Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1858 06.03.2013 (Ausgegeben am 07.03.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Geplante Erweiterung der Deponie Farsleben Kleine Anfrage - KA 6/7767 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Gemeinde Colbitz hat eine Änderung ihres Flächennutzungsplanes mit dem Ziel, in einem Teilbereich die Baustoffaufbereitung und die Aufbereitung von Deponiegut mittels Einsatz von Aufbereitungsanlagen zu ermöglichen (Sondergebiet Breekfeld), beschlossen. Diese Entscheidung wurde am 26. November 2012 von der Verbandsgemeinde Elbe-Heide bestätigt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. In welchem Umfang ist die Öffentlichkeit am Verfahren beteiligt worden? In welchem Zeitraum und wo lagen die Planungsunterlagen zur Einsicht aus? Bitte Beginn und Ende der Auslage mit genauem Termin nennen sowie die Öffnungszeiten des Auslageortes. Wurden auch die angrenzenden Gemeinden, die nicht zur Verbandsgemeinde Elbe-Heide gehören, mit einbezogen (z. B. Farsleben)? Die Verbandsgemeinde Elbe-Heide berichtet hierzu, dass die frühzeitige Beteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) vom 24. September 2012 bis 8. Oktober 2012 durch öffentliche Auslegung während der Dienstzeiten der Verwaltung der Verbandsgemeinde zu folgenden Zeiten stattfand: Mo. bis Do. von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr Di. von 13.00 Uhr bis 17.30 Uhr Do. von 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr Fr. von 09.00 Uhr bis 11.30 Uhr 2 Dabei war auch Gelegenheit zur Erörterung gegeben. Die Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB fand vom 17. Dezember 2012 bis 25. Januar 2013 durch öffentliche Auslegung während der Dienstzeiten des Verwaltungsamtes der Verbandsgemeinde statt. Sie wurde wegen der Weihnachtsfeiertage auf 5 Wochen terminiert. Die Beteiligung war für die gesamte Öffentlichkeit offen - ohne Einschränkung auf die Bürger der Verbandsgemeinde . Auch von 2 Farsleber Bürgern wurden Stellungnahmen abgegeben. Die Stadt Wolmirstedt, zu der die Ortschaft Farsleben gehört, wurde als Nachbargemeinde auf der Rechtsgrundlage des § 2 Abs. 2 BauGB mit Schreiben vom 10. September 2012 im frühzeitigen Verfahren und mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 zum Entwurf der Änderung des Flächennutzungsplanes beteiligt . 2. Welche Auslagefristen gelten nach Ansicht der Landesregierung für die- ses Vorhaben? Sind diese Fristen eingehalten worden? § 3 BauGB legt lediglich für die 2. Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung in Absatz 2 eine Auslagefrist fest. Dem entsprechend sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen , bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Laut Information über die öffentliche Auslegung durch die Verbandsgemeinde lag der Entwurf der 3. Änderung des fortgeltenden Flächennutzungsplanes mit Begründung und Umweltbericht vom 17. Dezember 2012 bis einschließlich zum 25. Januar 2013 im Verwaltungsamt der Verbandsgemeinde Elbe-Heide aus. Die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen wurden demnach eingehalten. 3. Ist der Landesregierung bekannt, ob im geplanten Sondergebiet bereits Baumaßnahmen und Geländeregulierungen stattgefunden haben, ohne dass das dafür nötige Baurecht vorlag? Der Landkreis Börde teilt hierzu mit, dass die untere Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises auf Antrag vom 3. Februar 2012 der Fa. G. Papenburg AG am 24. Mai 2012 gemäß § 17 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eine Teilgenehmigung zum Abtrag nicht tragfähiger Bodenmaterialien (Auskofferung) in der Gemarkung Colbitz, Flur 15, Flurst. 181/59, für eine Eingriffsfläche von 47.935 m² erteilte. Diese Genehmigung wurde bis zum 30. September 2012 befristet. Im Antrag hatte sich die Fa. G. Papenburg AG dazu verpflichtet, für den Fall einer negativen Entscheidung zum Bebauungsplan "Sondergebiet Baustoffaufbereitung Breekfeld" den ursprünglichen Zustand der Eingriffsfläche wiederherzustellen. In der Zeit vom 24. Mai 2012 bis zum 31. Mai 2012 führte die Fa. G. Papenburg AG Geländeregulierungsarbeiten durch. Die Erteilung der Eingriffsgenehmigung gemäß § 17 Abs. 3 BNatSchG erfolgte offensichtlich unter Annahme falscher Tatsachen und entsprechend unter Anwendung einer falschen Rechtsgrundlage. Mit Stellungnahme vom 15. Mai 2012 wies die Kreisplanung des Landkreises den Fachdienst Natur und Umwelt darauf hin, dass sich die notwendige Bauleitplanung für das Vorhaben, entge- 3 gen den Aussagen des städtebaulichen Vertrages zwischen Vorhabenträger und Kommune, nicht nur auf die Änderung des Flächennutzungsplanes beschränkt . Vielmehr ist auch durch die Aufstellung eines aus dem geänderten Flächennutzungsplanes entwickelten Bebauungsplanes Baurecht zu schaffen. Daraufhin teilte die UNB dem Vorhabenträger am 1. Juni 2012 telefonisch mit, dass die Arbeiten einzustellen sind. Mit Schreiben vom 4. Juni 2012 teilte die UNB der Fa. G. Papenburg AG noch einmal schriftlich mit, dass die o. g. Eingriffsgenehmigung nicht ausreicht, bauliche Handlungen durchzuführen. Es wurde auf die notwendigen planungsrechtlichen Voraussetzungen und ggf. weitere andere Genehmigungen verwiesen. Nach dem 1. Juni 2012 wurden keine weiteren Geländeregulierungsarbeiten durchgeführt. 4. Wurde im Rahmen der Beratungen zur Änderung des Flächennutzungs- planes geprüft, ob die von der Firma G. Papenburg AG geplanten Anlagen zur Baustoffaufbereitung auch auf bereits vorhandenen als Gewerbe- und Industriegebiete ausgewiesenen Flächen in der nahen Umgebung (Gemarkung Colbitz) errichtet werden können? Die Verbandsgemeinde Elbe-Heide teilt mit, dass im Rahmen der Untersuchungen geprüft wurde, ob auch andere bereits als Gewerbebauland festgesetzte Standorte in Colbitz in Frage kommen. Dies war zu verneinen. In der Begründung wurde sachgerecht und hinreichend nachgewiesen, dass die geplante gewerbliche Nutzung aufgrund intensiver Verflechtungen und von Stoffströmen mit dem Gewinnungs- und gegebenenfalls Deponierungseinrichtungen am Standort durch Bandförderanlagen eng verbunden sind. Die unmittelbare Verbindung mit dem Abbau- bzw. Deponiebereich trägt zur Verkehrsvermeidung im Sinne des Grundsatzes der Raumordnung G 5.9.1.2 des Regionalen Entwicklungsplans 2006 für die Planungsregion Magdeburg bei, in dem Rohstoffe aufkommensnah verarbeitet werden und die Verkehre zum Standort gebündelt werden können. Die betrieblichen Anlagen können somit nicht an anderer Stelle errichtet oder betrieben werden. Dies wäre weder umsetzbar noch mit den Zielen der Vermeidung unnötiger Verkehre vereinbar. 5. Die Firma G. Papenburg AG betreibt eine Anlage zum Sandabbau auf dem Gebiet der Stadt Wolmirstedt. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit der gemeinsamen Entwicklung der Flächennutzungspläne der Stadt Wolmirstedt und der angrenzenden Verbandsgemeinde Elbe-Heide vor dem Hintergrund einer geordneten Raumordnung und Landesentwicklung und zur Vermeidung einer Konkurrenzsituation bei der Flächennutzungsplanung der beiden angrenzenden Gemeinden? Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für das Land Sachsen-Anhalt sind im Landesentwicklungsplan 2010 festgelegt und im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Magdeburg konkretisiert und ergänzt. Entsprechend der landesplanerischen Stellungnahmen vom 12. Oktober 2012 und 3. Januar 2013 zur 3. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Colbitz ist diese mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar. Das BauGB kennt verschiedene Arten der zwischengemeindlichen Zusammenarbeit in der Bauleitplanung, insbesondere das interkommunale Abstim- 4 mungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB, den gemeinsamen Flächennutzungsplan gemäß § 204 BauGB und den Planungsverband nach § 205 BauGB. Die drei im BauGB verankerten Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit bei der Bauleitplanung unterscheiden sich durch ihre Intensität und damit auch in der Dringlichkeit der Gründe, die eine Zusammenarbeit erforderlich machen. § 204 BauGB - Gemeinsamer Flächennutzungsplan - regelt dabei die Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungsplans benachbarter Gemeinden bzw. die Vereinbarung der Gemeinden über bestimmte Darstellungen in ihren Flächennutzungsplänen als gemeinsame Planung für räumliche oder sachliche Teilbereiche. Entsprechend § 204 Abs. 1 BauGB sollen benachbarte Gemeinden einen gemeinsamen Flächennutzungsplan aufstellen, wenn ihre städtebauliche Entwicklung wesentlich durch gemeinsame Voraussetzungen und Bedürfnisse bestimmt wird oder so ein gerechter Ausgleich der verschiedenen Belange ermöglicht wird. Die hier gemeinten gemeinsamen Voraussetzungen und Bedürfnisse beziehen sich im weiteren Sinn auf Infrastruktureinrichtungen und –netze der Daseinsvorsorge, die nicht mehr von jeder einzelnen Gemeinde vorgehalten werden können. Der Ausgleich der verschiedenen Belange soll insbesondere dem notwendigen Ausgleich zwischen Siedlungsentwicklungsinteressen und Naturschutzinteressen dienen. Vor diesem Hintergrund wird eine gemeinsame Flächennutzungsplanung der Verbandsgemeinde Elbe-Heide und der Stadt Wolmirstedt nur aufgrund der in beiden Gemeinden durch die Fa. G. Papenburg AG betriebenen Anlagen nicht für notwendig erachtet. Es wird diesbezüglich auf das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB verwiesen, wonach die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen sind. Das materielle Abstimmungsgebot stellt einen Unterfall des Abwägungsgebotes des § 1 Abs. 7 BauGB dar, so dass die hierfür entwickelten Grundsätze anzuwenden sind. 6. Wie schätzt die Landesregierung den mittel- und langfristigen Bedarf an Deponien im Land Sachsen-Anhalt ein? Besteht nach Ansicht der Landesregierung die Notwendigkeit, weitere Deponien zu errichten? Wenn ja, liegen dafür bereits Anträge vor? Bitte geplante Fläche, Standort und geplanter Zeitpunkt der Inbetriebnahme angeben. Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt teilt hierzu mit, dass der mittel- und langfristige Bedarf an Entsorgungskapazitäten zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit im Land Sachsen-Anhalt umfassend im Abfallwirtschaftsplan (AWP) für das Land Sachsen-Anhalt 2011 dargestellt und durch entsprechende Prognosen zur Aufkommensentwicklung unter Beachtung der aktuellen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen untersetzt ist. Im Ergebnis wird festgestellt, dass im Planungszeitraum die Entsorgungssicherheit für die im Land Sachsen-Anhalt anfallenden, den ÖRE überlassenen Siedlungsabfälle und erzeugten gefährlichen Abfälle gewährleistet ist. Diese Prognose des AWP stellt kein Ausschlusskriterium zur Errichtung neuer Deponien dar, sofern der Antragsteller im Genehmigungsverfahren einen ent- 5 sprechenden Bedarf im Rahmen der Planrechtfertigung nachweisen kann. Bei der Bedarfsprüfung im Einzelfall für neue Deponievorhaben geht es darum, die Planungsziele anhand des konkreten Einzelfalls nochmals behördlich zu überprüfen . Sofern dabei ein entsprechender Bedarf ermittelt wird, kann das Deponievorhaben umgesetzt werden, eine pauschale Ablehnung des Vorhabens lediglich auf der Basis der planerischen Zielstellungen wäre nicht zulässig. Eine Übersicht zu vorliegenden Anträgen für neue Deponien enthält die beigefügte Anlage. Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme kann aufgrund der Abhängigkeit vom Ablauf des Genehmigungsverfahrens und Dauer der Errichtung noch nicht belastbar benannt werden. 7. Wären mit der Änderung des Flächennutzungsplanes auch der Bau und das Betreiben von Asphaltmischanlagen möglich? Nein. 6 Anträge für neue Deponien im Land Sachsen-Anhalt Stand: 31. Januar 2013 Landkreis Standort Ablagerungsfläche Anhalt-Bitterfeld Deponie Roitzsch ca. 20 ha Bördekreis Deponie Farsleben ca. 20 ha Deponie Bresensaal ca. 2 ha Burgenlandkreis Deponie Profen-Nord ca. 35 ha Deponie Wolmirsleben k. A. Salzlandkreis Betriebsmonodeponie Solvay-Werke Bernburg k. A.