Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/182 30.06.2011 (Ausgegeben am 30.06.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hans-Jörg Krause (DIE LINKE) Ökologisches Großprojekt Sanierung Erdgasfelder Altmark Kleine Anfrage - KA 6/7049 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Landesanstalt für Altlastenfreistellung geht in einer Beschreibung des ökologischen Großprojektes (ÖGP) Sanierung Erdgasfelder Altmark davon aus, dass die nahezu erschöpfte Erdgaslagerstätte Altmark günstige Voraussetzungen für eine sichere und dauerhafte CO2-Speicherung bietet. Außerdem wird darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Exploration und der Erdgasförderung zahlreiche lokal begrenzte Bereiche kontaminiert wurden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Vorbemerkung Das ehemalige DDR-Kombinat Erdöl und Erdgas Gommern betrieb drei Jahrzehnte lang Exploration auf Erdöl und Erdgas sowie vor allem in der Altmark eine Erdgasförderung . Bei den Tätigkeiten wurden lokal begrenzte Bereiche kontaminiert. Nach der Privatisierung des ehemaligen Erdgas- und Erdölförderbetriebs obliegt dem Erwerber (heute GDF SUEZ E&P DEUTSCHLAND GMBH) eine Vielzahl bergrechtlicher Verpflichtungen wie z. B. der Rückbau und die Sanierung von Bohrpunkten, Gassammelpunkten, Feldstationen, Leitungen und Bohrschlammgruben. Die bergrechtliche Überwachung der durchzuführenden Maßnahmen wird vom Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) wahrgenommen. 1. Wie viele Bohrungen sollen im Rahmen des o. g. ÖGP saniert werden und wie sind Ort, Lage und Tiefe und sonstige Koordinaten der Bohrlöcher? Für Erkundungs-, Test-, Produktions- und Beobachtungszwecke usw. sind rund 450 Bohrungen auf einer Fläche von etwa 2.000 km2 in der Altmark niederge- 2 bracht worden. Nach Auskunft des Betreibers sind noch 235 Bohrungen zu verfüllen . Einzelheiten zu den überwiegend zwischen 3.000 und 3.700 m tiefen Bohrungen sind in der Landesbohrdatenbank des LAGB abgelegt. 2. Von welcher Art und Größenordnung war bzw. ist bei der o. g. Kontamina- tion auszugehen? Aufgrund der Gegebenheiten im Untergrund sowie von bei der Gewinnungstätigkeit verwendeten Hilfsmitteln fallen bei der Erdgasförderung sanierungsrelevante Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Salze, Schwermetalle und natürliche Radionuklide an, die sich etwa an Anlagenteilen und in Bohrschlämmen ablagern. Neben der Verfüllung von Bohrungen betreffen Rekultivierungsmaßnahmen gemäß den gesetzlichen Vorgaben dementsprechend Bohrschlammgruben und Deponien, die Entsorgung von Anlagenteilen sowie den Rückbau von Betriebsflächen, wobei die Belastung der Böden den an vergleichbaren Industriestandorten gemessenen Werten entspricht und einer weitreichenden Nachnutzung nach der Rekultivierung nicht entgegen steht. Insgesamt wurden bislang 185 Bohrschlammgruben und die Betriebsdeponie Niephagen saniert. Dabei ist fast 900 000 t entsorgungspflichtiger Bohrschlamm angefallen. Im Zusammenhang mit dem Rückbau von Bohrungen sind bislang ca. 1 000 t kontaminierte Anlagenteile und ca. 100.000 Tubinge und Anlagenteile entsorgt worden. 3. Wie und mit welchem Ergebnis sind Kontaminationen im Umfeld der Bohr- löcher bisher beseitigt worden und wie fand die Entsorgung statt? Im Zuge der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung werden umweltanalytische Standortgutachten für jeden einzelnen Sondenplatz und jeden Bohrschlammgrubenstandort erstellt. Die Ergebnisse werden dem LAGB in Form von Betriebsplänen zur Genehmigung des vorgesehenen Rückbaus vorgelegt. Die beim Rückbau anfallenden Bohrschlämme werden auf der Deponie Hochhalde Schkopau sowie der Industrieabfalldeponie Wetro und die anfallenden kontaminierten Böden auf entsprechend zugelassenen Deponien ordnungsgemäß entsorgt. Im Abschlußbericht wird eine Massenbilanz mit einer Auflistung der Entsorgungsnachweise vorgelegt. Die Entsorgungsnachweise werden beim Unternehmen geführt und vom LAGB stichprobenartig geprüft. Kontaminierte Anlagenteile werden mittels Hochdruckwasserstrahlverfahren gereinigt und anschließend der kontrollierten Verhüttung zugeführt. Die Reinigungsrückstände werden aufgearbeitet und deponiert. 4. Gibt es einen Bericht, der darüber Auskunft gibt, wo und womit in welchen Tiefen ehemalige Erdgassonden verfüllt worden sind? Grundlage der Verfüllung ist das Bergrecht und eine hieraus abgeleitete, vom LAGB genehmigte Rahmentechnologie. Danach erfolgt die Verfüllung der Sonden , indem mehrere, oft einige hundert Meter lange Abschnitte der Bohrung mit 3 Spezialbeton ausgefüllt werden. Diese so genannten Brücken dichten das Bohrloch nachhaltig ab. Aufgrund der hohen technischen Anforderungen wird für den Rückbau und die Verfüllung jeder Bohrung ein separater Sonderbetriebsplan erstellt, vom LAGB genehmigt und es wird nach Verfüllung eine Abschlussdokumentation erstellt. Damit ist eine Vielzahl von Einzeldokumenten vorhanden, in denen Art, Umfang und Tiefenlage der Verfüllung dargestellt werden. 5. Gibt es inzwischen einen Bericht bzw. Zwischenbericht zum aktuellen Stand der Umsetzung des Sanierungsprojektes Erdgasfelder Altmark? Art und Umfang der erforderlichen Rückbau- und Sanierungsarbeiten werden in einem jährlichen Arbeitsplan festgelegt und im Anschluss umgesetzt. In den Jahren 1994 bis 2011 wurden folgende Maßnahmen realisiert: - Rückbau von 185 Bohrschlammgruben einschließlich der Bohrschlammde- ponie in Niephagen - Rückbau von 164 Sondenplätzen sowie etlichen Gassammelpunkten - Verfüllung von 169 Erdgassonden - Reinigung/Entsorgung von über 100.000 Steigrohren (Tubinge und verschie- dene Ausrüstungen) - Rückbau von 36 km Lagerstättenwasserleitungen 6. Auf Grundlage welcher Studie/Expertise beruht die Aussage der Landes- anstalt für Altlastenfreistellung, dass die nahezu erschöpfte Erdgaslagerstätte günstige Voraussetzungen für eine sichere und dauerhafte CO2- Speicherung bietet? Es ist unter Geologen allgemein anerkannt (vgl. z. B. Website der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe - www.bgr.bund.de), dass erschöpfte Erdgaslagerstätten als Speichermöglichkeit für CO2 in Betracht zu ziehen sind, da die Deckschichten über Jahrmillionen Gase zurückhalten konnten, der Untergrund bereits gut bekannt ist und zum Teil auch vorhandene Infrastruktur (z. B. Transport, Überwachung) genutzt werden könnte. Wesentlicher Gegenstand des in einer separaten Teilscholle des Altmark-Feldes gestarteten Forschungsprojektes CLEAN (CO2 Large scale Enhanced gas recovery in the Altmark Natural gas field) sind Untersuchungen zu der Frage, inwieweit mittels Verdrängung durch CO2 anders nicht förderbare Erdgasmengen gewonnen werden könnten; daneben sollen Erkenntnisse zur CO2-Speicherfähigkeit der Lagerstätte gewonnen werden. Das ergebnisoffen durchgeführte, keinesfalls automatisch in eine industrielle CO2-Speicherung mündende Projekt wird zurzeit angesichts fehlender gesetzlicher Regelungen zu CCS nicht weiter betrieben . Die Entscheidung darüber, ob die Lagerstätte zur Speicherung von CO2 genutzt werden kann, ob sicherheitstechnische und risikoorientierte Überlegungen dies zulassen und ob die Verpressung von Kohlendioxid ökologisch vertretbar ist, obliegt nicht der Landesanstalt für Altlastenfreistellung. Es bleibt zunächst abzuwarten , ob und gegebenenfalls welche gesetzlichen Regelungen für die CO2- Speicherung geschaffen werden.