LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/511 (16/435) 20.08.2018 A N T W O R T zu der Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (fraktionslos) betr.: Geplante Grubenflutungen und die Position des saarländischen Bergamtes Vorbemerkung der Fragestellerin: „Zwischen 2012 und 2014 haben mehrere Vorgespräche zwischen der RAG AG und den saarländischen Bergbehörden zur geplanten Komplett- Grubenflutung stattgefunden. Demnach sollen nach den Vorstellungen der RAG zunächst die Wasserhaltung Reden und zu späteren Zeitpunkten auch die Wasserhaltungen Luisenthal, Viktoria und Camphausen eingestellt werden. Im Endzustand sollen nach den Vorstellungen der RAG, die dem Erblastenvertrag eklatant widersprechen und auch im Gegensatz zum KPMG-Gutachten und den Vereinbarungen von Nordrhein-Westfalen, dem Saarland mit dem Bund und der RAG stehen, das Grubenwasser ‚drucklos in die Saar‘ abgeleitet werden.“ Das Bergamt Saarbrücken hat bereits vor Beginn der Verfahren zum Abschlussbetriebsplan und zur Planfeststellung im Februar 2014 in einem Schreiben an den RAG-Vorstand erklärt hat, es sei aufgrund mehrerer „orientierender Vorgespräche im Jahr 2013 zwischen Vertretern der RAG und den saarländischen Bergbehörden „Einvernehmen darin erzielt worden, dass der geplante Anstieg des Grubenwassers bis zu seinem natürlichen Auslauf in die Vorflut auch das Ziel verfolgt, nach Durchführung eines Abschlussbetriebsplans das Ende der Bergaufsicht feststellen zu können“. Ausgegeben: 20.08.2018 (06.06.2018) Drucksache 16/511 (16/435) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Wie beurteilt die Landesregierung dieses im Jahr 2014 getroffene Einvernehmen bzw. Einverständnis der saarländischen Bergbaubehörden zur vollständigen Grubenflutung? Zu Frage 1: Die Fragestellung rekurriert vermutlich auf ein Schreiben des Bergamtes Saarbrücken an die RAG AG vom 17.02.2014. Ein Einvernehmen bzw. Einverständnis zum Anstieg des Grubenwassers im Saarrevier wurde hier nicht erteilt. Zum damaligen Zeitpunkt beabsichtigte die RAG AG hinsichtlich des von ihr geplanten schrittweisen Grubenwasseranstiegs im Saarrevier lediglich die Durchführung eines Abschlussbetriebsplanverfahrens nach Bundesberggesetz (BBergG). Ein solches Abschlussbetriebsplanverfahren erfolgt gemäß geltendem Recht unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange , jedoch ohne Beteiligung der Öffentlichkeit. Das Bergamt hatte bereits zum damaligen Zeitpunkt die Auffassung vertreten, dass der unternehmensseitig geplante schrittweise Grubenwasseranstieg nicht unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer großen Anzahl von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern haben könnte. Diese Einschätzung erfolgte vor allem mit Blick auf den Sachverhalt, dass es sich räumlich betrachtet um den am dichtesten besiedelten Bereich des Saarlandes handelt. Vor diesem Hintergrund hatte das Bergamt gegenüber der RAG AG das Erfordernis bekundet, dass das Bergbauunternehmen als Vorhabenträger die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des schrittweisen Grubenwasseranstiegs, die Mittel, ihn zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen unterrichtet. Hiermit wurden vom Bergamt gegenüber der RAG AG diejenigen Vorgaben, die sich aus § 25 Absatz 3 Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz („frühe Öffentlichkeitsbeteiligung “) ergeben, umgesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt waren jedoch die Abstimmungen zwischen den Bergbehörden und der RAG AG über die tatsächlich durchzuführenden Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die Planungen des Bergbauunternehmens noch nicht abgeschlossen. Das Schreiben des Bergamtes an das Unternehmen bezog sich ausschließlich auf ein in jedem Fall durchzuführendes Abschlussbetriebsplanverfahren und die sich aus diesem Verfahren ergebenden Besonderheiten im Hinblick auf die Information der Öffentlichkeit , nämlich die Umsetzung des § 25 Absatz 3 Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz . Die Entscheidung, im Sinne einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung parallel zum Abschlussbetriebsplanverfahren auch ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, fiel im August 2014. Solche im Vorfeld von Verwaltungsverfahren laufenden Gespräche und Schriftwechsel haben keinerlei präjudizierende Wirkung im Hinblick auf Handlungsabsichten oder Planungsinhalte eines antragstellenden Unternehmens. Da der Erblastenvertrag vom 14.08.2007 und das KPMG-Gutachten von einer dauerhaften und optimierten Grubenwasserhaltung ausgehen, steht das o.g. Schreiben nicht im Einklang mit den vertraglichen Vereinbarungen. Wann hat die Landesregierung über ein Ende der Bergaufsicht Beschluss gefasst? Drucksache 16/511 (16/435) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Zu Frage 2: Zweck und Gegenstand des Erblastenvertrages zwischen den Revierländern Nordrhein -Westfalen und Saarland sowie der RAG-Stiftung von 2007 sind ausschließlich Haftungsfragen zur Gewährleistung der Ewigkeitslasten für den Fall einer drohenden Insolvenz der Stiftung. Der Vertrag rekurriert auf das KPMG-Gutachten von 2006, das wiederum finanzierungsseitig das Grundmodell einer dauerhaften, aber optimierten Grubenwasserhaltung sowie das Alternativszenario einer zeitlich begrenzten, also endlichen Wasserhaltung untersucht. Die Landesregierung hatte im Dezember 2014 abschließend zu dem Grubenwasserhaltungskonzept der RAG AG für das Saarrevier gemäß Erblastenvertrag Stellung genommen. Die in diesem Konzept skizzierte erste Phase des Grubenwasseranstiegs bewegt sich im Rahmen des finanzierungsseitigen Grundmodells des KPMG- Gutachtens, die zweite Phase im Rahmen des Alternativszenarios. Das Ende der Bergaufsicht ist nach den Vorgaben des Bundesberggesetzes dann erreicht, wenn der von der zuständigen Behörde zugelassene Abschlussbetriebsplan vollständig umgesetzt wurde und nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter, für andere Bergbaubetriebe und für Lagerstätten, deren Schutz im öffentlichen Interesse liegt, oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden. Eines weiteren Verwaltungsaktes bedarf es hierzu nicht. Hieraus ergibt sich, dass die Landesregierung rechtlich betrachtet nicht befugt ist, in diesem Zusammenhang vorlaufende Beschlüsse zu fassen. Hatte das Bergamt Saarbrücken ein Mandat der Landesregierung, eine so weitreichende „Einvernehmens “-Erklärung abzugeben, die auch als Vorfestlegung für den Abschlussbetriebsplan und das Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung betrachtet werden kann? Wer hat dieses Mandat erteilt, wer hatte Kenntnis? Zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Vorfestlegung des für das Abschlussbetriebsplan- Verfahren zuständigen Bergdirektors im Hinblick auf die Objektivität der Verwaltungsverfahren? Zu Frage 4: Siehe Antwort zu Frage 1. Drucksache 16/511 (16/435) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Inwiefern steht diese „Einvernehmenserklärung“ aus dem Jahr 2014 des Bergdirektors im Einklang mit der offiziellen Grubenwasser-Politik der Landesregierung , nach der der Erblastenvertrag die Grundlage ist und Gefahren für Leib und Leben, für Trinkwasser und Grundwasser auszuschließen sind, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Anträge oder Sachverständigengutachten vorlagen , die Risiken aber bereits intensiv diskutiert wurden? Zu Frage 5: Siehe Antwort zu Frage 1. Das Bergamt Saarbrücken hat im o.g. Schreiben an die RAG es für erforderlich gehalten, dass das Unternehmen zu einer „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung “ noch vor der Vorlage eines Abschlussbetriebsplans angehalten bzw. animiert wird. Dies hätte aber bedeutet, dass die RAG als Planer die Öffentlichkeitsbeteiligung selber durchführt und die Behörden darauf keinerlei Einfluss mehr gehabt hätten. Auch hätte die entsprechend betroffene Öffentlichkeit auf diesem Wege – im Gegensatz zu einem ordentlichen Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung - keine rechtlich tragfähige Position gehabt, trotz „Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung“ (§ 25, 3 SVwVfG). Dieser Hinweis an die RAG seitens des Bergamts Saarbrücken mit Schreiben vom Februar 2014 fiel dort anscheinend auf fruchtbaren Boden. Nicht anders lässt es sich erklären, dass die RAG trotz vorherigem Konsens im August 2014 plötzlich auf ein ordentliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten wollte – zum Nachteil einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung . a) War der Landesregierung und dem Oberbergamt die Forderung des Bergamts Saarbrücken gegenüber der RAG zum Nachteil einer umfassenden Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange und anderer Verfahren bekannt? Drucksache 16/511 (16/435) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 5 - b) Welches Motiv hatte das Bergamt Saarbrücken als untere staatliche Aufsichtsbehörde , eine derartige Erforderlichkeit zu sehen? c) Warum erachtete das Bergamt SB ein ordentliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung im Falle von Grubenflutungen als nicht notwendig? d) Wurde damit die Position des Oberbergamts und der Landesregierung unterlaufen und deren Verhandlungsposition geschwächt? e) Ist es zutreffend, dass das Oberbergamt im Jahr 2014 in einem Schreiben an die Wirtschaftsministerin auf diesen Missstand hingewiesen hat? Zu Frage 6: a): Nach Bundesberggesetz ist für das Ansteigenlassen des Grubenwassers nach den §§ 53 und 54 BBergG ein Abschlussbetriebsplan unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, jedoch ohne Beteiligung der Öffentlichkeit, zwingend vorgeschrieben, und zwar unabhängig davon, dass für das Zutagefördern von mehr als 10 Mio. m³ Grubenwasser auch ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden muss. Zuständig für die Durchführung des Abschlussbetriebsplanverfahrens ist das Bergamt Saarbrücken . Zuständig für die Durchführung eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens ist das Oberbergamt des Saarlandes. Da dieser Abschlussbetriebsplan nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben kann, war daher vom Bergamt als zuständige Behörde gemäß § 25 Absatz 3 SVwVfG darauf hinzuwirken, dass die RAG AG die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele ihres Vorhabens, die Mittel es zu verwirklichen und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll gemäß § 25 Absatz 3 SVwVfG möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden, um bereits in diesem frühen Stadium für die Öffentlichkeit Transparenz herzustellen und die Partizipation interessierter Kreise frühzeitig zu ermöglichen . Das Bergamt hat somit im Ergebnis nicht nur korrekt gehandelt, sondern ist darüber hinaus seiner rechtlichen Obliegenheit nach § 25 Absatz 3 SVwVfG in vorbildlicher Weise nachgekommen. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, haben sich die Bergbehörden im August 2014 nach eingehender Erörterung der Rechtslage mit der RAG AG auf die Durchführung zweier parallel laufender bergrechtlicher Genehmigungsverfahren verständigt : zum einen auf das durch das Bergamt Saarbrücken durchzuführende Abschlussbetriebsplanverfahren unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und zum anderen auf ein durch das Oberbergamt des Saarlandes durchzuführendes bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und umfassender Beteiligung der Öffentlichkeit. Mithin stellt das Schreiben des Bergamtes an die RAG AG vom 17.02.2014 einen Zwischenstand der behördlichen Meinungsbildung über die rechtlich gebotenen Verfahren bzw. Verfahrensschritte dar. Drucksache 16/511 (16/435) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 6 - b): Siehe Antwort zu Frage 6a. c): Von Seiten des Bergamtes Saarbrücken ist eine solche Einschätzung zu keinem Zeitpunkt getroffen worden. Vielmehr war eine breite, umfassende und frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit das ausdrückliche Ziel der Behörden. Dementsprechend erfolgte nach einem innerbehördlichen Abstimmungsprozess eine Verständigung mit der Antragstellerin auf die beiden parallel durchzuführenden bergrechtlichen Verfahren, um im Ergebnis diese umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung sicherzustellen. d): Nein. e): Nein, es gab keinen Missstand, der behoben werden musste. Das Oberbergamt des Saarlandes hatte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr am 19.08.2014 schriftlich auf das Erfordernis hingewiesen, dass sowohl für die erste Phase als auch für die zweite Phase des von der RAG AG beabsichtigten Grubenwasseranstiegs im Saarrevier ein bergrechtliches Abschlussbetriebsplanverfahren und ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Eine entsprechende Verständigung zwischen den Bergbehörden und der RAG AG erfolgte am 26.08.2014. Haben Verantwortliche des Bergamts in dieser Frage gegen die offizielle Politik der Landesregierung agiert und/oder haben sie gegen Dienstpflichten verstoßen? Zu Frage 7: Nein.