Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1237 02.07.2012 (Ausgegeben am 03.07.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN) Waldstrategie 2020 in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7498 Vorbemerkung des Fragestellenden: Rund zwanzig Prozent der Landesfläche besteht aus Waldgebieten, von denen ca. ein Drittel landeseigene Waldflächen sind. Obwohl das Land zu den waldärmeren Ländern der Bundesrepublik gehört, ist Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren ein attraktiver Standort für die holzverarbeitende Industrie geworden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie hoch war, nach Kenntnis der Landesregierung, der Anteil der Forst- und Waldwirtschaft gemessen am Bruttoinlandsprodukt des Landes Sachsen -Anhalt? Bitte jeweils für die Jahre 2008 bis 2011 absolut und relativ angeben. Die Beantwortung der Frage auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ist für die Land- und Forstwirtschaft nur zusammen und derzeit auch nur bis zum Jahr 2008 möglich bzw. ausweisbar. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von insgesamt etwas mehr als 52,6 Mrd. € entfielen 886 Mio. € auf die Land- und Forstwirtschaft, dies entspricht einem Anteil von 1,7 %. 2. Wie hoch waren die Holzentnahmen im Zeitraum von 2008 bis 2011 in den Landesforsten und Privatwäldern und welche Vorgaben vonseiten des Landes bestanden? Bitte aufgeschlüsselt nach Revieren angeben. Jährliche und belastbare Zahlen liegen nur für den Landesforstbetrieb (LFB) und den durch das Landeszentrum Wald (LZ Wald) betreuten Privat- und Kör- 2 perschaftswald vor. Die nachstehend aufgeführten Daten repräsentieren über 50 % des Waldes in Sachsen-Anhalt. Durch das plötzliche Überangebot von Holz infolge der Sturmschäden durch Kyrill im Jahr 2007 und dem darauffolgenden Einbruch im Holzmarkt sind die Einschläge in den Jahren 2008 und 2009 weit unter den geplanten Hiebsätzen geblieben. In den anschließenden Jahren haben sich Einschlag und Holzmarkt wieder normalisiert. Dies erklärt die Unterschiede der Holzeinschlagsentwicklungen in den nachfolgenden Tabellen. Holzeinschlag im LFB in fm Forstbetrieb 2008 2009 2010 2011 Altmark 101.528 107.569 158.674 153.605 Anhalt 124.099 118.320 153.698 169.710 Oberharz 82.395 75.846 100.705 103.457 Ostharz 98.753 102.139 110.365 97.693 Süd 86.211 98.429 131.755 129.430 Gesamt LFB 492.986 502.303 655.197 653.895 Holzeinschlag im Privat- und Körperschaftswald des LZ Wald in fm Betreuungsforstamt 2008 2009 2010 2011 Westl. Altmark 75.192 49.032 80.339 184.384 Nordöstl. Altmark 74.125 49.259 76.018 126.826 Letzlingen 58.608 54.815 70.621 89.686 Elb-Havel-Winkel 40.663 34.905 47.680 48.551 Flechtingen 55.600 65.430 74.123 110.064 Nedlitz 29.731 26.675 31.619 35.622 Harz 63.210 48.067 71.216 60.756 Dessau 18.351 20.247 79.540 69.754 Annaburg 13.916 11.321 34.545 45.504 Naumburg 24.816 25.436 21.978 23.575 Gesamt LZ Wald 454.212 385.187 587.679 794.722 fm ~ Festmeter 3. Wie hoch waren in den Jahren 2008 bis 2011 der errechnete Holzzuwachs und die Differenz zwischen errechnetem Holzzuwachs und tatsächlicher Holzentnahme? Bitte aufgeschlüsselt nach Revieren und die zugrundeliegende Berechnungsmethode angeben. Für die Flächen im LFB erfolgt alle zehn Jahre im Rahmen der Forsteinrichtung eine Inventur und Taxation der Waldbestände. Über die Baumarten, Höhen, Durchmesser und Dichten (Bestockungsgrade) eines Bestandes kann der Zuwachs aus Ertragstafeln abgeleitet werden. 3 Da jedes Jahr ein Teil der Flächen wieder neu eingerichtet wird, stehen jährliche Zuwachszahlen zur Verfügung: Zuwachs und Nutzungsprozent im LFB 2008 2009 2010 2011 Forstbetrieb fm Zuwachs % fm Zuwachs % fm Zuwachs % fm Zuwachs % Altmark 210.711 48 213.499 50 212.873 75 212.761 72 Anhalt 237.435 52 236.845 50 239.065 64 240.427 71 Oberharz 138.046 60 145.961 52 149.374 67 160.207 65 Ostharz 148.205 67 148.389 69 148.015 75 147.951 66 Süd 150.543 57 150.543 65 150.555 88 150.750 86 Gesamt LFB 884.939 56 895.237 56 899.882 73 912.096 72 Im betreuten Privat- und Kommunalwald liegen Forsteinrichtungswerke nicht flächendeckend vor. Das LZ Wald hat daher in den letzten fünf Jahren eine vereinfachte Erhebung im betreuten Privatwald durchgeführt. Zuwachszahlen werden im LZ Wald nicht jährlich aktualisiert: Zuwachs Nutzungsprozent Betreuungsforstamt fm / Jahr/ ha 2008-2011 Westl. Altmark 6,02 72 Nordöstl. Altmark 5,97 73 Letzlingen 5,79 71 Elb-Havel-Winkel 6,12 63 Flechtingen 6,11 82 Nedlitz 6,50 55 Harz 7,27 75 Dessau 5,97 77 Annaburg 5,43 45 Naumburg 5,90 54 4. Wie bewertet die Landesregierung die in der Waldstrategie 2020 vom Lan- desbeirat Holz publizierte Darstellung, dass es durch die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung zu einem deutlichen Arbeitsplatzverlust im Bundesgebiet und in Sachsen-Anhalt kommen würde und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung sieht einen Nutzungsverzicht für 5 % der Waldfläche vor. In Sachsen-Anhalt wird dieser Flächenanteil aus dem Flächenpool der bestehenden Schutzgebiete erreicht. 5. Der Landesbeirat Holz fordert in seiner Waldstrategie 2020 die Erhaltung und Schaffung stabiler, zuwachsstarker Wälder. Sind derzeit zusätzliche Waldentwicklungsprogramme der Landesregierung in Planung, um dieser 4 Zielformulierung zu entsprechen? Wenn ja, welche Mittel sind hierfür im Landeshaushalt vorgesehen? Für die Förderung der naturnahen Waldbewirtschaftung im Privat- und Körperschaftswald sind im aktuellen Doppelhaushalt jährlich 2,75 Mio. € eingestellt. Die Finanzierung erfolgt überwiegend mit EU-Mitteln, aber auch mit Bundesund Landesmitteln. Der Landesforstbetrieb finanziert den Waldumbau zur Schaffung stabiler zuwachsstarker Wälder aus den selbst erwirtschafteten Mitteln . 6. Plant die Landesregierung, derzeitige naturschutzfachliche Landesnor- men zur Umwandlung von Grünland für mögliche Kurzumtriebsplantagen für die Wald- und Forstwirtschaft zu lockern? Nein. 7. Sieht die Landesregierung vor, bestehende naturschutzfachliche Nut- zungsverzichte und -einschränkungen von Landeswäldern, Naturparken und Nationalparken zu lockern und der wirtschaftlichen Wald- und Rohstoffnutzung zur Verfügung zu stellen? Wenn ja, welche Gebiete und Waldflächen sind hiervon betroffen? Nein. 8. Obwohl das Land zu den waldärmeren Ländern der Bundesrepublik ge- hört, ist Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren ein attraktiver Standort für die holzverarbeitende Industrie geworden. Der so entstehende Nutzungsdruck und die damit zusammenhängende Holzentnahme können sich kontraproduktiv auf die erklärten Ziele der nachhaltigen Waldbewirtschaftung auswirken. Wie sieht die Landesregierung diesen Zusammenhang? Der Bedarf der sachsen-anhaltischen Holzindustrie beträgt seit vielen Jahren ein Mehrfaches des nachhaltig im Land verfügbaren Rohholzes. Diese Situation hat bislang nicht dazu geführt, dass Holz in den Wäldern Sachsen-Anhalts über das nachhaltig mögliche Maß hinaus genutzt wurde, wodurch in weiten Teilen der Wälder die Waldvorräte weiter aufgebaut wurden. 9. Die entstehenden Konkurrenzen zwischen der intensiveren Nutzung des Waldes zur Rohstoffgewinnung und den Natur- und Artenschutzfunktionen sowie den Erholungsfunktionen bergen Konfliktpotenzial. Wie löst die Landesregierung diesen Zielkonflikt? Die Wälder des Landes Sachsen-Anhalt außerhalb von bereits jetzt aus der Nutzung genommenen Flächen werden nachhaltig bewirtschaftet. Die Landesregierung setzt hier auf das bewährte Konzept einer multifunktionalen Waldbewirtschaftung . Das bedeutet, dass die Bewirtschaftung so erfolgt, dass auch Belange des Naturschutzes und anderer Waldfunktionen auf ganzer Fläche berücksichtigt werden, ohne dass es zu einer generellen Nutzungsaufgabe kommt.