Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1758 23.01.2013 (Ausgegeben am 23.01.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ralf Bergmann (SPD) Umweltverträglichkeit des Hotel- und Gastronomiebetriebs „Erlebnisdorf Parey“ Kleine Anfrage - KA 6/7730 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Einheitsgemeine Elbe-Parey, Ortsteil Parey, befindet sich der Gastronomiebetrieb „Erlebnisdorf Parey“ mit Mühlenhotel, Mühlenfloß usw. Der Gastronomiebetrieb, der ursprünglich mit einer kleinen Hütte am Rande des Dorfes Parey begann, expandierte in den letzten Jahren erheblich. Inzwischen gibt es neben schwimmenden Hotelzimmern mehrere feste, auch mehrstöckige Gebäude. Zusätzlich befährt das so genannte „Mühlenfloß“ den alten, engen Elbarm und Kühn’s Loch. Die Einheitsgemeinde Elbe-Parey und dem beschriebenen Gastronomiebetrieb profitieren unzweifelhaft von den steigenden Touristenzahlen des Elbe-Rad-Wanderweges . Zunehmend ist jedoch festzustellen, dass die Besucherzahlen die dörfliche Infrastruktur überfordern. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Gibt es ein touristisches Gesamtkonzept für diese Region? Das zuständige Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft teilt mit, dass es kein entsprechendes Gesamtkonzept gibt. Der Ort Parey ist allerdings in touristische Konzepte der Reiseregion Magdeburg - Elbe. Börde. Heide (Elberadweg) und an der touristischen Konzeption zum Blauen Band eingebunden. Das Blaue Band verbindet entlang der Flüsse und Seen zahlreiche Orte, Regionen und Landschaften und bietet damit gute 2 Bedingungen für den Wassertourismus. Parey besitzt als Standort am Blauen Band die Priorität 2 und verfügt damit über eine Förderpräferenz. Außerdem ist das Objekt „Erlebnisdorf Elbe-Parey“ eine wichtige Station an der ostelbischen Alternativroute des Elberadweges und wurde als radfreundliche Unterkunft am Elberadweg zertifiziert. 2. Wenn ja, welche weiteren touristischen Einrichtungen bzw. Veranstaltun- gen sind in diesem Rahmen vorgesehen? Entfällt; siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wann wurden die Genehmigungen zu den verschiedenen Stufen der Erweiterung des Gastronomiebetriebes erteilt? Folgende Baugenehmigungen wurden erteilt: 02.12.2009 - Neubau Mehrzweckgebäude mit Saal, Beherbergung, Gastronomie und Wirtschaftstrakt 26.04.2011 - 1. Nachtrag zur o. g. Baugenehmigung - Änderung Raumbezeichnung und Erweiterung Saal 28.04.2011 - Baugenehmigung für den Anbau der Terrasse 4. Welche Auflagen wurden mit der Genehmigung der Bauerweiterung des Gastronomiebetriebes und der entsprechenden Gewerbegenehmigung einschließlich des Betriebes des Mühlenfloßes erteilt? Bitte aufgliedern nach Umweltschutz (Lärmschutz, Gewässerbelastung, Naturschutz usw.) und anderen Vorschriften. Bauerweiterung des Gastronomiebetriebes Mit der Baugenehmigung zur Erweiterung wurden keine Auflagen zum Umweltschutz erteilt. Für die Festlegungen im Bebauungsplan „Erlebnisdorf Elbe Parey“ der Gemeinde Elbe-Parey, OT Parey, vom 13. Oktober 2009 liegt die Zuständigkeit bei der Gemeinde bzw. der Baubehörde. Die Flächen des B-Planes liegen in keinem naturschutzrechtlichem Schutzgebiet gemäß dem Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (NatSchG LSA). In räumlicher Nähe liegen die Schutzgebiete Biosphärenreservat Mittlere Elbe, Landschaftsschutzgebiet (LSG) Elbtalaue, Natura 2000 Gebiet „Elbaue zwischen Derben und Schönhausen“. Im B-Plan sind Flächen für Anpflanzungen von standortgerechten, einheimischen Bäumen und Sträuchern als Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Der Landkreis Jerichower Land als zuständige Wasserbehörde hat im Benehmen mit der zuständigen unteren Naturschutzbehörde für die Errichtung von baulichen Anlagen in und an Gewässern sowie im Gewässerschonstreifen - hier zwei Bootsstege für Mühlenflöße und schwimmende Seehotelzimmer (eine Sommerliegestelle und ein Winterquartier), Legalisierung vorhandener Bebauung im Gewässerschonstreifen (Dienstwohnung), Erweiterung der Bootsliegestelle „Marina“ - wasserrechtliche Genehmigungen erteilt. 3 Zum Schutz der Gewässer hat die Genehmigungsbehörde folgende Auflagen als Nebenbestimmungen in den jeweiligen Bescheid aufgenommen: - Schwemm- und Treibgut sind durch den Nutzer vom Steg zu entfernen - Eine ggf. vorgesehene Imprägnierung der Bootsstege hat nur mit Mitteln zu erfolgen, die keine wassergefährdenden Stoffe enthalten. Weiterhin wurde der Maßnahmeträger auf die ihm obliegende Sorgfaltspflicht zur Vermeidung von Beeinträchtigungen auf Gewässer bei der Betankung eines Bootes am Steg hingewiesen. Betrieb des Mühlenfloßes Mit Bescheiden vom 13. September 2011 wurden die Mühlenflöße „Horst“ und „Christel“ genehmigt. Beide Bescheide wurden in den Nebenbestimmungen Nr. 1 bis 6 mit wasserverkehrlichen Auflagen und Bedingungen sowie in den Nrn. 7 bis 9 mit folgenden umweltschutzrechtlichen Auflagen versehen. Unter Nr. 7 der Nebenbestimmungen ist festgelegt, dass Abfälle, Abwasser, Fäkalien oder wassergefährdende Stoffe nicht in das Wasser eingebracht werden dürfen. Lt. Nr. 8 dürfen zum Anlegen, Ablegen und Ankern nur die vorhandenen rechtmäßig bestehenden oder rechtmäßig zugelassenen Anlegestellen genutzt werden . Bei Nr. 9 wurde die Stellungnahme der zuständigen unteren Naturschutzbehörde berücksichtigt, die im Zuge des Verfahrens zur Erteilung einer Genehmigung für das Vermieten der „Mühlenflöße“ und das Befahren des Kühnschen Lochs mit diesen Fahrzeugen eingeholt wurde. Hier heißt es im Wortlaut „Die Regelungen bestehender oder zukünftig erlassender naturschutzrechtlicher Schutzgebietsverordnungen betreffend sind zu beachten. Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist es verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen und/oder gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten , Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Weiterhin ist es verboten, gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.“ Außerdem wurden zu dem Bescheid in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde folgende Hinweise gegeben: „Die Befahrung des Gewässers „Kühns Loch“ hat so zu erfolgen, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung, dem Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) „Elbaue bei Bertingen“, dem das europäische Vogelschutzgebiet „Elbaue bei Jerichow“ angehört, in seinem für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen werden. Es wird empfohlen, die Schifffahrt in das FFH-Gebiet nicht nach Sonnenuntergang zu betreiben. Während der Fortpflanzungszeit vom 1. März bis zum 31. Juli sollte auch außerhalb des FFH-Gebietes eine Beunruhigung größtmöglich vermieden werden. Zu den Uferbereichen sollte ein angemessener Abstand eingehalten werden.“ 4 Für die Fahrzeuge selbst wurde am 14. September 2011 zur technischen Zulassung ein amtliches Bootszeugnis nach der Binnenschifffahrt-Sportbootvermietungsverordnung ausgestellt. 5. Gibt es Festlegungen hinsichtlich saisonaler Öffnungszeiten? Wenn ja, welche? Es gibt keine Festlegungen hinsichtlich saisonaler Öffnungszeiten. 6. Gibt es Auflagen hinsichtlich der Anzahl und der Dauer von Großveranstaltungen , insbesondere auch zu Punkt 4? Welche Antragsverfahren sind dazu vorgesehen? Baurecht: Es gibt keine entsprechenden Auflagen. Gewerberecht: Es gibt keine Auflagen hinsichtlich der Anzahl und der Dauer von Großveranstaltungen . Im Erlebnisdorf Elbe-Parey findet einmal im Jahr für drei Tage eine Großveranstaltung statt (Elbauenfest). Die Großveranstaltung wird bei der Gemeinde Elbe-Parey vom Veranstalter angezeigt. Hierzu erlässt die Gemeinde Elbe-Parey eine Ordnungsverfügung mit entsprechenden Auflagen hinsichtlich der Einhaltung von Sicherheit und Ordnung. Naturschutz: Bei Großveranstaltungen kann der Landkreis Jerichower Land vom Ordnungsamt beteiligt werden. Es werden dann entsprechende Auflagen und Hinweise gegeben, die in die Genehmigung einfließen, z. B. Belange des Arten- und des Biotopschutzes. 7. Ist das regelmäßige Abbrennen von Feuerwerken an den Wochenenden als auch wochentags in Zusammenhang mit Feiern (z. B. Hochzeiten) erlaubt ? Müssen diese beantragt werden? Wenn ja, wurden diese beantragt und genehmigt? Das zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales teilt hierzu mit, dass in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember jeden Jahres pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 nur Inhaber eines Erlaubnis- oder Befähigungsscheins (§ 23 Abs. 2 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz - 1. SprengV) bzw. andere Personen mit einer Ausnahmebewilligung der zuständigen Behörde (§ 24 Absatz 1 der 1. SprengV) abbrennen dürfen. Für das Abbrennen eines Feuerwerks bedarf es einer Anzeige des Erlaubnis- oder Befähigungsscheininhabers (§ 23 Absatz 2, 3 und 4 der 1. SprengV). Am 31. Dezember und 1. Januar dürfen pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 auch von Personen abgebrannt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (ohne Ausnahmebewilligung). Gegebenenfalls sind Anordnungen der zuständigen Behörde einzuhalten. Die zuständige Behörde ist in diesem Fall die Gemeinde. Bezogen auf das Jahr 2012 gingen 13 Anzeigen zum Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen 5 am Ort des Hotel- und Gastronomiebetriebes bzw. in seiner Umgebung bei der zuständigen Behörde ein. In einem Fall (Höhenfeuerwerk anlässlich des Elbauenfestes) wurden Brandschutzauflagen erteilt, in allen anderen Fällen wurde das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen untersagt. Neben diesen Anzeigen wurden keine schriftlichen Anträge auf Ausnahmebewilligungen gestellt. 8. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Biodiversität des Biotops „Kühn’s Loch“ zu erhalten? Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu mit, dass die gesetzlich geschützten Biotope nach Festlegungen im B-Plan als solche erhalten und geschützt werden müssen. Die Uferrandbereiche werden nicht durch das Mühlenfloß beeinträchtigt und nicht befahren. Ein ausreichender Abstand wird eingehalten. 9. Welche Tier- und Pflanzenarten kommen im Biotop „Kühn’s Loch“ vor, für die Sachsen-Anhalt nach § 54 Bundesnaturschutzgesetz eine besondere Verantwortung trägt? Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu mit, dass sich die Verordnungsermächtigungen des § 54 Abs. 1 bis 9 BNatSchG ausschließlich an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit richten. Die im § 54 Abs. 10 BNatSchG an die Länder gerichtete Verordnungsermächtigung betrifft allgemeine Anforderungen an Bewirtschaftungsvorgaben für die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und ist im Zusammenhang mit der Bauleitplanung ohne Belang. Unabhängig hiervon ist der Naturschutzverwaltung das Vorkommen folgender geschützter Arten im Biotop „Kühns Loch“ bekannt: - Teichhuhn, Blässhuhn, verschiedene Enten- und Gänsearten, Rohrsänger, Eisvogel - Verschiedene Lurch-Arten, Ringelnatter Das Gebiet stellt ein Nahrungsbiotop für See- und Fischadler dar. Schutzwürdig sind die vorhandenen gesetzlich geschützten Biotope im Bereich von „Kühns Loch/Herrenseegraben“, wie einzelne kleinere Röhrichtbereiche, einzelne naturnahe Uferabschnitte, einzelne Hecken und Feldgehölze im Umfeld . Innerhalb des genannten Bereiches existieren schon seit längerer Zeit Bebauungen wie Wochenendhäuser, Stege, Wege, Angelstellen. Das Gewässer selbst ist stark eutrophiert. Durch seine Lage als flaches Nebengewässer des Pareyer Verbindungskanals mit Sauerstoffmangelsituationen im 6 Sommer und hohen Nährstoffkonzentrationen ist hier mit einer eher artenarmen aquatischen Lebensgemeinschaft eutropher Stillgewässer zu rechnen. 10. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, damit durch die ständigen Fahrten des Mühlenfloßes keine Beeinträchtigungen dieser Arten erfolgen? Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu mit, dass zurzeit keine Informationen zu Beeinträchtigungen einzelner Arten durch die Floßfahrten vorliegen. Die Floßfahrten finden nur in der Gewässermitte statt. Uferbereiche werden nicht angefahren. Das Gewässer „Kühns Loch“ ist darüber hinaus auch für den privaten Bootsverkehr zugelassen. 11. Sind an den Uferböschungen Veränderungen vorgenommen worden? Wenn ja, in welchem Umfang und mit welchem Ziel? Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu Folgendes mit: Naturschutz: Eine partielle Entfernung von Schilfröhricht im Bereich von „Kühns Loch“ im Geltungsbereich des B-Planes ist insbesondere an den Anlegestellen im Bereich des Hotels/Erlebnisdorfes vorgenommen worden. Dazu wurden entsprechende Baugenehmigungen erteilt. Wasserrecht: Es wurden wasserrechtliche Genehmigungen für die Errichtung von Bootsstegen und der Legalisierung des Dienstgebäudes im Gewässerschonstreifen (19. Juni 2009) und für die Errichtung eines Bootssteges (19. Mai 2010) erteilt. Es wird davon ausgegangen, dass die Uferböschungen nur im Zuge der vom Landkreis genehmigten baulichen Anlagen verändert wurden. Hier müssten ggf. die der Genehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen gesichtet werden. 12. Sind für die Veränderungen an den Uferböschungen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erforderlich? Wenn ja, wann und wo wurden diese durchgeführt ? Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind für das gesamte B-Plangebiet in dem o. g. B-Plan geregelt. Konkrete Festsetzungen für die Uferböschungen wurden im B-Plan nicht getroffen. 13. Welche Auswirkungen würden sich durch das Inkrafttreten des Entwurfes der Naturschutzgebietsverordnung „Elbaue Jerichow“ ergeben? Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu Folgendes mit: Die Bereiche „Erlebnisdorf Parey“ und „Kühns Loch“ liegen außerhalb des geplanten Naturschutzgebietes „Elbaue Jerichow“. Die Entfernung zum geplanten Naturschutzgebiet beträgt ca. 1,5 km. Darüber hinaus ist dieses Gebiet bereits jetzt schon stark anthropogen geprägt und liegt nicht im Bereich der aktiven 7 Elbaue. Für eine Besucherlenkung innerhalb des zukünftigen Naturschutzgebietes ist es sinnvoll, Attraktionen in weniger sensiblen Bereichen anzubieten, um dafür wertvolle Bereiche in der aktiven Elbaue wie Stromtalwiesen, Auengehölze und Auengewässer störungsarm zu erhalten. Die angebotenen Aktivitäten des Erlebnishofes beziehen sich auf den Herrenseegraben (Mühlensee), der ebenfalls nicht im Naturschutzgebiet liegt.