Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1949 26.03.2013 (Ausgegeben am 27.03.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Vollzug der Untersuchungshaft in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7780 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie häufig wurde seit dem Jahr 2011 bis heute Untersuchungshaft bei Erwachsenen verhängt a) U-Haftrate pro 100.000 Einwohner, b) U-Haftanteil (in %)? Bitte getrennt nach Jahren auflisten. Jahr Bevölkerung durchschnittlicher Gefangenenbestand Erwachsene U-Gefangene* Anteil pro 100.000 Einwohner Anteil zur Bevölkerung in % U-Haft-Anteil in % zum Gesamtgefangenenbestand 2011 2.313.280 1.992 139 6,01 0,0060 6,98 2012 2.279.303 1.942 136 5,97 0,0060 7,00 * Die Daten ergeben sich aus Stichtagserhebungen jeweils zum letzten Tag des Monats; Daten für 2013 konnten nicht mehr einfließen. 2. Wie häufig wurde seit dem Jahr 2011 bis heute Untersuchungshaft bei Jugendlichen /Heranwachsenden verhängt a) U-Haftrate pro 100.000 Einwohner, b) U-Haftanteil (in %)? Bitte getrennt nach Jahren auflisten. Jahr Bevölkerung durchschnittlicher Gefangenenbestand junge / heranwachsende UGefangene * Anteil pro 100.000 Einwohner Anteil zur Bevölkerung in % U-Haft-Anteil in % zum Gesamtgefangenenbestand 2011 2.313.280 1.992 27 1,17 0,0012 1,36 2012 2.279.303 1.942 27 1,18 0,0012 1,39 * Die Daten ergeben sich aus Stichtagserhebungen jeweils zum letzten Tag des Monats; Daten für 2013 konnten nicht mehr einfließen. 2 3. Auf welche Haftgründe wurde die jeweilige Anordnung gestützt? Bitte differenziert zwischen Erwachsenen und Jugendlichen/Heranwachsenden unterscheiden. Statistische Erhebungen zu den jeweiligen Haftgründen bei jungen, heranwachsenden und erwachsenen Untersuchungsgefangenen werden in SachsenAnhalt nicht geführt. 4. Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer von Untersuchungsge- fangenen in Sachsen-Anhalt? Sind der Landesregierung Fälle bekannt, wo sich Untersuchungshäftlinge länger als die grundsätzlich gesetzlich vorgeschriebene Frist von 6 Monaten in Untersuchungshaft befanden? Welche Gründe gab es dafür? Untersuchungshaft endet entweder mit Aufhebung des zugrunde liegenden Haftbefehls und der Freilassung des Betroffenen oder aber erst mit der Rechtskraft eines Strafurteils, nach der die Untersuchungshaft in Strafhaft übergeht. Somit verbleiben Verurteilte für die Zeit eingelegter Rechtsmittel in Untersuchungshaft . Dies begründet sich mit dem Fortgelten der schützenden Unschuldsvermutung bis zu einem rechtskräftigen Verfahrensabschluss. Hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass es Fälle gibt, in denen sich Betroffene länger als 6 Monate in Untersuchungshaft befunden haben, weil das zugrunde liegende Strafverfahren erst nach diesem Zeitraum rechtskräftig abgeschlossen werden konnte. Spezifische statistische Erhebungen zur durchschnittlichen Verweildauer von Untersuchungsgefangenen werden in Sachsen-Anhalt jedoch nicht geführt. 5. Gibt es Fälle in Sachsen- Anhalt, wo Untersuchungshaftgefangene aus der U- Haft wegen nicht fristgerecht anberaumter Hauptverfahren entlassen werden mussten? Wenn ja, worin liegen die Ursachen? Wie gedenkt die Landesregierung, dem künftig Abhilfe zu schaffen? Im Jahr 2011 gab es fünf Fälle, in denen das Oberlandesgericht Naumburg im Rahmen der besonderen Haftprüfung gemäß § 122 StPO entschieden hat. Während in drei Fällen die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet worden ist, ist der Haftbefehl in zwei Fällen aufgehoben worden, weil der ursprünglich erlassene Haftbefehl im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens nicht auf Vorwürfe erweitert worden war, die Gegenstand weiterer Ermittlungen waren. Im Jahr 2012 hat das Oberlandesgericht Naumburg in zwei Fällen im Rahmen der besonderen Haftprüfung gemäß § 122 StPO entschieden und die zugrunde liegenden Haftbefehle aufgehoben. In einem Fall hat das Oberlandesgericht Verzögerungen im Strafverfahren gesehen. Im anderen Fall ist der Haftbefehl nicht auf Straftaten erweitert worden, die nicht Gegenstand des Haftbefehls gewesen sind, auf die sich aber die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bezogen haben. 3 Die äußerst geringe Anzahl dieser Fälle, die in den vergangenen Jahren zudem ständig weiter abgenommen hat, belegt die hohe Arbeitsqualität bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten in Sachsen-Anhalt. Den Staatsanwaltschaften gelingt es nahezu immer, in Haftsachen zügig Anklage zu erheben, so dass die gerichtliche Hauptverhandlung noch vor Ablauf von 6 Monaten nach der Inhaftierung beginnen kann. Raum für gesonderte Abhilfemaßnahmen ist vor diesem Hintergrund nicht zu erblicken. 6. Wie schätzt die Landesregierung die im Zusammenhang mit der Unter- suchungshaft realisierte Erhebung personenbezogener Daten einschließlich deren Verarbeitung und Nutzung ein? Werden Datensicherheit sowie Ordnungsmäßigkeit der Datenverarbeitung voll umfänglich gewährleistet? Gibt es gegenwärtig Probleme bei der Datenauswertung ? Wenn ja, welche? Die Erhebung personenbezogener Angaben von Untersuchungsgefangenen sowie deren Verarbeitung und Nutzung richtet sich nach §§ 88, 89 UVollzG LSA. § 6 DSG LSA schreibt technisch-organisatorische Maßnahmen nach dem Stand der Technik vor. Probleme bei der Datensicherheit und der Ordnungsmäßigkeit der Datenverarbeitung oder bei der Datenauswertung sind bislang nicht bekannt geworden. 7. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Situation hinsichtlich der Beauftragung Dritter/Privater mit der Verarbeitung sensibler Justizdaten im Bereich der Untersuchungshaft ein? Wie viele Aufträge wurden an private Dienstleister übergeben? Wie hoch ist der prozentuale Anteil dieser Vergaben am Gesamtvolumen? Die Beauftragung Dritter/Privater erfolgt bei der Vernichtung von Datenträgern mit personenbezogenem Inhalt. Verträge über Datenträgervernichtung bestehen für die Außenstelle Magdeburg der JVA Burg und für die Jugendanstalt Raßnitz. Es handelt sich hierbei um Datenverarbeitung im Auftrag. Die Datenverarbeitung im Auftrag ist in § 8 DSG LSA geregelt, auf den § 97 UVollzG LSA verweist. Datensicherheit und Ordnungsmäßigkeit der Datenvernichtung werden sichergestellt, indem sich die Vollzugsanstalt von der Einhaltung der beim Auftragnehmer getroffenen technisch-organisatorischen Maßnahmen überzeugt (§ 8 Abs. 2 Satz 4 DSG LSA). Zudem muss sich der Auftragnehmer vertraglich abgesichert der Kontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unterwerfen (§ 8 Abs. 6 DSG LSA). Der prozentuale Anteil dieser Vergaben am Gesamtvolumen aller Vergaben ist nicht bekannt, dürfte aber zu vernachlässigen sein.