LANDTAG DES SAARLANDES 16. Wahlperiode Drucksache 16/80 (16/44) 29.08.2017 A N T W O R T zu der Anfrage des Abgeordneten Dennis Lander (DIE LINKE.) betr.: Vertrauliche Spurensicherung Vorbemerkung des Fragestellers: „Die vertrauliche Spurensicherung hilft den Opfern sexueller Gewalt, die wichtigen ersten Schritte der Beweissicherung vorzunehmen, ohne sie zu sehr unter Druck zu setzen. Durch die ärztliche Schweigepflicht ist sichergestellt, dass die erhobenen Beweise nicht gegen den Willen der Betroffenen weitergegeben werden. Aus diesen Gründen kommt der vertraulichen Spurensicherung eine große Bedeutung zu. Im Saarland wird die vertrauliche Spurensicherung nicht von einer zentralen Stelle vorgenommen, sondern sie wird über das gesamte Saarland verteilt in verschiedenen Kliniken und einer Vielzahl von speziell geschulten gynäkologischen Praxen durchgeführt. Die Beweissicherung nach sexueller Gewalt sollte nach einem standardisierten Schema durchgeführt werden, wobei nicht nur der Schulung der durchführenden Ärzte, sondern auch der praktischen Erfahrung eine hohe Bedeutung zukommt. Dies bedeutet, dass insbesondere Ärzte mit hoher Untersuchungsfrequenz eine ausreichende Erfahrung aufweisen.“ Vorbemerkung der Landesregierung: Im April 2013 hat sich der Landtag des Saarlandes für die Etablierung eines möglichst flächendeckenden Modells zur Anonymen Spurensicherung ausgesprochen und eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) beauftragt, ein Verfahren zur Anonymen Spurensicherung (ASS) nach sexualisierter Gewalt zu etablieren (LT-Drs. 15/445 vom 23. April 2013). Ausgegeben: 29.08.2017 (26.06.2017) Drucksache 16/80 (16/44) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 2 - Die verfahrensunabhängige, vertrauliche Spurensicherung nach sexueller Gewalt (VSS) ist im November 2014 als Projekt gestartet. Sie bildet zudem das Herzstück der Kampagne "Sexuelle Gewalt hinterlässt Spuren!". An dem Kooperationsprojekt der Landesregierung - vertreten durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Federführung), das Ministerium der Justiz, das Ministerium für Inneres, Bauen und Sport sowie das Landespolizeipräsidium - beteiligen sich neben der saarländischen Ärzteschaft der Frauennotruf Saarland, das Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes, der Weiße Ring e.V. und der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung. Betroffene Opfer sexueller Gewalt, die unmittelbar nach der Tat nicht in der Lage sind, eine Entscheidung für oder gegen eine Strafanzeige zu treffen, erhalten mit der VSS die Möglichkeit, sich auch ohne polizeiliche Anzeige - in einer Klinik oder einer Facharztpraxis - vertrauliche Hilfe zu holen. Im Rahmen der Spurensicherung, die von entsprechend geschulten Ärztinnen und Ärzten durchgeführt wird, können Betroffene Spuren der Tat vertraulich dokumentieren und kostenlos für zunächst 10 Jahre im rechtsmedizinischen Institut des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg aufbewahren lassen. Wesentliche Ziele des Projektes sind die Verbesserung der bestehenden Hilfeangebote und der medizinischen Versorgung für die Opfer sexueller Gewalt, die Ermöglichung eines niedrigschwelligen Zugangs zu einer verfahrensunabhängigen Beweissicherung sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema sexuelle Gewalt. Das Projekt leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Strafverfolgung, wenn die betroffene Person sich im Nachhinein für eine Anzeige bei der Polizei entscheidet . Das Saarland ist das erste Bundesland, in dem flächendeckend eine dezentrale Angebotsstruktur (Kliniken und niedergelassene Facharztpraxen) vorgehalten wird. Über die Infonummer 0681/844944 bei der Rettungsleitstelle Saarland und unter www.spurensichern .de erfahren Betroffene rund um die Uhr, wo sich die nächstgelegene Praxis bzw. Klinik befindet. Wie viele und welche Ärzte bzw. Praxen und Krankenhäuser bieten eine vertrauliche Spurensicherung im Saarland an? Zu Frage 1: Das Hilfeangebot wird saarlandweit derzeit in fünf ausgewählten Kliniken und 10 gynäkologischen Gemeinschaftspraxen angeboten. Eine Liste der aktuell am Projekt teilnehmenden Stellen ist online unter https://www.saarland.de/121428.htm verfügbar. Wie oft wurde eine vertrauliche Spurensicherung im Saarland bei den einzelnen teilnehmenden Ärzten bzw. Praxen und Krankenhäusern vorgenommen ? Zu Frage 2: Seit dem Projektstart im November 2014 wurden nach Auskunft des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes landesweit 22 vertrauliche Spurensicherungen durchgeführt. In vier Fällen wurde die Spurensicherung in einer niedergelassenen Facharztpraxis durchgeführt. Drucksache 16/80 (16/44) Landtag des Saarlandes - 16. Wahlperiode - - 3 - Gibt es in diesem Zusammenhang in der Praxis (z.B. im Rahmen von Gerichtsverfahren) Erkenntnisse , wie gerichtsverwertbar die Befunde der vertraulichen Spurensicherung erhoben wurden? Welche Probleme sind bekannt? Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie gerichtsverwertbar die Befunde der vertraulichen Spurensicherung erhoben wurden. Probleme bzgl. der Befundung sind ebenfalls nicht bekannt. Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung wurden bereits durchgeführt? Zu Frage 4: Seit dem Projektstart haben zwei Ärztefortbildungen stattgefunden. Im Rahmen der regelmäßigen Sitzungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe, an der auch Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft teilnehmen, findet in Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten ein kontinuierlicher fachlicher Austausch statt, der dazu beiträgt, das Projekt fachlich weiterzuentwickeln und die unterschiedlichen medizinischen und psychosozialen Hilfeangebote weiter zu vernetzen. Der Dokumentationsbogen, der im Saarland sowohl für die polizeibeauftragte wie auch für die vertrauliche Spurensicherung genutzt wird, liegt mittlerweile bereits in zweiter überarbeiteter Auflage vor.