Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1209 19.06.2012 (Ausgegeben am 19.06.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter André Lüderitz (DIE LINKE) Beschlüsse des Stadtrates Osterwieck von 2011 zur Konzessionsvergabe Kleine Anfrage - KA 6/7509 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 20. April 2011 fasste der Stadtrat der Einheitsgemeinde Osterwieck den Beschluss zur Konzessionsvergabe (Gas und Strom). Die Unterzeichnung der Verträge erfolgte durch die Bürgermeisterin der Einheitsgemeinde am 26. Oktober 2011. Die Volksstimme Halberstadt berichtete am 4. November 2011, dass sieben Stadträte von Osterwieck einen Antrag zur Überprüfung der entsprechenden Stadtratsbeschlüsse vom 20. April 2011 und des Verfahrens, das dazu führte, bei der Kommunalaufsicht gestellt haben. Weiterhin wird berichtet, dass einige der im Antrag der Stadträte aufgeführten Einwände von der Kommunalaufsicht des Landkreises Harz bestätigt wurden. Zwischenzeitlich, so informierte die Volksstimme im gleichen Artikel, hatten sich zu diesem Zeitpunkt auch das Landesverwaltungsamt und das Innenministerium die Unterlagen zum Vorgang schicken lassen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Seit wann liegt der Landesregierung der Vorgang im Zusammenhang mit der Konzessionsvergabe des Stadtrates Osterwieck vor? Durch eine E-Mail von Herrn Heimo Kirste, Mitglied des Stadtrates der Stadt Osterwieck, zur Frage der Zulässigkeit des Zweitbeschlussverlangens eines Ortsbürgermeisters bezüglich der Vergabe von Konzessionen vom 16. Juni 2011 erhielt das damalige Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt 2 erstmalig Kenntnis von einer Beschwerde von sieben Mitgliedern des Stadtrates der Stadt Osterwieck hinsichtlich der Beschlüsse des Stadtrates der Stadt Osterwieck Nr. 157-I-2011 über die Konzessionsvergabe Sparte Strom für das gesamte Stadtgebiet und Nr. 159-I-2011 über die Konzessionsvergabe Sparte Gas für die Ortschaften Osterwieck, Lüttgenrode, Schauen und Berßel vom 20. April 2011. Auf Anfrage beim Landkreis Harz wurde dem Ministerium des Innern unter dem 24. Juni 2011 das in dieser Angelegenheit zwischenzeitlich an den Vorsitzenden des Stadtrates der Stadt Osterwieck, stellvertretend für alle anderen Beschwerde führenden Stadträte, ergangene Antwortschreiben der unteren Kommunalaufsichtsbehörde beim Landkreis Harz vom 15. Juni 2011 zur Kenntnis gegeben. Die Beantwortung der E-Mail von Herrn Kirste erfolgte am 29. Juni 2011 (E-Mail) u. a. auch unter Bezugnahme auf dieses Schreiben. Am 19. Juli 2011 wurde das Landesverwaltungsamt gebeten, den vollständigen Sachverhalt zu ermitteln und rechtlich zu würdigen. Der hierzu abgegebene Bericht des Landesverwaltungsamtes datiert vom 8. September 2011. 2. Wie hat die Landesregierung Kenntnis erhalten und wer hat den Vorgang der Landesregierung übergeben? Siehe Ausführungen zu Punkt 1. 3. Wie erfolgte bisher die Bearbeitung des Vorgangs durch die Landesregie- rung? Bitte die Bearbeitungsschritte chronologisch aufführen. - 19.07.2011: Anforderung eines vollumfänglichen Berichts zur Sach- und Rechtslage vom Landesverwaltungsamt als obere Kommunalaufsichtsbehörde durch Referat 31 des damaligen Ministeriums des Innern - 12.09.2011: Eingang des angeforderten Berichts des Landesverwaltungsamtes - Beteiligung des für Grundsatzangelegenheiten “Wettbewerb und Binnenmarkt “ und insoweit auch für das EU-Beihilfen-, EU-Vergabe- und nationale Vergaberecht zuständigen Referates 33 des Ministeriums für Inneres und Sport - 17.09.2011: Eingang einer Stellungnahme des Geschäftsführers der Windpark Druiberg GmbH & Co. KG, Herrn Heinrich Bartelt, zur Konzessionsvergabe Osterwieck - 07.10.2011: Vorlage des Prüfvermerkes des beteiligten Referates 33 (Empfehlung : Rückgabe des Vorgangs an das Landesverwaltungsamt zur Neubewertung unter Berücksichtigung der gegebenen Hinweise) - 14.10.2011: Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport an das Landesverwaltungsamt zur Neubewertung des Verfahrens zur Konzessionsvergabe unter Berücksichtigung der gegebenen Hinweise - 14.10.2011: Zwischeninformation zum Sachstand an Herrn Heimo Kirste (E-Mail) - 14.10.2011: Zwischeninformation zum Sachstand an Herrn Heinrich Bartelt (E-Mail) - 24.01.2012: Eingang des abgeforderten Berichts des Landesverwaltungsamtes - Beteiligung des Referates 33 im Ministerium für Inneres und Sport 3 - 26.01.2012: Zwischeninformation zum Sachstand an Herrn Heimo Kirste (E-Mail) - 06.03.2012: Vorlage des Prüfvermerkes des beteiligten Referates 33 - 20.03.2012: Erstellung eines Entscheidungsvermerkes durch das federfüh- rende Referat 31 im Rahmen einer Leitungsvorlage - 31.05.2012: Mitteilung des abschließenden Prüfergebnisses des Ministeri- ums für Inneres und Sport an den Landkreis Harz, nachrichtlich Landesverwaltungsamt , sowie an den Petenten, Herrn Heimo Kirste, und an den Geschäftsführer der Windpark Druiberg GmbH & Co. KG, Herrn Heinrich Bartelt 4. Wurden seitens der Landesregierung zusätzliche Informationen bei den Beschwerde führenden Stadträten oder bei der Einheitsgemeinde abgefragt , die zur Bearbeitung des Vorganges herangezogen wurden? Die Stadt Osterwieck hatte im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur ursprünglich beabsichtigten Beanstandung der Vergabebeschlüsse durch den Landkreis Harz als zuständige Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber dieser mit Schreiben vom 8. Juli 2011 und 22. Juli 2011 Stellung genommen. Beide Stellungnahmen waren dem vom Landesverwaltungsamt als obere Kommunalaufsichtsbehörde erbetenen Berichts vom 8. September 2011 als Anlagen beigefügt. 5. Wann und wie erfolgte die Information der Landesregierung an die Be- schwerde führenden Stadträte aus Osterwieck bzw. die Kommunalaufsicht des Landkreises Harz? Nach erfolgter Prüfung des Sachverhalts im Ministerium für Inneres und Sport wurde der Landkreis Harz, nachrichtlich das Landesverwaltungsamt, über das abschließende Prüfergebnis mit Schreiben vom 31. Mai 2012 informiert. Mit gleichem Datum wurden sowohl Herr Heimo Kirste, Petent und Beschwerde führender Stadtrat aus Osterwieck, als auch Herr Heinrich Bartelt, Geschäftsführer der Windpark Druiberg GmbH & Co. KG, Konsorte der unterlegenen Bietergemeinschaft , über das abschließende Ergebnis der Prüfung in Kenntnis gesetzt . 6. Wie begründet die Landesregierung, dass der seit Oktober 2011 bei ihr lie- gende Vorgang offensichtlich immer noch nicht abschließend bearbeitet wurde? Der Vorgang wurde nach umfangreicher Prüfung des Sachverhalts am 31. Mai 2012 abgeschlossen. 7. Wie bewertet die Landesregierung den verfahrensrechtlichen Ablauf der Konzessionsvergabe? Die Beschlüsse des Stadtrates der Stadt Osterwieck über die Konzessionsvergaben vom 20. April 2011 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vergabe der Strom- und Gaskonzession erfolgte innerhalb des sich aus dem Gesetz ergebenden weiten Entscheidungsspielraums (§ 124 GO LSA und § 46 EnWG). 4 Der Zuschlag erfolgte jeweils auf der Grundlage eines allen Bewerbern des Bieterverfahrens zur Verfügung gestellten Kriterienkatalogs an den jeweils punktbesten Bewerber. Das Angebot des Bieterkonsortiums aus Windpark Druiberg GmbH & Co. KG, Stadtwerke Wernigerode und Harzenergie Netz GmbH als nach den vorgegebenen Bewertungskriterien punktbesten Bewerber im Verfahren um die Vergabe der Gasnetzkonzession war als neues, nach Ablauf der Bieterfrist eingereichtes Angebot zu werten und konnte deshalb bei der Vergabeentscheidung keine Berücksichtigung finden. Die unentgeltliche Überlassung eines Elektrofahrzeuges des Altkonzessionärs hatte keinen Einfluss auf die Bewertung und damit auf die Vergabeentscheidung. Als freiwillige Leistung ohne einen belegbaren rechtlichen Bezug zum Konzessionsvertrag verstößt die Überlassung des Fahrzeugs nicht gegen das Nebenleistungsverbot nach der Konzessionsabgabenverordnung (§ 3 Abs. 2 KAV). Das Bieterverfahren war im Übrigen transparent und frei von willkürlichen Gleich- oder Ungleichbehandlungen . Die in nicht öffentlicher Sitzung des Stadtrates der Stadt Osterwieck gefassten Vergabebeschlüsse sind hinsichtlich des Ausschlusses der Öffentlichkeit aus kommunalrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Nach § 50 Abs. 2 GO LSA ist die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner, insbesondere auch bei Personalangelegenheiten, Ausübung des Vorkaufsrechts, Grundstücksangelegenheiten und Vergabeentscheidungen, dies erfordern. Sofern die vorstehend genannten Voraussetzungen vorliegen, besteht nach Satz 2 der Vorschrift sogar die Rechtspflicht zur nicht öffentlichen Verhandlung des betreffenden Gegenstandes . Dem steht der Gemeinsame Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers nicht entgegen. Ausweislich der dem Ministerium für Inneres und Sport vorliegenden Unterlagen waren die Tagesordnungspunkte Konzessionsvergabe Sparte Strom (Beschlussvorlage Nr. 157-I-2011 zu TOP 10) und Konzessionsvergabe Sparte Gas (Beschlussvorlage Nr. 159-I-2011 zu TOP 12) im nicht öffentlichen Teil der Sitzung zu behandeln. Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 GO LSA erfolgt die Festlegung der Tagesordnung durch den Vorsitzenden des Gemeinderates im Einvernehmen mit dem Bürgermeister. Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, dass der Vorsitzende des Stadtrates der Stadt Osterwieck, zugleich auch einer der sieben Beschwerde führenden Stadträte, im Benehmen mit der Bürgermeisterin der Stadt Osterwieck in Abwägung der zu schützenden Rechtsgüter die Tagesordnung festgelegt und die Erforderlichkeit der Beratung über die Konzessionsvergaben in nicht öffentlicher Sitzung gesehen hat. 8. Wann ist mit einer abschließenden Stellungnahme der Landesregierung an die Beschwerde führenden Stadträte aus Osterwieck bzw. die Kommunalaufsicht des Landkreises Harz zu rechnen? Siehe Ausführungen zu Punkt 5.