierbar sind. Seit 2013 wurden im Saarland folgende trans- und homophob motivierte Straftaten registriert: Jahr Fälle Phänomenbereich Tatverdächtige Straftat 2013 0 2014 0 2015 2 PMK -rechts drei männliche Tatverdächtige zwischen 25 und 29 Jahren § 130 StGB Volksverhetzung PMK -sonstige ein männlicher Tatverdächtiger über 30 Jahre § 130 StGB Volksverhetzung 1 Bei der Würdigung der Umstände der Tat ist neben anderen Aspekten auch die Sicht der/des Betroffenen mit einzubeziehen. Drucksache 16/496 (16/434) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 6 - 2016 4 PMK -rechts Täter nicht ermittelt § 185 StGB Beleidigung PMK -sonstige eine weibliche Tatverdächtige zwischen 25 und 29 Jahre § 223 StGB Körperverletzung PMK -rechts Täter nicht ermittelt § 240 StGB Nötigung PMK -sonstige ein männlicher Tatverdächtiger über 30 Jahre § 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten 2017 1 PMK -rechts Täter nicht ermittelt § 185 StGB Beleidigung