Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1194 08.06.2012 (Ausgegeben am 11.06.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Erlass zur landesplanerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen Kleine Anfrage - KA 6/7484 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Erlass des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen -Anhalt vom Dezember 2009 zur landesplanerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen legt fest, unter welchen Voraussetzungen für die Errichtung oder die wesentliche Änderung von Tierhaltungsanlagen in Sachsen-Anhalt Raumordnungsverfahren durchgeführt werden. Der Erlass enthält sieben Prüfkriterien. Ein Raumordnungsverfahren ist nach dem Erlass für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Tierhaltungsanlagen durchzuführen, wenn das Prüfkriterium 1 oder die Mehrzahl der Prüfkriterien 2 bis 7 zutreffen. Ziel der Kleinen Anfrage ist es, ergänzend zu der Antwort der Landesregierung in der Drucksache 6/403 zu erfahren, wie diese Prüfkriterien ausgelegt werden und wie der Erlass in der Praxis angewendet wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Welches Referat im Landesverwaltungsamt entscheidet, ob für die Errich- tung oder die wesentliche Änderung von Tierhaltungsanlagen anhand der Prüfkriterien des Erlasses ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird? Welche Referate des Landesverwaltungsamtes werden ggf. an diesem Prüfverfahren beteiligt? Erfolgt die Entscheidung des federführenden Referates ggf. im Einvernehmen oder im Benehmen mit diesen weiteren am Prüfverfahren beteiligten Referaten des Landesverwaltungsamtes? Innerhalb des Landesverwaltungsamtes entscheidet das Referat 309 - Raumordnung und Landesentwicklung - abschließend darüber, ob für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Tierhaltungsanlagen ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird oder nicht. 2 Diese Aufgabe obliegt nach § 13 Abs. 2 LPlG der oberen Landesplanungsbehörde . In der der Regel erfolgt eine Beteiligung für immissionsschutzrechtliche Fragen fachlich zuständigen Referate. 2. Wird bei der Anwendung des Erlasses zwischen gewerblichen und land- wirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen unterschieden? Falls nein, aus welchen Gründen? Werden die Wirkungen gewerblicher und landwirtschaftlicher Tierhaltungsanlagen im Hinblick auf die sieben Prüfkriterien des Erlasses, insbesondere im Hinblick auf die Verwertung der Wirtschaftsdünger (Gülle) durch die Landesregierung als grundsätzlich gleich eingeschätzt? Werden die Wirkungen gewerblicher und landwirtschaftlicher Tierhaltungsanlagen auf die Agrarstruktur durch die Landesregierung als grundsätzlich gleich eingeschätzt? Der Erlass zur landesplanerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen unterscheidet nicht zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen . Allerdings wird dieser Punkt bereits im Kriterium 1 entscheidungsrelevant , denn Raumnutzungskonflikte ergeben sich in der Regel bei einer gewerblichen Tierhaltung in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft. Entsprechende Anträge führen daher in der Regel zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens , wenn der Antragsteller sein Vorhaben weiter verfolgt. 3. Für die Beurteilung der wesentlichen Änderung einer bestehenden Tier- haltungsanlage im Außenbereich nach diesem Erlass sind dabei sachlich und räumlich miteinander im Verbund stehende Anlagen als Einheit zu sehen. Werden sachlich und räumlich miteinander im Verbund stehende Anlagen im Sinne dieses Erlasses als Vorhaben, die in einem engen Zusammenhang stehen, im Sinne des § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG betrachtet? Werden als sachlich miteinander im Verbund stehende Anlagen auch Tierhaltungsanlagen mit unterschiedlichen aufgestallten Tierarten im räumlichen Verbund betrachtet? Werden als sachlich miteinander im Verbund stehende Anlagen auch Tierhaltungsanlagen unterschiedlicher Träger im räumlichen Verbund betrachtet? Welche Anforderungen werden an das Kriterium „räumlich miteinander im Verbund stehende Anlagen“ gestellt ? Für die Beurteilung der Frage, ob eine wesentliche Änderung dadurch gegeben ist, dass sie eine Einheit mit sachlich und räumlich miteinander im Verbund stehenden weiteren Anlagen bildet, ist die Anwendung von § 3b UVPG maßgebend . Das Gesetz nennt die Kriterien ausdrücklich, so dass auf den Wortlaut verwiesen wird. Auch sachlich und räumlich miteinander im Verbund stehende Anlagen, in denen unterschiedliche Tierarten gehalten werden, werden entsprechend behandelt. In der Praxis hat sich bisher noch kein derartiger Fall ergeben . 4. Zu Prüfkriterium 1: Bis zu welchem Abstand in Metern von einem Vor- ranggebiet wird die Wirkung der zu errichtenden Tierhaltungsanlage auf die Funktion oder Nutzung des in einem Raumordnungsplan festgelegten Vorranggebiets geprüft? 3 Ob und inwieweit eine Tierhaltungsanlage ein Vorranggebiet beeinträchtigen kann oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Angabe eines einheitlichen Maßstabes, bis zu wie vielen Metern die Tierhaltungsanlage an das Vorranggebiet heranreichen darf, ist daher nicht zielführend. 5. Zu Prüfkriterium 1: Wie wird dieses Kriterium für die wesentliche Ände- rung von Tierhaltungsanlagen angewendet? Bei der wesentlichen Änderung einer Tierhaltungsanlage wird die Beeinträchtigung eines benachbarten Vorranggebietes nach denselben Maßstäben geprüft wie bei einer Neuanlage. 6. Zu Prüfkriterium 2: Bedeutet der Begriff „Orientierungswert“ für den Min- destabstand zu vorhandenen oder zulässigen Wohnnutzungen, dass der genannte Abstand unterschritten werden kann, ohne das dieses Prüfkriterium für das konkrete Vorhaben als zutreffend bewertet wird? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen ist dies der Fall? Falls nein, warum wird dann nicht im Erlass der Begriff „Grenzwert“ verwendet? Der im Prüfkriterium genannte Abstand von 1200 m zur Wohnbebauung ist kein Mindestabstand und kein Grenzwert, sondern ein Orientierungswert für die landesplanerische Prüfung. Auch die Abstände der TA Luft, die für alle Anlagen bis zu 700 Großvieheinheiten gelten sind keine Grenzwerte und können unter bestimmten Voraussetzungen unterschritten werden. Das Kriterium ist bei einer Tierhaltungsanlage unter 700 Großvieheinheiten dann nicht erfüllt, wenn die Abstände nach TA Luft eingehalten sind und bei größeren Anlagen, wenn der vorgegebene Orientierungswert überschritten ist. 7. Zu Prüfkriterium 2: Wie werden Wohnnutzungen berücksichtigt, die nicht nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans, sondern nach einer städtebaulichen Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB, zulässig sind? Selbstverständlich werden auch die Wohnnutzungen berücksichtigt, die nach einer Einbeziehungssatzung i. S. v. § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB zulässig sind. Die Formulierung „zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung“ schließt Baugebiete nach § 34 BauGB regelmäßig mit ein. Der Anregung, den Erlass insoweit klarzustellen, kann gerne gefolgt werden. 8. Zu Prüfkriterium 3: Werden bei der Beurteilung dieses Kriteriums auch notwendige Flächen für die verkehrliche Erschließung, für die leitungsgebundene Erschließung sowie für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen berücksichtigt? Wenn ja, werden diese Flächen vollständig berücksichtigt? Ab welchem Flächenbedarf wird von einer Inanspruchnahme von Raum im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 Raumordnungsgesetz (ROG) ausgegangen? Das Prüfkriterium 3 betrifft die Frage, ob ein Vorhaben allein aufgrund der Flächeninanspruchnahme bereits raumbedeutsam ist. Auch insoweit wird eine Einzelfallprüfung durchgeführt, die sich nicht an starren Zahlen orientiert. Zugrunde gelegt wird grundsätzlich immer das gesamte Betriebsgelände. 4 Flächen außerhalb des Betriebsgeländes, wie sie die kleine Anfrage unterstellt, sind die absolute Ausnahme, da die Stallanlagen in der Regel im Außenbereich an bestehenden Straßen oder Wirtschaftswegen errichtet werden. Die Erfassung des gesamten Betriebsgeländes entspricht einer weiten Auslegung des Erlasses, denn es wäre auch möglich, lediglich die durch Stallanlagen und Erschließungswege auf dem Betriebsgelände selbst in Anspruch genommenen Flächen zu bewerten. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes werden nicht berücksichtigt. 9. Zu Prüfkriterium 3: Warum stellt dieses Prüfkriterium nur auf den Einfluss des Vorhabens auf die bestehende Bebauung ab? Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG ist ein Vorhaben bereits raumbedeutsam, wenn die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Die Formulierung des Erlasses bezieht im Gegensatz zu der Begriffsbestimmung des ROG die Entwicklungsmöglichkeiten eines Gebietes nicht mit ein. Werden nach Auffassung der Landesregierung die Entwicklungsmöglichkeiten von Baugebieten in Ortsrandlagen durch die Errichtung von Tierhaltungsanlagen beeinflusst, wenn die Tierhaltungsanlagen an Standorten errichtet werden, an denen die Mindestabstände nach Nr. 5.4.7.1 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) gerade noch eingehalten werden und bisher mögliche Erweiterungen betroffener Baugebiete in Richtung auf den Standort der geplanten Tierhaltungsanlage erschwert oder unmöglich werden? Die Frage zielt darauf ab, ob auch Erweiterungsmöglichkeiten eines Siedlungsgebietes bei der Beurteilung der Raumbedeutsamkeit eine Rolle spielen. Dies ist nach dem klaren Wortlaut des Erlasses nicht der Fall. Die raumordnerische Stellungnahme hat die Aufgabe, Raumansprüche zu koordinieren. Zum anderen ist es im Hinblick auf die bekannte demografische Entwicklung im Land völlig unrealistisch von der Erweiterung von Ortschaften am Ortsrand auszugehen. Die 5. regionalisierte Bevölkerungsprognose geht allein für den Zeitraum von 2011 bis 2025 von einem landesweiten Bevölkerungsverlust von 375.000 Einwohnern aus. Zunehmende Praxis ist es daher, dass die Gemeinden rechtsgültige Bebauungspläne mangels entsprechenden Bedarfs aufheben. Im Übrigen sind vor der Ausweisung neuer Baugebiete zunächst alle Brachflächen und Baulücken zu reaktivieren. 10. Zu Prüfkriterium 3: Welche raumbedeutsamen infrastrukturellen Einrich- tungen sind mit der Formulierung in diesem Prüfkriterium gemeint? Bitte möglichst umfassend aufzählen. Eine Tierhaltungsanlage erfordert in der Regel keine raumbedeutsamen infrastrukturellen Einrichtungen. Das hat die bisherige Anwendung des Erlasses ergeben . Zu entsprechenden Einrichtungen würden Zuwegungen, größere Stromleitungen und möglicherweise Wasser- und Abwasserbeseitigung zählen. Weitere infrastrukturelle Einrichtungen sind bisher bei keinem Vorhaben beantragt worden. 5 11. Zu Prüfkriterium 4: Welche der in § 2 Abs. 2 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) aufgeführten Bodenfunktionen werden bei der Untersuchung dieses Kriteriums im Einwirkungsbereich des jeweiligen Vorhabens bewertet ? Wird für die Bewertung der Bodenfunktionen die vom Landesamt für Umweltschutz im Jahr 1998 veröffentlichte (Berichte des Landesamtes für Umweltschutz, Heft 29) Methode verwendet? Falls nein, welche fachliche Methode zur Bewertung der Bodenfunktionen wird stattdessen verwendet ? Das Prüfkriterium 4 betrifft die Beurteilung, ob es sich um eine wertvolle landwirtschaftliche Fläche handelt. Tatsächlich wird die Prüfung anhand der Daten des Agraratlasses des Landes Sachsen-Anhalt, der vom MLU herausgegeben wird, vollzogen. Maßgeblich ist die Bodenwertzahl. 12. Zu Prüfkriterium 4: Welche landwirtschaftlichen Vergleichszahlen werden für den regionalen Vergleich herangezogen? Handelt es sich bei Ackerflächen um die Bodenzahl oder um die Ackerzahl? Welche Werte haben die durchschnittlichen landwirtschaftlichen Vergleichszahlen für den Boden in den Gebieten der fünf Regionalen Planungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt im Sinne des § 17 Abs. 2 Landesplanungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (LPIG)? Bitte die Werte differenziert nach Acker, Grünland und Waldflächen sowie nach Region angeben. Die Anwendung der landwirtschaftlichen Vergleichszahl bereitet Schwierigkeiten . Tatsächlich wird ein Vergleichsgebiet gebildet, das sich in der Regel an der regionalplanerischen Festsetzung orientiert, wie es beispielsweise bei einem Vorranggebiet für die Landwirtschaft der Fall ist. Die in der Frage implizierte Differenzierung der landwirtschaftlichen Vergleichszahlen nach Acker, Grünland und Waldflächen entspricht nicht dem groben Maßstab eines Raumordnungsverfahrens . 13. Zu Prüfkriterium 5: Auf welchen Grundlagen wird die verkehrliche Vorbe- lastung in der jeweiligen Standortgemeinde der geplanten Errichtung oder wesentlichen Änderung von Tierhaltungsanlagen ermittelt? Wie wird die verkehrliche Vorbelastung bei fehlenden (aktuellen) Ergebnissen von Straßenverkehrszählungen beurteilt? 14. Zu Prüfkriterium 5: Ab welcher verkehrlichen Vorbelastung, bezogen auf die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) aller Kraftfahrzeuge, bezogen auf die DTV an Güterverkehr und bezogen auf die DTV an Schwerverkehr wird im Sinne des Erlasses eine bestehende verkehrliche Vorbelastung angenommen? 15. Zu Prüfkriterium 5: Ab welchen Schwellenwerten für die DTV, die sich aus der Summe von Vorbelastung und Zusatzbelastung ergibt, wird im Sinne des Erlasses eine erhebliche verkehrliche Zusatzbelastung durch die Verkehre von und zur jeweiligen Tierhaltungsanlage angenommen? Wird auch bei einem signifikanten relativen Anstieg der DTV in der Standortgemeinde durch die Verkehre von und zur jeweiligen Tierhaltungsanlage - selbst wenn der mögliche Schwellenwert für die Erheblichkeit der Zusatz- 6 belastung in absoluten Zahlen nicht erreicht wird eine erhebliche Zusatzbelastung angenommen? Die Fragen 13, 14 und 15 beschäftigen sich mit der verkehrlichen Vorbelastung und der Bewertung des hinzutretenden Betriebsverkehrs aus der Betreibung der Tierhaltungsanlage. Grundsätzlich werden die Gutachten des Investors, die bereits die verkehrliche Vorbelastung berücksichtigen, zugrunde gelegt. Zur Erläuterung ist insoweit auszuführen, dass viele Vorhaben im Referat 309 Landesverwaltungsamt (LVwA) erst durch das Referat 402 (LVwA) bekannt werden, bei dem ein entsprechender immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsantrag eingegangen ist. In dieser Phase des Verfahrens sind die wesentlichen Randbedingungen bereits ermittelt. Sollte dies im Einzelfall nicht gegeben sein, wie es in der Praxis auch schon vorgekommen ist, werden entsprechende gutachterliche Aussagen vom Antragsteller abgefordert. 16. Zu Prüfkriterium 6: Werden für die Beurteilung dieses Kriteriums alle be- stehenden Tierhaltungsanlagen in dem Gebiet einer Regionalen Planungsgemeinschaft ein-bezogen oder nur solche, die nach dem Anhang zur 4. BImSchV immissions-schutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind, oder nur solche, die nach dem Anhang zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit genehmigungsbedürftig sind? Auf welche Datengrundlage wird bei der Prüfung dieses Kriteriums zurückgegriffen, um zu gewährleisten, dass auch solche Tierhaltungsanlagen und deren zulässige Tierplatzzahl vollständig berücksichtigt werden, die immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftig sind? Werden gleichartige Auswirkungen bei allen aufgestallten Tierarten unterstellt oder nur bei Tierhaltungsanlagen der gleichen aufgestallten Tierart? Die Kumulationswirkung wird selbstverständlich nur für die Anlagen geprüft, die objektiv hierfür infrage kommen. Dies sind selbstverständlich nicht alle bestehenden Tierhaltungsanlagen in dem Gebiet einer Regionalen Planungsgemeinschaft , da eine beeinträchtigende Kumulierung in diesem großen Maßstab nicht gegeben sein kann. Die Erfahrung hat vielmehr gezeigt, dass die Kumulationswirkung nur von Anlagen im Nahbereich des beantragten Vorhabens ausgehen kann. Grundsätzlich werden im Übrigen alle Anlagen ungeachtet des für sie geltenden Genehmigungsverfahrens einbezogen. Es ist Aufgabe des Antragstellers, diese Anlagen zu benennen. 17. Zu Prüfkriterium 7: Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf die vor- hergehende Kleine Anfrage (Drucksache 6/403) angegeben, dass dieses Kriterium als sachlicher Grund für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nicht geeignet ist und dass zum Zeitpunkt der landesplanerischen Prüfung die Ausbringungsflächen für Gülle in der Regel noch nicht bekannt sind. Welche Konsequenzen für die Anwendung des Erlasses hat die Landesregierung aus dieser Erkenntnis gezogen? Falls die Landesregierung hieraus bisher noch keine Konsequenzen gezogen haben sollte: In welchem Zeitraum beabsichtigt die Landesregierung Veränderungen dieses Prüfkriteriums? Ist nach Auffassung der Landesregie- 7 rung eine Änderung der Formulierung dieses Prüfkriteriums möglich, durch die dieses Kriterium sachlich geeignet wird, um die Erforderlichkeit der Durchführung von Raumordnungsverfahren für die Errichtung oder die wesentliche Änderung von Tierhaltungsanlagen zu beurteilen? An welche Sachverhalte oder Umstände könnte eine entsprechende Formulierung anknüpfen? Die Prüfung der Belastungen durch die Verwertung des Wirtschaftsdüngers erfolgt reibungslos. In der Praxis haben sich hier keine Probleme ergeben, denn die Verwertung des Wirtschaftsdüngers unterliegt strengen Auflagen und wird von den Ämtern für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten überwacht, soweit es darum geht, den Wirtschaftsdünger auf den Äckern zu verwerten. Soweit die Gülle an entsprechende gewerbliche Betriebe auch außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt abgegeben wird, hat sie nicht das Potenzial, am Standort der Anlage zu Belästigungen zu führen. Bei der Überarbeitung des Erlasses durch die Landesregierung steht dieses Kriterium auf dem Prüfstand. 18. Ist vorgesehen, die Wirkungen der Anwendung des Erlasses nach einem bestimmten Zeitraum zu überprüfen (Evaluierung)? Wenn ja, nach welchem Zeitraum? Wenn ja, auf welche Weise und mit welchem zeitlichen Abstand werden Landtag und Öffentlichkeit über die Methode und das Ergebnis der Überprüfung des Erlasses unterrichtet werden? Über die Anwendung des Erlasses wurde im Landtag mehrfach in den Ausschüssen für Umwelt, Landwirtschaft sowie Landesentwicklung und Verkehr informiert . Der Erlass wurde hinsichtlich der Erfahrungen in seiner Anwendung in der Praxis evaluiert; die Ergebnisse werden in eine Überarbeitung des Erlasses einfließen . Der Landtag wird vor Inkraftsetzung eines überarbeiteten Erlasses informiert werden. 19. Nach § 1 Satz 1 RoV in Verbindung mit § 1 Nr. 1 Raumordnungsverord- nung (RoV) soll für die Errichtung einer Anlage im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB, die der Genehmigung in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit nach § 4 BImSchG bedarf und die in den Nrn. 1 bis 10 der Anlage 1 zum UVPG aufgeführt ist, ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, wenn die Anlage im Einzelfall raumbedeutsam ist und überörtliche Bedeutung hat. Nach § 1 Satz 2 RoV bleibt die Befugnis der für die Raumordnung zuständigen Landesbehörden, weitere raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung nach landesrechtlichen Vorschriften in einem Raumordnungsverfahren zu überprüfen, unberührt. Der Erlass macht von dieser Befugnis keinen Gebrauch, sondern beschränkt die Tierhaltungsanlagen, für deren Errichtung oder wesentliche Änderung die Erforderlichkeit der Durchführung Raumordnungsverfahren geprüft wird, auf die unter § 1 Nr. 1 RoV fallenden Anlagen. Welche sachlichen Gründe sprechen nach Auffassung der Landesregierung dagegen, in die Prüfpflicht nach diesem Erlass auch solche Tierhaltungsanlagen aufzunehmen, die der Genehmigung in einem Verfahren ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit in einem Verfahren nach § 19 BImSchG bedürfen, und die in Nr. 7 der Anlage 1 zum UVPG aufgeführt sind? 8 Anders als es die Kleine Anfrage darstellt, werden alle großen Tierhaltungsanlagen nach dem Erlass zur landesplanerischen Behandlung geprüft. Aus § 1 Satz 2 der Raumordnungsverordnung (RoV) ergibt sich die Ermächtigung, weitere nicht in dieser Verordnung genannte raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung in einem Raumordnungsverfahren zu überprüfen. Die entsprechende Befugnis ist immer dann gegeben, wenn ein Bundesland die raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nicht im Einzelnen definiert. Da im Land Sachsen-Anhalt eine nähere Definition nicht erfolgt ist, die Raumbedeutsamkeit daher einer Einzelfallprüfung unterliegt, wird der Erlass auch bei Tierhaltungsanlagen angewendet, die nicht § 1 RoV unterliegen , soweit ihnen eine Raumbedeutsamkeit entsprechend der Kriterien von § 3 ROG beigemessen wird. Dies war in der Praxis bereits mehrfach der Fall. 20. Auf welcher Grundlage im Erlass oder welcher anderen Regelung ist es zulässig, Konflikte einer geplanten Tierhaltungsanlage durch einzelne oder mehrere erfüllte Prüfkriterien durch Unbedenklichkeitsbescheinigungen aufzulösen - wie in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Drs. 6/1008 für die in Rhoden geplante Anlage dargelegt? Von welchen Stellen werden solche Unbedenklichkeitsbescheinigungen zu einer entsprechenden Verwendung bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für die Errichtung von Tierhaltungsanlagen akzeptiert? Die obere Landesplanungsbehörde prüft das einzelne Vorhaben eigenverantwortlich nach den Angaben des Antragsstellers und dessen gutachterlichen Ermittlungen. Es gibt keine rechtliche Regelung für eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Der bei der Beantwortung der KA Drs. 6/1008 verwendete Begriff ist insoweit missverständlich. Der LK Harz hatte in seiner Stellungnahme festgestellt, dass eine Beeinträchtigung des Vorranggebietes Wassergewinnung durch die Hähnchenmastanlage Rhoden nicht zu erwarten ist und somit den Raumnutzungskonflikt als unbedenklich bewertet.