Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1802 13.02.2013 (Ausgegeben am 14.02.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Guido Henke (DIE LINKE) Mietrechtsänderungsgesetz in den Vermittlungsausschuss überweisen Kleine Anfrage - KA 6/7766 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Bundestag hat am 13. Dezember 2012 mehrheitlich das Mietrechtsänderungsgesetz beschlossen, das der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren ablehnte. Bei einem vorliegenden Einspruchsgesetz ist die Anrufung des Vermittlungsausschusses üblich, wenn der Bundesrat Einwendungen gegen ein beschlossenes Gesetz hat. Wie dem Entwurf der Tagesordnung der 906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013 zu entnehmen ist, wird sich die Länderkammer im 8. Tagesordnungspunkt mit dem Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz - MietRÄndG) befassen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung unter Beteiligung des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung: Der Bundesrat hat zu dem Regierungsentwurf eines Gesetzes über die energetische Sanierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln Stellung genommen. Das nunmehr durch den Bundestag verabschiedete Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Dieser kann jedoch Einspruch einlegen oder verlangen, dass der Vermittlungsausschuss einberufen wird, Artikel 77 Grundgesetz. Der Regierungsentwurf hat im Gesetzgebungsverfahren Änderungen erfahren. 2 Diese Änderungen begrenzen insbesondere den Anwendungsbereich der Sicherungsanordnung und führen eine Hinweisobliegenheit des Vermieters ein. Das Gesetz erleichtert die energetische Sanierung und die Umstellung auf ökologisch günstige Wärmelieferung. Die Landesregierung begrüßt die energetische Sanierung von Bestandsbauten. Die Koalitionsvereinbarung zur sechsten Legislaturperiode sieht eine Förderung der energetischen Potentiale im Gebäudebestand vor. Die Landesregierung sieht in der Sicherung von bezahlbarem und angemessenem Wohnraum für alle Bürgerinnen und Bürger eine Kernaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge . Das Eigentumsrecht des Vermieters und das Nutzungsrecht des Mieters stehen jeweils gleichberechtigt unter dem Schutz des Artikels 14 Abs.1 Grundgesetz. Für jedermann ist die Wohnung Mittelpunkt der privaten Existenz. Zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse, zur Freiheitssicherung und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit ist der Einzelne auf ihren Gebrauch angewiesen. Der Eigentümer hat Anspruch auf sinnvolle Nutzung und angemessene wirtschaftliche Verwertung seines Eigentums. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, im Rahmen des Mietrechtes die Befugnisse von Mieter und Vermieter abzugrenzen und hierbei den Umstand zu berücksichtigen , dass die Eigentumsgarantie in beide Richtungen ihre freiheitssichernde Wirkung entfaltet (BVerfG v. 26.05.1993, 1 BvR 208/93 in: BVerfGE 89, 1-14). Die Landesregierung beschließt gemäß Artikel 68 Absatz 3 Nr. 2 der Landesverfassung in ihrer Gesamtheit über die Stimmabgabe im Bundesrat. Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, dass sich die Koalitionspartner im jeweiligen Einzelfall über das Abstimmungsverhalten einigen. Vorrangig sind die Interessen des Landes SachsenAnhalt sowie Inhalt und Geist des Koalitionsvertrages zu berücksichtigen. Kann keine Einigung herbeigeführt werden, enthalten sich die Mitglieder des Landes im Bundesrat der Stimme. Dies vorausgeschickt, werden die Fragen wie folgt beantwortet: 1. Stimmt die Landesregierung der Aussage zu, dass das Mietrechtsände- rungsgesetz einseitig die Rechte der Mieterinnen und Mieter massiv verschlechtert und wie begründet sie ihre dazugehörige Position? Das Mietrechtsänderungsgesetz begründet neue Rechte und Pflichten für Mieter und Vermieter. Der Mieter ist insbesondere verpflichtet, die energetische Sanierung zu dulden, eventuelle Einwände muss er in einer bestimmten Form und Frist geltend machen. Eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache durch eine energetische Sanierung berechtigt für die Dauer von 3 Monaten nicht zur Mietminderung. Der Vermieter darf nach der energetischen Sanierung grundsätzlich die Jahresmiete um 11 % der entstandenen Kosten erhöhen. Wird neben einer Zahlungsklage eine Räumungsklage erhoben, kann für zukünftig fällige Zahlungen eine Sicherungsanordnung ergehen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Klage hohe Aussicht auf Erfolg hat und eine Sicherungsanordnung unter Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien gerechtfertigt ist. 3 Den Vermieter trifft nunmehr die Obliegenheit, darauf hinzuweisen, in welcher Form und Frist der Mieter Einwendungen gegen die Sanierung und eine folgende Mieterhöhung erheben muss. Der Vermieter, der durch eine energetische Sanierung höherwertigen Wohnraum schafft, muss zunächst die entsprechenden Kosten tragen. Das Besitzrecht des Mieters wird zu Lasten des Vermieters dadurch gestärkt, dass eine Kündigung von nicht in Eigentumswohnungen umgewandelten Wohnraum wegen Eigenbedarfs nach dem sogenannten Münchener Modell erschwert wird. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass es eine wichtige Aufgabe des Mietrechtes ist, hochwertigen, ökologischen und bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten sicherzustellen. Dieses Ziel erfordert auch die Bereitschaft , Mietwohnungen zu errichten, zu erwerben, zu erhalten und zu sanieren. Eine solche Bereitschaft wird nur bestehen, wenn die Investition in Mietwohnungen einen angemessenen Gewinn verspricht. Ökologisch sinnvolle Sanierungen dürfen nicht unangemessen verzögert oder erschwert werden. Der notwendige Interessenausgleich zwischen den berechtigten Belangen von Mieter und Vermieter erfordert ein ausgewogenes Mietrecht. Der Bundesrat hat am 1. Februar 2013 über das am 13. Dezember 2012 vom Bundestag verabschiedete Mietrechtsänderungsgesetz beraten. Für die Anrufung des Vermittlungsausschusses hat sich im Bundesrat keine Mehrheit gefunden . Sachsen-Anhalt hat sich der Stimme enthalten. 2. Wird die Landesregierung am 1. Februar 2013 im Bundesrat dafür eintre- ten, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um das Mietrechtsänderungsgesetz zu überarbeiten? Auf die Antwort zu Ziffer 1. wird verwiesen. 3. Welche Schritte sind aus Sicht der Landesregierung für ein sozial ausge- wogenes und auf eine klimagerechte Wohngebäude- und Stadtentwicklung ausgerichtetes Mietrecht notwendig? Aus Sicht der Landesregierung sind für ein sozial ausgewogenes und auf eine klimagerechte Wohngebäude- und Stadtentwicklung ausgerichtetes Mietrecht derzeit keine Schritte notwendig. Das geltende Mietrecht führt einen angemessenen Ausgleich der berechtigten Belange von Mieter und Vermieter herbei, ist sozial ausgewogen und auf eine klimagerechte Wohngebäude- und Stadtentwicklung ausgerichtet.