Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1595 08.11.2012 (Ausgegeben am 08.11.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Funkzellenauswertung durch Behörden des Landes Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7660 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Funkzellenauswertung ist eine kriminalistische Maßnahme zur Eingrenzung stattgefundener Telekommunikation in einem näher bezeichneten räumlichen und zeitlichen Sektor. Ziel ist dabei die Analyse der telekommunikativen Visitenkarte des Beschuldigten, die er am Tatort hinterlassen hat. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung hierzu: Bitte im Einzelnen aufzeigen, ob die Maßnahmen auf § 100g Abs. 1 StPO bzw. auf § 100g Abs. 2 S. 2 StPO gestützt waren. 1. In wie vielen Verfahren wurden seit 2009 von der sachsen-anhaltischen Landespolizei präventiv Funkzellenabfragen vorgenommen? Funkzellenabfragen zu präventiven Zwecken werden von der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt nicht durchgeführt. Das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt ermächtigt nicht zu Eingriffen in das grundrechtlich geschützte Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 14 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen -Anhalt). 2 2. In wie vielen Verfahren wurden seit 2009 von den Polizeibehörden/den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt Funkzellenabfragen vorgenommen? Funkzellenabfragen können nach Maßgabe des § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO zur Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung durchgeführt werden. Derartige Maßnahmen werden jedoch nicht gesondert in einer Statistik erfasst. Somit liegen der Landesregierung zur Anzahl der Funkzellenabfragen keine gesicherten , statistisch verwertbaren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Hierfür wäre eine detaillierte Überprüfung sämtlicher Verfahren zu Anlassstraftaten nach § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO erforderlich. Der damit verbundene Zeitund Personalaufwand ist im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht zu leisten. Im Übrigen enthält § 100g Abs. 4 StPO (in Umsetzung von Artikel 10 der Richtlinie 2006/24/EG) Regelungen zu statistischen Berichten. Danach werden bestimmte Angaben im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 100g Abs. 1 StPO seit dem 1. Januar 2008 statistisch erfasst und sind auf der Internetseite des Bundesamtes für Justiz veröffentlicht. 3. In wie vielen Verfahren wurden seit 2009 von der Verfassungsschutzbe- hörde des Landes Sachsen-Anhalt Funkzellenabfragen vorgenommen? Es wurden keine Funkzellenabfragen durch die Verfassungsschutzbehörde durchgeführt. 4. Wie viele Verbindungsdatensätze sind dabei jeweils angefallen? 5. Wie viele Anschlüsse waren von der Maßnahme jeweils betroffen? 6. Wie viele Anschlussinhaberfeststellungen wurden jeweils vorgenommen? Antwort auf die Fragen 4 bis 6: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 7. In wie vielen Verfahren konnten durch die Funkzellenabfrage neue Ermitt- lungsansätze gewonnen werden? 8. In wie vielen Verfahren haben die Daten der Funkzellenabfrage mit zu ei- ner Verurteilung beigetragen? Antwort auf die Fragen 7 und 8: Die Funkzellenabfrage ist nur ein strafprozessuales Ermittlungsinstrument zur Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung. Von daher ist es nicht möglich, die Gewinnung neuer Ermittlungsansätze ausschließlich auf das Instrument der Funkzellenabfrage zurückzuführen oder den „Beitrag einer Funkzellenabfrage “ zu einer Verurteilung zu verifizieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 3 9. Bei welchen Straftaten wurden Funkzellenabfragen durchgeführt, und wenn, wie oft? 10. Waren alle Straftaten auch im Einzelfall von erheblicher Bedeutung? Antwort auf die Fragen 9 und 10: Maßnahmen nach § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO sind nur zulässig, wenn wegen einer Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung (im Sinne des § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO) ermittelt wird und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht oder bei Gefahr im Verzug durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden (§ 100g Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 100b Abs. 1 StPO). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 11. In wie vielen Fällen wurden die Daten wieder gelöscht? Wann? In wie vie- len nicht? 12. Wie viele der betroffenen Personen wurden darüber benachrichtigt? Antwort auf die Fragen 11 und 12: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 13. Wurde die Verhältnismäßigkeit im Einzelfall geprüft? Im Zuge der Anordnung einer Funkzellenabfrage haben die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte stets im Einzelfall zu prüfen, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist.