Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1869 06.03.2013 (Ausgegeben am 08.03.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rechtsextreme Schüler- und Studentenverbindungen (Burschenschaften, Corps, Gildenschaften u. a.) in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7718 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Landesregierung trifft aber eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen. Teile der Antwort der Landesregierung müssen insoweit als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestuft werden. Hierbei wird der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) gefolgt, nach der bei der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament unter Geheimhaltungsaspekten wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen mit einbezogen werden können (vgl. BverfGE 124 S. 161 [193]). Hierzu zählt auch die Geheimschutzordnung des Landtages (GSO-LT). Die Einstufung als Verschlusssache ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Wohl des Landes Sachsen-Anhalt und die schutzwürdigen Interessen Dritter geeignet, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung zu befriedigen (Art. 53 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt). a) Die Preisgabe detaillierter Informationen zur Erlangung von Erkenntnissen über Aktivitäten von Personen aus Sachsen-Anhalt im Rahmen der Tätigkeiten von rechtsextremen Personenzusammenschlüssen würde Rückschlüsse auf sensible Verfahrensweisen und Taktiken der Verfassungsschutzbehörde ermöglichen. Das Bekanntwerden dieser Informationen ließe somit befürchten , dass die wirksame Bekämpfung von verfassungsfeindlichen Bestrebun- 2 gen beeinträchtigt würde und hierdurch dem Wohl des Landes SachsenAnhalt Nachteile zugefügt würden. b) Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit der Verfassungsschutzbe- hörden, Nachrichtenzugänge zu schützen für ihre Funktionsfähigkeit essentiell . Die Mitteilung von Erkenntnissen, die ggf. Rückschlüsse auf Quellen zulassen , würde sich nachteilig auf die Fähigkeit des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt und ggf. auch der nachrichtengebenden Verfassungsschutzbehörde auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen . Demgegenüber ist mit der GSO-LT ein Instrument geschaffen, das es den Abgeordneten des Landtages ermöglicht, die entsprechend eingestuften Informationen einzusehen . Dem parlamentarischen Kontrollrecht wird damit Rechnung getragen. 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse zu rechtsextremen Schüler und/oder Studentenverbindungen in Sachsen-Anhalt sowie zu deren Mitgliedern und Aktivitäten vor? Bitte je Verbindung aufschlüsseln nach (Wieder-) Gründungsdatum, Ort, Anzahl aktiver und passiver Mitglieder, Aktivitäten. Im Rahmen der Beobachtung rechtsextremistischer Personenzusammenschlüsse durch die Verfassungsschutzbehörde sind Erkenntnisse zu Schülerund /oder Studentenverbindungen in Sachsen-Anhalt sowie zu deren Mitgliedern und Aktivitäten angefallen. In dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung teilt die Landesregierung hierzu Folgendes mit: a) Die „Halle-Leobener Burschenschaft Germania“ (HLB) entstand im Jahr 1999 als Zusammenschluss der „Burschenschaft Franco-Germania Halle“ und der „Alten Leobener Burschenschaft Germania zu Clausthal“. Es liegen keine Erkenntnisse über die Anzahl aktiver und passiver Mitglieder dieser Burschenschaft vor. Die HLB stellte Ende der 1990er Jahre der örtlichen rechtsextremistischen Szene ihr Burschenschaftshaus für Veranstaltungen zur Verfügung. Folgende Erkenntnisse zu Aktivitäten der bzw. im Zusammenhang mit der HLB sind der hiesigen Verfassungsschutzbehörde bekannt geworden: Datum Erkenntnis ab 1999 bis etwa Ende 2007 Regelmäßige Inserate der Burschenschaft in der Publikation „Nation & Europa“ 22.04.2000 Treffen von Rechtsextremisten im Burschenschaftshaus 3 b) Die „Pennale Burschenschaft Germania zu Staßfurt“ ist der Verfassungsschutzbehörde nur namentlich bekannt. Laut Internet wurde sie im Januar 2006 gegründet. In einem Flugblatt mit dem Titel „Mein Kommilitone ist Neonazi“ (Urheberschaft ist nicht bekannt) wird aufgeführt, dass ein Rechtsextremist die „Pennale Burschenschaft Germania zu Staßfurt“ initiierte. Organisiert ist diese Burschenschaft im „Allgemeinen Pennäler Ring“ (APR), in dem u. a. auch die „Pennale Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz“ organisiert ist, in der vorgenannter Rechtsextremist ebenfalls Mitglied ist. Der Verfassungsschutzbehörde sind keine Aktivitäten dieser Burschenschaft bekannt geworden. Es liegen keine Erkenntnisse über die Anzahl aktiver und passiver Mitglieder dieser Burschenschaft vor. Die Mitteilung weiterer Erkenntnisse im Sinne der Fragen ist der Landesregierung in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung der Kleinen Anfrage aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich. Zur Begründung hierfür wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung zu dieser Kleinen Anfrage verwiesen. Die vollständige Antwort der Landesregierung auf diese Frage muss deshalb als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestuft werden. Sie kann bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages eingesehen werden. 2. Sind der Landesregierung Kontakte von sachsen-anhaltischen Rechtsextremen zu sog. Verbindungen in- und außerhalb Sachsen-Anhalts bekannt ? Falls ja, welche Rechtsextremen unterhielten welche Kontakte zu welchen Verbindungen? Unterhielten Rechtsextreme von außerhalb Kontakte zu Verbindungen in Sachsen-Anhalt. Falls ja, welche Rechtsextremen unterhielten welche Kontakte zu welchen Verbindungen? Der Landesregierung liegen Erkenntnisse über Kontakte von Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt zu Schüler- und/oder Studentenverbindungen in und außerhalb von Sachsen-Anhalt sowie über Kontakte von Rechtsextremisten aus anderen Bundesländern zu Schüler- und/oder Studentenverbindungen in Sachsen -Anhalt vor. In dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung teilt die Landesregierung hierzu Folgendes mit: a) Einer Internetveröffentlichung (http://www.uni-halle.de/stura/referate/agan- tifa/html-seiten/hlb.html - abgerufen am 23.01.2001) war im Januar 2001 zu entnehmen, dass Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt an einer Veranstaltung im April 2000 im Burschenschaftshaus teilgenommen haben sollen. b) Ein in Sachsen wohnhafter Rechtsextremist ist Mitglied der HLB und Grün- dungsmitglied der „Pennalen Burschenschaft Germania zu Staßfurt“. Er war im Jahr 2006 im Burschenschaftshaus in Halle amtlich gemeldet. Die Mitteilung weiterer Erkenntnisse im Sinne der Fragen ist der Landesregierung in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung der Kleinen Anfrage aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich. Zur Begründung hier- 4 für wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung zu dieser Kleinen Anfrage verwiesen. Die vollständige Antwort der Landesregierung auf diese Frage muss deshalb als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestuft werden. Sie kann bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages eingesehen werden. 3. Sieht die Landesregierung bei der Deutschen Burschenschaft, dem Allgemeinen Pennäler Ring oder einzelnen Mitgliedsorganisationen dieser Dachverbände Tendenzen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verwirklicht? Falls ja, welche und bei welchen Verbänden und/oder Organisationen? 4. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus den Ergebnissen insbe- sondere des außerordentlichen Deutschen Burschentags in Stuttgart im November 2012, bei dem es nach Einschätzung von Beobachtern rechtsextremen Kräften gelungen ist, die Deutsche Burschenschaft noch stärker als bislang im rechtsextremen Milieu zu verankern? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die genannten Organisationen Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgen. Vereinzelt sind Burschenschaftler Mitglieder rechtsextremistischer Organisationen bzw. bestehen Kontakte rechtsextremistischer Personen oder Organisationen zu einzelnen Burschenschaften. Sollten sich dahingehende tatsächliche Anhaltspunkte bei einer Burschenschaft aus Sachsen-Anhalt verdichten, würde die förmliche Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörde des Landes erfolgen. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu sog. „pflichtschla- genden Verbindungen“ in Sachsen-Anhalt vor? Sind „pflichtschlagende Verbindungen“ aus Sachsen-Anhalt nach Kenntnis der Landesregierung in Waffenringen organisiert? Falls ja, in welchen? Wirken in den entsprechenden Waffenringen nach Kenntnis der Landesregierung auch Mitglieder rechtsextremer Organisationen mit? Auf ihrer Internetseite gibt die HLB an, eine pflichtschlagende Studentenverbindung zu sein und die Fechtpartien im Waffenring Halle-Leipzig auszutragen. Soweit Rechtsextremisten Mitglied dieser Studentenverbindung sind, wird von einer Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen ausgegangen. 6. Welche Informationen liegen der Landesregierung zu Mitgliedern (aktiven und passiven) sowie Aktivitäten der Halle-Leobener Burschenschaft Germania vor? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 5 7. Wird das Gebäude der Halle-Leobener Burschenschaft Germania nach Wissen der Landesregierung durch Dritte genutzt? Liegen zur Nutzung des Hauses durch Dritte Erkenntnisse zu deren Verbindung in die rechtsextreme Szene vor? Soweit bei der Beobachtung rechtsextremistischer Personenzusammenschlüsse Erkenntnisse zur Nutzung des Burschenschaftshauses beispielsweise für Veranstaltungen angefallen sind, wurden diese bei den Antworten zu den Fragen 1 und 2 berücksichtigt. 8. Welche Erkenntnisse liegen bei der Landesregierung zu einem Vortrag des ehemaligen Generalbundesanwalts, Alexander von Stahl (FDP), unter dem Titel „Liberal geht auch national“ bei der Halle-Leobener Burschenschaft Germania vor? Laut Internetveröffentlichung auf der Internetseite der HLB hat dieser Vortrag am 01.12.2012 im Burschenschaftshaus der HLB stattgefunden. Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse vor. 9. Haben nach Kenntnis der Landesregierung Mitglieder von Schüler- und/oder Studentenverbindungen in der Vergangenheit an Gedenkveranstaltungen und Treffen zur Ehrung der Mörder von Walther Rathenau in und um Bad Kösen teilgenommen? Falls ja, wann war das und Mitglieder welcher Verbindungen betraf das? Es liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass Rechtsextremisten in den vergangenen Jahren wiederholt Veranstaltungen zur Ehrung der RathenauAttentäter im Bereich Bad Kösen durchgeführt haben. Die Mitteilung weiterer Erkenntnisse im Sinne der Fragen ist der Landesregierung in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung der Kleinen Anfrage aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich. Zur Begründung hierfür wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung zu dieser Kleinen Anfrage verwiesen. Die vollständige Antwort der Landesregierung auf diese Frage muss deshalb als „Verschlusssache - Vertraulich“ eingestuft werden. Sie kann bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages eingesehen werden.