Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1644 neu 08.02.2013 Die Drucksache 6/1644 wird hiermit für nichtig erklärt. (Ausgegeben am 11.02.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) V-Personen beim Landeskriminalamt und beim Verfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7671 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Hiermit korrigiere ich die Antwort der Landesregierung LT-Drs. 6/1644 vom 28.11.2012 auf die Kleine Anfrage 6/7671 wie folgt: 1. Inwieweit und in welchem Zeitraum hat das Landeskriminalamt (LKA) des Landes Sachsen-Anhalt sog. V-Personen (Verbindungspersonen, Vertrauenspersonen etc.) aus der sog. 41er-Liste (Unterstützerumfeld NSU) oder der sog. 100er-Liste des Bundeskriminalamtes (BKA) geführt? 2. Inwieweit und in welchem Zeitraum hat die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt sog. V-Personen aus der sog. 41er- oder der 100er-Liste geführt? Antwort zu den Fragen 1 und 2: Die Fragen zu Nr. 1 und Nr. 2 der Kleinen Anfrage betreffen konkrete Fragestellungen zu polizeilichen und nachrichtendienstlichen Angelegenheiten. Es können in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Antwort keine Informationen zu Erkenntnissen der Landesregierung darüber mitgeteilt werden, ob Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Landes Sachsen-Anhalt Personen aus der sog. 41er-Liste oder der sog. 100er-Liste als V-Personen führen oder geführt haben und wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wie viele Personen es waren und in welchem Zeitraum sie geführt wurden. 2 Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Landesregierung trifft allerdings eine Schutzpflicht gegenüber ihren polizeilichen und nachrichtendienstlichen Quellen. Sie hat insoweit alle Handlungen zu unterlassen, die zur Enttarnung einer Quelle führen können. Die Antwort der Landesregierung auf diese Fragen muss insoweit als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestuft werden. Hierbei wird der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gefolgt, nach der bei der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament unter Geheimhaltungsaspekten wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen mit einbezogen werden können (vgl. BVerfGE 124, S. 161[193]). Hierzu zählt auch die Geheimschutzordnung des Landtages (GSO-LT). Die Einstufung als Verschlusssache ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Wohl des Landes Sachsen-Anhalt und die schutzwürdigen Interessen Dritter geeignet, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung zu befriedigen (Artikel 53 Absatz 3 und 4 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt). a) Die Preisgabe detaillierter Informationen an die Öffentlichkeit zum Einsatz von V-Personen würde Rückschlüsse auf sensible Verfahrensweisen und Taktiken der betreffenden Behörden ermöglichen. Das Bekanntwerden dieser Informationen ließe somit befürchten, dass die wirksame Bekämpfung von Terrorismus und verfassungsfeindlichen Bestrebungen beeinträchtigt würde und hierdurch dem Wohl des Landes Sachsen-Anhalt Nachteile zugefügt würden. b) Unterstellt man, dass Personen der sog. 41er-Liste oder der sog. 100er- Liste als V-Personen für die Polizeien oder die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt tätig waren - ob dies tatsächlich der Fall war, bleibt hier ausdrücklich offen -, dann könnten innerhalb der rechtsextremistischen Szene im Wege eines Ausschlussverfahrens Rückschlüsse auf die Identität der betreffenden Personen gezogen werden. Dies könnte szeneintern zu Rachetaten gegenüber diesen Personen und ihrer Angehörigen führen , die geeignet wären, deren Leib, Leben und Freiheit langfristig zu gefährden . Damit stünde zu befürchten, dass durch das Bekanntwerden dieser Informationen die schutzwürdigen Interessen Dritter verletzt würden. c) Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit von Polizei- und Verfas- sungsschutzbehörden, die Identität ihrer Quellen zu schützen, für ihre Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im Rahmen der öffentlichen Beantwortung einer Kleinen Anfrage, die Rückschlüsse auf Quellen zulassen, würde sich nachteilig auf die Fähigkeit von Polizei und Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Demgegenüber ist mit der GSO-LT ein Instrument geschaffen, das es den Abgeordneten des Landtages ermöglicht, die entsprechend eingestuften Informationen einzusehen. Dem parlamentarischen Kontrollrecht wird damit Rechnung getragen. 3 Die als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestufte Antwort der Landesregierung auf die Fragen 1 und 2 steht den Abgeordneten des Landtages deshalb in der Geheimschutzstelle des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung. 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass Polizei- und Verfassungsschutzbehörden anderer Länder, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst Personen der sog. 41erListe oder der 100er-Liste als V-Personen geführt haben? Polizeiliche und nachrichtendienstliche Angelegenheiten des Bundes und anderer Länder unterliegen, sofern diese ausschließlich zuständig sind, der parlamentarischen Kontrolle der jeweiligen Parlamente. Insofern trifft die Landesregierung keine Aussagen darüber, ob Polizei- und Verfassungsschutzbehörden anderer Länder, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst Personen der sog. 41er-Liste oder der 100er-Liste als V-Personen geführt haben. Der Einsatz von V-Personen von Behörden des Bundes und anderer Länder unterliegt nicht dem Verantwortungsbereich der Landesregierung.