Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1009 13.04.2012 (Ausgegeben am 16.04.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Gudrun Tiedge (DIE LINKE) Sicherstellung der Polizeiärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7400 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Vorbemerkung: Seit dem Jahr 2008 nimmt der Polizeiärztliche Dienst die Aufgabe einer zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle für unmittelbare Landesbeamte und Richter wahr. Die Aufgabenwahrnahme erfolgt aktuell auf der gesetzlichen Grundlage von §§ 10 Abs. 1, 49 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG LSA und §§ 3, 27 Abs. 3 Landesrichtergesetz - LRiG. Als ein zentraler Sonderdienst mit Ressort übergreifender Aufgabenstellung ist das Polizeiärztliche Zentrum/Ärztlicher Gutachterdienst der Landesverwaltung organisatorisch bei der Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt angebunden . 1. Wie viele Stellen für Polizeiärzte bzw. Polizeiärztinnen stehen dem Polizei- ärztlichen Dienst in Sachsen-Anhalt in Gänze zur Verfügung? Unter Berücksichtigung der Planstelle des Leitenden Polizeiarztes des Landes Sachsen -Anhalt, die organisatorisch und personalwirtschaftlich dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt zugeordnet ist, stehen zwölf Planstellen zur Verfügung. Der Leitende Polizeiarzt nimmt zugleich die Leitung des Polizeiärztlichen Zentrums/Ärztlichen Gutachterdienstes der Landesverwaltung wahr. 2. Wie viele Stellen für Polizeiärzte bzw. Polizeiärztinnen sind im Polizeiärzt- lichen Zentrum in Magdeburg sowie in den Außenstellen in Stendal, Halberstadt , Dessau, Halle, Merseburg und Aschersleben vorgesehen? Eine feste Zuordnung von polizeiärztlichen Planstellen zu den Außenstellen gibt es nicht. Die im Bereich „Medizinische Begutachtung/polizeiamtsärztliche Aufgaben“ tä- 2 tigen Polizeiärzte sind am Sitz des Polizeiärztlichen Zentrums/Ärztlichen Gutachterdienstes der Landesverwaltung in Magdeburg und in der Außenstelle Halle tätig. Die betriebs- und sozialmedizinisch tätigen Polizeiärzte verrichten ihren Dienst entsprechend des dienstlichen Bedarfs jeweils an zwei verschiedenen Standorten. Aufgrund der Nichtbesetzung der seit 01.07.2011 vakanten Stelle eines betriebs- und sozialmedizinisch tätigen Polizeiarztes erfolgt derzeit keine polizeiärztliche Besetzung der Außenstelle Halberstadt. Die polizeiärztliche Mitbetreuung der Bediensteten wird am Sitz des Polizeiärztlichen Zentrums/Ärztlichen Gutachterdienstes der Landesverwaltung in Magdeburg und in der Außenstelle Aschersleben wahrgenommen. 3. Wie viele Stellen davon sind besetzt bzw. nicht besetzt? Im Falle der Nicht- besetzung von Stellen, welche Ursachen und Gründe gibt es dafür? Von den zwölf Planstellen sind derzeit zehn Planstellen besetzt. Seit dem 01.07.2011 ist die Stelle eines aus Altersgründen ausgeschiedenen betriebs- und sozialmedizinisch tätigen Polizeiarztes nicht besetzt. Zudem konnte eine im Haushaltsplan 2012/2013 zusätzlich bereit gestellte Polizeiarztstelle, die zur Deckung eines bestehenden Personalbedarfs für den Aufgabenbereich „Medizinische Begutachtung/ polizeiamtsärztliche Aufgaben“ beitragen soll, bislang nicht besetzt werden. Die offenen Planstellen sind nicht mangels fachlicher Attraktivität unbesetzt, sondern offenbar eher wegen der zu geringen Vergütung. So erhalten in Universitätskliniken und kommunalen Kliniken sowie bei den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung tätige Ärzte nach den für sie geltenden Tarifverträgen eine höhere Vergütung als nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlte Ärzte im öffentlichen Dienst. Verbeamtete Ärzte der Bundeswehr erhalten eine Zulage von 600 Euro im Monat. Da im Polizeiärztlichen Zentrum/Ärztlichen Gutachterdienst der Landesverwaltung nur Fachärzte eingestellt werden, ist eine Einstellung als Beamter im Einstiegsamt bzw. im ersten Beförderungsamt für diesen Personenkreis finanziell nicht lohnenswert und bei erfahrenen Fachärzten mit zum Teil erheblichen Gehaltseinbußen gegenüber der bisherigen Tätigkeit verbunden. 4. Wie schätzt die Landesregierung den gegenwärtigen Stellenbestand bzw. die Stellenbesetzung mit Polizeiärzten bzw. Polizeiärztinnen in SachsenAnhalt - insbesondere im Vergleich zu anderen Bundesländern - ein? Seit der Übernahme der Aufgabe einer zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle für unmittelbare Landesbeamte und Richter im Jahr 2008 hat sich der Personalbedarf auf Grund einer annähernden Verdreifachung des Gutachtenaufkommens für die Ressorts der Landesverwaltung im Bereich „Medizinische Begutachtung/polizeiamtsärztliche Aufgaben“ erhöht. Das Ministerium für Inneres und Sport hat einen zusätzlichen Bedarf an zwei Arztstellen ermittelt. Im Haushaltsplan 2012/ 2013 wurde eine zusätzliche Stelle eines Polizeiarztes bereit gestellt. Die seit dem 01.01.2011 geltenden Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift für Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (DGUV Vorschrift 2) führen gleichfalls zu einem erhöhten Personalbedarf im Bereich der betriebs- und sozialmedizinisch tätigen Polizeiärzte. 3 Die Angemessenheit des gegenwärtigen Stellenbestandes wird derzeit geprüft. Bei der Beurteilung ist beabsichtigt, das Ergebnis einer derzeit noch nicht abgeschlossenen Prüfung zur Organisation und Wirtschaftlichkeit des Polizeiärztlichen Dienstes durch den Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt zu berücksichtigen. Eine organisatorisch in den Polizeiärztlichen Dienst integrierte zentrale ärztliche Untersuchungsstelle für unmittelbare Landesbeamte und Richter besteht ausschließlich in Sachsen-Anhalt. Daher ist ein Vergleich mit anderen Bundesländern nicht möglich. 5. Worin liegen die Tätigkeitsschwerpunkte für die Polizeiärzte und -ärztinnen in Sachsen-Anhalt? Die Tätigkeitsschwerpunkte sind der als Anlage beigefügten Aufstellung zu entnehmen . 6. Wie viele Polizeiärzte bzw. Polizeiärztinnen nutzen die Möglichkeit der Aus- übung einer Nebentätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Regelungen? Welche Nebentätigkeiten werden ausgeübt und in welchem Umfang? Fünf Polizeiärzte üben eine Nebentätigkeit aus. Als Nebentätigkeit werden hauptsächlich Blutentnahmen zur Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, Untersuchungen zur Feststellung der Gewahrsamsfähigkeit, die Erstellung von Gutachten für Versicherungen und notärztliche Tätigkeiten ausgeübt. Der zeitliche Umfang der Nebentätigkeit beträgt jeweils zwischen drei und maximal acht Stunden die Woche. Für die Ausübung der o.g. Nebentätigkeiten besteht überwiegend ein dienstliches Interesse . 4 Anlage Tätigkeitsschwerpunkte der Polizeiärzte Bereich „Medizinische Begutachtung/ polizeiamtsärztliche Aufgaben“ - alle Begutachtungen und vertrauensärztlichen Untersuchungen einschließlich Be- werberauswahluntersuchungen und Einstellungsuntersuchungen sowie laufbahnrechtlich vorgeschriebene Untersuchungen für die Bediensteten der Polizei, - die durch das Landesbeamtengesetz-LBG LSA und das LandesrichtergesetzLRiG geregelten Begutachtungen von unmittelbaren Landesbeamten und Richtern , - weitere Begutachtungen und vertrauensärztliche Untersuchungen für die Ressorts der Landesverwaltung, sofern eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung dem nicht entgegensteht und die Wahrnahme der anderen o. g. Aufgaben nicht beeinträchtigt. Bereich „Betriebs- und Sozialmedizin“ - Wahrnahme von betriebsärztlichen Aufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz: - Beratung der für den Arbeitsschutz und Unfallverhütung Verantwortlichen in allen arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, - arbeitsmedizinische Betreuung der Bediensteten, - Beobachtung der Durchführung des Arbeitsschutzes bei regelmäßigen Bege- hungen der Dienstobjekte, - Belehrung der Bediensteten über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Ab- wendung von Gefahren und Mitwirkung bei der Organisation der Ersten Hilfe. - Maßnahmen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation von Polizeivoll- zugsbeamten, - medizinische Betreuung von Polizeibediensteten nach traumatisierenden oder be- lastenden beruflichen oder privaten Ereignissen einschließlich Konflikt- und Krisensituationen sowie bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen, - Maßnahmen der betrieblichen Suchtkrankenhilfe, - Maßnahmen der medizinischen Prävention im Rahmen eines fortgeschrittenen „Gesundheitsmanagements in der Polizei“, - kurative Betreuung von Polizeivollzugsbeamten (unter Beachtung von Wirtschaft- lichkeitskriterien und der Nichtbeeinträchtigung der anderen Dienstaufgaben). Zudem werden alle Polizeiärzte in die medizinische Versorgung von polizeilichen Einsätzen eingebunden.