LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/518 (16/489) 20.08.2018 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Lutz Hecker (AfD) betr.: Betäubungslosen Schlachten im Saarland Vorbemerkung des Fragestellers: „Das Deutsche Tierschutzgesetz besagt, dass ein Wirbeltier nur unter wirksamer Schmerzausschaltung (Betäubung) in einem Zustand der Wahrnehmungs - und Empfindungslosigkeit getötet werden darf. In § 4a (1) heißt es weiter, dass ein warmblütiges Tier nur dann geschlachtet werden darf, wenn es vor Beginn des Blutentzuges zum Zweck des Schlachtens betäubt worden ist. Diese Regelung, die dem Schlachttier unnötige Qualen und unnötiges Leid ersparen soll, wird durch § 4a Abs. 2 TierSchG quasi konterkariert. Dieser besagt, dass die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilen kann, wenn es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften zu entsprechen .“ Wie viele Ausnahmegenehmigungen wurden in den vergangenen 10 Jahren beantragt und wie viele davon wurden genehmigt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und Gemeinden)? Zu Frage 1: In den letzten 10 Jahren wurden keine Ausnahmegenehmigungen beantragt. Ausgegeben: 20.08.2018 (26.07.2018) Drucksache 16/518 (16/489) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Wo und von wem wurden im o.g. Zeitraum Schächtungen vorgenommen? Zu Frage 2: Fehlanzeige. Siehe Frage 1. Wie viele Betriebe im Saarland erzeugen welche Mengen an koscherem Fleisch nach Halal- Kriterien oder Halal-Fleisch, bei dem das Tier vor der Schächtung kurzzeitig betäubt wird (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und Gemeinden )? Zu Frage 3: Betriebe die nach jüdischem oder islamischem Ritus schlachten sind nicht bekannt. Anträge auf Schlachten mit Kurzzeitbetäubung lagen bislang ebenfalls nicht vor. Nach welchen Kriterien werden Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten erteilt (Auch Qualifikation und räumliche Anforderungen )? Zu Frage 4: Die saarländische Landesverwaltung ist in dieser Frage an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Dieses hat in seinem Urteil vom 15. Januar 2002 entschieden, dass eine Ausnahmegenehmigung im Sinne von § 4 a Abs. 2 TierSchG auch auf jene muslimische Glaubensgemeinschaften anzuwenden ist, denen zwingend vorgeschrieben ist, ausschließlich das Fleisch von betäubungslos geschlachteten Tieren zu verzehren. Die näheren Anforderungen an die Sachkunde nach § 11 TierSchG sowie an die Räumlichkeiten und weiteres sind in einem Merkblatt enthalten, welches 2006 von der Arbeitsgemeinschaft Tierschutz (AGT) der Bund-Länder- Referenten herausgegeben wurde und bundesweit bei Genehmigungsanträgen von den zuständigen Behörden zugrunde gelegt wird. Frage 5: Wie erfolgt die Kontrolle der Betriebe, um sicherzustellen, dass die Tiere trotz Schächtung so wenig wie möglich leiden und die religiösen Anforderungen eingehalten werden? a) Gab es bei solchen Kontrollen Beanstandungen ? b) Wenn ja, wie wurden diese sanktioniert und in welchem Rahmen erfolgte eine Nachkontrolle ? Zu Frage 5: Fehlanzeige. Siehe Frage 1. Drucksache 16/518 (16/489) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Wie viele illegale Schächtungen oder ähnliche Verstöße gegen das TierSchG sind bis heute im Saarland bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Zu Frage 6: Im Saarland wurden in den letzten Jahren immer wieder Funde von Schlachtabfällen gemeldet. Diese konnten aber in den seltensten Fällen Personen zugeordnet werden. Bei den Funden kommt zwar oft auch der Verdacht einer illegalen Schächtung auf, dies konnte aber wegen des Zustandes der Funde bisher nicht nachgewiesen werden. Ist der Landesregierung bekannt, wie viel Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung in den letzten 10 Jahren ins Saarland importiert wurden (wenn ja, woher kam das Fleisch bzw. wo wurden diese betäubungslosen Schlachtungen durchgeführt )? Zu Frage 7: Im Saarland wird Fleisch mit sog. Halal-Zertifikaten angeboten. Über Mengen und Herkunft wird keine Statistik geführt. Der Import von geschächtetem Fleisch aus anderen EU-Staaten nimmt jedoch stetig zu, wie aus dem ansteigendem Angebot im Einzelhandel zu erkennen ist. Der Verkauf ist in Deutschland gestattet. Befürwortet die Landesregierung ein generelles Verbot des betäubungslosen Schlachtens auf Bundesebene, so wie es in mehreren europäischen Staaten bereits der Fall ist? a) Wenn ja, welche entsprechenden Bestrebungen /Initiativen unterstützt die Landesregierung auf Bundesebene? b) Wenn nein, aus welchen Gründen? c) Wenn nein, wie steht das im Verhältnis zum Koalitionsvertrag, in dem sich die Landesregierung für einen aktiven Tierschutz stark macht? Zu Frage 8: Grundsätzlich befürwortet die saarländische Landesregierung ein generelles Verbot des betäubungslosen Schlachtens. Solch ein generelles Verbot besteht bereits und ist in § 4 TierSchG gesetzlich festgelegt. Die verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmen nach § 4 a Abs. 2 TierSchG stellen die grundsätzliche Allgemeingültigkeit dieses generellen Verbots nicht in Frage. Sie sind Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips, das in diesem Falle die beiden Verfassungsgüter Tierschutz und Religionsfreiheit gegeneinander abwägt und in Ausgleich bringt. Vor diesem Hintergrund sieht die saarländische Landesregierung keine gesetzgeberische Handlungsmöglichkeit. Drucksache 16/518 (16/489) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 4 - Wie ist die Position der Landesregierung auf den vielfach diskutierten Vorschlag, dass Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung verpflichtend gekennzeichnet werden sollte, um dem Verbraucher eine entsprechende Kaufentscheidung zu ermöglichen ? Zu Frage 9: Nach hiesigem Kenntnisstand werden in Frankreich, Belgien, Spanien und Großbritannien ein Großteil der Rinder und Schafe generell betäubungslos geschächtet. Da es keine spezielle Kennzeichnung für geschächtetes Fleisch gibt und Fleisch aus zugelassenen Schlachthöfen prinzipiell EU-weit handelsfähig ist, kann es auf diesem Weg auch in Verarbeitungsbetriebe, den allgemeinen Einzelhandel oder andere Mitgliedstaaten -also auch nach Deutschland– gelangen, ohne dass es dort zu identifizieren ist. Viele Verbraucher wissen das nicht. Sie können sich darüber auch nicht informieren , da es keine EU-weit verpflichtende Kennzeichnung auf den Etiketten von verarbeiteten Fleischerzeugnissen gibt, die geschächtetes Fleisch enthalten. Somit ist für Käufer nicht ersichtlich, ob das Fleisch oder die Erzeugnisse von Tieren stammen, die geschächtet wurden bzw. ob sie vorher betäubt wurden. Das gilt sowohl für Konsumenten , die geschächtetes Fleisch vermeiden wollen, als auch für Konsumenten, die es aus religiösen Gründen bevorzugen möchten. Von daher unterstützt die Landesregierung die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Halal geschlachtetes Fleisch durch die EU.