Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1636 22.11.2012 (Ausgegeben am 26.11.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Durchsetzung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) Kleine Anfrage - KA 6/7659 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Behörden können zur Beseitigung von tierschutzrechtlichen Verstößen gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Sanktionen gegen nutztierhaltende Betriebe verhängen, sofern durch Kontrollen entsprechende Verstöße festgestellt werden. Um sicherzustellen, dass der gesetzlich verbriefte Schutz der Tiere auch tatsächlich gewährleistet ist, werden Kontrollen in den Tierhaltungsbetrieben durch die zuständigen Behörden durchgeführt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie erfolgt die praktische Kontrolle durch die zuständigen Behörden zur Einhaltung der Anforderungen gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) in der Haltung von Masthühnern bzw. Masthähnchen ? Gibt es standardisierte Kontrollverfahren zur Einhaltung der TierSchNutztV in der Hühnermast bzw. Hähnchenmast in SachsenAnhalt ? Wenn ja, bitte angeben - insbesondere auch angeben, in welchen zeitlichen Abständen und mit welchen Methoden auf welche Parameter die Kontrollen in Sachsen-Anhalt durchgeführt werden. Masthähnchenhaltungen unterliegen nach Maßgabe des § 16 Tierschutzgesetz der behördlichen Tierschutzaufsicht durch die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Veterinärbehörde. Rechtliche Bewertungsgrundlage der zu kontrollierenden Tierhaltungen ist das Tierschutzgesetz in Verbindung mit der Tierschutz -Nutztierhaltungsverordnung. 2 Für die Vor-Ort-Kontrollen findet das länderübergreifend abgestimmte Handbuch „Nutztierkontrollen“ Verwendung. Es ist Bestandteil des QM-Systems der Veterinärverwaltung Sachsen-Anhalts und bildet die Regelungen der Tierschutz -Nutztierhaltungsverordnung in Form von Kontrolllisten und diesbezüglichen Ausführungshinweisen ab. Zum Abschnitt 4 „Anforderungen an das Halten von Masthühnern“ der Tierschutz -Nutztierhaltungsverordnung wurden Ausführungshinweise zu den Anforderungen an das Halten von Masthühnern durch die Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz als behördenspezifisches Dokument erarbeitet. Durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sind die Ausführungshinweise dem Landesverwaltungsamt, den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie dem Landesamt für Verbraucherschutz am 7. Dezember 2011 erläutert und zur Anwendung übergeben worden. Die zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte kontrollieren anhand einer risikoorientierten Auswahl. Masthähnchenhaltungen unterliegen in der Regel einmal jährlich einer tierschutzrechtlichen Kontrolle sowie weiteren Kontrollen im Zusammenhang mit der Schlachttieruntersuchung im Rahmen der Beprobung gemäß dem Nationalen Rückstandskontrollplan oder Anlass bezogen. Schwerpunkte der Überwachung sind Besatzdichte, Lufthygiene, Lichtintensität und Einstreuhygiene sowie Prüfung der Notfallpläne. Messungen erfolgen mit Temperatur- und Luftfeuchtemessgeräten sowie Luxmeter. Besatzkontrollen werden auf Basis der Angaben zu Gewichten und Stückzahlen des Betriebes berechnet. Bei Bedarf kann der technische Sachverständige des Landesamtes für Verbraucherschutz hinzugezogen werden (z. B. Stallklimamessung). 2. Wie weisen die Hühnermastbetriebe bzw. Hähnchenmastbetriebe nach, dass sie entsprechend der gesetzlichen Vorschriften dafür sorgen, dass in den möglichen Zeiträumen Tageslicht in die Stallungen einfluten kann? Führen die Betriebe handschriftliche Aufzeichnungen oder digitalisierte Nachweise über das Öffnen der Lichtöffnungen bzw. über den natürlichen Lichteinfall? Wenn ja, durch wen werden diese Nachweise in welchen Abständen kontrolliert? Gemäß § 18 Absatz 5 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen Masthühnerställe mit Lichtöffnungen für den Einfall natürlichen Lichtes versehen sein, deren Gesamtfläche mindestens drei Prozent der Stallgrundfläche entspricht und so angeordnet sein, dass eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Lichts über die gesamte Stallfläche gewährleistet ist. Dieser Grundsatz gilt nicht für bestehende Gebäude, die vor dem 9. Oktober 2009 genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind und über keine oder keine ausreichenden Lichtöffnungen verfügen und bei denen aufgrund fehlender technischer oder sonstiger Möglichkeiten nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand der Einfall von natürlichem Tageslicht erreicht werden kann, soweit eine Ausleuchtung des Einstreu- und Versorgungsbereiches in der Haltungseinrichtung durch eine dem natürlichen Licht so weit wie möglich entsprechende künstliche Beleuchtung sichergestellt ist. 3 Nach § 4 Absatz 1 Nummer 9 in Verbindung mit § 19 Absatz 1 Nummern 4 und 5 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung hat der Tierhalter die tägliche Beleuchtungsintensität und Beleuchtungsdauer bei Masthühnern sicherzustellen und das Ergebnis der Überprüfung zu dokumentieren. Die Art der Dokumentation (schriftlich oder elektronisch) obliegt dem Tierhalter. Diese Aufzeichnungen sind ab dem Zeitpunkt der Aufzeichnung mindestens drei Jahre aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. 3. Gibt es inzwischen bundeseinheitliche Leitlinien für die gute fachliche Praxis zur Haltung von Masthühnern bzw. Masthähnchen? Wenn ja, welche konkreten Vorgaben für den Einfall von natürlichem Tageslicht in die Stallungen sind dort beschrieben? Falls nicht, welchen Bearbeitungsstand haben diese Leitlinien und zu welchem Zeitpunkt ist mit deren Vorlage an die Agrarministerkonferenz zu rechnen? Welche Standards werden bis zur Veröffentlichung dieser Leitlinien im Rahmen der guten fachlichen Praxis bei der Masthühnerhaltung bzw. Masthähnchenhaltung vorausgesetzt ? Die bundeseinheitlichen Leitlinien für die gute fachliche Praxis zur Masthühnerhaltung liegen noch nicht vor. Nach Kenntnis des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt wird ein Entwurf derzeit durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geprüft. Diese Leitlinien werden die geltenden Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erläuternd darstellen, die ohnehin bereits einzuhalten sind. 4. Welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es, wenn Verstöße gegen die Tier- schutz-Nutztierhaltungsverordnung nachgewiesen werden? Welche Sanktion wird verhängt und welche Anordnung zur Beseitigung des Verstoßes wird getroffen, wenn nach § 18 Abs. 5 TierSchNutztV die Lichtöffnungen für den Einfall natürlichen Lichtes bei Masthühnerställen bzw. Masthähnchenställen nicht geöffnet sind? Wie wird anschließend sichergestellt, dass Sanktion und Anordnung eingehalten werden? Nach § 37 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig nicht sicherstellt, dass die Anforderungen an die Lichtintensität, die Ausleuchtung, den Einfall natürlichen Tageslichtes oder das betriebene Lichtprogramm eingehalten werden. Ordnungswidrigkeiten können nach § 18 Absatz 4 Tierschutzgesetz mit einer Geldbuße von bis zu fünfundzwanzigtausend Euro geahndet werden. Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen (z. B. freie oder geöffnete Lichteinfallsflächen), um eine rechtskonforme Lichtversorgung von Masthühnern sicherzustellen. Eine entsprechende Ordnungsverfügung wäre in der Regel zwangsmittelbewehrt . Die Umsetzung erteilter Anordnungen kann im Rahmen unangemeldeter Nachkontrollen durch die zuständige Behörde überprüft werden. Bei festgestell- 4 ter Nichtbeachtung durch den Tierhalter werden die angedrohten Zwangsmittel umgesetzt. 5. Sieht die Landesregierung eine umfassende Kontrolle zur Einhaltung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für alle Nutztierhaltungsformen in Sachsen-Anhalt durch die Behörden mit den derzeit vorhandenen personellen Ressourcen als gewährleistet an? Das Landesverwaltungsamt als zuständige Fachaufsichtsbehörde über die unteren Veterinärbehörden hat berichtet, dass Anstrengungen erforderlich sind, mit den derzeit vorhandenen personellen Ressourcen eine umfassende Kontrolltätigkeit zur Einhaltung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung abzusichern . Die Landesregierung nimmt diesen Bericht zum Anlass, das Landesverwaltungsamt zu bitten, auf die für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Regelungen zuständigen Behörden so hinzuwirken, dass sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen sicherzustellen haben.