Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1511 16.10.2012 (Ausgegeben am 16.10.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Foto- und Videoaufzeichnungen von Polizeieinsätzen Kleine Anfrage - KA 6/7616 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Polizei des Landes Sachsen-Anhalt verwendet im Rahmen ihrer Einsätze technische Geräte zur Aufzeichnung von Bildern, Filmen und Geräuschen. Diese sollen zur Dokumentation von Einsatzsituationen dienen. Sie können ggf. helfen, die Handlungen eingesetzter Beamtinnen und Beamter sowie des polizeilichen Gegenübers zu dokumentieren und ggf. die Verfolgung von strafbewehrten Handlungen ermöglichen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche rechtlichen Grundlagen normieren den Einsatz von technischen Geräten für Foto- und Videoaufzeichnungen von Polizeieinsätzen? Bitte die entsprechenden Normen im Einzelnen aufführen und für den Bereich der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung unterscheiden. Gefahrenabwehr Der Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- bzw. Tonaufzeichnungen bei Polizeieinsätzen ist in den §§ 16 und 17 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) geregelt. § 18 Landesversammlungsgesetz regelt die Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen. Die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen (Anfertigung von Lichtbildern ) ist in § 21 SOG LSA geregelt. 2 Strafverfolgung Die §§ 163, 100c, 100d, 100f und 100h der Strafprozessordnung (StPO) regeln den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- bzw. Tonaufnahmen für Zwecke der Strafverfolgung. Die Durchführung erkennungsdienstlicher Behandlungen ist in § 81b StPO geregelt. 2. Wer ordnet den Einsatz entsprechender Technik jeweils an? Soweit der Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen keinem Richtervorbehalt (vgl. § 17 Abs. 5 SOG LSA, § 100d Abs. 1 und § 100f Abs. 4 StPO), keiner staatsanwaltschaftlichen Eilkompetenz (vgl. § 100f Abs. 4 i. V. m. § 100b Abs. 1 Satz 2 STPO) oder der Anordnungskompetenz des Leiters einer Polizeibehörde oder einem von ihm Beauftragten, der der Laufbahngruppe des höheren Dienstes (jetzt Laufbahngruppe zwei, zweites Einstiegsamt) angehören muss (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 3 SOG LSA), unterliegt , wird einzelfallbezogen von den Polizeibeamten, die mit diesen Mitteln ausgestattet sind oder deren Vorgesetzten (insbesondere dem Einsatzleiter) entschieden. 3. Bei welcher Art von Einsätzen nutzt die sachsen-anhaltische Polizei tech- nische Geräte zur Aufzeichnung von Bildern, Filmen und Geräuschen? Bitte Einsatzsituationen nach ihrer Art unterscheiden. Grundsätzlich werden die technischen Geräte zur Aufzeichnung von Bildern, Filmen und Geräuschen bei jeder Art von Einsätzen genutzt, soweit die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. 4. Wozu dienen die entsprechenden Aufnahmen? Bitte die jeweiligen Zwecke im Einzelnen aufführen (z. B. Dokumentation von Straftaten, Ausund Fortbildung von Beamtinnen und Beamten etc.). Die angefertigten Bild- und Tonaufzeichnungen dienen in Abhängigkeit von der jeweiligen Erhebungsbefugnis dazu, zu erwartende Straftaten zu verhüten, für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen oder für Zwecke der Strafverfolgung (vgl. auch Antwort zu Frage 1). Soweit eine Zweckänderung möglich ist (vgl. insbesondere § 16 Abs. 4 Satz 3 und § 23 SOG LSA) dienen die Aufzeichnungen auch anderen als den Erhebungszwecken. Darüber hinaus können sie zur Vorgangsverwaltung und befristeten Dokumentation behördlichen Handelns gespeichert oder genutzt (vgl. § 22 Abs. 5 SOG LSA) oder zur Wahrnehmung von Aufsichts- oder Kontrollbefugnissen verarbeitet oder genutzt (vgl. § 10 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger i. V. m. § 13a SOG LSA) werden. Unter den Voraussetzungen des § 25 SOG LSA können die auf der Grundlage dieses Gesetzes angefertigten bzw. auf der Grundlage des § 23 SOG LSA aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gespeicherten Bild- und Tonaufzeichnungen der Polizei auch zur Aus- und Fortbildung dienen. 3 5. Welche technischen Geräte nutzt die sachsen-anhaltische Polizei im Einzelnen ? Bitte Anzahl und Typ der eingesetzten Geräte angeben. Handelt es sich dabei um spezifische, für den Polizeieinsatz angefertigte oder modifizierte Geräte? In den Polizeibehörden und -einrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt wird handelsübliche Foto- und Videotechnik genutzt. Insbesondere werden folgende Marken und Typen verwendet: Nikon Coolpix 7900, 8400, 8700, 8000, D-100, D40X Kit, D-50, D-70, D-70s, D-80 Samsung Pro 815 Canon PowerShot G1, PowerShot A 630, PowerShot G 6, PowerShot G 9, SX 10 IS, Pro70, IXUS 110, IXUS 105, HF R206, SX 30 IS, SX 20 IS, MD 150 PAL, Panasonic Lumix DMC-FZ 18, Lumix DMC-FZ 20, Lumix DMC-FZ 45, Lumix DMC-FZ 50, HDC-SD 909 EGK Sony HI 8, DCR-HC 37, DCR-HC90E, DCR-HC 30E, DCR-TRV17, HDR-CX 700VE, DCR-HC 62E, EVO 9100P, EVO 9500P, DCR-TRV 10E, DCR-TRV 17E, DCR-HC96E, HDR-CX505VE, HDR-FC9, Olympus C 2020 Grundig DLC 20, DLC 10, Orion VH 2898 Die Beschaffung erfolgt nach polizeispezifischen Belangen (z. B. AkkuLeistung , Auflösung, Stoßsicherheit usw.). Im Bestand der Polizei befinden sich (mit Stand vom 01.10.2012) insgesamt 1240 Fotokameras und 218 Videokameras sowie vier Kamera- und Übertragungssysteme . Grundsätzlich könnten alle vorhandenen technischen Geräte im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bei allen Einsatzlagen genutzt werden. 6. Wie erfolgt die Speicherung der Daten auf den Geräten? Wie und durch welche konkreten Maßnahmen sichert die Polizei, dass einmal aufgezeichnete Daten bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Löschung gespeichert und gegen versehentliche oder vorsätzliche Löschung sowie gegen Manipulation gesichert werden? Die Speicherung erfolgt abhängig vom Gerätetyp in digitaler Form auf den Speichermedien. Fotoaufnahmen werden über eine spezielle Software auf einen zentralen Server des Technischen Polizeiamtes Sachsen-Anhalt übertragen und dort bis zur Löschung vorgehalten. Nach der Datenübertragung werden die Speichermedien gelöscht. 4 Eine zentrale Speicherung und Aufbewahrung der Videoaufnahmen erfolgt nicht. Die Polizeibehörden und -einrichtungen stellen durch verschiedene technisch -organisatorische Maßnahmen sicher, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf erstelltes Foto- und Videomaterial erhalten. 7. Nach welchen Fristen richtet sich die Löschung einmal aufgezeichneter Daten? Wer weist die Löschung der Daten an, wer überwacht sie? In Abhängigkeit vom Erhebungszweck bzw. der jeweiligen Zweckänderung bestimmt sich (außerhalb der Durchführung von Strafverfahren) die Frist für die Löschung bzw. Vernichtung von Bild- und Tonaufzeichnungen nach § 16 Abs. 4, § 17 Abs. 8 oder § 32 SOG LSA, § 18 Abs. 2 Landesversammlungsgesetz oder im Rahmen eines Strafverfahrens nach § 101 Abs. 8 StPO. Die Polizeibeamten bzw. Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, die mit der Auswertung von angefertigten Bild- und Tonaufzeichnungen in Bezug auf eine weitere Verwendung beauftragt sind, entscheiden regelmäßig durch die Feststellung der weiteren Verwendung auch über die Löschung bzw. Vernichtung dieser. Die Verantwortung für die Einhaltung von Regelungen zur Löschung bzw. Vernichtung von Bild- und Tonaufzeichnungen außerhalb der Durchführung von Strafverfahren liegt bei den Polizeibehörden für ihren Zuständigkeitsbezirk. Dies gilt auch für Amtshandlungen von Polizeibeamten, die einer anderen Polizeibehörde oder keiner Polizeibehörde angehören. Im Übrigen obliegt der Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Sachleitungsbefugnis im Rahmen von Strafverfahren die Aufsicht über die Vernichtung und Löschung von Bild- und Tonaufnahmen . 8. Hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz in der Vergangenheit die Aufzeichnung von Polizeieinsätzen mittels oben genannter technischer Geräte einer Prüfung unterzogen? Falls ja mit welchem Ergebnis? Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt hat am 15. Juli 2009 in der Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt die Einhaltung datenschutzrechtlicher Regelungen im Zusammenhang mit dem Anfertigen und Speichern von Videoaufzeichnungen von Polizeieinsätzen und Versammlungen kontrolliert. Er hat festgestellt, dass den datenschutzrechtlichen Regelungen überwiegend Rechnung getragen wird. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt hat einzelne technische und organisatorische Maßnahmen empfohlen, damit zukünftig besser der Zugriff Unbefugter bei der Aufbewahrung personenbezogener Daten verhindert werden kann.