Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1068 26.04.2012 (Ausgegeben am 27.04.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Herr Guido Henke (DIE LINKE) Wohnungsverkäufe in Sachsen-Anhalt/Privatisierung der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) Kleine Anfrage - KA 6/7424 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie der Mitteldeutschen Zeitung vom 15. März 2012 zu entnehmen war, plant der Bund noch in diesem Jahr weitere 11 500 Wohnungen zu privatisieren und dafür die bundeseigene ostdeutsche Immobiliengesellschaft TLG zu verkaufen, die jährlich Gewinne im zweistelligen Millionenbereich an den Bund abführt. Laut Zeitungsbericht lag der Wert des Immobilienvermögens der TLG Ende 2010 bei 1,76 Milliarden €. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung: Die Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) wurde 1991 als Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt gegründet; 1995 übernahm die Bundesrepublik Deutschland die Gesellschafteranteile. Mit Wirkung zum 1. Januar 2012 wurden die Wohnimmobilienbestände der TLG IMMOBILIEN GmbH auf die TLG WOHNEN GmbH abgespalten. Durch die rechtliche Verselbständigung des Segments Wohnimmobilien soll es Investoren wahlweise ermöglicht werden, für die gesamte TLG-Gruppe oder auch nur einzeln für die TLG WOHNEN oder die TLG IMMOBILIEN zu bieten. Die TLG verwaltet und vermietet rund 80 Büroimmobilien; vorwiegend in Berlin, Rostock , Dresden und Leipzig. Darüber hinaus verwaltet und vermietet sie rund 12 000 Wohnungen an zahlreichen Standorten in Ostdeutschland, wobei die Schwerpunkte in Dresden, Rostock, Strausberg bei Berlin sowie in der Lausitz und Merseburg liegen . 2 1. Wie bewertet die Landesregierung den geplanten Verkauf grundsätzlich? Der mit der europaweiten Bekanntmachung der Privatisierung der TLG IMMOBILIEN GmbH und der TLG WOHNEN GmbH am 8. März 2012 gestartete Verkauf der TLG entspricht zum einen dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung der 17. Legislaturperiode. Danach ist die Beteiligung des Staates an Wirtschaftsunternehmen und Finanzinstitutionen so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen. Dementsprechend wurde festgelegt, vonseiten des Bundes mit einer Ausstiegsstrategie zu beginnen. Zum anderen besteht auch kein wichtiges Bundesinteresse im Sinne der Bundeshaushaltsordnung mehr, sodass die Bundesrepublik verpflichtet ist, sich von diesen Beteiligungen zu trennen. Die Bundesregierung plante die Veräußerung der Gesellschaft bereits für das Jahr 2008. Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Finanzkrise wurde der Veräußerungsprozess im Herbst 2008 abgesagt. 2. Wie kann vor dem Hintergrund solcher Wohnungsverkäufe die Verantwor- tung der öffentlichen Hand für eine soziale Wohnungspolitik gewährleistet bleiben? 3. In welchem Umfang will die Landesregierung angesichts steigender Miet- kosten und sinkender Realeinkommen einen Beitrag dafür leisten, dass alle Einkommensschichten sich gutes Wohnen in Sachsen-Anhalt zukünftig leisten können? Die Fragen 2. und 3. werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet Der Wohnungsmarkt in Sachsen-Anhalt befindet sich in einer entspannten Lage, sodass von Versorgungsschwierigkeiten nicht auszugehen ist. Sowohl arbeitsmarktbedingte Abwanderungstendenzen als auch negative demografische Entwicklungen lassen die Einwohnerzahlen fast aller Regionen in Sachsen-Anhalt sinken. Trotz der deutlichen Reduzierung des absoluten Wohnungsbestandes ist dieser gemessen je Einwohner weiter gestiegen, da der Bevölkerungsrückgang schneller von statten ging, als das Bauabgangsgeschehen. In Sachsen-Anhalt, wie auch in den anderen Bundesländern, dient unter anderem das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Alle privaten Haushalte, deren Einkommen dafür nicht ausreicht , haben einen Rechtsanspruch auf Wohngeld, sofern die Voraussetzungen vorliegen und die Betroffenen vom Wohngeldbezug nicht ausgeschlossen sind. Wohngeld wird als „Mietzuschuss“ für Mieter von Wohnraum oder als „Lastenzuschuss “ für Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung gewährt . Eine Förderung des sozialen Wohnungsbaus besteht derzeit nicht. Aus früheren Förderungen gibt es noch Wohnungen mit Belegungsbindungsrechten, die einkommensschwächeren Haushalten die Chance für bezahlbaren Wohnraum sichern . 3 4. In welchen Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts besitzt die TLG je- weils wie viele Wohnungen, die von diesem Verkauf betroffen wären? Eine der ausgewählten Schwerpunktregionen im Segment Wohnen der TLG ist die „Achse Halle/Leipzig“, deren größte Standorte Merseburg mit etwa 1 400 Wohnungen und Halle mit rund 230 Wohnungen vom Verkauf betroffen wären. Darüber hinaus gehende Angaben über die Verteilung des Wohnungsbestandes liegen nicht vor. 5. Wie hoch ist die Leerstandsquote der unter Punkt 4 nachgefragten Woh- nungen? Angaben über die Leerstandsquote der unter Punkt 4 aufgeführten Wohnungen liegen nicht vor. Für die Schwerpunktregion „Achse Halle/Leipzig“ insgesamt beträgt er 4,1 v. H. 6. In welchen Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts ist die TLG Eigen- tümerin von jeweils wie vielen Büro- und Gewerbeeinheiten, die von diesem Verkauf betroffen wären? Die Antworten zu den Fragen 4 und 6 bitte in einer Tabelle zusammenfassen und nach Landkreisen und kreisfreien Städten gliedern. Angaben über die Anzahl bzw. Lage der Büro- und Gewerbeeinheiten getrennt nach Bundesländern liegen nicht vor. Der Gesamtbestand der Einzelhandelsflächen innerhalb der Schwerpunktregion „Achse Halle/Leipzig“ liegt bei 26 Objekten , über deren regionale Verteilung keine Kenntnis vorliegt. 7. Wie hoch war der Wert des Immobilienvermögens der TLG in Sachsen- Anhalt Ende 2010 getrennt nach Wohnungen sowie nach Büro- und Gewerbeeinheiten ? Angaben über die Höhe des Immobilienvermögens getrennt nach Bundesländern liegen nicht vor. Für die Schwerpunktregion „Achse Halle/Leipzig“ betrug das langfristige Anlagevermögen per 31. Dezember .2010: - Verkehrswert Wohnen: 59,0 Millionen €, - Verkehrswert Büro: 12,5 Millionen €, - Verkehrswert Einzelhandel: 31,9 Millionen €. 8. Können nach Auffassung der Landesregierung durch die Verankerung ei- ner „Sozialcharta“ in den Verkaufsverträgen die Rechte der Mieterinnen und Mieter gesichert werden? Welche Risiken bestehen für die Betroffenen insbesondere hinsichtlich der langfristigen und nachhaltigen Wirkung einer solchen Sozialcharta? Vorangestellt sei, dass zur Wahrung ihrer Rechte - sowohl für Mieter als auch für Vermieter - das im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte Mietrecht gilt. Die sogenannte Sozialcharta - als Bestandteil eines Vertragswerkes zum Verkauf von Wohnungsbeständen - dient grundsätzlich dem Schutz der Mieter weit über die 4 gesetzlichen Regelungen hinaus. Langfristigkeit als auch Nachhaltigkeit der Wirkung einer solchen Charta hängt neben den darin geregelten schutzwürdigen Aspekten auch wesentlich von der zwischen Verkäufer und Investor vereinbarten Dauer ab. Mit der vertraglichen Fixierung der Sozialcharta wird diese verbindlich und damit rechtlich durchsetzbar.