Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1708 13.12.2012 (Ausgegeben am 14.12.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Errichtung einer Biogasanlage zur Verwendung von Schlachtabfällen in Zorbau Kleine Anfrage - KA 6/7682 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Firma Energiepark Zorbau II GmbH plant im Gewerbegebiet Zorbau den Bau einer Biogasanlage zur Verwertung organischer Abfallstoffe. Das für die Gärung eingesetzte Substrat soll vor allem aus Fettabscheiderinhalten, Magen-Darminhalten von Schweinen sowie in geringeren Mengen auch Altbrot und Speiseabfällen bestehen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie ist der aktuelle Stand des Genehmigungsverfahrens? Der Genehmigungsantrag wird derzeit bearbeitet. Die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, wurden beteiligt. Die öffentliche Auslegung ist erfolgt. Der erste Tag der Erörterung der vorgebrachten Einwendungen fand am 13.11.2012 im Rathaus der Stadt Lützen statt. Ein Termin für die Fortführung der Erörterung ist noch nicht festgelegt. Eine Entscheidung zum Genehmigungsantrag wurde bisher nicht getroffen. 2. Wie schätzt die Landesregierung die Zuverlässigkeit des technischen Ver- fahrens bezüglich der Sicherheit und Gesundheit für die Bevölkerung im weiteren Umfeld der Anlage ein? Die Prüfung der Zuverlässigkeit des technischen Verfahrens bezüglich der Sicherheit und Gesundheit für die Bevölkerung erfolgt auf Grundlage des § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie den für das geplante Vorhaben maßgeblichen anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und ist Be- 2 standteil des Genehmigungsverfahrens. Eine abschließende Bewertung ergibt sich aus der Entscheidung zum Genehmigungsantrag. 3. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gefahr von Beeinträchtigungen durch Lärm und Geruchsbelästigung für das Umfeld der Anlage ein? Hält die Landesregierung die hierfür erstellten Gutachten für ausreichend? Der Betrieb der Anlage verursacht Lärm- und Geruchsemissionen, deren Zulässigkeit auf Grundlage der Antragsunterlagen und der einzuhaltenden Richt- und Grenzwerte geprüft wird. Eine abschließende Bewertung ergibt sich aus der Entscheidung zum Genehmigungsantrag. 4. Welche Maßnahmen sind geplant, die Beeinträchtigungen - insbesondere die zu erwartende Geruchsbelästigung, die durch den Transport von Substrat und Gärresten entsteht, zu minimieren? Beeinträchtigungen, die durch Geruchsbelästigungen beim Transport von Substrat und Gärresten entstehen, sind nur im Bereich des Anlagengeländes Bestandteil der Prüfung im Genehmigungsverfahren. Hierfür müssen vom Anlagenbetreiber Maßnahmen vorgesehen werden, die eine Geruchsbelästigung über das zulässige Maß verhindern. Eine abschließende Bewertung ergibt sich aus der Entscheidung zum Genehmigungsantrag. 5. Welche Vorkehrungen sind geplant, um die Bevölkerung im Umfeld der Anlage und entlang der Transportwege bei Havarien zu schützen? Besondere Vorkehrungen zum Schutz vor Havarien im Zusammenhang mit dem Verkehr zu und von der Anlage sind nicht Bestandteil der Antragsprüfung, da der öffentliche Verkehr dem Anlagenbetrieb nicht zugerechnet werden kann. Die Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung im Umfeld der Anlage durch den Anlagenbetrieb selbst werden derzeit geprüft und in Form der Entscheidung zum Genehmigungsantrag abschließend bewertet. Insbesondere ist die Anwendung der Störfall-Verordnung zu prüfen (siehe auch Frage 7). 6. Wie bewertet die Landesregierung die Absatzchancen für die anfallenden Gärreste als Düngemittel für landwirtschaftlich genutzte Flächen insbesondere vor dem Hintergrund der Konkurrenz zur in der Nähe befindlichen Kompostieranlage des Burgenlandkreises? Mit dem Genehmigungsantrag wurden für die gesamte Menge der anfallenden Gärreste Abnahmevorverträge bzw. Absichtserklärungen der Abnehmer vorgelegt . Diese werden derzeit auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG geprüft. 7. Ist der Landesregierung bekannt, dass die in direkter Nachbarschaft zur hier in Rede stehenden Vergärungsanlage entstehende Biogasanlage zur Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen vom gleichen Planungsbüro betreut wird und sich die Antragsteller im Namen nur durch die römischen Ziffern I und II unterscheiden? Wenn ja, sieht die Landesregierung hierin nicht die Gefahr, dass auf Umwegen (Aufsplittung in 2 juristische Einheiten) durch die Antragsteller versucht wird, die erzeugte Gasmenge 3 unterhalb von 50 000 kg zu halten, um so strengere Auflagen zu umgehen ? Ja. Durch das Landesverwaltungsamt als zuständige Genehmigungsbehörde wurde geprüft, ob es sich bei der Anlage zur Behandlung organischer Abfälle und bei der in Nachbarschaft befindlichen Anlage zur Vergärung nachwachsender Rohstoffe um eine gemeinsame Anlage im Sinne des § 1 Abs. 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) handelt, deren Geltungsbereich beide Anlagen unterliegen. Dies ist nicht der Fall, weil es sich nicht um Anlagen derselben Art handelt. Der Zweck der Vergärung organischer Abfälle ist unter der Nr. 8.6 in der Spalte 1 im Anlagenkatalog der 4. BImSchV erfasst, während der Zweck der Biogasanlage für nachwachsende Rohstoffe unter der Nummer 1.15 in der Spalte 2 des Anlagenkatalogs erfasst ist. Ferner liegen die beiden Anlagen nicht auf dem Betriebsgelände ein und desselben Betreibers und sie sind nicht mit gemeinsamen, für den Anlagenbetrieb notwendigen Betriebseinrichtungen verbunden. Damit handelt es sich bei den beiden Anlagen nicht um eine gemeinsame Anlage . Es werden daher zwei Genehmigungsverfahren geführt. Die in der Frage angesprochene Grenze von 50.000 kg ist entscheidend für den Katalog der sogenannten erweiterten Pflichten nach der Störfall-Verordnung (12. BImSchV). Dies trifft zu, sofern beide Betriebe zusammen einen Betriebsbereich nach § 3 Abs. 5a BImSchG bilden. Eine abschließende Bewertung ergibt sich aus der Entscheidung zum Genehmigungsantrag. 8. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Anlage in einer Trinkwasser- schutzzone der Kategorie III errichtet wird? Wie sind aus Sicht der Landesregierung die erheblichen Mengen an wassergefährdenden Stoffen, die in der Anlage entstehen, mit dieser Standortwahl vereinbar? Ja. Teil des Genehmigungsantrages ist ein Antrag auf Befreiung von Verboten und Beschränkungen von den für die Trinkwasserschutzzone maßgeblichen Rechtsvorschriften. Eine Entscheidung hierzu wurde noch nicht getroffen. 9. Wie beurteilt die Landesregierung in wissenschaftlichen Untersuchungen gewonnene Erkenntnisse, die auf hygienische Probleme bei Biogasanlagen aufmerksam machen (z. B. in Bezug auf Clostridium botulinum) und die Gefahr einer Kontamination der in direkter Nachbarschaft geplanten Gewächshausanlage für Biogemüse sowie anderer Betriebe im Gewerbegebiet Zorbau? Die Erkenntnisse aus verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen zu hygienischen Problemen in Biogasanlagen - insbesondere bzgl. Clostridium botulinum - sind sehr unterschiedlich und werden zwischen den Wissenschaftlern kontrovers diskutiert. 4 In Studien konnte festgestellt werden, dass die meisten Krankheitserreger durch den Biogasprozess inaktiviert oder abgetötet werden. Manche sehr widerstandsfähige Erreger (z. B. Sporenbildner wie pathogene Clostridien) können jedoch den Prozess unter Umständen überstehen. Ergebnisse von Untersuchungen des Johann Heinrich von Thünen-Instituts in (experimentellen) Biogasanlagen zeigten jedoch, dass es nicht zu einer Vermehrung von Clostridium botulinum kam. Es besteht weiterer Forschungsbedarf, um die noch offenen Fragen aus den bisherigen Studien abzuklären, dem mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) nachgekommen wird. Was die mutmaßliche Gefahr einer Kontamination der in direkter Nachbarschaft geplanten Gewächshausanlage für Biogemüse sowie anderer Betriebe im Gewerbegebiet Zorbau anbelangt, ergibt sich eine abschließende Bewertung aus der Entscheidung zum Genehmigungsantrag.