Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1381 21.08.2012 (Ausgegeben am 21.08.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sabine Dirlich (DIE LINKE) Leiharbeit in der Bürgerarbeit Kleine Anfrage - KA 6/7563 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Frage Nr. 1: Wie hat sich die Anzahl der gestellten Anträge auf Gewährung einer Zuwendung zur Förderung von Bürgerarbeitsplätzen, der bewilligten Stellen, der besetzten Stellen und der abgelehnten Anträge seit Beginn der Möglichkeit der Antragstellung bis heute entwickelt? Bitte in Monatsschritten auflisten. Die Bewilligung der Anträge für die Beschäftigungsphase des Bundesprogramms Bürgerarbeit oblag dem Bundesverwaltungsamt Köln (BVA), das auch für die weitere verwaltungstechnische Abwicklung der Förderung verantwortlich ist. Das Ministerium für Arbeit und Soziales hat zu einzelnen Stichtagen statistische Angaben erfasst. Dabei handelt es sich jeweils um die Anzahl der Stellen, da diese auch die Planungsbasis darstellen. Die Anzahl der Anträge wurde nicht erfasst. Die Ergebnisse sind in der als Anlage beigefügten Übersicht zusammengefasst. Frage Nr. 2: Inwieweit hat die Änderung der Förderbedingungen hinsichtlich der Zulassung der Arbeitnehmerüberlassung in der Beschäftigungsphase des Modellprojektes Bürgerarbeit nach Ansicht der Landesregierung dafür gesorgt, die Zurückhaltung angesichts der Prämisse der Anwendbarkeit des TVöD zu beseitigen und die Einrichtung von Bürgerarbeitsplätzen zu erleichtern? Welche Auswirkungen hatte diese Änderung der Förderbedingungen auf die Anzahl der gestellten Anträge? Die Fördervoraussetzungen wurden mit deren Veröffentlichung am 19.04.2011 dahingehend geändert, dass bei der Umsetzung des Bundesprogramms Bürgerarbeit die Arbeitnehmerüberlassung ab sofort zulässig sei. Diese Änderung schien zu- 2 nächst zur Erleichterung der Bewilligungspraxis zu führen. Allerdings hat die zum 01.12.2011 erfolgte Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eine Reihe neuer Regelungen geschaffen, welche die weitere Umsetzung des Bundesprogramms deutlich erschweren. Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber benötigen demnach eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit, wenn sie Arbeitnehmerüberlassung im wirtschaftlichen Sinn betreiben wollen; auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es dabei nicht an. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind hierunter auch die Arbeitgeber für Bürgerarbeitsplätze zu subsumieren, wenn die Tätigkeit in verschiedenen Einsatzstellen erfolgt, die selbst nicht als Arbeitgeber auftreten. Damit müssen Tarife und Arbeitsbedingungen der Einsatzstellen auch für die Bürgerarbeit Anwendung finden. Falls Tarife nicht vorhanden sind (z. B. bei Tätigkeiten in kleinen Sportvereinen, während ein Stadtsportbund als Arbeitgeber und Antragsteller gegenüber dem BVA fungiert), findet der Tarif der Zeitarbeit (derzeit 7,01 €, ab 01.11.2012 7,50 €) Anwendung. Hieraus resultiert ein erhebliches finanzielles Risiko für Kommunen und Träger, welches diese nicht in jedem Falle zu tragen bereit sind. So kam es in jüngerer Vergangenheit aus diesem Grunde bereits zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen während der Probezeit. Strittig ist, ob die Beschäftigung in der Bürgerarbeit tatsächlich unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fällt. Laut Definition erschöpft sich die Arbeitnehmerüberlassung im bloßen zur Verfügung stellen geeigneter Arbeitskräfte, die der Dritte nach eigenen betrieblichen Erfordernissen in seinem Betrieb einsetzt und in seine Betriebsorganisation einfügt. Dies ist bei den für die Bürgerarbeit genutzten Konstrukten so nicht der Fall; das Dienst- und Weisungsrecht verbleibt regelmäßig bei den Antrag stellenden Arbeitgebern . Sie verantworten vollumfänglich die Durchführung der Arbeiten und die Abwicklung der Förderung. Darüber hinaus werden in den Einsatzstellen gemäß den Förderbedingungen gerade keine laufenden Arbeiten im Tagesgeschäft erledigt, sondern nur zusätzliche Arbeiten im öffentlichen Interesse, die den Wettbewerb nicht beeinträchtigen dürfen. Frage Nr. 3: In wie vielen Fällen ist in den Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung zur Förderung von Bürgerarbeitsplätzen bzw. in bewilligten Anträgen die Überlassung der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers an einen Dritten zur Arbeitsleistung vorgesehen? Wie setzen sich die „Verleiher“ zahlenmäßig zusammen? Bitte aufschlüsseln nach Beschäftigungsgesellschaften in öffentlicher und privater Trägerschaft, Vereine, Bildungsinstitute, kommerzielle Verleihfirmen usw. Welche Verleiher werden wo und wie mit wie viel Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern im Rahmen der Bürgerarbeit tätig? Bitte Auflisten: Anzahl der Verleiher mit 1 bis zu 3, bis zu 5, bis zu 10, bis zu 25 sowie mehr als 25 verliehene Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern. Eine Statistik zur Zahl der Förderfälle mit Arbeitnehmerüberlassung wird nicht geführt . Entsprechende Angaben werden auch in den Antragsvordrucken nicht abgefordert . 3 Es kann jedoch eingeschätzt werden, dass in der überwiegenden Anzahl der Beschäftigungsmaßnahmen keine Arbeitnehmerüberlassung stattfindet. Frage Nr. 4: In wie vielen Fällen erfolgt bei besetzten Bürgerarbeitsplätzen eine Entlohnung nach TVöD und in welcher durchschnittlichen Höhe? Bitte aufschlüsseln nach Art des Arbeitgebers (Kommune, sonstige Arbeitgeber, Verleiher usw.). Eine Statistik zur Zahl der Förderfälle mit Entlohnung nach dem TVöD wird nicht geführt . Entsprechende Angaben werden auch in den Antragsvordrucken nicht abgefordert . Hinsichtlich der Entlohnung nach dem TVöD kann lediglich geschätzt werden, dass eine solche in Sachsen-Anhalt wohl nur in absoluten Einzelfällen erfolgt. Die Kommunen haben die offizielle Genehmigung durch das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, einen Betrag in Höhe von bis zu 70 Euro je Fördermonat für Verwaltungs- und Sachausgaben der Bürgerarbeit einzusetzen. Dieser Betrag entspricht nach Erfahrungswerten in etwa der durchschnittlichen Einsparung von Kosten für Unterkunft und Heizung durch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Bürgerarbeiter und -arbeiterinnen. 4 Anlage Übersicht über die Beschäftigungsplätze in Sachsen-Anhalt BVA-beantragte BVA-bewilligte BVA-abgelehnte besetzte Stand Stellen Stellen Stellen Stellen 15.01.2011 482 193 13 66 15.02.2011 1.090 687 23 221 15.03.2011 1.615 1.158 40 502 15.04.2011 2.143 1.775 55 980 15.05.2011 2.746 2.350 55 1.420 15.06.2011 2.767 2.350 55 1930 15.07.2011 3.592 3.078 55 2469 15.08.2011 4.002 3.646 55 2798 15.09.2011 4.278 4.116 55 3389 15.10.2011 4.506 4.300 55 3865 15.11.2011 4.637 4.472 55 4153 15.12.2011 4.856 4.645 55 4475 15.01.2012 4.918 4.723 57 4658 15.02.2012 4.986 4.846 59 4802 15.03.2012 4.986 4.880 59 4850 15.04.2012 4.986 4.906 60 4850 15.05.2012 4.986 4.908 60 4850 15.06.2012 4.986 4.909 60 4827 15.07.2012 4.986 4.912 60 4791